Gesundheit heute

Plötzlicher Kindstod

Plötzlicher Kindstod (sudden infant death syndrome, kurz SIDS, Krippentod): Meist während des Schlafes eintretender, plötzlicher und unvorhersehbarer Tod von Säuglingen oder Kleinkindern. Typischerweise werden die Kinder blass und leblos, manchmal auch mit blauen Lippen und blauen Flecken auf der Haut in ihrem Bettchen vorgefunden. Der plötzliche Kindstod ist die häufigste Todesursache im ersten Lebensjahr. 2019 sind daran 75 Jungen und 32 Mädchen verstorben, d. h., das Risiko beträgt etwa 0,016 %. Betroffen sind vor allem Babys im Alter von 2–6 Monaten, Jungen häufiger als Mädchen. Die Kinder sind meist völlig gesund, auch nach einer Obduktion lässt sich keine Ursache finden. Um das Risiko eines plötzlichen Kindstodes zu senken, helfen präventive Maßnahmen wie das Betten in der Rückenlage und der Verzicht auf Kissen oder große Bettdecken.

Wann in die Arztpraxis

Sofort einen Notruf absetzen (112),

  • wenn ein Kind leblos im Bett liegt.

Hinweis: Im besten Fall führen Sie nach dem Absetzen des Notrufs sofort Herz-Lungen-Wiederbelebungsmaßnahmen durch. Diese gestalten sich bei Säuglingen schwierig. Deshalb ist es sinnvoll, als werdende Eltern einen Erste-Hilfe-Kurs für Babys und Kleinkinder zu absolvieren. Dort lernt man an Puppen, wie man ein Baby reanimiert.

Ursachen und Risikofaktoren

Was genau zum plötzlichen Kindstod führt ist trotz einer Unzahl verschiedener Theorien weiterhin ungeklärt. Viele Forscher*innen gehen von einer Atemstörung aus. Im Gehirn gibt es mehrere Gebiete, in denen Atmung und Herzschlag reguliert werden. Befindet sich im Blut zu wenig Sauerstoff oder zu viel Kohlendioxid, geben sie Alarm und regen die Atmung an – der Sauerstoffgehalt nimmt wieder zu und KOhlendioxid wird abgeatmet. Im Fall des plötzlichen Kindstodes sollen diese Gebiete gestört sein, z. B. durch eine noch mangelhafte Durchblutung oder Reifestörungen. Das bedeutet, dass bei Sauerstoffmangel oder Kohlendioxiderhöhung (z. B. durch äußere Faktoren wie eine verlegte Atmung oder Einatmen von Nikotin, siehe Risikofaktoren) die lebensrettenden Reaktionen versagen.

Impfungen. Da die meisten Fälle des plötzlichen Kindstodes im "ersten Impfalter" passieren, geraten Impfungen immer wieder in Verdacht. Es gibt jedoch keine Hinweise für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfungen und dem plötzlichen Kindstod.

Risikofaktoren für den plötzlichen Kindstod

Auch wenn die eigentliche Ursache nicht geklärt ist, lassen sich doch wichtige, beeinflussbare Risikofaktoren benennen. Von diesen leiten sich auch die Vorbeugemaßnahmen ab (mehr dazu unter "Ihre Apotheke empfiehlt"). Zu diesen Risikofaktoren gehören:

  • Schlaflage. Kinder, die in Bauchlage schlafen, haben ein etwa 2-fach höheres Risiko. Kommt dann noch eine weiche Unterlage, ein dickes Kopfkissen oder eine große Bettdecke hinzu, steigt das Risiko weiter an. Die Häufigkeit des plötzlichen Kindstodes ist seit dem Anfang der 90er-Jahre um fast 90 % zurückgegangen, da ab dieser Zeit die Rückenlage als bevorzugte Schlafposition für Säuglinge empfohlen wurde.
  • Schlafen im Elternbett. Das Risiko des plötzlichen Säuglingstods ist 3-fach erhöht, wenn Kinder mit den Eltern zusammen in einem Bett schlafen.
  • Schlafumgebung. Offenbar stellen eine schlechte Sauerstoffzufuhr und zu viel Wärme in der Schlafumgebung ein Risiko dar. Optimalerweise sollte die Umgebungstemperatur beim Schlafen ungefähr 18° C betragen. Da sich Kinder Bettdecken leicht über den Kopf ziehen können, empfiehlt sich außerdem ein gut passender Baby-Schlafsack.
  • Nikotin. Wenn die Mutter raucht, hat das Baby ein 5-fach höheres Risiko, am plötzlichen Kindstod zu versterben. Manche Forscher*innen gehen davon aus, dass ein großer Teil dieses Risikos schon durch das Mitrauchen im Mutterleib bedingt ist. Aber auch eine rauchfreie Umgebung, insbesondere im Schlaf, ist sehr wichtig!
  • Schwangerschaftsverlauf. Frühgeborene und Mehrlinge haben ein etwa 3- bis 5-mal höheres Risiko.
  • Frühes Abstillen. Auch frühzeitiges Abstillen ist möglicherweise ein Risikofaktor, denn unter den Opfern des plötzlichen Kindstodes kommen gestillte Kinder nur halb so oft vor.
  • Alter der Mutter. Ist die Mutter jünger als 20 Jahre, besteht eher die Gefahr für einen plötzlichen Kindstod als bei älteren Müttern.
  • Apnoe/BRUE. Als besonders gefährdet gelten auch Säuglinge, bei denen längere Atempausen (Schlaf-Apnoe) zu beobachten sind. Auch wenn das Kind schon zweimal ein kurzes, abgeschlossenes, unerklärliches Ereignis (BRUE, früher "Anscheinend lebensbedrohliches Ereignis", ALE oder ALTE) mit Blauverfärbung der Haut, Atempause und Leblosigkeit aufgrund unbekannter Ursache durchgemacht hat, ist das Risiko erhöht.
  • Erbliche Belastung. Ist bereits ein Geschwisterkind am plötzlichen Kindstod verstorben, besteht eine höhere Gefahr für die danach geborenen Kinder.

Diagnosesicherung

Typischerweise finden die Eltern das leblose Kind in seinem Bettchen und alarmieren die Notärzt*in. Trifft das Rettungsteam ein, können diese nur noch den Tod des Kindes feststellen. Blaue Lippen, Schaum vor dem Mund, schwitzige Haare sowie der meist gute Pflege- und Ernährungszustand und das Fehlen von Gewaltspuren legen gemeinsam mit den Schilderungen der Eltern den Verdacht auf einen plötzlichen Kindstod nahe. Dieser gilt als nicht aufgeklärter Todesfall und ist der Polizei zu melden. Für eine sichere Feststellung der Todesursache ist jedoch eine Obduktion nach definiertem wissenschaftlichem Protokoll erforderlich. Nur dadurch lässt sich klären, ob der Tod als plötzlicher Kindstod zu klassifizieren ist oder ob ihm eine natürliche oder nicht-natürliche Ursache (z. B. Ersticken durch einen Elternteil) zugrunde liegt. Die Obduktion wird von der Staatsanwaltschaft eingeleitet, verzichtet diese darauf, können die Eltern sich aber auch freiwillig dafür entscheiden.

Differenzialdiagnostik. Wichtige Differenzialdiagnose ist der Tod aufgrund von Fehlbildungen oder Erkrankungen wie etwa Infektionen, Stoffwechselerkrankungen oder das Reye-Syndrom. Bei einem leblos aufgefundenen Kind muss man aber auch immer an nicht-natürliche Todesursachen wie das aktive Ersticken, Schütteltrauma, Misshandlung oder auch Vernachlässigung denken.

Diagnostik beim Geschwisterkind. Es gibt bisher keine diagnostischen Methoden, mit denen man gefährdete Kinder vorbeugend erkennen kann. Zur Vorsicht werden Neugeborene, deren Geschwisterchen am plötzlichen Kindstod verstorben ist, trotzdem besonders gründlich hinsichtlich ihres Herz-Kreislaufsystems und der Atmung untersucht. Dazu gehören beispielsweise die Prüfung der Atmung, ein EKG und Laboruntersuchungen wie Blutzucker und Blutbild.

Nach dem Tod des Kindes

Der Tod des eigenen Kindes gilt als eine der schlimmsten Erfahrungen, die Eltern machen können. Viele kommen dadurch psychisch an ihre Grenzen. Durch die polizeiliche Untersuchung und die eventuelle Obduktion werden Trauer und Abschiednehmen für die betroffenen Eltern weiter massiv erschwert. Eine zusätzliche Belastung ist die Tatsache, dass das Bedürfnis nach Aufklärung und Diagnose trotz Untersuchung nicht befriedigt werden kann. Die psychischen und körperlichen Folgen sind erheblich: Eltern, die ihr Baby durch einen plötzlichen Kindstod verloren haben, haben eine reduzierte Lebenserwartung. Einer dänischen Studie zufolge erhöht sich in den ersten 4 Jahren nach dem Ereignis bei betroffenen Müttern das Suizidrisiko um das Vierfache und das Risiko, langfristig an Krebs zu erkranken, um 44 %. Betroffene Väter sollen ein doppelt so hohes Risiko haben, durch Suizid oder einen Unfall zu versterben.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Der plötzliche Kindstod ist zu Recht eine Sorge vieler Eltern von Säuglingen. Es hat sich allerdings gezeigt, dass vorbeugende Maßnahmen wirksam sind: Denn bei Kindern, die nicht passivrauchen, die gestillt werden und auf einer festen Unterlage auf dem Rücken schlafen, ist der plötzliche Kindstod sehr selten. Die wichtigsten Präventionsmaßnahmen sind:

Rückenlage. Lassen Sie das Kind auf dem Rücken schlafen – nicht auf dem Bauch! Zwar wurde festgestellt, dass diese Art zu schlafen einen asymmetrischen/platten Hinterkopf begünstigt. Dies lässt sich jedoch vermeiden, wenn Sie Ihr Baby so oft wie möglich auf dem Bauch liegen lassen – aber nur, wenn es beaufsichtigt wird. Das hat einen zusätzlich positiven Effekt: Durch die Bauchlage im Wachen werden die Muskeln gestärkt und die Kopfhalte-Kontrolle geübt.

Nicht rauchen. Verzichten Sie auf das Zigarettenrauchen– sowohl während der Schwangerschaft als auch danach! Auch nicht im Garten oder auf dem Balkon, denn die Schadstoffe lagern sich auf der Kleidung ab und werden so auf den Säugling übertragen. Bestandteile des Zigarettenrauchs sind dann also trotzdem im Blut Ihres Säuglings nachweisbar!

Überwärmung vermeiden. Eine Raumtemperatur von max. 18° C reicht zum Schlafen aus. Achten Sie auch darauf, dass das Kinderbett nicht an der Heizung oder in der Sonne steht. Die Körpertemperatur des Kindes fühlt man am besten am Rücken zwischen den Schulterblättern. Fühlt es sich hier verschwitzt an, ist die Umgebung zu warm.

Schlafsack statt Federbett. Damit das Kind mit dem Kopf nicht unter die Decke rutscht, bietet sich ein Schlafsack an. Dieser darf nicht "auf Vorrat" angeschafft werden, sondern muss gut sitzen. Das bedeutet, dass die Halsöffnung kleiner sein soll als der Kopf.

Gesunde Schlafumgebung. Sorgen Sie zusätzlich für eine gesunde Schlafumgebung – hierzu gehören ein "richtiges" Bett (also kein Wasserbett oder Sofa), eine feste Schlafunterlage oder Matratze, der Verzicht auf Kissen, Plüschtiere, Fellunterlagen oder zu große Federbetten und auf das zu warme "Einpacken" des Babys.

Eigenes Kinderbett. Empfohlen wird, dass Babys im 1. Lebensjahr nicht im eigenen Zimmer, sondern im eigenen Bett bei den Eltern schlafen. Optimalen Schutz bietet ein kleines Kinderbettchen, das am elterlichen Bett befestigt oder direkt daneben gestellt wird.

So lange wie möglich stillen. Babys, die länger als 6 Monate gestillt werden, haben ein niedrigeres Risiko als früh abgestillte Kinder.

Schnuller anbieten. Der frühe Gebrauch eines Schnullers reduziert das Risiko um etwa 60 %.

Nicht pucken. Das feste Einwickeln von Säuglingen in ein Tuch ist eine uralte Wickelmethode, die immer mehr propagiert wird. Kinderärzt*innen warnen generell dagegen, den Kindern die Bewegungsfreiheit zu nehmen. Vor allem in Bauch- und Seitenlage soll das Pucken das Risiko für einen plötzlichen Kindstod erhöhen.

Keine Schlafpositionierer benutzen. Die Idee, das Kind durch Polster oder das Anbinden des Schlafsacks in Rückenposition zu halten, ist naheliegend, aber grundfalsch. Durch solche Schlafpositionierer wird das Risiko für den plötzlichen Kindstod und Unfälle (Strangulieren in den Schnüren des angebundenen Schlafsacks) erhöht.

Atem- und Herzmonitor. Ein Atem- und Herzmonitor weckt die Eltern auf, wenn Atmung oder Herzschlag des Babys in einen kritischen Bereich abfallen. Leider haben die Eltern oft mit Fehlalarmen zu kämpfen, und bei einem "echten" Alarm kommen die Wiederbelebungsmaßnahmen häufig zu spät. Dem plötzlichen Kindstod lässt sich mithilfe dieser Geräte nicht effektiv vorbeugen. Allerdings trägt ein Monitor bei vielen Eltern dazu bei, dass sie sich sicherer fühlen.

Weiterführende Informationen

Hilfe für betroffene Eltern gibt es von der Gemeinsamen Elterninitiative Plötzlicher Säuglingstod e. V., zu erreichen unter www.geps.de.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit für Kinder, Kösel, München, 8. Auflage (2015). Überarbeitung und Aktualisierung: Dagmar Fernholz, Dr. med. Sonja Kempinski
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Wunden bei Kindern sicher behandeln

Kleine Wunden lassen sich bei Kindern mit den richtigen Hausmitteln meist gut verarzten.

Wunden bei Kindern sicher behandeln

Hilfe, es blutet!

Stürze und kleine Verletzungen sind bei aktiven Kindern alltäglich. Meist kommt es nur zu harmlosen blauen Flecken, Abschürfungen oder kleinen Wunden. Die lassen sich mit dem nötigen Know-How und einer gut ausgestatteten Hausapotheke gut behandeln. Wichtig ist aber zu wissen, wann das Kind bei einer Verletzung zur Ärzt*in muss – und was bei Verbrennungen tun ist.

Mehr Stürze, weniger Folgen

Hinfallen gehört zu den häufigsten Alltagsereignissen bei Kindern. Kleinkinder fallen besonders oft: Obwohl sie noch wacklig und unsicher auf den Beinen sind, wollen sie alles ausprobieren und lassen sich von nichts aufhalten. Auch ihre Körperproportionen bringen sie leichter zu Fall: Weil ihr Kopf etwa 25% des Körpergewichts ausmacht, liegt ihr Schwerpunkt höher als bei Erwachsenen. Dadurch ist der Körper instabiler und sie verlieren leichter ihr Gleichgewicht.

Kinder stürzen zwar viel häufiger als Erwachsene – ihr Körper kann dies aber deutlich besser verkraften. Das gilt besonders für die Wundheilung. Die ist bei gesunden Kindern durch ihre höhere Stoffwechselrate schneller und effektiver als bei den Großen. Deshalb verlaufen alle drei Wundheilungsphasen besser: 

  • Blutstillung und Entzündungsphase: Als erstes wird durch Blutplättchen (Thrombozyten) und die Blutgerinnung ein schützender Schorf gebildet und die Blutung gestillt. Anschließend wandern spezielle Blutzellen ein und beseitigen eingedrungene Bakterien und abgestorbenes Gewebe.
  • Proliferative Phase: Ab dem zweiten Tag beginnt der Körper, die Gewebeverluste wieder aufzufüllen. Dafür bildet er neues Bindegewebe, insbesondere Kollagen, das von speziellen Hautzellen (Fibroblasten) produziert wird. Auch diese Kollagenproduktion läuft bei Kindern meist effektiver ab als im Erwachsenenalter. 
  • Reparative Phase: Ab Tag 5, also noch parallel zur proliferativen Phase, baut der Körper das neu gebildete Gewebe um. Dadurch wird die Wunde immer kleiner und stabiler. In diesem Stadium können sich sichtbare Narben entwickeln. Das Risiko für ausgeprägte Narben ist bei Kindern wiederum geringer als bei Erwachsenen. Die reparative Phase dauert etwa bis zu vier Wochen, dann ist die Wunde meist vollständig verheilt.

Hinweis: Wunden von Kindern infizieren sich seltener als Wunden von Erwachsenen. Dass liegt u.a. daran, dass gerade in den ersten Lebensjahren die Produktion und die Aktivität der Immunzellen besonders hoch ist. So gut ausgerüstet kann das Immunsystem besonders schnell und effektiv auf eingedrungene Keime reagieren.

Wann muss das gestürzte Kind in die Arztpraxis?

Zum Glück sind Stürze im Kindesalter meist leicht und haben deshalb nur harmlose Folgen. Abschürfungen, blaue Flecken und kleine Wunden kann man deshalb recht gut selbst versorgen. Rat und die erforderlichen Produkte gibt es in der Apotheke.

In einigen Fällen ist es allerdings unabdingbar, mit dem gestürzten Kind eine Arztpraxis aufzusuchen, z. B. bei 

  • Stürzen aus mehr als 1,5 m Höhe 
  • stark blutenden Wunden
  • Flüssigkeits- oder Blutaustritt aus Nase oder Ohren 
  • Bewusstlosigkeit (auch kurze) nach dem Sturz 
  • Erbrechen, Schläfrigkeit, Trinkunlust nach dem Sturz 
  • Krampfanfällen oder Muskelzuckungen
  • Schielen oder Sehstörungen

Kälte und Cremes bei blauen Flecken

Wenn durch eine Prellung, einen Stoß oder einen Schlag Gefäße verletzt werden, sammelt sich unter der Haut Blut an. Es kommt zu einem blauen Fleck, auch Hämatom genannt. Sie heilen – besonders bei Kindern – meist schnell ab. Der frische Fleck ist erst rot, dann wird er durch die Gerinnung blauviolett. Im Rahmen der Aufräumarbeiten im Gewebe bauen die Fresszellen den Blutfarbstoff ab. Je nach Abbauprodukt verändert der Fleck seine Farbe von braun-schwarz über dunkelgrün bis gelb-braun.

Blaue Flecken tun vor allem zu Beginn sehr weh. Kälte hilft dagegen am besten und sorgt dafür, dass Schwellungen nicht noch größer werden. Gekühlt werden sollte möglichst rasch und für mehrere Minuten. Achtung: Um den Kreislauf nicht zu stark zu belasten, darf dies bei Kleinkindern nur punktuell, also an der betroffenen Stelle, und feucht-kühl passieren.

Dazu eignet sich ein mit kühlem Wasser angefeuchteter Waschlappen oder eine im Kühlschrank (!) gelagerte Kalt-Warm-Kompresse. Für unterwegs sind Sofort-Kühl-Kompressen zum Knicken praktisch. Tiefgekühlte Coolpacks sind ungeeignet für Kleinkinder, ebenso Eissprays – sie können ihre besonders empfindliche und dünne Haut und die dicht darunter liegenden Nerven schädigen und zu schmerzhaften Erfrierungen führen.

Ist der Schmerz abgeklungen, können Gele mit Arnika-Extrakt die Abheilung unterstützen. Manche Eltern haben auch gute Erfahrungen mit homöopathischen Cremes gemacht. Bei Kindern ab acht Jahren darf man blaue Flecken auch mit Schmerzsalben mit Beinwell-Fluidextrakt behandeln.

Hinweis: Die klassischen Schmerzgele auf der Basis von Diclofenac oder Ibuprofen sind erst für Jugendliche ab 14 Jahren zugelassen und für jüngere Kinder nicht geeignet.

Blutende Wunden und Schürfwunden sicher versorgen

Bei stark blutenden Wunden muss die Blutung schnell gestoppt werden. Erst legt man eine sterile Kompresse auf, wenn nötig, muss ein Druckverband angelegt werden. Dazu kann man eine Verbandrolle verwenden. Diese packt man aus und legt sie auf die Kompresse, um sie dann mit einer zweiten Verbandrolle zu umwickeln und zu fixieren. So versorgt muss das Kind in eine Arztpraxis oder eine Notfallambulanz gebracht werden.

Oberflächliche, leichte Blutungen und Schürfwunden können selbst behandelt werden. In jedem Fall ist eine gute Wundreinigung wichtig. Dabei ist es wichtig, die Wunde gut mit Wasser oder steriler Kochsalzlösung zu spülen. Bei kleinen oberflächlichen Schürfwunden ist eine Desinfektion meist überflüssig. Schon das Spülen verringert die Infektionsgefahr. Zudem reinigt sich die Wunde selbst, indem sie Wundsekret bildet.

Anders sieht das bei tieferen Wunden aus. Sie können auch nach dem Spülen noch Schmutz und Keime enthalten und sollten desinfiziert werden. Gleiches gilt für Wunden, die mit Erde oder Tierkot in Kontakt geraten sind – sie sollte man ebenfalls desinfizieren.

Auch für Kinder geeignete Antiseptika sind die Wirkstoffe Octenidin, Povidon-Iod, Polihexanid und Chlorhexidin. Entsprechende Präparate und die dazugehörende Beratung gibt es in der Apotheke.

Tipp: Für das Säubern von leicht blutenden Wunden eignen sich bei Kindern besonders dunkle Tücher. Darauf fällt das rote Blut weniger auf, und das Kind bekommt weniger Angst.

Wundheilung fördern

Die nicht mehr blutende Wunde wird wie bei Erwachsenen nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung behandelt. Dazu kann man entweder feuchtes Wundgel oder Hydrokolloidpflaster verwenden.

Feuchte Wundgele brennen nicht auf der Wunde, spenden Feuchtigkeit für die Heilung und haben einen angenehm kühlenden Effekt. Sie müssen mehrmals täglich aufgetragen werden. Zum Schutz vor Verunreinigung, Reibung durch die Kleidung oder Herumkratzen klebt man ein Pflaster darüber. Der Wechsel des Pflasters kann sehr schmerzhaft sein. Um das Lösen des Pflasters zu erleichtern, gibt es zwei Wege: 

  • Sterile Kochsalzlösung zwischen den Rand des Pflasters und die Haut tröpfeln. 
  • Auf die Klebefläche des Pflasters ölgetränkte Wattepads auflegen und einwirken lassen.

Hydrokolloidpflaster sind die Alternative zu Wundgel und Pflaster. Sie bestehen aus wasserdichtem Material und versorgen die Wunde mit Feuchtigkeit. Außerdem polstern sie diese ab und schützen vor Reibung und Druck. Um sie beim Spielen zu sichern, kann man darüber täglich eine selbstklebende Binde anlegen. Das schützt auch davor, dass Schmutz unter den Rändern eindringt. Hydrokolloidpflaster bleiben bis zu sieben Tage auf der Wunde – das mehrmals tägliche Pflasterwechsel entfällt also.

Narbengele mit Silikon können bei ausgedehnten Schürfwunden die Abheilung verbessern. Sie dürfen erst aufgetragen werden, wenn kein Schorf mehr vorhanden ist. Man trägt sie zweimal täglich vorsichtig auf. Bitte nicht einmassieren – sonst bildet sich der nötige Silikonfilm nicht. Spezielle Präparate gibt es in der Apotheke schon für Babys ab drei Monaten.

Hinweis: Bei Verletzungen sollte immer der im Auge behalten werden, ob die Tetanusimpfung aufgefrischt werden muss. Grundimmunisiert wird meist mit 2, 4 und 11 Monaten. Danach wird die Impfung mit 5 bis 6 Jahren, später alle zehn Jahre wiederholt. Ist der Impfstatus nicht bekannt, wird das Kind wie ungeimpft behandelt und erhält eine Tetanusimpfung.

Achtung Verbrennungsgefahr

Auch Verbrennungen gehören zu den häufigen Verletzungen im Kindesalter. Typisch sind Unfälle am Herd oder mit dem Wasserkocher. Im Sommer gibt es neben dem Grillen noch zwei weitere typische Verbrennungsmöglichkeiten: 

  • Im Gartenschlauch stehendes Wasser kann durch die Sonne extrem heiß werden und Verbrühungen verursachen. 
  • Metallteile an Klettergerüsten und Rutschen können sich so aufheizen, dass es zu Kontaktverbrennungen an Po, Händen und Füßen kommt.

Bei einer Verbrennung muss sofort gehandelt werden. Ist ein größerer Bereich als der Handteller (des Kindes) betroffen, muss sofort der Notruf gewählt werden. Bereits ab 8% verbrannter Haut besteht bei Kindern Lebensgefahr. Zusätzlich gilt für alle Verbrennungen: 

  1. Bei verbrannten oder verbrühten Kindern sollte so schnell wie möglich die Kleidung entfernt werden. Das gilt allerdings nur, wenn diese nicht mit der Haut verklebt ist. Ist das der Fall, muss die Kleidung mitgekühlt werden. Denn je länger die heißen Textilien an der Haut bleiben, desto größer wird der Hautschaden. 
  2. Brandwunde 10 bis 15 Minuten mit handwarmem Wasser kühlen. Ausnahme: Nicht gekühlt werden großflächige Verletzungen wie z. B. der Rumpf – es droht sonst die Gefahr, dass die Körperkerntemperatur nicht mehr gehalten werden kann. Auch Neugeborene und Säuglinge sollen nicht gekühlt werden.
  3. Nach dem Kühlen kleinere Brandwunden steril abdecken, bei größeren Wunden ein sauberes Tuch verwenden. 
  4. Keinesfalls Hausmittel auftragen (Mehl, Salben, Puder)! Säuglinge und Kleinkinder sollen bei jeder Art von Verbrennung zur Ärzt*in. Das Gleiche gilt, wenn es zu Verbrennungen im Gesicht, an den Händen, Füßen oder Genitalien gekommen ist.

Bei älteren Kindern können leichte, sehr kleinflächige Brandwunden zuhause behandelt werden. Brandblasen darf man dabei nicht aufstechen. Einerseits, weil sie die Wunde vor Verunreinigungen schützt. Außerdem bildet sich unter der Brandblase ein feuchtes Milieu, das die Heilung fördert. Zudem schmerzen geöffnete Brandblasen besonders stark.

Auch geschlossene Brandwunden schmerzen. Dagegen helfen Hydrokolloidpflaster oder Blasenpflaster, die besonders dick sind. Speziell abkühlende Wundgele gibt es auch für Kinder.

Tipp: Haben Windelkinder einen Unfall mit heißen Flüssigkeiten, muss unbedingt die Windel ausgezogen und geprüft werden. Denn das heiße Wasser kann sich darin sammeln und zu Verbrühungen am Po oder an den Geschlechtsorganen führen.

Gut gerüstet für den Notfall

Wer Kinder hat, sollte auf kleine Verletzungen gut vorbereitet sein. Es ist ratsam, folgende Produkte in der Hausapotheke vorrätig zu haben:  Ampullen mit steriler Kochsalzlösung

  • Wunddesinfektionsmittel 
  • sterile Kompressen
  • Wundgel 
  • klassische Kinderpflaster 
  • Mullbinden
  • Pinzette

Für Eltern ist es ratsam, die genannten Produkte in eine kleine Tasche zu packen und unterwegs immer dabei zu haben. So ist man beim Spazierengehen, auf dem Spielplatz und bei anderen Outdoor-Aktivitäten gut gerüstet.

Tipp: Es gibt auch Fertigsets zu Kaufen. So haben z. B. Expert*innen von der Universitätsklinik Bonn ein Erste-Hilfe-Set für Kinder entwickelt, das zusätzlich einen Notfallratgeber enthält (Dr. Till Kindernotfallbox-Tasche®).

Quellen: Steinbrück C, DAZ 2023; 31: 34-36, www. Paulinchen.de, www.kinderaerzte-im-netz.de, www.kindernotfall-bonn.de

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Tanya Yatsenko