Gesundheit heute

Gelbsucht beim Neugeborenen

Gelbsucht beim Neugeborenen (Neugeborenen-Ikterus): Gelbfärbung der Haut des Neugeborenen in den ersten Tagen nach der Geburt. Ausgelöst wird die Neugeborenengelbsucht durch eine Ansammlung des Blutabbauprodukts Bilirubin. Grund dafür ist, dass die kindliche Leber die Umstellung vom fetalen auf das "normale" Blut nicht so schnell verkraftet. Dies hat in der Regel keinen Krankheitswert und wird deshalb von den Ärzt*innen auch als physiologische Gelbsucht (d. h. zu den normalen Körperfunktionen gehörige Gelbsucht) bezeichnet. Die Gelbsucht kommt bei etwa 60 % aller gesunden Neugeborenen und rund 80 % aller Frühgeborenen vor. In den meisten Fällen bildet sie sich mit dem Ende der 1. Lebenswoche von selbst zurück.

Selten stecken hinter der Gelbfärbung auch Erkrankungen wie eine Blutvergiftung oder ein Leberschaden. In diesem Fall werden die Säuglinge mit blau erscheinendem UV-Licht behandelt, um den Abbau des Bilirubins zu beschleunigen.

Symptome und Leitbeschwerden

Physiologische Gelbsucht:

  • Beginn der Gelbfärbung um den 2. oder 3. Lebenstag
  • Gelbfärbung von Haut, Augapfel und Schleimhäuten, z. B. am Gaumen
  • Braunfärbung des Urins
  • Helle Stuhlfarbe
  • Evtl. Müdigkeit des Säuglings.

Anzeichen für sehr hohe Bilirubin-Werte:

  • Gelbfärbung bereits am 1. Lebenstag und länger als 2 Wochen
  • Schlechtes Allgemeinbefinden des Neugeborenen
  • Fieber und schrilles Schreien
  • Brauner Urin und weißlicher Stuhl weißlich
  • Krampfanfälle.

Hinweis: Die "Gelbverfärbung" nach Beginn der Beifütterung ist keine "Gelbsucht", sondern kommt von der Karottennahrung. Sie ist harmlos und wird durch Einlagerung des Karottenfarbstoffs Karotin hervorgerufen. Anders als bei der Gelbsucht ist das Augenweiß nicht verfärbt.

Wann in die Kinderarztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • die Gelbfärbung der Haut länger als bis zum 14. Lebenstag bestehen bleibt
  • die Gelbfärbung intensiver wird
  • gleichzeitig der Urin braun und der Stuhl sehr hell (fast weiß) sind.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Über die Hälfte der Neugeborenen sind während der 1. Lebenswoche mehr oder weniger "gelb". Die Verfärbung wird vom Stoffwechselprodukt Bilirubin verursacht, das beim Abbau des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin anfällt. Während der Schwangerschaft wird das Bilirubin des Ungeborenen über den Mutterkuchen entsorgt. Nach der Geburt muss der Säugling dies selbst übernehmen. Das Bilirubin wird nun in der kindlichen Leber verstoffwechselt und anschließend über den Darm ausgeschieden. Diese Umstellung benötigt meist einige Tage: Denn die Leber des Neugeborenen ist noch unreif und kann die Entsorgung des Bilirubins noch nicht vollständig leisten. Bilirubin, das nicht abgebaut wird, lagert sich somit im Körper ab; es kommt zur Gelbfärbung. Eine Studie weist darauf hin, dass die zeitweilige "Verfärbung" der Neugeborenen sogar nützlich ist: Bilirubin hat für den Stoffwechsel schützende Eigenschaften.

Ursachen der pathologischen Gelbsucht

Die Ursachen für die Gelbsucht beim Neugeborenen sind vielfältig:

Zu geringe Trinkmenge. Eine häufige Ursache ist, dass das Kind in den ersten Lebenstagen wenig trinkt. Dadurch gibt das Neugeborene nur wenig Stuhl ab. Auch das Bilirubin wird deswegen nur in geringen Mengen ausgeschieden. Weil sich das Bilirubin im Darm ansammelt, wird es wieder in den Körperkreislauf rückresorbiert.

Muttermilch-Gelbsucht. Bei einem kleinen Teil der gestillten Kinder wird eine besonders langanhaltende Gelbsucht beobachtet. Sie wird als Muttermilch-Gelbsucht bezeichnet und gilt als harmlos. Wahrscheinlich enthält die Milch mancher Mütter einen bestimmten Stoff, der den Abbau des Bilirubins hemmt. Abstillen ist nicht erforderlich.

Blutgruppenunverträglichkeit. Unterscheiden sich die Blutgruppen von Säugling und Mutter, kann es zu Unverträglichkeitsreaktionen kommen. Bei der schwersten Form, der Rhesusunverträglichkeit, kommt es zur Zerstörung der roten Blutkörperchen des Säuglings. Da die Verträglichkeit der Blutgruppen heutzutage getestet wird und vorbeugend Medikamente gespritzt werden, tritt diese Form der Gelbsucht seltener auf.

Weitere Ursachen. Seltene Ursachen für Gelbsucht bei Neugeborenen sind eine Frühgeburt, bestimmte Medikamente (z. B. Paracetamol), erbliche Blutkrankheiten, Blutvergiftung (Sepsis), Hautblutungen und Stoffwechselstörungen (z. B. Schilddrüsenunterfunktion).

Risikofaktoren

Frühgeborene. Besonders gefährdet für hohe Bilirubin-Konzentrationen sind Frühgeborene – sowohl bei einer späten Frühgeburt (Schwangerschaftsdauer: < 37. Schwangerschaftswoche) als auch bei einer fast abgeschlossenen Schwangerschaft (Schwangerschaftsdauer: 37.–38. Schwangerschaftswoche). Die Leber von Frühgeborenen ist meistens noch nicht voll ausgereift und kann somit das Bilirubin nur langsam abbauen. Neben der Leber ist zudem auch die so genannte Blut-Hirn-Schranke unreif, sodass das Bilirubin leichter in das Hirngewebe eindringen und dies entzünden kann.

Betroffene Geschwister. Hatten andere Kinder in der Familie die Gelbsucht, besteht das Risiko, dass auch das nächste Neugeborene erkrankt. In diesem Fall müssen besonders auch Erbkrankheiten in Betracht gezogen werden.

Diabetes der Mutter. Leidet die Mutter an Diabetes mellitus, kommt es eher zu einer Neugeborenengelbsucht. Durch die Erkrankung wird das Kind nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt, sodass die Organe nicht richtig reifen können. Außerdem bildet das betroffene Kind kompensatorisch mehr rote Blutkörperchen. Somit fällt mehr Bilirubin an, was aber nur schwerer abgebaut werden kann.

Verlauf

Die physiologische Gelbsucht zeigt sich meist am 2. oder 3. Tag nach der Geburt. Zunächst verfärbt sich das Gesicht, auch Augenweiß und Schleimhäute sind betroffen. Schließlich dehnt sie sich den Körper entlang weiter nach unten aus. Unterhalb vom Bauchnabel ist sie meist kaum mehr zu erkennen. Die Gelbfärbung verschwindet in umgekehrter Reihenfolge wieder, sodass zuletzt das Gesicht wieder die normale Hautfarbe annimmt.

Tritt die Gelbfärbung innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt auf, bedarf dies immer einer genaueren Untersuchung. Ebenso sollten Neugeborene, bei denen erst nach dem 3. Tag die Gelbfärbung zu sehen ist, beobachtet werden. Besteht die Gelbsucht über die ersten Lebenswochen hinaus oder ist der Verlauf besonders schwer, so besteht die Möglichkeit, dass das Neugeborene beispielsweise an einer Erbkrankheit, einer Infektion oder einer Stoffwechselerkrankung leidet.

Komplikation

Bilirubin-Enzephalopathie. Gesundheitsgefahr besteht nur dann, wenn das Bilirubin sehr hohe Werte erreicht. In diesen Fällen liegen meist krankhafte Ursachen zugrunde, zum Beispiel eine Blutgruppenunverträglichkeit oder eine Unterfunktion der Schilddrüse. Denn dann lagert sich das Bilirubin auch im Gehirn ab und schädigt so bestimmte Gehirnbereiche. Mediziner*innen bezeichnen dies als Kernikterus oder Bilirubin-Enzephalopathie. Wird die Bilirubin-Enzephalopathie nicht behandelt, drohen schwere Hirnschäden bis hin zum Tod. Da heute alle Neugeborenen routinemäßig untersucht werden, sind diese Formen sehr selten geworden.

Diagnosesicherung

Bei Verdacht auf eine krankhafte Form der Gelbsucht führt die Ärzt*in einen Bluttest durch. Ergibt die Messung einen sehr hohen Bilirubinwert, folgen weitere Untersuchungen, um die genaue Ursache nachzuweisen. Zunächst werden weitere Blutwerte analysiert, wie beispielsweise Entzündungswerte, Leberwerte oder Schilddrüsenparameter. Um eine Blutgruppenunverträglichkeit zu erkennen, werden zusätzlich die Blutgruppen von Mutter und Kind bestimmt.

Behandlung

Handelt es sich um eine normale Neugeborenengelbsucht, so ist meist keine Therapie notwendig.

Fototherapie. Ab einem bestimmten Grenzwert leitet die Ärzt*in eine Fototherapie ein: Dazu wird das Neugeborene nackt in eine Art UV-Solarium gelegt. Dort wird es – ausgestattet mit einer lichtundurchlässigen Brille – mit blau erscheinendem UV-Licht behandelt. Dieses beschleunigt den Abbau von Bilirubin, indem es das Bilirubin in der Haut des Babys so verändert, dass es mit dem Urin ausgeschieden wird. Das Bilirubin muss also nicht mehr über die Leber abgebaut werden.

Inzwischen gibt es spezielle Decken mit eingewobenen lichtleitenden Fasern, in die das Baby wie in einen Strampler eingepackt wird. Der Vorteil: Das Baby wird zu Hause behandelt und muss nicht ins Krankenhaus, wo es meist in einem Brutkasten liegt.

Nebenwirkungen der Fototherapie sind selten, es tritt dennoch vereinzelt ein harmloser, nicht juckender Hautausschlag auf (Exanthem). Da das Neugeborene unter der Lampe leicht schwitzt, sollte es ausreichend zu trinken bekommen, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Blutaustauschtransfusionen. Hat die Fototherapie nicht angeschlagen oder liegt der Gelbsucht eine seltene Blutgruppenunverträglichkeit zugrunde, veranlasst die Ärzt*in im Krankenhaus Blutaustauschtransfusionen.

Ernährung. Wird das Neugeborene unzureichend ernährt, besteht die Gefahr, dass sich der Bilirubinspiegel im Blut erhöht. Zum einen liegt das daran, dass sich die Verdauung verlangsamt und deshalb weniger Bilirubin ausgeschieden wird. Zum anderen fehlen Eiweiße, die das Bilirubin binden. Zirkuliert Bilirubin ungebunden im Körper, so gelangt es leichter in das Gehirn. Aus diesem Grund muss das Baby ausreichend gefüttert, am besten gestillt, werden.

Medikamentöse Behandlung. Um einer Austauschtransfusion vorzubeugen, werden in seltenen Fällen intravenöse Immunglobuline in den ersten 4 Lebenstagen eingesetzt. Diese Behandlung wird mit einer intensiven Fototherapie kombiniert.

Prognose

Die Prognose ist bei richtiger Behandlung gut. Auch aufgrund der genauen Richtlinien, die mittlerweile von allen Entbindungsstationen angewendet werden, erzielt die Therapie gute Erfolge. Wird das Neugeborene jedoch nicht adäquat behandelt, besteht die Gefahr einer dauerhaften Hirnschädigung. Dies passiert heutzutage glücklicherweise sehr selten.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Schwere Formen der Gelbsucht werden in der Entbindungsklinik behandelt. Diagnostiziert die Ärzt*in bei Ihrem Baby jedoch nur eine leichte, kontrollbedürftige Gelbsucht, so können Sie das Abklingen der Gelbsucht unterstützen:

  • Natürliche Fototherapie. Setzen Sie Ihr Baby – am besten nackt – in einer warmen Umgebung vor das geschlossene Fenster, sodass es dem durchfallenden Sonnenlicht ausgesetzt ist. Das Glas lässt einen großen Teil des "blauen" Lichtanteils durch. Achten Sie aber unbedingt darauf, dass Ihr Baby keinen Sonnenbrand bekommt.
  • Ausscheidung unterstützen. Bringen Sie die Ausscheidung Ihres Babys in Schwung, indem Sie es möglichst oft an die Brust nehmen. Das häufige Stillen fördert beim Baby die Darmbewegungen, weil auch die Stuhlmengen zunehmen. Durch die erhöhte Stuhlfrequenz wird auch mehr Bilirubin ausgeschieden.
  • Eiweißreich füttern. Ernähren Sie Ihr Baby eiweißreich, indem Sie stillen. Gut geeignet ist Muttermilch, die von Natur aus viel Eiweiß enthält. Das Eiweiß bindet das freie Bilirubin und verhindert, dass es in das Gehirn gelangt. Bei Flaschenkindern kann zusätzlich sogenannte Formula-Nahrung gegeben werden. Tee und Wasser haben hingegen keinen positiven Effekt, auch wenn manche Mütter glauben, das Bilirubin damit zu verdünnen.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Nicole Menche, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit für Kinder, Kösel, München, 8. Auflage (2015). Überarbeitung: Dagmar Fernholz, Bettina Bobinger
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Wunden bei Kindern sicher behandeln

Kleine Wunden lassen sich bei Kindern mit den richtigen Hausmitteln meist gut verarzten.

Wunden bei Kindern sicher behandeln

Hilfe, es blutet!

Stürze und kleine Verletzungen sind bei aktiven Kindern alltäglich. Meist kommt es nur zu harmlosen blauen Flecken, Abschürfungen oder kleinen Wunden. Die lassen sich mit dem nötigen Know-How und einer gut ausgestatteten Hausapotheke gut behandeln. Wichtig ist aber zu wissen, wann das Kind bei einer Verletzung zur Ärzt*in muss – und was bei Verbrennungen tun ist.

Mehr Stürze, weniger Folgen

Hinfallen gehört zu den häufigsten Alltagsereignissen bei Kindern. Kleinkinder fallen besonders oft: Obwohl sie noch wacklig und unsicher auf den Beinen sind, wollen sie alles ausprobieren und lassen sich von nichts aufhalten. Auch ihre Körperproportionen bringen sie leichter zu Fall: Weil ihr Kopf etwa 25% des Körpergewichts ausmacht, liegt ihr Schwerpunkt höher als bei Erwachsenen. Dadurch ist der Körper instabiler und sie verlieren leichter ihr Gleichgewicht.

Kinder stürzen zwar viel häufiger als Erwachsene – ihr Körper kann dies aber deutlich besser verkraften. Das gilt besonders für die Wundheilung. Die ist bei gesunden Kindern durch ihre höhere Stoffwechselrate schneller und effektiver als bei den Großen. Deshalb verlaufen alle drei Wundheilungsphasen besser: 

  • Blutstillung und Entzündungsphase: Als erstes wird durch Blutplättchen (Thrombozyten) und die Blutgerinnung ein schützender Schorf gebildet und die Blutung gestillt. Anschließend wandern spezielle Blutzellen ein und beseitigen eingedrungene Bakterien und abgestorbenes Gewebe.
  • Proliferative Phase: Ab dem zweiten Tag beginnt der Körper, die Gewebeverluste wieder aufzufüllen. Dafür bildet er neues Bindegewebe, insbesondere Kollagen, das von speziellen Hautzellen (Fibroblasten) produziert wird. Auch diese Kollagenproduktion läuft bei Kindern meist effektiver ab als im Erwachsenenalter. 
  • Reparative Phase: Ab Tag 5, also noch parallel zur proliferativen Phase, baut der Körper das neu gebildete Gewebe um. Dadurch wird die Wunde immer kleiner und stabiler. In diesem Stadium können sich sichtbare Narben entwickeln. Das Risiko für ausgeprägte Narben ist bei Kindern wiederum geringer als bei Erwachsenen. Die reparative Phase dauert etwa bis zu vier Wochen, dann ist die Wunde meist vollständig verheilt.

Hinweis: Wunden von Kindern infizieren sich seltener als Wunden von Erwachsenen. Dass liegt u.a. daran, dass gerade in den ersten Lebensjahren die Produktion und die Aktivität der Immunzellen besonders hoch ist. So gut ausgerüstet kann das Immunsystem besonders schnell und effektiv auf eingedrungene Keime reagieren.

Wann muss das gestürzte Kind in die Arztpraxis?

Zum Glück sind Stürze im Kindesalter meist leicht und haben deshalb nur harmlose Folgen. Abschürfungen, blaue Flecken und kleine Wunden kann man deshalb recht gut selbst versorgen. Rat und die erforderlichen Produkte gibt es in der Apotheke.

In einigen Fällen ist es allerdings unabdingbar, mit dem gestürzten Kind eine Arztpraxis aufzusuchen, z. B. bei 

  • Stürzen aus mehr als 1,5 m Höhe 
  • stark blutenden Wunden
  • Flüssigkeits- oder Blutaustritt aus Nase oder Ohren 
  • Bewusstlosigkeit (auch kurze) nach dem Sturz 
  • Erbrechen, Schläfrigkeit, Trinkunlust nach dem Sturz 
  • Krampfanfällen oder Muskelzuckungen
  • Schielen oder Sehstörungen

Kälte und Cremes bei blauen Flecken

Wenn durch eine Prellung, einen Stoß oder einen Schlag Gefäße verletzt werden, sammelt sich unter der Haut Blut an. Es kommt zu einem blauen Fleck, auch Hämatom genannt. Sie heilen – besonders bei Kindern – meist schnell ab. Der frische Fleck ist erst rot, dann wird er durch die Gerinnung blauviolett. Im Rahmen der Aufräumarbeiten im Gewebe bauen die Fresszellen den Blutfarbstoff ab. Je nach Abbauprodukt verändert der Fleck seine Farbe von braun-schwarz über dunkelgrün bis gelb-braun.

Blaue Flecken tun vor allem zu Beginn sehr weh. Kälte hilft dagegen am besten und sorgt dafür, dass Schwellungen nicht noch größer werden. Gekühlt werden sollte möglichst rasch und für mehrere Minuten. Achtung: Um den Kreislauf nicht zu stark zu belasten, darf dies bei Kleinkindern nur punktuell, also an der betroffenen Stelle, und feucht-kühl passieren.

Dazu eignet sich ein mit kühlem Wasser angefeuchteter Waschlappen oder eine im Kühlschrank (!) gelagerte Kalt-Warm-Kompresse. Für unterwegs sind Sofort-Kühl-Kompressen zum Knicken praktisch. Tiefgekühlte Coolpacks sind ungeeignet für Kleinkinder, ebenso Eissprays – sie können ihre besonders empfindliche und dünne Haut und die dicht darunter liegenden Nerven schädigen und zu schmerzhaften Erfrierungen führen.

Ist der Schmerz abgeklungen, können Gele mit Arnika-Extrakt die Abheilung unterstützen. Manche Eltern haben auch gute Erfahrungen mit homöopathischen Cremes gemacht. Bei Kindern ab acht Jahren darf man blaue Flecken auch mit Schmerzsalben mit Beinwell-Fluidextrakt behandeln.

Hinweis: Die klassischen Schmerzgele auf der Basis von Diclofenac oder Ibuprofen sind erst für Jugendliche ab 14 Jahren zugelassen und für jüngere Kinder nicht geeignet.

Blutende Wunden und Schürfwunden sicher versorgen

Bei stark blutenden Wunden muss die Blutung schnell gestoppt werden. Erst legt man eine sterile Kompresse auf, wenn nötig, muss ein Druckverband angelegt werden. Dazu kann man eine Verbandrolle verwenden. Diese packt man aus und legt sie auf die Kompresse, um sie dann mit einer zweiten Verbandrolle zu umwickeln und zu fixieren. So versorgt muss das Kind in eine Arztpraxis oder eine Notfallambulanz gebracht werden.

Oberflächliche, leichte Blutungen und Schürfwunden können selbst behandelt werden. In jedem Fall ist eine gute Wundreinigung wichtig. Dabei ist es wichtig, die Wunde gut mit Wasser oder steriler Kochsalzlösung zu spülen. Bei kleinen oberflächlichen Schürfwunden ist eine Desinfektion meist überflüssig. Schon das Spülen verringert die Infektionsgefahr. Zudem reinigt sich die Wunde selbst, indem sie Wundsekret bildet.

Anders sieht das bei tieferen Wunden aus. Sie können auch nach dem Spülen noch Schmutz und Keime enthalten und sollten desinfiziert werden. Gleiches gilt für Wunden, die mit Erde oder Tierkot in Kontakt geraten sind – sie sollte man ebenfalls desinfizieren.

Auch für Kinder geeignete Antiseptika sind die Wirkstoffe Octenidin, Povidon-Iod, Polihexanid und Chlorhexidin. Entsprechende Präparate und die dazugehörende Beratung gibt es in der Apotheke.

Tipp: Für das Säubern von leicht blutenden Wunden eignen sich bei Kindern besonders dunkle Tücher. Darauf fällt das rote Blut weniger auf, und das Kind bekommt weniger Angst.

Wundheilung fördern

Die nicht mehr blutende Wunde wird wie bei Erwachsenen nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung behandelt. Dazu kann man entweder feuchtes Wundgel oder Hydrokolloidpflaster verwenden.

Feuchte Wundgele brennen nicht auf der Wunde, spenden Feuchtigkeit für die Heilung und haben einen angenehm kühlenden Effekt. Sie müssen mehrmals täglich aufgetragen werden. Zum Schutz vor Verunreinigung, Reibung durch die Kleidung oder Herumkratzen klebt man ein Pflaster darüber. Der Wechsel des Pflasters kann sehr schmerzhaft sein. Um das Lösen des Pflasters zu erleichtern, gibt es zwei Wege: 

  • Sterile Kochsalzlösung zwischen den Rand des Pflasters und die Haut tröpfeln. 
  • Auf die Klebefläche des Pflasters ölgetränkte Wattepads auflegen und einwirken lassen.

Hydrokolloidpflaster sind die Alternative zu Wundgel und Pflaster. Sie bestehen aus wasserdichtem Material und versorgen die Wunde mit Feuchtigkeit. Außerdem polstern sie diese ab und schützen vor Reibung und Druck. Um sie beim Spielen zu sichern, kann man darüber täglich eine selbstklebende Binde anlegen. Das schützt auch davor, dass Schmutz unter den Rändern eindringt. Hydrokolloidpflaster bleiben bis zu sieben Tage auf der Wunde – das mehrmals tägliche Pflasterwechsel entfällt also.

Narbengele mit Silikon können bei ausgedehnten Schürfwunden die Abheilung verbessern. Sie dürfen erst aufgetragen werden, wenn kein Schorf mehr vorhanden ist. Man trägt sie zweimal täglich vorsichtig auf. Bitte nicht einmassieren – sonst bildet sich der nötige Silikonfilm nicht. Spezielle Präparate gibt es in der Apotheke schon für Babys ab drei Monaten.

Hinweis: Bei Verletzungen sollte immer der im Auge behalten werden, ob die Tetanusimpfung aufgefrischt werden muss. Grundimmunisiert wird meist mit 2, 4 und 11 Monaten. Danach wird die Impfung mit 5 bis 6 Jahren, später alle zehn Jahre wiederholt. Ist der Impfstatus nicht bekannt, wird das Kind wie ungeimpft behandelt und erhält eine Tetanusimpfung.

Achtung Verbrennungsgefahr

Auch Verbrennungen gehören zu den häufigen Verletzungen im Kindesalter. Typisch sind Unfälle am Herd oder mit dem Wasserkocher. Im Sommer gibt es neben dem Grillen noch zwei weitere typische Verbrennungsmöglichkeiten: 

  • Im Gartenschlauch stehendes Wasser kann durch die Sonne extrem heiß werden und Verbrühungen verursachen. 
  • Metallteile an Klettergerüsten und Rutschen können sich so aufheizen, dass es zu Kontaktverbrennungen an Po, Händen und Füßen kommt.

Bei einer Verbrennung muss sofort gehandelt werden. Ist ein größerer Bereich als der Handteller (des Kindes) betroffen, muss sofort der Notruf gewählt werden. Bereits ab 8% verbrannter Haut besteht bei Kindern Lebensgefahr. Zusätzlich gilt für alle Verbrennungen: 

  1. Bei verbrannten oder verbrühten Kindern sollte so schnell wie möglich die Kleidung entfernt werden. Das gilt allerdings nur, wenn diese nicht mit der Haut verklebt ist. Ist das der Fall, muss die Kleidung mitgekühlt werden. Denn je länger die heißen Textilien an der Haut bleiben, desto größer wird der Hautschaden. 
  2. Brandwunde 10 bis 15 Minuten mit handwarmem Wasser kühlen. Ausnahme: Nicht gekühlt werden großflächige Verletzungen wie z. B. der Rumpf – es droht sonst die Gefahr, dass die Körperkerntemperatur nicht mehr gehalten werden kann. Auch Neugeborene und Säuglinge sollen nicht gekühlt werden.
  3. Nach dem Kühlen kleinere Brandwunden steril abdecken, bei größeren Wunden ein sauberes Tuch verwenden. 
  4. Keinesfalls Hausmittel auftragen (Mehl, Salben, Puder)! Säuglinge und Kleinkinder sollen bei jeder Art von Verbrennung zur Ärzt*in. Das Gleiche gilt, wenn es zu Verbrennungen im Gesicht, an den Händen, Füßen oder Genitalien gekommen ist.

Bei älteren Kindern können leichte, sehr kleinflächige Brandwunden zuhause behandelt werden. Brandblasen darf man dabei nicht aufstechen. Einerseits, weil sie die Wunde vor Verunreinigungen schützt. Außerdem bildet sich unter der Brandblase ein feuchtes Milieu, das die Heilung fördert. Zudem schmerzen geöffnete Brandblasen besonders stark.

Auch geschlossene Brandwunden schmerzen. Dagegen helfen Hydrokolloidpflaster oder Blasenpflaster, die besonders dick sind. Speziell abkühlende Wundgele gibt es auch für Kinder.

Tipp: Haben Windelkinder einen Unfall mit heißen Flüssigkeiten, muss unbedingt die Windel ausgezogen und geprüft werden. Denn das heiße Wasser kann sich darin sammeln und zu Verbrühungen am Po oder an den Geschlechtsorganen führen.

Gut gerüstet für den Notfall

Wer Kinder hat, sollte auf kleine Verletzungen gut vorbereitet sein. Es ist ratsam, folgende Produkte in der Hausapotheke vorrätig zu haben:  Ampullen mit steriler Kochsalzlösung

  • Wunddesinfektionsmittel 
  • sterile Kompressen
  • Wundgel 
  • klassische Kinderpflaster 
  • Mullbinden
  • Pinzette

Für Eltern ist es ratsam, die genannten Produkte in eine kleine Tasche zu packen und unterwegs immer dabei zu haben. So ist man beim Spazierengehen, auf dem Spielplatz und bei anderen Outdoor-Aktivitäten gut gerüstet.

Tipp: Es gibt auch Fertigsets zu Kaufen. So haben z. B. Expert*innen von der Universitätsklinik Bonn ein Erste-Hilfe-Set für Kinder entwickelt, das zusätzlich einen Notfallratgeber enthält (Dr. Till Kindernotfallbox-Tasche®).

Quellen: Steinbrück C, DAZ 2023; 31: 34-36, www. Paulinchen.de, www.kinderaerzte-im-netz.de, www.kindernotfall-bonn.de

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Tanya Yatsenko