Gesundheit heute

Leben nach der Kehlkopfentfernung

Nach einer Kehlkopfentfernung wird die Luftröhre vom Kehlkopf abgetrennt und in die Haut eingenäht. Sie erhält so eine dauerhafte Öffnung an der Vorderseite des Halses (Tracheostoma), etwa auf Höhe der Schilddrüsen. Die schwerwiegendsten Folgen für den Betroffenen sind, dass er durch die Entfernung der Stimmlippen seine Stimme verliert und auch nicht mehr riechen kann, da die Atemluft nicht mehr durch die Nase eingeatmet wird.

Stimmrehabilitation. Auf das zumindest vorübergehende Fehlen der stimmlichen Kommunikation werden Patienten und Angehörige schon im Vorfeld der Operation vorbereitet. Nach dem Eingriff beginnt die Stimmrehabilitation mit dem Ziel, dem Betroffenen eine Ersatzstimme zu verschaffen. Dafür stehen grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die alle in Zusammenarbeit mit einem Logopäden eingeübt werden müssen:

  • Das Erlernen der Speiseröhrenersatzstimme (Ösophagusersatzstimme) kann bereits zwei Wochen nach der Operation beginnen. Hierbei lernt der Betroffene, Luft in die Speiseröhre einzuatmen und beim Herauspressen gegen Schleimhautfalten Töne zu erzeugen. Zusammen mit Sprechbewegungen im Mundbereich entstehen so Wörter und Sätze – vom physiologischen Ablauf her ist die Tonerzeugung vergleichbar mit einem Rülpsen.
  • Bei Stimmprothesen (z. B. Provox®) wird zwischen Luftröhre und Speiseröhre eine Ventilprothese in Höhe des Tracheostomas platziert. Sie schafft eine Verbindung zwischen Luftröhre und Speiseröhre, verhindert aber, dass Flüssigkeits- oder Speisereste in die Luftröhre gelangen und zur Aspiration (An-/Einatmen körpereigenener Sekrete wie z. B. Mageninhalt in die Atemwege) führen. Um zu sprechen, verschließt der Betroffene beim Ausatmen das Ventil mit einem Finger und leitet so Luft in die Speiseröhre, wo wiederum die Töne erzeugt werden. Die Sprachverständlichkeit ist bei Stimmprothesen grundsätzlich besser als bei der Speiseröhrenersatzstimme.
  • Eine elektronische Sprechhilfe wird meist nur vorübergehend als erste und einfachste Kommunikationsmöglichkeit eingesetzt. Sie besteht aus einem kleinen Gerät, das am Hals angesetzt wird und einen Ton erzeugt, der mit den Mundbewegungen zu hörbaren Äußerungen geformt wird. Die entstehende Stimme klingt jedoch sehr monoton und mechanisch.

Atmung. Nach Anlage des Tracheostomas ist diese Öffnung an der Vorderseite des Halses die einzige Möglichkeit für den Patienten zu atmen, eine Verlegung dieser Öffnung kann also zum Ersticken führen! Da der Mensch von Natur aus ein Nasenatmer ist und die Atemluft bei Nasenatmung durch Befeuchtung, Anwärmung und Reinigung über die Nasenschleimhaut für die tieferen Atemwege vorbereitet, kommt es bei der Umstellung auf Tracheostoma-Atmung immer zur Austrocknung der Schleimhaut in der Luftröhre mit Borkenbildung, die die Kanüle verlegen und zu akuter Atemnot führen kann. Deshalb muss nach Kehlkopfentfernung darauf geachtet werden, dass der Patient einen Ultraschallvernebler ans Bett bekommt, damit eine entsprechende Luftfeuchtigkeit der Atemluft gewährleistet ist. Auch wenn die Schleimhaut sich auf die Dauer zumindest teilweise an diese Umstellung gewöhnt, besteht auch langfristig eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen der tieferen Atemwege, weil die Schutzfunktionen des „Ansaugrohrs“ Nase nicht mehr gegeben sind.

Von: Dr. Ute Koch, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück

Aktuelle Beiträge zum Thema

  • Helfen Nikotinpflaster bei Long-COVID?
    Kampf gegen die Müdigkeit

    Eigentlich wurden Nikotinpflaster für die Raucherentwöhnung entwickelt. Doch offenbar haben sie noch andere Qualitäten: Einer aktuellen Studie zufolge helfen sie auch bei Long…

    mehr

  • Heuschnupfen bei Schwangeren lindern
    Ohne Gefahr fürs Kind

    Frauen mit Pollenallergien bleiben auch in der Schwangerschaft nicht von Schniefnase, Niesattacken und juckenden Augen verschont. Doch welche Antiallergika können werdende Mütter…

    mehr

  • Mit Asthma und COPD in den Urlaub
    Hauptsache gut vorbereitet

    Anderes Klima, neue Reize für die Atemwege oder Sauerstoffnot im Flugzeug: Für Menschen mit Asthma oder COPD sind Reisen eine Herausforderung. Doch gut vorbereitet können auch sie…

    mehr

  • Pflaster oder Pille besser?
    Mit dem Rauchen aufhören

    Die einen wollen es mit Willenskraft schaffen, andere setzen auf Nikotinersatzprodukte oder Medikamente: Für die Raucherentwöhnung gibt es zahlreiche Strategien. Doch welche ist am…

    mehr

  • Vorsicht Gewitterasthma!
    Wenn Allergene aufgewirbelt werden

    Der Klimawandel hat viele Folgen. Eine davon ist das häufigere Auftreten von sogenanntem Gewitterasthma. Das trifft vor allem Menschen, die unter Asthma oder allergischer Rhinitis…

    mehr

  • Raus aus der Nasenspray-Sucht
    Freiheit für die Nase

    Mit Nasenspray bekommt man verstopfte Nasen ruckzuck wieder frei. Die Sache hat allerdings einen Haken: Wer das Spray zu lange benutzt, kann davon abhängig werden. Wie lässt sich…

    mehr