Gesundheit heute

Nicht eitrige chronisch-destruierende Cholangitis und primär biliäre Zirrhose

Primär biliäre Cholangitis (Nicht eitrige chronisch-destruierende Cholangitis, früher auch primär biliäre Zirrhose): Autoimmunerkrankung mit fortschreitender Entzündung der kleinen intrahepatischen, also in der Leber gelegenen Gallenwege. Frauen in mittleren Jahren (zwischen 40 und 60) sind von der Erkrankung zehnmal häufiger betroffen als Männer. Die medikamentöse Behandlung lindert die Symptome und hält das Fortschreiten der Erkrankung häufig auf. Bei etwa einem Drittel der Patienten entwickelt sich im Verlauf eine Leberzirrhose mit schwerer Leberfunktionsstörung. Dann ist die einzige Therapie eine Lebertransplantation.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Juckreiz
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • Unspezifische Oberbauchbeschwerden
  • Fettstühle (fettig glänzender, weicher Stuhlgang)
  • Oft erst später Gelbsucht.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • sich der Betroffene müde und krank fühlt
  • unerklärlicher starker Juckreiz auftritt.

Die Erkrankung

Die primär biliäre Cholangitis ist eine Erkrankung der kleinen, in der Leber gelegenen Gallenwege. Durch diese Wege fließt die in den Leberzellen produzierte Gallenflüssigkeit in die großen Gallengänge ab und von dort aus in den Darm. Aus noch nicht geklärten Gründen führen bei der primär biliären Cholangitis autoimmune Prozesse zu Entzündung und einem bindegewebigen Umbau der kleinen Gallenwege. Dadurch werden diese immer stärker geschädigt und schließlich zerstört, so dass die Gallenflüssigkeit nicht mehr ungehindert abfließen kann. Später greift die Entzündung auch auf das Lebergewebe über und es entwickelt sich eine Leberzirrhose mit den dafür typischen Folgeerscheinungen. Glücklicherweise kommt es heutzutage durch eine viel frühere Diagnose und Therapie deutlich seltener als früher zu einer Zirrhose. Deshalb wurde auch im Jahr 2015 der Name der Erkrankung von primär biliärer Zirrhose in primär biliäre Cholangitis geändert.

Ursachen

Als Ursache gelten Autoimmunprozesse, bei denen sich das Abwehrsystem gegen körpereigenes Gewebe richtet. Dafür sprechen Antikörper im Blut (Antinukleäre Antikörper (ANA) und Antimitochondriale Antikörper (AMA)) sowie die Tatsache, dass die Krankheit gelegentlich zusammen mit anderen Autoimmunkrankheiten auftritt, z. B. der Hashimoto-Thyreoiditis (Schilddrüse) und der rheumatoiden Arthritis. Der oder die Auslöser dieser Autoimmunreaktion sind aber weiterhin unklar, es werden hormonelle und genetische Einflüsse, aber auch Infektionen oder Umweltfaktoren diskutiert.

Klinik

Als erstes Symptom zeigt sich ein quälender Juckreiz, oft begleitet von Müdigkeit und einem Abfall der Leistungsfähigkeit. Eine Gelbfärbung der Augenlederhaut sowie von Haut und Schleimhäuten tritt meist erst viel später auf. Manchmal färbt sich die Haut auch dunkel und es kommt zu lokal begrenzten Fetteinlagerungen (Xanthelasmen).

Aufgrund der gestörten Fettverdauung leiden die Patienten im fortgeschrittenen Stadium häufig unter fettreichen Durchfällen (Fettstühlen) und die Aufnahme fettlöslicher Vitamine (A, D, E und K) ist gestört. Langfristige Folge eines Vitaminmangels sind z. B. Nachtblindheit oder eine gestörte Blutgerinnung.

Diagnosesicherung

Bei starkem Juckreiz, Müdigkeit und Leistungsminderung richtet der Arzt sein besonderes Augenmerk auf die Leber. Mit dem Ultraschall prüft er, ob das Organ vergrößert ist oder die Gallenwege erweitert sind. Er lässt die Leberfunktionswerte (Transaminasen, Cholinesterase) im Blut bestimmen und die Werte, die einen Gallestau anzeigen (Alkalische Phosphatase, Gamma-GT und Bilirubin).

Wichtigste Blutuntersuchung bei Verdacht auf eine primär biliäre Cholangitis ist die Suche nach Antinukleären Antikörpern (ANA) und Antimitochondrialen Antikörpern (AMA). Sind diese Antikörper und die Gallestauwerte über mehr als 6 Monate hinweg erhöht und im Ultraschall kein Hinweis auf eine andere Lebererkrankung zu sehen, spricht dies für die Diagnose einer primär biliären Cholangitis. Im Zweifel zieht der Arzt zum Beweis eine Leberbiopsie heran, d. h. die Leber wird mit einer Hohlnadel punktiert und die Probe feingeweblich untersucht.

Differenzialdiagnosen. Besonders wichtig ist die Unterscheidung der primär biliären Cholangitis von der Autoimmunen Hepatitis. Dies geschieht mit Hilfe einer Leberbiopsie, die der Arzt spätestens dann durchführt, wenn eine vermutete primär biliäre Cholangitis nicht auf die Behandlung (siehe unten) anspricht. Die Unterscheidung ist wichtig, weil beide autoimmunen Erkrankungen unterschiedlich therapiert werden. Im Gegensatz zur primär biliären Cholangitis helfen bei der Autoimmunen Hepatitis Immunsuppressiva (Kortison und Azathioprin).

Andere wichtige Differenzialdiagnosen sind Erkrankungen, die ebenfalls mit quälendem Juckreiz einhergehen. Dazu gehören die Primär sklerosierende Cholangitis, die chronische Hepatitis und Tumoren der Gallenwege, aber auch die Schilddrüsenüberfunktion, Nierenerkrankungen, der Morbus Hodgkin, Eisenmangel, Neurodermitis und Lichtdermatosen, um nur einige zu nennen.

Behandlung

Medikamentöse Therapie

Die Krankheit ist nicht heilbar; mit dem Wirkstoff Ursodesoxycholsäure (UDCA, z. B. Ursofalk®) lässt sich aber die Ausscheidung von Gallensäure in die Gallengänge erhöhen und die Lebenszeit verlängern. Das Medikament muss lebenslang genommen werden. Falls UDCA keine ausreichende Wirkung zeigt, kombinieren es die Ärzte häufig mit Obeticholsäure (z. B. Ocaliva®). Dieser Wirkstoff wird auch als alleinige Therapie gegeben, wenn Patienten UDCA nicht vertragen.

Der durch die primär biliäre Cholangitis hervorgerufene Juckreiz ist eine besonders starke Belastung für die Patienten und schränkt deren Lebensqualität massiv ein. Basismaßnahmen wie rückfettende, kühlende Cremes und eine optimale Raumbefeuchtung helfen zwar, reichen aber meist nicht aus. Der Arzt verordnet dann häufig Tabletten wie z. B. Colestyramin. Bei diesem Wirkstoff ist es wichtig, dass er um 4 Stunden zeitversetzt zu anderen Medikamenten (auch UDCA) eingenommen wird, da er deren Aufnahme im Darm hemmt. Bleibt der Juckreiz trotz Colestyramin weiter bestehen, sind Therapieversuche mit Rifampicin, Naltrexon, oder Sertralin möglich.

Bei einem nachgewiesenen Mangel an fettlöslichen Vitaminen müssen die entsprechenden Vitamine (A, D, E oder K) zugeführt werden.

Lebertransplantation

In etwa 1/3 der Fälle kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer Leberzirrhose mit chronischem Leberversagen. Anzeichen für das Leberversagen sind ansteigende Bilirubinwerte im Blut (> 6 mg/dl), von außen erkennbar an der verstärkten Gelbsucht des Patienten. Häufig leidet der Patient auch unter Konzentrationsstörungen oder starker Müdigkeit und es kommt zu Bauchwasser (Aszites), Ödemen und kleinen Blutungen unter der Haut. Dann ist die einzige noch mögliche Therapie die Lebertransplantation. Aufgrund der mangelnden Spenderorgane ist diese jedoch nur bei einer Minderheit der Betroffenen realisierbar.

Prognose

Der Verlauf der primär biliären Cholangitis unterscheidet sich von Patient zu Patient und reicht von sehr milden Verläufen bis zu schnellem Voranschreiten innerhalb weniger Jahre. Fakt ist, dass heute 2/3 aller Patienten mit der Erkrankung jahrzehntelang leben und keine Leberzirrhose entwickeln.

Nach einer erfolgreichen Lebertransplantation verschwindet bei 75 % der Patienten die Erkrankung mitsamt ihren Beschwerden. 25 % der Transplantierten entwickeln jedoch auch in der neuen Leber eine primäre biliäre Cholangitis.

Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt nach einer Lebertransplantation 85 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

  • Auch wenn die primär biliäre Cholangitis nicht durch Alkohol verursacht wird, sollten Sie Alkohol wie bei jeder anderen chronischen Lebererkrankung strikt meiden.
  • Gegen die starke Müdigkeit und Mattigkeit helfen Entspannungsübungen, aber auch körperliche Aktivitäten, die langsam gesteigert werden.
  • Sorgen Sie außerdem für eine gute Schlafhygiene, um der Erschöpfung entgegenzutreten: Verzichten Sie auf elektronische Medien wie Fernseher oder Smartphone vor dem Schlafengehen. Auch Zigaretten, Kaffee oder Alkohol beeinträchtigen das Ein- und Durchschlafen. Stattdessen helfen Einschlaftechniken wie die progressive Muskelrelaxation oder autogenes Training, bei denen Sie lernen, den eigenen Körper zu spüren und gezielt zu entspannen. Solche Techniken können in speziellen Kursen oder selbstständig erlernt werden.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Schluss mit den Blähungen !

Jedem fünften Erwachsenen machen Blähungen immer wieder das Leben schwer.

Schluss mit den Blähungen !

Quälende Darmwinde?

Blähungen sind nicht nur peinlich. Die Ansammlung von Gasen im Darm kann auch Krämpfe und erhebliche Schmerzen verursachen. Glücklicherweise gibt es einiges, was man gegen einen Blähbauch tun kann von Hausmitteln wie Kümmel bis zum Entschäumer aus der Apotheke.

Blähungen sind häufig

Etwa jeder fünfte Erwachsene leidet immer wieder unter zu viel Luft in Magen und Darm-. Dabei variieren die Beschwerden: Manche Betroffenen haben vor allem einen aufgeblähten, schmerzhaften Bauch – in diesem Fall spricht man von einem Meteorismus. Andere quälen sich mit Blähungen, die als Winde abgehen (der Fachbegriff dafür lautet Flatulenz). Beide luftbedingten Beschwerden können unabhängig voneinander auftreten. Häufig sind sie allerdings kombiniert.

Auch im gesunden Darm befinden sich Gase. Denn zum einen schluckt man Luft mit den Mahlzeiten. Zum anderen entstehen Kohlendioxid, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Methan bei den alltäglichen Verdauungsprozessen. Normalerweise wird der Hauptanteil der Gase von der Darmschleimhaut aufgenommen, zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Der Rest verlässt den Körper unauffällig durch den After.

Befinden sich jedoch zu große Mengen an Gasen im Darm, sammeln sich die Gase an. Sie werden dann als Blasen oder Schaum in Richtung Darmausgang transportiert. Unterwegs können die Blasen den Darm vorübergehend verschließen. Das führt zu Krämpfen, Schmerzen und Rumoren im Bauch. Am After angekommen, werden die Gase als Winde entlassen – mal lauter und mal leiser.

Hinweis: Der unangenehme Geruch der Darmwinde kommt durch schwefelhaltige Gase zustande. Sie entstehen im Dickdarm beim Zersetzen von Nahrungsresten durch die Darmbakterien.

Warum zu viel Luft im Darm ist

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie zu viel Luft in den Darm gelangt. Eine davon ist zu starkes Luftschlucken bei der Nahrungsaufnahme. Etwas Luft zu schlucken ist ganz normal. Durch zu hastiges Essen oder kohlensäurehaltige Getränke gelangt allerdings leicht zuviel davon in den Magen. Das Gleiche droht auch bei intensivem Kaugummikauen und beim Rauchen.

Die andere wichtige Ursache ist eine vermehrte Gasbildung im Darm. Gelangen unverdaute Nahrungsbestandteile in den Dickdarm, werden sie dort von Darmbakterien vergoren. Dabei entstehen Darmgase, die durch den After abgegeben werden. Verschiedene harmlose Ursachen lösen eine solche Gasbildung aus:

  • Blähende Nahrungsmittel. Kohl, Zwiebeln, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte sind schwer verdaulich – vor allem, wenn man diese Nahrungsmittel nicht gewohnt ist. Dann gelangen große Mengen unverdauter Bestandteile in den Dickdarm, wo sie von Bakterien unter Gasbildung zerlegt werden. Das erhöhte Angebot führt dazu, dass sich die gasbildenden nBakterien vermehren und immer mehr Gase entstehen.
  • Stress. Stress führt dazu, dass das sympathische Nervensystem hochtourig arbeitet. Gehirn und Muskeln werden aktiviert und unter Spannung gehalten. Der Darm arbeitet währenddessen auf Sparflamme und kann nicht für die ordnungsgemäße Verwertung der Nahrung sorgen. Die Folge sind Blähungen und Völlegefühl. Auch bei zu üppigen Mahlzeiten ist der Darm oft überfordert und reagiert mit Verdauungsstörungen und Blähungen.
  • Übergewicht. Übergewicht kann Blähungen verursachen, weil durch die volumenbedingte Dehnung die Wandspannung der Bauchmuskulatur abnimmt. In der Folge wird die Verdauung verlangsamt und erschwert.

Hinweis: Blähungen gehören auch zu den Beschwerden vieler Schwangeren. Das liegt unter anderem daran, dass das im Mutterleib heranwachsende Kind auf den Magen-Darm-Trakt drückt und die Verdauung erschwert.

Wann in die Arztpraxis bei Blähungen?

Meistens sind Blähungen selbstgemacht und harmlos. Manchmal sind sie aber auch ein Zeichen für eine Darmerkrankung. In bestimmten Fällen ist es deshalb wichtig, Blähungen nicht zu ignorieren, sondern bei der Ärzt*in abklären zu lassen, etwa bei

  • Blähungen, die lange anhalten und nicht besser werden,
  • gleichzeitig auftretenden veränderten Stuhleigenschaften, vor allem nächtlicher Durchfall,
  • neu aufgetretenen Beschwerden nach dem 50. Lebensjahr,
  • Blut im Stuhl und
  • Fieber und Abgeschlagenheit.

Dann stecken hinter den Blähungen vielleicht Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktoseintoleranz oder Fruktoseintoleranz) oder der Mangel an Verdauungsenzymen, z. B. im Rahmen einer Pankreaserkrankung. Bei beiden Erkrankungen gelangen unverdauten Nahrungsbestandteile in den Dickdarm und werden dort unter starker Gasbildung vergoren. Vor allem Blut im Stuhl kann aber auch ein Hinweis auf einen Darmtumor sein.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa lösen auch Blähungen aus, aber aus anderen Gründen: Sie schädigen die Darmwand. Das führt dazu, dass die normalen Darmgase schlechter über die Darmwand ins Blut aufgenommen und dadurch nicht abgeatmet werden können. Stattdessen werden sie dann als Winde über den Darmausgang entlassen. Gleichzeitige krankheitsbedingte Verdauungsstörungen vermehren die Gasbildung weiterhin.

Hinweis: Auch Medikamente begünstigen Blähungen. Typisch ist dies für Antibiotika, aber auch für Diabetesmedikamente wie Metformin, Acarbose und den neuen Wirkstoff Semaglutid. Wer unter Blähungen leidet und Medikamente einnimmt, sollte diese von der Ärzt*in überprüfen lassen.

Selbstmedikation mit Entschäumern

Bei harmlosen Blähungen steht einer Behandlung in Eigenregie nichts im Wege. Nützlich sind dabei Präparate aus der Apotheke und allgemeine Verhaltenstipps.

Schnelle Hilfe bieten die beiden Entschäumer Dimeticon und Simeticon. Sie setzen wie Tenside die Oberflächenspannung der Gasblasen herab. Dadurch zerplatzen die Blasen und geben die darin enthaltenen Gase frei. Diese können jetzt entweder über die Darmwand aufgenommen oder über den After ausgeschieden werden. Entschäumer wirken physikalisch und gelangen nicht in den Blutkreislauf. Sie dürfen deshalb – je nach Präparat - auch von Schwangeren und Kindern eingenommen werden. Es gibt sie als Kautabletten, Tropfen, Emulsionen und Kapseln. Typische Vertreter sind beispielsweise Sab simplex® Tropfen und Espumisan® Emulsion, die schon für Säuglinge zugelassen sind, oder Lefax® intens Flüssigkapseln für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Es gibt auch Präparate, die sowohl den Entschäumer Simeticon enthalten als auch ein Enzymgemisch aus Pankreasenzymen. Diese Enzyme sollen die Verdauung fördern. Ihr Nutzen ist in Studien allerdings nachgewiesen, weshalb die Leitlinien ihren Einsatz auch nicht empfehlen. Manche Patient*innen profitieren aber trotzdem von dieser Kombination. Für Menschen, die aus religiösen oder anderen Gründen kein Schweinefleisch essen, sind diese Kombipräparate jedoch nicht empfehlenswert. Denn die enthaltenen Extrakte stammen von Pankreasenzymen des Schweins.

Tipp: Bei Blähungen, die mit Krämpfen verbunden sind, hilft auch die Einnahme des krampflösenden Butylscopolamins. Es ist rezeptfrei in der Apotheke zu haben.

Pflanzliche Karminativa

Auch das Pflanzenreich hat einiges gegen Blähungen zu bieten. Besonders häufig eingesetzt werden Kamille, Kümmel, Anis, Pfefferminze und Fenchel. Diese natürlichen Karminativa (karminativ bedeutet „blähungstreibend“) wirken auf verschiedene Weise. Einige tragen dazu bei, dass die Gasbläschen im Verdauungstrakt aufgelöst werden. Manche fördern die Darmbewegung und erleichtern die Ausscheidung der Gase. Andere wirken krampflösend und lindern dadurch die Blähungen.

Zur Förderung der Verdauung nutzt man Kamille, Kümmel & Co. schon seit eh und je als Gewürze in der normalen Küche. So mischt man beispielsweise gerne Anis und Kümmel in frischen Brotteig und würzt schwer verdaulichen Kohl mit Kümmel. In indischen Restaurants ist es Tradition, durch das Kauen von Fenchelsamen nach dem Essen die Verdauung anzukurbeln.

In der Pflanzenmedizin setzt man die natürlichen Karminativa als Tee, als Extrakte in Tropfen oder als Öle in Kapseln ein:

Tee. Teezubereitungen werden entweder als fertige Mischungen gekauft und aufgegossen oder selbst aus Samen, Blättern oder Früchten zubereitet. Sie sollten mehrmals am Tag zwischen den Mahlzeiten getrunken werden.

Kapseln. Pfefferminzöl und Kümmelöl gibt es kombiniert in magensaftresistenten Kapseln. Beide Öle entspannen nachgewiesenermaßen die Darmmuskulatur, Kümmel bessert zudem Blähungen und Völlegefühl. Ihre Wirkung ist bewiesen, weshalb die Kombination auch von Expert*innen empfohlen wird. Die Öle gibt es auch einzeln in Kapselform. Egal für welche Variante man sich entscheidet: Wichtig ist, die Kapseln unzerkaut als Ganzes etwa 30 Minuten vor der Mahlzeit zu schlucken. Man darf sie auch nicht zusammen mit Antazida einnehmen, da diese die Kapseln auflösen und die Öle so nicht weit genug in den Darm gelangen.

Tropfen aus Extrakten. Zur Anregung von Verdauung und Appetit werden vor dem Essen häufig alkoholhaltige Extrakte aus Kamillenblüten, Pfefferminzblättern, Kümmel- und Fenchelfrüchten angeboten. Das ist allerdings nicht empfehlenswert, denn sie bewirken eher das Gegenteil. Weil Leber und Stoffwechsel sich zuerst um die Entgiftung des Alkohols kümmern müssen, wird die Verdauung der Mahlzeit erst einmal verzögert. Sinnvoll ist dagegen die Einnahme von alkoholfreien Tropfen, z. B. Bitterelixier.

Tipp: Wer sich Tee aus Kümmelsamen selbst zubereiten möchte, sollte diese erst kurz vor dem Übergießen mit heißem Wasser zermörsern. Auf diese Weise entfalten sich die wohltuenden ätherischen Öle besser.

Allgemeine Maßnahmen gegen die üblen Winde

Wer häufig von Blähungen geplagt wird, sollte einige allgemeine Verhaltensregeln beherzigen. Das fängt beim Essen an: Langsames und bewusstes Kauen führt dazu, dass weniger Luft geschluckt wird. Außerdem wird so die Nahrung besser für die Verdauung vorbereitet. Günstig sind auch kleine Mahlzeiten, die man über den Tag verteilt. Zu üppige und späte Mahlzeiten belasten den Magen-Darm-Trakt.

Dass man gasbildende Getränke und blähende Nahrungsmittel besser meidet, liegt auf der Hand. Das bedeutet z.B., lieber Tee statt kohlensäurehaltiges Bizzlwasser zu trinken. Lebensmittel, auf die man mit Blähungen reagiert, sollte man entweder ganz weglassen oder sich langsam und schrittweise daran gewöhnen. Neben den bekannten Übeltätern Kohl und Zwiebel begünstigen auch die Zuckeraustauschstoffe Sorbit, Mannit und Xylit Blähungen. Die Stoffe findet man in vielen kalorienreduzierten Getränken, aber auch in Zahnpflegekaugummis.

Körperliche Aktivität unterstützt den Darm. Eine allseits bekannte gesunde und verdauungsfördernde Maßnahme ist der Spaziergang nach dem Essen. Regelmäßige Gymnastik ist ebenfalls anzuraten. Außerdem können leichte, kreisende Bauchmassagen im Uhrzeigersinn die Verdauung fördern.

Tipp: Stress belastet den Darm. Deshalb sollte man versuchen, Stress abzubauen. Dazu dienen Sport und Bewegung, aber auch regelmäßige Entspannungsübungen oder Yoga.

Quelle: DAZ 2023, 32:26

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Andriy Popov / Alamy / Alamy Stock Photos