Gesundheit heute

Eingeweidebruch

Eingeweidebruch (Hernie): Sack- oder beulenartige Ausstülpung des Bauchfells (Bruchsack) durch eine Lücke in der Bauchwand (Bruchpforte, Bruchring). Der Bruchsack enthält Eingeweide, Organteile oder Fettgewebe. Mit 75 % ist der Leistenbruch (Leistenhernie) die häufigste Form der Eingeweidebrüche; betroffen sind vor allem männliche Säuglinge und ältere Männer. Die Schenkelhernie ist mit 10 % die zweithäufigste Form und betrifft besonders oft Frauen ab 50 Jahren.

Eingeweidebrüche lassen sich nur operativ beheben. Ob und wann ein Eingeweidebruch operiert werden muss, hängt von seiner Lage und den Beschwerden ab, die er verursacht. Dringend ist eine Operation immer, wenn sich Organteile (insbesondere Darmschlingen) in der Bruchpforte einklemmen (Brucheinklemmung, Hernieninkarzeration) und ein Darmverschluss und damit ein Absterben von Darmschlingen droht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Äußerlich sichtbares Vorwölben der Bauchdecke, ständig oder nur beim Husten oder beim Pressen während des Stuhlgangs
  • Gar keine oder leichte Schmerzen; wenn Schmerzen bestehen, dann oft nur bei Belastung oder beim Pressen
  • Stärkste Schmerzen über der Vorwölbung bei Einklemmung von Darmwandanteilen.

Wann zum Arzt

In den nächsten zwei Wochen, wenn

  • eine schmerzlose oder schmerzhafte Vorwölbung im Leisten- oder Nabelbereich bemerkt wird.

In den nächsten Stunden, wenn

  • eine Vorwölbung im Bauchbereich besteht und im vorgewölbten Bauchwandbereich plötzlich starke Schmerzen auftreten oder wenn plötzliche Verdauungsprobleme hinzutreten. Beides weist auf eine Einklemmung von Darmschlingen hin.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Ursachen

Normalerweise ist die Bauchwand durch sich überlagernde Muskelschichten vollständig geschlossen, sodass die Eingeweide auch bei erhöhtem Druck im Bauchraum, etwa beim Husten, immer in ihrer Position gehalten werden. In manchen Fällen hält die Bauchwand aber dem Druck von innen nicht mehr stand, sodass sie an ihren natürlichen Schwachstellen – das sind die Durchtrittsstellen von Blutgefäßen, Nerven oder Muskeln – auseinanderweicht. So entstehen Bruchpforten, durch die beim Niesen, Husten, Heben schwerer Lasten oder starken Pressen während des Stuhlgangs die Eingeweide nach außen treten und dann als Vorwölbung (Bruchsack) sicht- und tastbar sind. Ursachen für die Schwächung der Bauchwand sind z. B.

  • schwache Bauchmuskulatur
  • angeborene Bindegewebsschwäche
  • Schäden nach Operationen
  • Übergewicht
  • Schwangerschaft
  • chronischer Husten
  • Verletzungen.

Formen

Brüche oder Hernien lassen sich in verschiedene Formen einteilen:

Erworbene Hernien sind Brüche, die durch äußere Umstände begünstigt werden, vor allem durch häufiges Heben schwerer Lasten oder häufiges Bauchpressen, z. B. bei chronischer Verstopfung. Dagegen entstehen die selteneren angeborenen Hernien durch einen unvollständigen Bauchdeckenschluss in der vorgeburtlichen Entwicklung.

Lässt sich die Vorwölbung von Hand beheben oder gleitet sie von selbst wieder zurück, liegt eine reponible Hernie vor. Verwachsungen zwischen Bruchinhalt und Bruchsack können dazu führen, dass der Eingeweidebruch nicht mehr zurückgeschoben werden kann (irreponible Hernien). Ist die Hernie in die Bruchpforte eingeklemmt, spricht man von einer inkarzerierten Hernie.

Neben sicht- und tastbaren äußeren Hernien gibt es auch innere Hernien, die von außen nicht sichtbar sind. Die häufigste innere Hernie ist der Zwerchfellbruch (Hiatushernie). Seltener sind sie z. B. im Dammbereich (perineale Hernien) oder im kleinen Becken (Hernia obturatoria, Hernia ischiadica) lokalisiert.

Lokalisation

Prinzipiell ist ein Eingeweidebruch überall im Bauchraum möglich; hier eine Übersicht:

Leistenbruch. Der Leistenbruch (Leistenhernie, Inguinalhernie) tritt meist im Schritt über dem Leistenband in Erscheinung. Neugeborene und Kinder sind überwiegend von einem angeborenen Leistenbruch betroffen, bei dem der Bruchinhalt entlang des Samenstrangs (der Kanal, der den Samenleiter enthält) oder des Mutterbands (der analogen Struktur bei Mädchen) austritt. Der erworbene Leistenbruch kommt dagegen meist bei Erwachsenen vor, insbesondere bei Männern in höherem Lebensalter. In diesem Fall tritt der Bruchinhalt direkt durch die geschwächte Bauchmuskulatur des Leistenkanals aus dem Bauchraum in Richtung Hodensack aus. Bei Männern operieren die Ärzte den Leistenbruch, wenn dieser größer wird oder Beschwerden verursacht, wie z. B. Schmerzen oder Probleme beim Wasserlassen. Leistenhernien bei Frauen sollten immer operiert werden.

Schenkelhernie. Bei der Schenkelhernie (Femoralhernie, Hernia femoralis) liegt die Bruchpforte unterhalb des Leistenbands; die Vorwölbung ist meist auf der Oberschenkelinnenseite zu erkennen; sie kann aber auch fehlen. Betroffen sind fast ausschließlich Frauen im mittleren und höheren Lebensalter. Weil die Bruchpforte sehr eng ist, birgt die Schenkelhernie ein besonders hohes Risiko der Einklemmung und wird – sofern keine anderen Erkrankungen dagegensprechen – rasch operiert.

Nabelhernie. Bei der Nabelhernie (Hernia umbilicalis) zeigt sich die Vorwölbung an der Nabelöffnung; sind Säuglinge betroffenen, bildet sich die Nabelhernie oft innerhalb des 1. Lebensjahres von selbst zurück (Spontanverschluss). Bei Erwachsenen wird wegen der relativ hohen Einklemmungsgefahr wenn möglich operiert.

Narbenhernie. Bei der Narbenhernie entsteht der Bruch im Bereich einer Operationsnarbe; sie tritt als Komplikation bei bis zu 10 % aller großen Bauchoperation auf und ist Folge einer gestörten Wundheilung oder einer generalisierten Bindegewebsschwäche.

Wiederholte Eingeweidebrüche. Jeder vierte Eingeweidebruch ist eine Rezidivhernie, d. h. der Erfolg einer vorangegangenen Operation des Eingeweidebruchs war nicht von Dauer. Hier operieren die Ärzte den Bruch ein zweites Mal. War die erste Operation ein offenes Verfahren, gehen sie bei der Rezidivoperation meist minimal-invasiv vor (siehe unten).

Komplikationen

Gefürchtete Komplikation jedes Eingeweidebruchs ist die Einklemmung des Bruchinhalts in der Bruchpforte (Inkarzeration). Hier muss immer sofort operiert werden, da das Absterben der eingeklemmten Darmanteile droht.

Diagnosesicherung

Meist schildert der Patient recht genau, wie und wann sich sein Bruch zeigt. Der Arzt untersucht dann die Bruchpforte und ihre Gegenseite im Stehen und im Liegen. Wölbt sich der Bruch nicht schon von allein vor, lässt er den Patienten husten oder pressen, um die Vorwölbung zu provozieren. Mit einer Ultraschalluntersuchung bestätigt der Arzt die Diagnose und stellt den Bruchinhalt dar, manchmal hört er den Bruchsack auch auf Darmgeräusche ab. Hat der Arzt Zweifel bezüglich Lage und Ausmaß der Hernie, veranlasst er zur Klärung eine MRT oder CT.

Differenzialdiagnosen. Vorwölbungen im Leistenbereich entstehen auch durch Lipome (Fettgewebsgeschwülste), Lymphknotenschwellungen und Gefäßerweiterungen wie z. B. ein Aneurysma der Femoralarterie (Oberschenkelarterie). Vorwölbungen im Nabelbereich kommen auch bei der Rektusdiastase vor.

Behandlung

Operative Behandlung

Wegen der Einklemmungsgefahr ist jeder Eingeweidebruch eine Indikation zur Operation (Bruchlückenverschluss, Hernioplastik), wobei der Arzt zu einem Zeitpunkt operiert, an dem der Patient (fast) keine Beschwerden hat. Ziel ist, den Bruchinhalt in den Bauchraum zurückzuverlagern, die Bruchpforte zu schließen und die Bauchwand so zu verstärken, dass sie künftig dem Bauchinnendruck standhalten kann. Ausnahme ist der unauffällige Leistenbruch beim Mann: hier darf zunächst unter regelmäßigen Kontrollen abgewartet werden. Die Operation steht dann an, wenn der Bruch Beschwerden verursacht oder größer wird.

In Frage kommt entweder die klassische offene Operation oder – immer öfter – die minimal-invasive laparoskopische Technik.

  • Bei der offenen Operation nach Shouldice legen die Ärzte den Bruchsack über einen Schnitt frei, öffnen den Bruchsack und drücken den Inhalt zurück in die Bauchhöhle. Anschließend verschließen sie die Bruchpforte oder engen sie stark ein. Zur Stabilisierung der Bauchwand werden die Ränder der Bauchwandschichten meist überlappend vernäht (Fasziendopplung).
  • Bei größeren Brüchen verstärken die Ärzte die Naht zur Vorbeugung eines wiederholten Eingeweidebruchs (Rezidivhernie) mithilfe von Kunststoffnetzen (Operation nach Lichtenstein).

Minimalinvasive Verfahren setzen die Ärzte vor allem bei Rezidivhernien, bei beidseitigen Hernien und bei allen Hernien der Frau ein. Weil sich die Patienten schon 3–4 Wochen nach dem Eingriff körperlich wieder belasten können, bieten sich diese Verfahren auch bei Patienten an, die schnell wieder fit sein müssen.

  • Transabdominelle präperitoneale Hernioplastik (TAPP): Beim laparoskopischen Zugang erfolgt der Verschluss von innen durch die Bauchhöhle. Über kleine Schnitte führen die Ärzte das Endoskop und die nötigen Instrumente ein und drücken den Bruchinhalt zurück an seinen Platz. Danach schieben sie ein Kunststoffnetz bis zur Bruchpforte und nähen oder klammern es von innen an.
  • Total extraperitoneale Hernioplastik (TEP): Eine Variante der minimal-invasiven Behandlung des Leistenbruchs ist die TEP-Technik über eine Bauchdeckenspiegelung. Hier schieben die Ärzte Endoskop und Instrumente nicht durch die Bauchhöhle, sondern zwischen Haut und Bauchfell ein und bis zum Bruch vor. Der Bruchinhalt wird zurückgedrückt und ein Kunststoffnetz zwischen Bauchmuskulatur und Bauchfell platziert, das die Bruchpforte dann von innen verschließt. Durch die Lage zwischen Bauchmuskulatur und Bauchfell muss das Netz nicht angenäht oder geklammert werden, es hält sozusagen von selbst.
  • Transinguinale präperitoneale Plastik (TIPP): Minimalinvasives Verfahren zur Behandlung der Schenkelhernie, bei der die Ärzte über einen Zugang von der Leiste aus ebenfalls ein Kunststoffnetz einlegen.

Notfalloperation

Bei einem Bruch mit eingeklemmtem Darmgewebe operieren die Ärzte sofort, damit der eingeklemmte Darm nicht abstirbt. Diese Notfalloperation hat ein hohes Risiko, jeder 5. Patient stirbt daran.

Bruchband

Ein Bruchband, das durch mechanischen Druck von außen die Ausstülpung des Bruchsacks vermeiden soll, wird heute nur noch dann verordnet, wenn eine Operation nicht möglich ist oder verweigert wird. Es kann die Ursache nicht beheben und zudem durch den Druck von außen die Haut und das darunter liegende Gewebe schädigen. Außerdem führt ein Bruchband dazu, dass die Muskulatur der Bauchwand durch die ständige Unterstützung immer schwächer wird.

Prognose

Leistenbrüche tauchen nach einer Operation in bis zu 10 % der Fälle wieder auf und müssen dann erneut versorgt werden (sog. Rezidivhernien). Bei einem eingeklemmten Leistenbruch beträgt die Sterblichkeit trotz Operation etwa 20 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bauchdecke schonen. Vermeiden Sie nach der Bruchoperation eine starke Belastung der Bauchdecke so lange, bis die Operationsnaht vollständig geheilt und vernarbt ist. Halten Sie sich während der ersten Tage auch beim Lachen zurück und unterdrücken Sie Schluckauf soweit wie möglich. Legen Sie beim Husten und Niesen immer eine Hand auf den Bauch – so sorgen Sie für einen Gegendruck.

Verstopfung vermeiden. Wichtig ist, dass Sie auf einen weichen Stuhlgang achten. Trinken Sie möglichst viel und fügen Sie ihrer Nahrung Lein- oder Flohsamen hinzu (Selbsthilfe bei Verstopfung).

Bewegung einschränken. Verzichten Sie nach der Operation 3–4 Wochen auf körperliche Aktivitäten. Danach sind leichte Tätigkeiten wie Schwimmen und das gelegentliche Heben von Lasten (weniger als 10 kg) erlaubt. Mittelschwere Tätigkeiten wie Joggen und Radfahren sind nach 6 Wochen, schwere Tätigkeiten wie Gewichtheben und Leistungssport nach 12 Wochen wieder erlaubt.

Schonzeit einhalten. Nach Einsetzen von Netzmaterial ist bei komplikationsloser Wundheilung die Belastbarkeit nach etwa 6–8 Wochen wieder möglich. Wurden Sie laparoskopisch operiert, dürfen Sie sich schon nach etwa 3–4 Wochen wieder voll belasten.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Schluss mit den Blähungen !

Jedem fünften Erwachsenen machen Blähungen immer wieder das Leben schwer.

Schluss mit den Blähungen !

Quälende Darmwinde?

Blähungen sind nicht nur peinlich. Die Ansammlung von Gasen im Darm kann auch Krämpfe und erhebliche Schmerzen verursachen. Glücklicherweise gibt es einiges, was man gegen einen Blähbauch tun kann von Hausmitteln wie Kümmel bis zum Entschäumer aus der Apotheke.

Blähungen sind häufig

Etwa jeder fünfte Erwachsene leidet immer wieder unter zu viel Luft in Magen und Darm-. Dabei variieren die Beschwerden: Manche Betroffenen haben vor allem einen aufgeblähten, schmerzhaften Bauch – in diesem Fall spricht man von einem Meteorismus. Andere quälen sich mit Blähungen, die als Winde abgehen (der Fachbegriff dafür lautet Flatulenz). Beide luftbedingten Beschwerden können unabhängig voneinander auftreten. Häufig sind sie allerdings kombiniert.

Auch im gesunden Darm befinden sich Gase. Denn zum einen schluckt man Luft mit den Mahlzeiten. Zum anderen entstehen Kohlendioxid, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Methan bei den alltäglichen Verdauungsprozessen. Normalerweise wird der Hauptanteil der Gase von der Darmschleimhaut aufgenommen, zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Der Rest verlässt den Körper unauffällig durch den After.

Befinden sich jedoch zu große Mengen an Gasen im Darm, sammeln sich die Gase an. Sie werden dann als Blasen oder Schaum in Richtung Darmausgang transportiert. Unterwegs können die Blasen den Darm vorübergehend verschließen. Das führt zu Krämpfen, Schmerzen und Rumoren im Bauch. Am After angekommen, werden die Gase als Winde entlassen – mal lauter und mal leiser.

Hinweis: Der unangenehme Geruch der Darmwinde kommt durch schwefelhaltige Gase zustande. Sie entstehen im Dickdarm beim Zersetzen von Nahrungsresten durch die Darmbakterien.

Warum zu viel Luft im Darm ist

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie zu viel Luft in den Darm gelangt. Eine davon ist zu starkes Luftschlucken bei der Nahrungsaufnahme. Etwas Luft zu schlucken ist ganz normal. Durch zu hastiges Essen oder kohlensäurehaltige Getränke gelangt allerdings leicht zuviel davon in den Magen. Das Gleiche droht auch bei intensivem Kaugummikauen und beim Rauchen.

Die andere wichtige Ursache ist eine vermehrte Gasbildung im Darm. Gelangen unverdaute Nahrungsbestandteile in den Dickdarm, werden sie dort von Darmbakterien vergoren. Dabei entstehen Darmgase, die durch den After abgegeben werden. Verschiedene harmlose Ursachen lösen eine solche Gasbildung aus:

  • Blähende Nahrungsmittel. Kohl, Zwiebeln, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte sind schwer verdaulich – vor allem, wenn man diese Nahrungsmittel nicht gewohnt ist. Dann gelangen große Mengen unverdauter Bestandteile in den Dickdarm, wo sie von Bakterien unter Gasbildung zerlegt werden. Das erhöhte Angebot führt dazu, dass sich die gasbildenden nBakterien vermehren und immer mehr Gase entstehen.
  • Stress. Stress führt dazu, dass das sympathische Nervensystem hochtourig arbeitet. Gehirn und Muskeln werden aktiviert und unter Spannung gehalten. Der Darm arbeitet währenddessen auf Sparflamme und kann nicht für die ordnungsgemäße Verwertung der Nahrung sorgen. Die Folge sind Blähungen und Völlegefühl. Auch bei zu üppigen Mahlzeiten ist der Darm oft überfordert und reagiert mit Verdauungsstörungen und Blähungen.
  • Übergewicht. Übergewicht kann Blähungen verursachen, weil durch die volumenbedingte Dehnung die Wandspannung der Bauchmuskulatur abnimmt. In der Folge wird die Verdauung verlangsamt und erschwert.

Hinweis: Blähungen gehören auch zu den Beschwerden vieler Schwangeren. Das liegt unter anderem daran, dass das im Mutterleib heranwachsende Kind auf den Magen-Darm-Trakt drückt und die Verdauung erschwert.

Wann in die Arztpraxis bei Blähungen?

Meistens sind Blähungen selbstgemacht und harmlos. Manchmal sind sie aber auch ein Zeichen für eine Darmerkrankung. In bestimmten Fällen ist es deshalb wichtig, Blähungen nicht zu ignorieren, sondern bei der Ärzt*in abklären zu lassen, etwa bei

  • Blähungen, die lange anhalten und nicht besser werden,
  • gleichzeitig auftretenden veränderten Stuhleigenschaften, vor allem nächtlicher Durchfall,
  • neu aufgetretenen Beschwerden nach dem 50. Lebensjahr,
  • Blut im Stuhl und
  • Fieber und Abgeschlagenheit.

Dann stecken hinter den Blähungen vielleicht Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktoseintoleranz oder Fruktoseintoleranz) oder der Mangel an Verdauungsenzymen, z. B. im Rahmen einer Pankreaserkrankung. Bei beiden Erkrankungen gelangen unverdauten Nahrungsbestandteile in den Dickdarm und werden dort unter starker Gasbildung vergoren. Vor allem Blut im Stuhl kann aber auch ein Hinweis auf einen Darmtumor sein.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa lösen auch Blähungen aus, aber aus anderen Gründen: Sie schädigen die Darmwand. Das führt dazu, dass die normalen Darmgase schlechter über die Darmwand ins Blut aufgenommen und dadurch nicht abgeatmet werden können. Stattdessen werden sie dann als Winde über den Darmausgang entlassen. Gleichzeitige krankheitsbedingte Verdauungsstörungen vermehren die Gasbildung weiterhin.

Hinweis: Auch Medikamente begünstigen Blähungen. Typisch ist dies für Antibiotika, aber auch für Diabetesmedikamente wie Metformin, Acarbose und den neuen Wirkstoff Semaglutid. Wer unter Blähungen leidet und Medikamente einnimmt, sollte diese von der Ärzt*in überprüfen lassen.

Selbstmedikation mit Entschäumern

Bei harmlosen Blähungen steht einer Behandlung in Eigenregie nichts im Wege. Nützlich sind dabei Präparate aus der Apotheke und allgemeine Verhaltenstipps.

Schnelle Hilfe bieten die beiden Entschäumer Dimeticon und Simeticon. Sie setzen wie Tenside die Oberflächenspannung der Gasblasen herab. Dadurch zerplatzen die Blasen und geben die darin enthaltenen Gase frei. Diese können jetzt entweder über die Darmwand aufgenommen oder über den After ausgeschieden werden. Entschäumer wirken physikalisch und gelangen nicht in den Blutkreislauf. Sie dürfen deshalb – je nach Präparat - auch von Schwangeren und Kindern eingenommen werden. Es gibt sie als Kautabletten, Tropfen, Emulsionen und Kapseln. Typische Vertreter sind beispielsweise Sab simplex® Tropfen und Espumisan® Emulsion, die schon für Säuglinge zugelassen sind, oder Lefax® intens Flüssigkapseln für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Es gibt auch Präparate, die sowohl den Entschäumer Simeticon enthalten als auch ein Enzymgemisch aus Pankreasenzymen. Diese Enzyme sollen die Verdauung fördern. Ihr Nutzen ist in Studien allerdings nachgewiesen, weshalb die Leitlinien ihren Einsatz auch nicht empfehlen. Manche Patient*innen profitieren aber trotzdem von dieser Kombination. Für Menschen, die aus religiösen oder anderen Gründen kein Schweinefleisch essen, sind diese Kombipräparate jedoch nicht empfehlenswert. Denn die enthaltenen Extrakte stammen von Pankreasenzymen des Schweins.

Tipp: Bei Blähungen, die mit Krämpfen verbunden sind, hilft auch die Einnahme des krampflösenden Butylscopolamins. Es ist rezeptfrei in der Apotheke zu haben.

Pflanzliche Karminativa

Auch das Pflanzenreich hat einiges gegen Blähungen zu bieten. Besonders häufig eingesetzt werden Kamille, Kümmel, Anis, Pfefferminze und Fenchel. Diese natürlichen Karminativa (karminativ bedeutet „blähungstreibend“) wirken auf verschiedene Weise. Einige tragen dazu bei, dass die Gasbläschen im Verdauungstrakt aufgelöst werden. Manche fördern die Darmbewegung und erleichtern die Ausscheidung der Gase. Andere wirken krampflösend und lindern dadurch die Blähungen.

Zur Förderung der Verdauung nutzt man Kamille, Kümmel & Co. schon seit eh und je als Gewürze in der normalen Küche. So mischt man beispielsweise gerne Anis und Kümmel in frischen Brotteig und würzt schwer verdaulichen Kohl mit Kümmel. In indischen Restaurants ist es Tradition, durch das Kauen von Fenchelsamen nach dem Essen die Verdauung anzukurbeln.

In der Pflanzenmedizin setzt man die natürlichen Karminativa als Tee, als Extrakte in Tropfen oder als Öle in Kapseln ein:

Tee. Teezubereitungen werden entweder als fertige Mischungen gekauft und aufgegossen oder selbst aus Samen, Blättern oder Früchten zubereitet. Sie sollten mehrmals am Tag zwischen den Mahlzeiten getrunken werden.

Kapseln. Pfefferminzöl und Kümmelöl gibt es kombiniert in magensaftresistenten Kapseln. Beide Öle entspannen nachgewiesenermaßen die Darmmuskulatur, Kümmel bessert zudem Blähungen und Völlegefühl. Ihre Wirkung ist bewiesen, weshalb die Kombination auch von Expert*innen empfohlen wird. Die Öle gibt es auch einzeln in Kapselform. Egal für welche Variante man sich entscheidet: Wichtig ist, die Kapseln unzerkaut als Ganzes etwa 30 Minuten vor der Mahlzeit zu schlucken. Man darf sie auch nicht zusammen mit Antazida einnehmen, da diese die Kapseln auflösen und die Öle so nicht weit genug in den Darm gelangen.

Tropfen aus Extrakten. Zur Anregung von Verdauung und Appetit werden vor dem Essen häufig alkoholhaltige Extrakte aus Kamillenblüten, Pfefferminzblättern, Kümmel- und Fenchelfrüchten angeboten. Das ist allerdings nicht empfehlenswert, denn sie bewirken eher das Gegenteil. Weil Leber und Stoffwechsel sich zuerst um die Entgiftung des Alkohols kümmern müssen, wird die Verdauung der Mahlzeit erst einmal verzögert. Sinnvoll ist dagegen die Einnahme von alkoholfreien Tropfen, z. B. Bitterelixier.

Tipp: Wer sich Tee aus Kümmelsamen selbst zubereiten möchte, sollte diese erst kurz vor dem Übergießen mit heißem Wasser zermörsern. Auf diese Weise entfalten sich die wohltuenden ätherischen Öle besser.

Allgemeine Maßnahmen gegen die üblen Winde

Wer häufig von Blähungen geplagt wird, sollte einige allgemeine Verhaltensregeln beherzigen. Das fängt beim Essen an: Langsames und bewusstes Kauen führt dazu, dass weniger Luft geschluckt wird. Außerdem wird so die Nahrung besser für die Verdauung vorbereitet. Günstig sind auch kleine Mahlzeiten, die man über den Tag verteilt. Zu üppige und späte Mahlzeiten belasten den Magen-Darm-Trakt.

Dass man gasbildende Getränke und blähende Nahrungsmittel besser meidet, liegt auf der Hand. Das bedeutet z.B., lieber Tee statt kohlensäurehaltiges Bizzlwasser zu trinken. Lebensmittel, auf die man mit Blähungen reagiert, sollte man entweder ganz weglassen oder sich langsam und schrittweise daran gewöhnen. Neben den bekannten Übeltätern Kohl und Zwiebel begünstigen auch die Zuckeraustauschstoffe Sorbit, Mannit und Xylit Blähungen. Die Stoffe findet man in vielen kalorienreduzierten Getränken, aber auch in Zahnpflegekaugummis.

Körperliche Aktivität unterstützt den Darm. Eine allseits bekannte gesunde und verdauungsfördernde Maßnahme ist der Spaziergang nach dem Essen. Regelmäßige Gymnastik ist ebenfalls anzuraten. Außerdem können leichte, kreisende Bauchmassagen im Uhrzeigersinn die Verdauung fördern.

Tipp: Stress belastet den Darm. Deshalb sollte man versuchen, Stress abzubauen. Dazu dienen Sport und Bewegung, aber auch regelmäßige Entspannungsübungen oder Yoga.

Quelle: DAZ 2023, 32:26

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Andriy Popov / Alamy / Alamy Stock Photos