Gesundheit heute

Bauchspeicheldrüsenentzündung (chronisch) und Pankreasinsuffizienz

Chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (Chronische Pankreatitis): Meist in Schüben verlaufende Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit zunehmendem Verlust aller Funktionen (Pankreasinsuffizienz). Unter der schmerzhaften Erkrankung leiden mehr Männer als Frauen, weil Alkoholmissbrauch als häufigste Ursache vor allem Männer betrifft.

Pankreasinsuffizienz (Bauchspeicheldrüseninsuffizienz): Wenn 90 % der Bauchspeicheldrüse zerstört sind, erlöschen ihre Drüsen- und die hormonellen Funktionen. Ursache ist meist eine akute oder chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung. Lebenslange Folgen sind dann eine Verdauungsinsuffizienz (Maldigestion) aufgrund fehlender Verdauungsenzyme und ein insulinpflichtiger Diabetes.

Keine der beiden Krankheiten ist heilbar; ihr Verlauf lässt sich aber positiv beeinflussen, vor allem wenn der Patient auf das auslösende Gift, meist Alkohol, verzichtet. Die 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei 70 %; sie hängt aber auch von der eventuellen Grundkrankheit ab.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schmerzperioden im Oberbauch, oft einige Stunden nach opulenter Mahlzeit oder größerem Alkoholkonsum
  • Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen
  • Unverträglichkeit von fettreichen Speisen
  • Voluminöse, fettige, glänzende, übelriechende Stühle, Durchfälle
  • Symptome eines Diabetes wie Durst, häufiges Wasserlassen, Schwäche, Schwindel.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • die genannten Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Ursachen und Risikofaktoren

Ursache der Bauchspeicheldrüsenentzündung ist in bis zu 80 % der Fälle ein dauerhafter Alkoholmissbrauch, bei manchen Betroffenen reichen dabei schon moderate Mengen. Auch Medikamente können die Bauchspeicheldrüse auf Dauer so schädigen, dass eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung entsteht. Dazu gehören beispielsweise Valproat, ein Medikament gegen Epilepsie oder das Krebstherapeutikum Vincristin. In etwa 10–20 % der Fälle lässt sich keine Ursache erkennen. Weitere (seltene) Ursachen einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung sind:

  • Überfunktion der Nebenschilddrüsen (Hyperparathyreoidismus)
  • Abflussbehinderungen des Verdauungssaftes
  • Genetische Veranlagung, sowohl spezielle Genmutationen als auch im Rahmen der vererbbaren Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose
  • Autoimmune Reaktionen bei der seltenen Autoimmunpankreatitis
  • Bestrahlungen des Bauchraums
  • Wiederholte akute Bauchspeicheldrüsenentzündungen.

Eine Pankreasinsuffizienz entsteht außerdem, wenn die Bauchspeicheldrüse teilweise oder komplett entfernt werden muss, z. B. bei einem Bauchspeicheldrüsenkrebs oder nach schweren Bauchverletzungen. Kommt es bei einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung zur teilweisen oder kompletten Selbstverdauung, resultiert ebenfalls eine Pankreasinsuffizienz.

Klinik

Leitsymptom ist der wiederkehrende, meist heftige Oberbauchschmerz, der Stunden bis Tage anhält (akuter Schub einer chronischen Pankreatitis). Mit zunehmender Krankheitsdauer nehmen diese Schmerzperioden mehr und mehr ab, der Arzt spricht davon, dass die Bauchspeicheldrüsenentzündung "ausbrennt". Dann aber zeigen sich vermehrt die Beschwerden aufgrund der nachlassenden Funktion: Weil die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genügend Verdauungsenzyme in den Darm ausschüttet, werden die Nahrungsbestandteile nicht mehr richtig verdaut, was zu Durchfällen, Mangelernährung und Gewichtsabnahme führt.

Besonders die unzureichende Verdauung der Nahrungsfette ruft Beschwerden wie Blähungen und Durchfälle hervor, die mit voluminösen, fettigen, übelriechenden Stühlen (so genannten Fettstühlen) verbunden sind. Weiter kann die unzureichende Aufnahme der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K zu Mangelerscheinungen führen, z. B. Osteoporose durch Vitamin-D-Mangel. Bei etwa einem Drittel der Patienten kommt es aufgrund verminderter Insulinproduktion zum Diabetes.

Komplikationen

Als weitere Komplikationen drohen Steine und Verengungen im Pankreas- oder Gallengangsystem, die neben Schmerzen zu wiederholter Gelbsucht führen. Größere flüssigkeitsgefüllte Hohlräume (Pankreas-Pseudozysten) rufen Druckbeschwerden und bei Entzündung Fieber hervor. Thrombosen von Milzvene und Pfortader verursachen gelegentlich Symptome eines Pfortaderhochdrucks, und schließlich ist das Risiko für den Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöht.

Diagnosesicherung

Patienten mit einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung sind häufig untergewichtig und in schlechtem Allgemeinzustand. Die typischen heftigen Schmerzen im Oberbauch zusammen mit stark erhöhten Pankreasenzymen im Blut (Lipase und Pankreasamylase) weisen den Arzt deutlich auf eine erkrankte Bauchspeicheldrüse hin. Ist die Bauchspeicheldrüse schwer geschädigt, verläuft ein Schub der chronischen Entzündung allerdings manchmal auch ohne nachweisbaren Enzymanstieg.

Mit Laboranalysen beurteilt der Arzt dann das Ausmaß der Funktionseinbußen und sucht nach Hinweisen auf eine mögliche Alkoholkrankheit:

  • Elastase 1 im Stuhl (erniedrigt aufgrund der verminderten Produktion in der Bauchspeicheldrüse)
  • Blutzucker und HbA1c (erhöht durch verminderte Insulinproduktion)
  • Gamma-GT, CDT und MCV (erhöht als Hinweis auf eine alkoholbedingte Leberschädigung)
  • Evtl. Stuhlgewicht und Stuhlfette (erhöht aufgrund der gestörten Fettverdauung)
  • Funktionstests wie der Sekretin-Cholezystokinin-Test sind beweisend für eine Pankreasinsuffizienz, werden aber aufgrund der hohen Kosten selten eingesetzt.

Anhand von bildgebenden Verfahren sichert der Arzt die Diagnose und erkennt, wie stark die Strukturen der Bauchspeicheldrüse geschädigt sind und ob Komplikationen vorliegen:

  • In der Röntgenaufnahme und den Ultraschallbildern des Bauchs sind Pankreasverkalkungen sehr gut sichtbar. Pankreasverkalkungen sind beweisend für eine chronische Pankreasinsuffizienz.
  • MRT und CT mit Kontrastmittel, Endosonografie und ERCP sind die wichtigsten Untersuchungen, um Komplikationen wie Steine, Pseudozysten und Nekrosen nachzuweisen.

Ursachensuche

Ist Alkoholmissbrauch nicht die Ursache, muss der Arzt spätestens nach dem zweiten Schub den Grund für die Erkrankung suchen. Bei sehr jungen Patienten fahndet er dann z. B. durch Labortests auch nach einem genetischen Defekt. Einer Überfunktion der Nebenschilddrüse kommt der Arzt durch Blutuntersuchungen auf die Spur. Für die Diagnose der seltenen Autoimmunpankreatitis ist neben CT und MRT die feingewebliche Untersuchung einer Gewebeprobe der Bauchspeicheldrüsen erforderlich.

Differenzialdiagnosen. Oberbauchbeschwerden und Schmerzen verursachen auch die Ulkuskrankheit, der Magenkrebs, die Gallenblasenentzündung, der Reizdarm und der Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Behandlung

Akuttherapie

Der akute Schub einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung wird in der Klinik mit den gleichen Maßnahmen wie bei der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung behandelt.

Langzeitbehandlung

Die Therapie der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung beruht auf 3 Eckpfeilern: Ursachen behandeln bzw. weitere Schäden von der Bauchspeicheldrüse abwenden, Schmerzen verringern sowie Verdauung und Zuckerhaushalt regeln.

Ursachen behandeln. Ein Patient mit chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung muss lebenslang auf Alkohol verzichten, um der Bauchspeicheldrüse nicht weiter zu schaden. Auch das Rauchen sollte er unbedingt einstellen – es gilt inzwischen als nachgewiesen, dass Rauchen das Fortschreiten einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung beschleunigt.

In den seltenen Fällen einer ursächlich behandelbaren Erkrankung wie einer Autoimmunpankreatitis, einer Überfunktion der Nebenschilddrüsen oder einer Abflussstörung im Gangsystem wird neben der Behandlung der Beschwerden die Grundkrankheit therapiert.

Verdauung und Zuckerhaushalt. Basismaßnahme bei der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung ist eine angepasste Ernährung. Dazu gehört eine kohlenhydrat- und eiweißreiche, aber ballaststoffarme Kost, die auf fünf bis sieben kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt wird. Bei Pankreasinsuffizienz müssen die fehlenden Verdauungsenzyme, insbesondere die Lipase, in Form von magensaftresistenten Tabletten (z. B. Kreon®) zu den Mahlzeiten in hoher Dosis zugeführt werden. Scheidet der Patient trotz der Gabe von Pankreasenzymen weiterhin Fettstühle aus, empfiehlt der Arzt häufig, einen Teil des Nahrungsfetts durch mittelkettige Fette (MCT-Fette) zu ersetzen. Diese mittelkettigen Fette sind leichter verdaulich als Triglyceride, weil der Darm sie auch ohne Lipase aufnehmen kann. Bei bereits eingetretenen Symptomen eines Vitaminmangels bzw. zu dessen Vorbeugung werden die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K regelmäßig injiziert. Hat die Pankreasinsuffizienz eine Diabeteserkrankung zur Folge, muss auch diese lebenslang mit Insulin behandelt werden.

Die Schmerztherapie ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Behandlung. Dabei setzt der Arzt zunächst leichtere Schmerzmittel wie Paracetamol und Novaminsulfon ein, bei nicht ausreichender Schmerzlinderung auch Opioide wie z. B. Piritramid.

Die oben genannten Komplikationen wie Galleabflussstörungen oder Pseudozysten verursachen häufig starke Schmerzen und erfordern invasive schmerztherapeutische Verfahren: So können die Ärzte z. B. Verengungen und Steine in den Pankreasgängen endoskopisch aufdehnen bzw. entfernen, Zysten und Abszesse absaugen oder auch einen Teil der Bauchspeicheldrüse operativ entfernen.

Der Apotheker empfiehlt

  • Nehmen Sie die verordneten Pankreasenzyme immer direkt zu den Mahlzeiten ein, damit sie sich mit dem Speisebrei gut vermischen.
  • Viele Patienten schrecken vor der Menge an Medikamenten zurück, die sie einnehmen müssen. Aber nur mit ihrer Hilfe kann die Fettverdauung weitgehend normalisiert werden und eine besonders fettarme Ernährung ist dann nicht mehr nötig.
  • Empfiehlt der Arzt den Einsatz von mittelkettigen Fetten, tauschen Sie Butter und Öle nicht abrupt gegen MCT-Produkte aus. Wenn der Darm keine Zeit bekommt, sich an diese neuen Fette zu gewöhnen, stellen sich leicht Bauchbeschwerden und Kopfschmerzen ein. Steigern Sie langsam die Dosis, indem Sie täglich etwa 10 g Fett mehr mit MCT-Produkten ersetzen. 10 g entsprechen der Menge von Butter oder Margarine für 1 Scheibe Brot oder einem Esslöffel Salat- bzw. Speiseöl.

Weiterführende Informationen

  • www.leitlinien.net – Stichwortsuche Pankreatitis: Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zur Therapie der chronischen Pankreatitis.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Mehr Darmkrebs bei den Jüngeren

Ein Darmkrebsscreening erfolgt mittels Stuhltest auf Blut oder eine Darmspiegelung.

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Vorsorge nicht vergessen!

Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten. Erfreulich ist, dass die Erkrankungsraten schon seit Jahren sinken. Das trifft allerdings nicht für alle Altersgruppen zu.

Krebstodesraten jährlich berechnet

Seit 1970 werden von europäischen Behörden die Daten zu den jährlichen Krebs-Todesfällen gesammelt. Nehmen bestimmte Krebsarten dabei ab oder zu, lassen sich daraus interessante Schlüsse ziehen: Z. B. ob Vorbeugemaßnahmen greifen oder ob bestimmte Bevölkerungsgruppen krebserregenden Einflüssen ausgesetzt sind.

Berechnet werden dabei immer die Gesamttodesraten und die einzelner Krebserkrankungen. Die neuesten Zahlen sind ermutigend: Denn insgesamt sterben in Europa immer weniger Menschen an Krebs. Seit 2018 sind die Krebstodesraten bei den Frauen um etwa 4% und Männern um etwa 6% gesunken. Auch beim Darmkrebs hat sich der günstige Trend der letzten Jahrzehnte in Europa weiter fortgesetzt. Das gilt allerdings nur für Menschen höheren Alters, wie die europäischen Statistiker*innen berechnet haben.

Bei jungen Frauen steigt die Rate

Denn in der Gruppe der 25- bis 49-Jährigen ist die Anzahl der Darmkrebs-Todesfälle in vielen Ländern nicht nur nicht gesunken, sondern in einigen Regionen sogar angestiegen. Bei den spanischen Männern wurden 5,5% mehr Darmkrebstote verzeichnet, bei den polnischen 5,9%. Am stärksten mit plus 7,9% ist der Anstieg jedoch bei den deutschen Frauen.

Warum immer mehr jüngere Menschen an Darmkrebs erkranken und daran sterben, ist unklar. Womöglich spielt es eine Rolle, dass die Menschen in Europs immer ungesünder leben und häufiger die für den Darmkrebs bekannten Risikofaktoren entwickeln. Dazu gehören Übergewicht und Fettleibigkeit, hohe Blutzuckerspiegel und der Typ-2-Diabetes. Auch wer übermäßig Alkohol trinkt und sich zu wenig bewegt, läuft Gefahr, einen Darmkrebs zu entwickeln.

Früheres Screening gefordert

Doch nicht nur in Europa, auch in den USA werden Darmkrebserkrankte immer jünger. Fachleute fordern deshalb weltweit, das Alter für das Darmkrebsscreening auf 45 Jahre zu senken. Denn je früher man den Krebs erkennt, desto besser lässt er sich behandeln. In Deutschland wird die Früherkennung ab 50 Jahren empfohlen, bei Risikofaktoren wie einer chronischen Darmerkrankung oder einer familiären Belastung auch schon früher.

Quelle: Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / BSIP / B. Boissonnet