Gesundheit heute

Die Steuerung des Schlafs

Biorhythmus. Bei jedem Menschen wird der Lebensrhythmus von einer inneren Uhr gesteuert: dem Biorhythmus. Wie dieser Rhythmus beim Einzelnen angelegt ist, lässt sich nur herausfinden, wenn äußere Taktgeber wie Sonnenauf- und -untergang, Uhrzeit oder die Anforderungen durch Familienleben und Arbeit wegfallen. Dies kann jedoch nur in langwierigen Beobachtungen unter Laborbedingungen festgestellt werden, weshalb der Biorhythmus im Rahmen der schlafmedizinischen Diagnostik nicht untersucht werden kann.

Äußere Einflüsse. Wichtige Impulsgeber für den Biorhythmus sind die Hell-Dunkel-Phasen des Tagesablaufs, Klimafaktoren und gesellschaftliche Einflüsse. Das Tageslicht ist z. B. dafür verantwortlich, dass sich in nördlichen Regionen, in denen die Tageslänge im Jahresverlauf stark schwankt, mit den Jahreszeiten auch die Schlafgewohnheiten ändern.

Wie stark der Einfluss des Sonnenlichts als Taktgeber ist, zeigt eine Untersuchung der Schlafgewohnheiten in Deutschland: Obwohl alle Deutschen in derselben Zeitzone leben, schlafen die Menschen im Osten, wo die Sonne früher aufgeht, an ihren freien Tagen im Schnitt weniger lang als ihre Mitbürger im Westen. Dieselbe Untersuchung hat ergeben, dass bei der Taktvorgabe auch gesellschaftliche Einflüsse wie künstliches Licht oder Lärm eine Rolle spielen [W01].

Schlafgewohnheiten und Schlafbedarf hängen zudem vom Klima ab. In allen warmen Klimazonen stehen die Menschen früh auf und ruhen um die Mittagszeit, wenn es besonders heiß ist.

Ein neuer, zivilisatorischer Einfluss auf den Schlafrhythmus ist die Zeitverschiebung auf Flugreisen. Die künstliche Verlängerung oder Verkürzung des Tages bringt je nach Reiserichtung unterschiedlich starke Anpassungsprobleme mit sich (Jetlag): Bei einer Flugreise nach Osten ist die Umstellung schwerer zu verkraften als bei Reisen nach Westen. Das liegt am Biorhythmus, dem eher eine Tageslänge von 25 Stunden zugrunde liegt. Reisen wir Richtung Westen, so mildert diese zusätzliche Stunde den Effekt der Zeitverschiebung; reisen wir nach Osten, sind die Auswirkungen entsprechend stärker.

Zentrales Nervensystem. Die Frage, wo im Gehirn der Takt für den Biorhythmus entsteht, ist nicht leicht zu beantworten. Vereinfacht gesprochen arbeiten dabei drei Hirnstrukturen zusammen:

  • Der Thalamus, das Zwischenhirn
  • Der Hypothalamus, das lebenswichtige Schaltzentrum, das sich unterhalb des Thalamus befindet und
  • Die Formatio reticularis, ein Netzwerk von Nervenzellen im Hirnstamm, dem untersten und ältesten Teil unseres Gehirns.

Vor allem Letzteres wirkt über periodisch ausgeschüttete Transmitter wie Noradrenalin, Acetylcholin, Serotonin und GABA als Signalgeber für das Nachlassen der Aufmerksamkeit, für das Einsetzen von Müdigkeit und auch für das Erwachen.

Dass Serotonin und Noradrenalin auch bei der Entstehung von Depression, Schizophrenie und anderen psychischen Erkrankungen beteiligt sind, erklärt, warum diese Erkrankungen nicht selten mit Schlafstörungen verbunden sind. Dabei entsteht leicht ein Teufelskreis: Depressive Störungen führen zu gestörtem Schlafverhalten; Schlaflosigkeit wiederum verstärkt die Symptome der Depression.

Hormone unterstützen das Zentrale Nervensystem bei der Steuerung unseres Schlafs. Durch Impulse des Hypothalamus bildet die Zirbeldrüse in der nächtlichen Dunkelheit das Hormon Melatonin. In der Folge werden wir müde. Bei Tagesanbruch registriert die Zirbeldrüse die zunehmende Helligkeit und stoppt die Melatoninproduktion. Neben dem Melatonin unterliegen auch Wachstumshormone und Testosteron einem Tag- und Nachtrhythmus; sie werden vermehrt in der Nacht gebildet.

Gegenspieler dieser Hormone ist das Stresshormon Kortisol, das körpereigene Kortison. Es wird vor allem frühmorgens und am hellen Tag gebildet; gegen Abend sinkt der Kortisolpegel in unserem Körper immer weiter ab. Erst am frühen Morgen macht sich das Hormon wieder bemerkbar und sorgt dafür, dass wir aufwachen.

Von: Dr. Bernadette Andre-Wallis, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Schlafstörung als Nebenwirkung

Einfach nicht einschlafen können – das kann auch an der Einnahme von Medikamenten liegen.

Schlafstörung als Nebenwirkung

Wenn Medikamente wachhalten

Viele Menschen leiden unter Schlafstörungen. Neben Stress und psychischer Belastung sind oft eine ungesunde Schlafumgebung oder zu viel Alkohol vor dem Zu-Bett-Gehen daran schuld. Manchmal liegt es aber auch an Medikamenten, wenn sich der Schlaf nicht einstellen will.

Ein Drittel der Deutschen hat Schlafprobleme

Schlafstörungen sind ein regelrechtes Massenphänomen: Mehr als ein Drittel der Deutschen berichtet von Schlafproblemen in den vorangegangenen zwölf Monaten. Ärztlich diagnostiziert werden Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnien) immerhin bei etwa 7% der Bevölkerung.

Die Ursachen sind vielfältig. Ein eher weniger beachteter Auslöser von Schlafproblemen ist die Einnahme von Medikamenten. Dabei ist Schlaflosigkeit als Nebenwirkung gar nicht so selten: In einer Nebenwirkungs-Datenbank werden immerhin 636 Wirkstoffe aufgelistet, für die Insomnien als unerwünschte Wirkung bekannt sind.

Schlafstörende Aufputschmittel

Dafür gibt es viele Gründe: Manche Medikamente stimulieren z. B. die Nervenzellen. Kein Wunder, dass sie den Schlaf vereiteln können. Ein typisches Beispiel sind Kombipräparate, die bei Erkältung eingenommen werden. Einige enthalten Koffein als Muntermacher, andere aufputschendes Pseudoephedrin. Vor dem Schlafengehen sollte man auf diese Präparate besser verzichten. Appetitzügler, die ebenfalls in diese Gruppe gehören, werden generell nicht empfohlen.

Ebenso nachvollziehbar ist, dass stimmungsaufhellende und antriebssteigernde Antidepressiva den Schlaf stören können. Sie tun dies u. a. dadurch, dass sie mit Botenstoffen im Gehirn interagieren. Beispiele sind Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Fluoxetin oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wie Venlafaxin. Substanzen gegen Epilepsien oder Morbus Parkinson können ebenfalls den Schlaf verschlechtern.

Indirekter Angriff auf die Nachtruhe

Auch indirekt lässt sich die Nachtruhe stören. Das ist z. B. der Fall, wenn Entwässerungsmittel zu nächtlichem Harndrang führen. Schmerzmittel lösen bei regelmäßiger Einnahme oft Sodbrennen, Magenschmerzen und Verdauungsstörungen aus – all das verhindert einen erholsamen Schlaf Schlaf.

Schon lange bekannt ist die schlafstörende Wirkung der bei Bluthochdruck eingesetzten Betablocker. Dies gilt vor allem für die Präparate, die die Blut-Hirn-Schranke gut überwinden– wie z. B. Metoprolol. Der Betablocker Bisoprolol soll dagegen weniger Einfluss auf den Schlaf haben.

Schlussendlich können auch einige Antibiotika Probleme beim Schlafen verursachen. Diskutiert wird dabei eine Wirkung über das Darmmikrobiom. Das gegen viele Infekte verordnete Amoxicillin kann das Gehirn sogar direkt stimulieren und aufregen – und im schlimmsten Fall sogar eine Psychose auslösen.

Quelle: ptaheute

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Perfect Wave