Gesundheit heute
Autismus-Spektrum-Störung
Autismus-Spektrum-Störung (ASS, Autismus): Tiefgreifende Entwicklungsstörung, die bereits im Kindesalter auftritt und sich äußert durch Probleme in der sozialen Interaktion, Probleme in der sprachlichen und nicht-sprachlichen Kommunikation sowie eingeschränkten Interessen und Aktivitäten mit stereotypen Verhaltensweisen.
Früher wurde in der Regel nur von Autismus gesprochen. Autismus-Spektrum-Störungen äußern sich jedoch sehr unterschiedlich, sodass im deutschen Sprachraum drei Typen unterschieden werden:
- Schwerer frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
- Milderes Asperger-Syndrom (häufigste ASS)
- Atypischer Autismus, der weder zum einen, noch zum anderen Typ passt. Es fehlen etwa einige Leitsymptome der frühkindlichen Form oder das typische Bild zeigt sich erst nach dem dritten Lebensjahr.
Die Übergänge sind fließend, sodass eine eindeutige Zuordnung zu einem Typ oft nicht möglich ist. Neue internationale Krankheitsklassifikationen (DSM V und ICD 11) gehen deshalb von einem Kontinuum aus und sprechen nur noch von Autismus-Spektrum-Störung. Im klinischen Alltag, aber auch in der Frühförderung und Sonderpädagogik, werden weiter die oben genannten Typen unterschieden.
Die Behandlung umfasst ein multimodales Konzept aus Frühförderung, Familienberatung, Psychotherapie und je nach Beschwerden auch Medikamenten. Der Verlauf ist sehr variabel. Bei manchen Betroffenen gehen die Symptome im Erwachsenenalter zurück, bei anderen verstärken sie sich sogar. Häufig ist eine lebenslange Betreuung notwendig.
Symptome und Leitbeschwerden
Frühkindlicher Autismus:
- Beeinträchtigte Kontaktaufnahme und Kommunikation (bereits im Säuglingsalter)
- Reduzierter Blickkontakt, aussagearmer Gesichtsausdruck, fehlendes soziales Lächeln
- Passivität, bevorzugtes Alleinsein, wenig Nachahmen
- Stark verlangsamte Sprachentwicklung, 50 % der Kinder fangen gar nicht an zu sprechen
- Stereotypes Wiederholen bestimmter Abläufe oder Bewegungen
- Häufig Fixierung auf bestimmte Objekte, Aktivitäten und zeitliche Abläufe
- Häufig Intelligenzminderung bis hin zur geistigen Behinderung.
Asperger-Syndrom:
- Auffällig erst ab dem dritten Lebensjahr
- Flüchtiger Blickkontakt, aussagearmer Gesichtsausdruck
- Normale geistige und sprachliche Entwicklung
- Oft spezielle Stärken oder Inselbegabungen, z. B. im Gedächtnis oder der Wahrnehmung
- Oft zusätzliche Symptome von ADS/ADHS.
Wann in die Kinderarztpraxis
- Wenn Sie über längere Zeit das Gefühl haben, dass Ihr Kind nicht normal mit Ihnen als Mutter oder Vater interagiert und kommuniziert
- Wenn die Kindertagesstätte Sie darauf aufmerksam macht, dass Ihr Kind sich in seiner Kommunikation und seinem Spielverhalten auffällig verhält
- Wenn Sie das Gefühl haben, dass sich das Kind nicht altersgerecht entwickelt, also zum Beispiel nicht zu sprechen beginnt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Autismus-Spektrum-Störungen lassen sich nicht, wie früher angenommen, auf eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung zurückführen. Vielmehr liegen ihm Auffälligkeiten in der Struktur, Entwicklung, Funktion oder Organisation des Gehirns zugrunde. Dessen Ursachen sind letztlich unklar.
Ein (teilweiser) erblicher Hintergrund gilt als erwiesen. Geschwister von autistischen Kindern haben etwa ein 5%iges Risiko, selbst autistisch zu sein. Zudem könnten äußere Einflüsse wie etwa Schädigungen im Mutterleib oder unter der Geburt eine Rolle spielen.
Früher wurde häufig die Masern-Mumps-Röteln-Impfung für die Erkrankung verantwortlich gemacht. Diese Hypothese ist heute nachgewiesenermaßen widerlegt.
Komplikationen
Viele Kinder leiten an Begleiterkrankungen wie ADS/ADHS, Angststörungen, Tics und Zwangsstörungen sowie Epilepsie. Auch funktionelle Störungen treten häufig auf, etwa Ernährungsprobleme, nächtliches Einnässen, Schlafstörungen und Verstopfung.
Diagnosesicherung
Die Diagnose der Autismus-Spektrum-Störung wird dadurch erschwert, dass einzelne Symptome für sich allein noch normal sein können. Erst wenn mehrere der oben genannten Verhaltensweisen gleichzeitig bestehen, ergibt sich ein Verdacht. In diesem Fall sollte die Kinderärzt*in an eine Fachärzt*in überweisen. Dieser stehen zur Diagnose standardisierte Beobachtungsskalen zur Verfügung, etwa ADOS, CARS oder ADI-R. Mithilfe von Laboruntersuchungen, Kernspin und EEG kann die Ärzt*in organische Ursachen ausschließen. Auch sollten die Kinder auf Hör- und Sehstörungen getestet werden. Eine sichere Diagnose ist dennoch meist erst ab dem 18. Lebensmonat möglich.
Differenzialdiagnosen. In der Praxis stellt sich oft der Verdacht auf die Differenzialdiagnose ADHS oder ADS. In der Tat sind Aufmerksamkeitsstörungen für beide Erkrankungen typisch. Zur Differenzierung stellt die Ärzt*in folgende Überlegungen an:
- Gegen ADHS und ADS sprechen die Fixierung auf einige wenige Aktivitäten, das fokussierte detailorientierte Spielverhalten und "inselartige" Stärken und Begabungen.
- Gegen eine Autismus-Spektrum-Störung sprechen schwache Impulskontrolle (wie z. B. das schnelle Aufkommen von Wutanfällen bei Frustrationen) und Hyperaktivität. Auch "Desorganisation" im Alltag und Sprunghaftigkeit in Denken und Handeln sind nicht typisch.
Autismusähnliches Verhalten zeigen Kinder auch bei Verwahrlosung oder Misshandlung. In diesen Fällen verschwindet das autismusähnliche Verhalten jedoch, wenn das Kind in eine intakte und fördernde Umgebung wie z. B. eine geeignete Pflegefamilie kommt.
Auch andere neurologische oder körperliche Erkrankungen führen zu Verhaltensstörungen und Intelligenzminderung, die dem ASS ähneln. Dazu gehören beispielsweise Schizophrenie, das fetale Alkoholsyndrom, Stoffwechselerkrankungen wie die Phenylketonurie oder angeborene genetische oder chromosomale Defekte.
Behandlung
Eine Autismus-Spektrum-Störung lässt sich nicht heilen. Es ist aber durchaus möglich, die autismustypischen Defizite positiv zu beeinflussen. Die Behandlung orientiert sich immer am Einzelfall und kombiniert psychotherapeutische und pädagogische Verfahren mit Methoden der Verhaltenstherapie. Arzneimittel können zum Einsatz kommen, um begleitende und besonders belastende Krankheitszeichen zu unterdrücken, etwa Krampfanfälle.
- Stabile Umgebung. Damit sich ein Kind mit einer Autismus-Spektrum-Störung wohl fühlen und sich seinen Möglichkeiten entsprechend entwickeln kann, ist eine stabile Umgebung das A und O. Der Alltag zu Hause, Kindergarten und Schule, die Therapie – alles sollte möglichst vorhersehbar und überschaubar gestaltet werden.
- Frühförderung. Sie beginnt bereits in einem Alter von 2 bis 3 Jahren und endet mit der Einschulung. In intensiver Verhaltenstherapie werden dabei sprachliche Fähigkeit sowie die Interaktion mit Erwachsenen (später auch anderen Kindern) eingeübt. Auch Alltagsfähigkeiten lassen sich in diesem Rahmen üben, so kann auch Toilettentraining Teil der Therapie sein. Wie kleinschrittig die Therapeut*in dabei vorgeht, hängt von der Ausprägung der Erkrankung ab.
- Gruppentherapie. Die soziale Interaktion lässt sich auch mit einer autismusspezifischen Gruppentherapie weiter verbessern. Hier geht es zudem darum, dass Betroffene lernen, ihre Handlungen besser zu planen und souveräner mit Ärger und Frustration umzugehen. Eine solche Maßnahme dauert bis zu einem Jahr, kann aber auch wiederholt werden.
- Klassische Verhaltenstherapie. Diese eignet sich vor allem, wenn betroffene Kinder und Jugendliche zusätzlich unter einer Angst- oder Zwangsstörung leiden.
- Medikamente. Es gibt kein "Medikament gegen Autismus". Einige Arzneien lassen sich aber einsetzen, um Begleitsymptome zu mildern. Atypische Antipsychotika wie Risperidon werden verschrieben bei aggressivem Verhalten, Zwängen und Stereotypien. Methylphenidat oder andere Stimulanzien sollen hyperaktives oder impulsives Verhalten positiv beeinflussen. Das trizyklische Antidepressivum Mirtazapin ist eine Option bei Depressionen.
- Sonstige Maßnahmen. Je nach Bedarf gibt es viele Möglichkeiten, einzelne Fertigkeiten des Kindes zu trainieren. Logopädie ist eine gute Option, um das Sprechen weiter zu verbessern, Ergotherapie, um motorische Fähigkeiten auszubauen.
Prognose
Eine Autismus-Spektrum-Störung ist nicht heilbar. Wie sich die Erkrankung in ihrem Verlauf entwickelt, ist sehr unterschiedlich. Bei manchen Betroffenen gehen die Symptome im Erwachsenenalter zurück, bei anderen verstärken sie sich sogar. Häufig ist eine lebenslange Betreuung nicht zu verhindern – sei es, zu Hause, durch ambulante Kräfte oder in einem betreuten Wohnen. Auch bei milder Ausprägung der Erkrankung ist das Alltagsleben leider oft deutlich eingeschränkt.
Ihre Apotheke empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Sich um sich selbst kümmern. So sehr Sie Ihr Kind auch lieben – die Betreuung kostet viel Kraft. Vergessen Sie also Ihre eigenen Bedürfnisse nicht und nehmen Sie Hilfsangebote wahr. Viele betroffene Eltern profitieren zum Beispiel von Selbsthilfegruppen, die gegenseitige Unterstützung und einen intensiven Informationsaustausch bieten. Holen Sie sich stundenweise Hilfe oder nehmen Sie eine Kurzzeitbetreuung in Anspruch, um auch Zeit für sich selbst zu haben.
Angebote ausprobieren. Jedes Kind ist anders – das gilt natürlich auch bei Kindern mit einer Autismus-Spektrumstörung. Auch wenn es für Angebote wie therapeutisches Reiten, Tanz- oder Musiktherapie keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt – probieren Sie es einfach aus, wenn Sie ein gutes Gefühl dabei haben. Optimistischen Heilsversprechen, die mit hohen finanziellen Ausgaben verbunden sind, sollten Sie besser kritisch gegenüberstehen.
Fördern mit Augenmaß. Ihr Kind wird von Fördermaßnahmen sicher profitieren – sofern Sie realistische Ziele setzen und es nicht überfordern. Auf der anderen Seite ist es nicht nötig, Ihr Kind übermäßig zu behüten. Das gilt vor allem, wenn Sie sich bereits einen Überblick über mögliche Gefahrenquellen in Ihrer Alltagsumgebung verschafft haben und diese gut umschiffen können.
Umfeld informieren. Ihr Kind hat spezielle Bedürfnisse – die Sie mit Ihrem Umfeld unbedingt besprechen sollten. Nur so haben Ihre Mitmenschen die Chance, das Verhalten Ihres Kindes richtig einzuordnen und entsprechend zu reagieren.
Weiterführende Informationen
Der Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus bietet auf seiner Webseite Informationen und Hilfe für Betroffene und deren Angehörige, die von Reise- und Ausbildungsangeboten bis hin zu Informationen über rechtliche Fragen reicht: www.autismus.de
www.autismus-kultur.de ist die Webseite eines persönlich Betroffenen, die für andere Betroffene und deren Angehörige aktuelle Nachrichten und autistische Erfahrungen zu einem Autismus-Ratgeber bündelt.

Kleine Wunden lassen sich bei Kindern mit den richtigen Hausmitteln meist gut verarzten.
Wunden bei Kindern sicher behandeln
Hilfe, es blutet!
Stürze und kleine Verletzungen sind bei aktiven Kindern alltäglich. Meist kommt es nur zu harmlosen blauen Flecken, Abschürfungen oder kleinen Wunden. Die lassen sich mit dem nötigen Know-How und einer gut ausgestatteten Hausapotheke gut behandeln. Wichtig ist aber zu wissen, wann das Kind bei einer Verletzung zur Ärzt*in muss – und was bei Verbrennungen tun ist.
Mehr Stürze, weniger Folgen
Hinfallen gehört zu den häufigsten Alltagsereignissen bei Kindern. Kleinkinder fallen besonders oft: Obwohl sie noch wacklig und unsicher auf den Beinen sind, wollen sie alles ausprobieren und lassen sich von nichts aufhalten. Auch ihre Körperproportionen bringen sie leichter zu Fall: Weil ihr Kopf etwa 25% des Körpergewichts ausmacht, liegt ihr Schwerpunkt höher als bei Erwachsenen. Dadurch ist der Körper instabiler und sie verlieren leichter ihr Gleichgewicht.
Kinder stürzen zwar viel häufiger als Erwachsene – ihr Körper kann dies aber deutlich besser verkraften. Das gilt besonders für die Wundheilung. Die ist bei gesunden Kindern durch ihre höhere Stoffwechselrate schneller und effektiver als bei den Großen. Deshalb verlaufen alle drei Wundheilungsphasen besser:
- Blutstillung und Entzündungsphase: Als erstes wird durch Blutplättchen (Thrombozyten) und die Blutgerinnung ein schützender Schorf gebildet und die Blutung gestillt. Anschließend wandern spezielle Blutzellen ein und beseitigen eingedrungene Bakterien und abgestorbenes Gewebe.
- Proliferative Phase: Ab dem zweiten Tag beginnt der Körper, die Gewebeverluste wieder aufzufüllen. Dafür bildet er neues Bindegewebe, insbesondere Kollagen, das von speziellen Hautzellen (Fibroblasten) produziert wird. Auch diese Kollagenproduktion läuft bei Kindern meist effektiver ab als im Erwachsenenalter.
- Reparative Phase: Ab Tag 5, also noch parallel zur proliferativen Phase, baut der Körper das neu gebildete Gewebe um. Dadurch wird die Wunde immer kleiner und stabiler. In diesem Stadium können sich sichtbare Narben entwickeln. Das Risiko für ausgeprägte Narben ist bei Kindern wiederum geringer als bei Erwachsenen. Die reparative Phase dauert etwa bis zu vier Wochen, dann ist die Wunde meist vollständig verheilt.
Hinweis: Wunden von Kindern infizieren sich seltener als Wunden von Erwachsenen. Dass liegt u.a. daran, dass gerade in den ersten Lebensjahren die Produktion und die Aktivität der Immunzellen besonders hoch ist. So gut ausgerüstet kann das Immunsystem besonders schnell und effektiv auf eingedrungene Keime reagieren.
Wann muss das gestürzte Kind in die Arztpraxis?
Zum Glück sind Stürze im Kindesalter meist leicht und haben deshalb nur harmlose Folgen. Abschürfungen, blaue Flecken und kleine Wunden kann man deshalb recht gut selbst versorgen. Rat und die erforderlichen Produkte gibt es in der Apotheke.
In einigen Fällen ist es allerdings unabdingbar, mit dem gestürzten Kind eine Arztpraxis aufzusuchen, z. B. bei
- Stürzen aus mehr als 1,5 m Höhe
- stark blutenden Wunden
- Flüssigkeits- oder Blutaustritt aus Nase oder Ohren
- Bewusstlosigkeit (auch kurze) nach dem Sturz
- Erbrechen, Schläfrigkeit, Trinkunlust nach dem Sturz
- Krampfanfällen oder Muskelzuckungen
- Schielen oder Sehstörungen
Kälte und Cremes bei blauen Flecken
Wenn durch eine Prellung, einen Stoß oder einen Schlag Gefäße verletzt werden, sammelt sich unter der Haut Blut an. Es kommt zu einem blauen Fleck, auch Hämatom genannt. Sie heilen – besonders bei Kindern – meist schnell ab. Der frische Fleck ist erst rot, dann wird er durch die Gerinnung blauviolett. Im Rahmen der Aufräumarbeiten im Gewebe bauen die Fresszellen den Blutfarbstoff ab. Je nach Abbauprodukt verändert der Fleck seine Farbe von braun-schwarz über dunkelgrün bis gelb-braun.
Blaue Flecken tun vor allem zu Beginn sehr weh. Kälte hilft dagegen am besten und sorgt dafür, dass Schwellungen nicht noch größer werden. Gekühlt werden sollte möglichst rasch und für mehrere Minuten. Achtung: Um den Kreislauf nicht zu stark zu belasten, darf dies bei Kleinkindern nur punktuell, also an der betroffenen Stelle, und feucht-kühl passieren.
Dazu eignet sich ein mit kühlem Wasser angefeuchteter Waschlappen oder eine im Kühlschrank (!) gelagerte Kalt-Warm-Kompresse. Für unterwegs sind Sofort-Kühl-Kompressen zum Knicken praktisch. Tiefgekühlte Coolpacks sind ungeeignet für Kleinkinder, ebenso Eissprays – sie können ihre besonders empfindliche und dünne Haut und die dicht darunter liegenden Nerven schädigen und zu schmerzhaften Erfrierungen führen.
Ist der Schmerz abgeklungen, können Gele mit Arnika-Extrakt die Abheilung unterstützen. Manche Eltern haben auch gute Erfahrungen mit homöopathischen Cremes gemacht. Bei Kindern ab acht Jahren darf man blaue Flecken auch mit Schmerzsalben mit Beinwell-Fluidextrakt behandeln.
Hinweis: Die klassischen Schmerzgele auf der Basis von Diclofenac oder Ibuprofen sind erst für Jugendliche ab 14 Jahren zugelassen und für jüngere Kinder nicht geeignet.
Blutende Wunden und Schürfwunden sicher versorgen
Bei stark blutenden Wunden muss die Blutung schnell gestoppt werden. Erst legt man eine sterile Kompresse auf, wenn nötig, muss ein Druckverband angelegt werden. Dazu kann man eine Verbandrolle verwenden. Diese packt man aus und legt sie auf die Kompresse, um sie dann mit einer zweiten Verbandrolle zu umwickeln und zu fixieren. So versorgt muss das Kind in eine Arztpraxis oder eine Notfallambulanz gebracht werden.
Oberflächliche, leichte Blutungen und Schürfwunden können selbst behandelt werden. In jedem Fall ist eine gute Wundreinigung wichtig. Dabei ist es wichtig, die Wunde gut mit Wasser oder steriler Kochsalzlösung zu spülen. Bei kleinen oberflächlichen Schürfwunden ist eine Desinfektion meist überflüssig. Schon das Spülen verringert die Infektionsgefahr. Zudem reinigt sich die Wunde selbst, indem sie Wundsekret bildet.
Anders sieht das bei tieferen Wunden aus. Sie können auch nach dem Spülen noch Schmutz und Keime enthalten und sollten desinfiziert werden. Gleiches gilt für Wunden, die mit Erde oder Tierkot in Kontakt geraten sind – sie sollte man ebenfalls desinfizieren.
Auch für Kinder geeignete Antiseptika sind die Wirkstoffe Octenidin, Povidon-Iod, Polihexanid und Chlorhexidin. Entsprechende Präparate und die dazugehörende Beratung gibt es in der Apotheke.
Tipp: Für das Säubern von leicht blutenden Wunden eignen sich bei Kindern besonders dunkle Tücher. Darauf fällt das rote Blut weniger auf, und das Kind bekommt weniger Angst.
Wundheilung fördern
Die nicht mehr blutende Wunde wird wie bei Erwachsenen nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung behandelt. Dazu kann man entweder feuchtes Wundgel oder Hydrokolloidpflaster verwenden.
Feuchte Wundgele brennen nicht auf der Wunde, spenden Feuchtigkeit für die Heilung und haben einen angenehm kühlenden Effekt. Sie müssen mehrmals täglich aufgetragen werden. Zum Schutz vor Verunreinigung, Reibung durch die Kleidung oder Herumkratzen klebt man ein Pflaster darüber. Der Wechsel des Pflasters kann sehr schmerzhaft sein. Um das Lösen des Pflasters zu erleichtern, gibt es zwei Wege:
- Sterile Kochsalzlösung zwischen den Rand des Pflasters und die Haut tröpfeln.
- Auf die Klebefläche des Pflasters ölgetränkte Wattepads auflegen und einwirken lassen.
Hydrokolloidpflaster sind die Alternative zu Wundgel und Pflaster. Sie bestehen aus wasserdichtem Material und versorgen die Wunde mit Feuchtigkeit. Außerdem polstern sie diese ab und schützen vor Reibung und Druck. Um sie beim Spielen zu sichern, kann man darüber täglich eine selbstklebende Binde anlegen. Das schützt auch davor, dass Schmutz unter den Rändern eindringt. Hydrokolloidpflaster bleiben bis zu sieben Tage auf der Wunde – das mehrmals tägliche Pflasterwechsel entfällt also.
Narbengele mit Silikon können bei ausgedehnten Schürfwunden die Abheilung verbessern. Sie dürfen erst aufgetragen werden, wenn kein Schorf mehr vorhanden ist. Man trägt sie zweimal täglich vorsichtig auf. Bitte nicht einmassieren – sonst bildet sich der nötige Silikonfilm nicht. Spezielle Präparate gibt es in der Apotheke schon für Babys ab drei Monaten.
Hinweis: Bei Verletzungen sollte immer der im Auge behalten werden, ob die Tetanusimpfung aufgefrischt werden muss. Grundimmunisiert wird meist mit 2, 4 und 11 Monaten. Danach wird die Impfung mit 5 bis 6 Jahren, später alle zehn Jahre wiederholt. Ist der Impfstatus nicht bekannt, wird das Kind wie ungeimpft behandelt und erhält eine Tetanusimpfung.
Achtung Verbrennungsgefahr
Auch Verbrennungen gehören zu den häufigen Verletzungen im Kindesalter. Typisch sind Unfälle am Herd oder mit dem Wasserkocher. Im Sommer gibt es neben dem Grillen noch zwei weitere typische Verbrennungsmöglichkeiten:
- Im Gartenschlauch stehendes Wasser kann durch die Sonne extrem heiß werden und Verbrühungen verursachen.
- Metallteile an Klettergerüsten und Rutschen können sich so aufheizen, dass es zu Kontaktverbrennungen an Po, Händen und Füßen kommt.
Bei einer Verbrennung muss sofort gehandelt werden. Ist ein größerer Bereich als der Handteller (des Kindes) betroffen, muss sofort der Notruf gewählt werden. Bereits ab 8% verbrannter Haut besteht bei Kindern Lebensgefahr. Zusätzlich gilt für alle Verbrennungen:
- Bei verbrannten oder verbrühten Kindern sollte so schnell wie möglich die Kleidung entfernt werden. Das gilt allerdings nur, wenn diese nicht mit der Haut verklebt ist. Ist das der Fall, muss die Kleidung mitgekühlt werden. Denn je länger die heißen Textilien an der Haut bleiben, desto größer wird der Hautschaden.
- Brandwunde 10 bis 15 Minuten mit handwarmem Wasser kühlen. Ausnahme: Nicht gekühlt werden großflächige Verletzungen wie z. B. der Rumpf – es droht sonst die Gefahr, dass die Körperkerntemperatur nicht mehr gehalten werden kann. Auch Neugeborene und Säuglinge sollen nicht gekühlt werden.
- Nach dem Kühlen kleinere Brandwunden steril abdecken, bei größeren Wunden ein sauberes Tuch verwenden.
- Keinesfalls Hausmittel auftragen (Mehl, Salben, Puder)! Säuglinge und Kleinkinder sollen bei jeder Art von Verbrennung zur Ärzt*in. Das Gleiche gilt, wenn es zu Verbrennungen im Gesicht, an den Händen, Füßen oder Genitalien gekommen ist.
Bei älteren Kindern können leichte, sehr kleinflächige Brandwunden zuhause behandelt werden. Brandblasen darf man dabei nicht aufstechen. Einerseits, weil sie die Wunde vor Verunreinigungen schützt. Außerdem bildet sich unter der Brandblase ein feuchtes Milieu, das die Heilung fördert. Zudem schmerzen geöffnete Brandblasen besonders stark.
Auch geschlossene Brandwunden schmerzen. Dagegen helfen Hydrokolloidpflaster oder Blasenpflaster, die besonders dick sind. Speziell abkühlende Wundgele gibt es auch für Kinder.
Tipp: Haben Windelkinder einen Unfall mit heißen Flüssigkeiten, muss unbedingt die Windel ausgezogen und geprüft werden. Denn das heiße Wasser kann sich darin sammeln und zu Verbrühungen am Po oder an den Geschlechtsorganen führen.
Gut gerüstet für den Notfall
Wer Kinder hat, sollte auf kleine Verletzungen gut vorbereitet sein. Es ist ratsam, folgende Produkte in der Hausapotheke vorrätig zu haben: Ampullen mit steriler Kochsalzlösung
- Wunddesinfektionsmittel
- sterile Kompressen
- Wundgel
- klassische Kinderpflaster
- Mullbinden
- Pinzette
Für Eltern ist es ratsam, die genannten Produkte in eine kleine Tasche zu packen und unterwegs immer dabei zu haben. So ist man beim Spazierengehen, auf dem Spielplatz und bei anderen Outdoor-Aktivitäten gut gerüstet.
Tipp: Es gibt auch Fertigsets zu Kaufen. So haben z. B. Expert*innen von der Universitätsklinik Bonn ein Erste-Hilfe-Set für Kinder entwickelt, das zusätzlich einen Notfallratgeber enthält (Dr. Till Kindernotfallbox-Tasche®).
Quellen: Steinbrück C, DAZ 2023; 31: 34-36, www. Paulinchen.de, www.kinderaerzte-im-netz.de, www.kindernotfall-bonn.de