Gesundheit heute

Wurmerkrankungen

Wurmerkrankungen (Helminthosen): Durch Wurmbefall verursachte Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und anderer Organe wie Lunge, Leber und Gehirn. Zu den wichtigsten Würmern, die den Menschen befallen, gehören Bandwürmer (Cestoden), Fadenwürmer (Nematoden) und Saugwürmer (Trematoden). Viele Wurmerkrankungen sind mit Wurmmitteln gut behandelbar. Beim Hundebandwurm oder Saugwürmern hängt die Prognose davon ab, wie sehr befallene Organe zerstört wurden. Wer sich mit Fuchsbandwurm infiziert, ist häufig auf eine lebenslange Therapie angewiesen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Oft nur vage Beschwerden, z. B. Druck im Oberbauch oder leichte Bauchschmerzen
  • Juckreiz und Hautveränderungen in der Analgegend
  • Sichtbare Ausscheidung von Würmern oder Wurmteilen im Stuhl
  • Gewichtsabnahme, Blässe und Schwäche (Blutarmut)
  • Gelbsucht, Reizhusten, Atemnot (Hunde- oder Fuchsbandwurm)
  • Fieber, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen sowie Blut im Stuhl oder Urin nach Afrika- und Asienreisen (Schistosomen).

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • Würmer oder Wurmteile im Stuhl zu sehen sind
  • bisher nicht bekannter Juckreiz in der Analregion auftritt
  • seit längerem unspezifische Bauchschmerzen bestehen
  • sich die Bindehäute gelblich färben
  • Reiserückkehrer Fieber oder unerklärliche Allgemeinbeschwerden entwickeln
  • Blut in Stuhl oder Urin auftritt.

Die Erkrankungen

Wurmerkrankungen sind weltweit verbreitet. Meistens erfolgt die Ansteckung über den Verzehr von infektiösem rohem oder nicht ausreichend gegartem Fleisch oder ungewaschenem, mit Fäkalien verunreinigtem Gemüse, Salat oder Obst. Die bevorzugt befallenen Organe und die Vermehrungszyklen unterscheiden sich von Wurmart zu Wurmart.

Fadenwürmer (Madenwürmer, Spulwürmer und Trichinen)

Zu den Fadenwürmern (Nematoden) gehören u. a. die Madenwürmer (Oxyuren, Enterobius vermicularis), die auch in unseren Breitengraden weit verbreitet sind. Über verunreinigte Nahrung, Spielzeug oder Wäsche stecken sich besonders Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter an. Die etwa 12 mm langen Würmer siedeln sich im unteren Dünndarmbereich, im Dickdarm und im Wurmfortsatz an. Nachts kriechen die Weibchen aus der Analöffnung und legen um den Anus herum ihre Eier ab. Das führt zu starkem Juckreiz am Darmausgang. Der Befallene kratzt sich, fasst mit den verunreinigten Händen Verschiedenes an und verhilft so den Madenwürmern zur weiteren Ausbreitung.

Die Eier von Spulwürmern (Ascaris lumbricoides) werden meistens mit verseuchtem Gemüse aufgenommen und landen so im Dünndarm des Menschen. Im Darm schlüpfen die Spulwurmlarven, gelangen durch die Darmwand ins Blut und über den Blutkreislauf in die Leber und die Lunge. Von dort wandern die Larven bis zum Kehlkopf, werden geschluckt und erreichen so wieder den Dünndarm. Jetzt haben sie ihre Wanderung abgeschlossen und wachsen zu bis zu 40 cm langen reifen Würmern heran. Die Betroffenen leiden während der Durchwanderung der Lunge oft unter leichtem Fieber, Husten und anderen grippeähnlichen oder auch asthmaartigen Beschwerden. Der Wurmbefall des Darms löst Bauchschmerzen aus; die Würmer können Knäuel im Darm bilden und so einen mechanischen Darmverschluss verursachen. In manchen Fällen verschließen wandernde Würmer den Gallengang, wodurch es zur Gelbsucht oder Gallenkolik kommt.

Trichinen (Trichinella spiralis): Trichinen befallen Haus- und Wildschweine und werden beim Verzehr von rohem Schweinefleisch vom Menschen aufgenommen. Die von ihnen verursachte Trichinose ist in Deutschland wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Fleischbeschau sehr selten geworden. In Osteuropa und Nordamerika ist sie aber immer noch weit verbreitet. Der Wurmbefall im Darm verursacht wässrige Durchfälle, Übelkeit, Erbrechen und leichtes Fieber. Befallen die Larven die Muskulatur, kommt es zu Muskelschmerzen, Wassereinlagerungen im Gewebe und später eventuell zu anhaltenden rheumatischen Beschwerden. Lebensgefahr besteht, wenn Trichinen zum Herz gelangen und z. B. Herzmuskelentzündung verursachen. Kapseln sich Larven im Gehirn ab, treten außerdem neurologische Beschwerden auf.

Rinder- und Schweinebandwurm

Der Mensch infiziert sich vor allem durch rohes oder nicht ausreichend gegartes Fleisch mit den Finnen (Jungform = Larve des Bandwurms) von Rinderbandwurm (Taenia saginata) und Schweinebandwurm (Taenia solium). Die Finnen wachsen im Darm zum reifen Bandwurm heran, der aus einem Kopf, einem Halsteil und den daraus gebildeten Bandwurmgliedern (Proglottiden) besteht. Mit dem Stuhl werden einzelne Bandwurmglieder ausgeschieden. Die meisten Menschen haben nur sehr geringe Beschwerden, wenn sie an einer Bandwurmerkrankung leiden. Auffällig sind vor allem Appetitlosigkeit im Wechsel mit Heißhunger und Gewichtsabnahme trotz regelmäßigen Essens. Selten wandern Bandwurmglieder in den Blinddarm oder den Bauchspeicheldrüsengang; wo sie eine akute Blinddarmentzündung oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung verursachen können.

Nimmt ein Mensch die Bandwurmeier (nicht die Finnen) des Schweinebandwurms auf – was auch durch Selbstinfektion möglich ist – entwickeln sich im menschlichen Körper Larven (Zystizerken). Diese wandern vom Darm über die Blutgefäße in Muskeln und Organe (Zystizerkose). Bei einem Befall der Augen droht Erblinden, beim Eindringen in das zentrale Nervensystem Krampfanfälle. Bleibt der Befall auf die Muskeln beschränkt, klagen die Betroffenen über Muskelschmerzen. Oberflächlich in Haut oder Muskeln liegende Larven lassen sich oft als kleine Knoten ertasten.

Hunde- und Fuchsbandwurm (Echinokokkosen)

Echinokokkosen gehören zu den gefährlichsten Wurmerkrankungen. Die Infektion erfolgt durch Kontakt mit infizierten Füchsen, Hunden oder Katzen. Denkbar ist auch eine Infektion durch den Verzehr ungewaschener Heidel- oder Walderdbeeren, die aufgrund ihres niedrigen Wuchses oft mit Ausscheidungen von Füchsen verunreinigt sind. Aus den aufgenommenen Eiern entwickeln sich im Darm Larven, die über die Blutgefäße vor allem in die Leber und seltener in die Lunge und andere Organe wandern. Die Inkubationszeit kann Wochen bis Jahre dauern.

  • Hundebandwurm (Echinococcus granulosus): Der Hundebandwurm bildet eine große Zyste in der Leber, in der sich zahlreiche neue Larven entwickeln. Beschwerden wie Oberbauchschmerzen treten oft erst auf, wenn die Zyste sehr groß ist und im Bauchraum andere Organe oder Gewebe mechanisch verdrängt. Drückt die Zyste auf die Gallenwege, droht ein Verschlussikterus. Platzt die Zyste, können die ausgeschwemmten Larven zu einem eventuell tödlichen allergischen Schock führen. Auch die Lunge ist oft von Zysten befallen, die Folge sind Atemnot und Reizhusten, manchmal mit blutigem Auswurf. Häufig heilt die Krankheit aber auch von allein wieder aus.
  • Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis): Der Befall mit dem Fuchsbandwurm zählt zu den schwersten Wurmerkrankungen unserer Klimazone und den schwersten Lebererkrankungen überhaupt. Der Fuchsbandwurm bildet in der Leber mehrere kleine Zysten, die tumorartig in umliegende Gewebe und Organe einwachsen und diese zerstören. An erster Stelle ist die Leber betroffen, aber auch Lunge, Herz, Milz und Gehirn werden oft befallen. Schäden an diesen Organen lassen sich meist nicht verhindern, auch wenn rechtzeitig therapiert wird.

Saugwürmer

Schistosomen (Schistosoma haematobium, mansoni oder japonicum): Die zu den Trematoden gehörenden Saugwürmer kommen vor allem in Afrika, Südamerika und Asien vor. Inzwischen bringen auch immer mehr Fernreisende Schistosomen als Reisesouvenir mit nach Hause.

Die Larven der Würmer entwickeln sich in Süßwasserschnecken und dringen über die Haut in den Menschen ein, z. B. beim Baden in Flüssen und Seen oder beim Waten durch Pfützen. Im Menschen gelangen sie in die Leber, reifen dort heran und wandern dann in Darm oder Blase. Dort legen die Würmer ihre Eier, die dann über Stuhl und Urin wieder zurück in die Gewässer gelangen. Eier, die im Körper verbleiben, führen zu Entzündungen, wobei die Symptome vom jeweiligen Organbefall abhängen.

Die eigentlichen Symptome treten erst Wochen bis Monate später auf, z. B. Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Husten und Bauchschmerzen. Dahinter steckt eine allergische Reaktion auf die Würmer und ihre Eier. Häufig klingt die Erkrankung von selbst wieder ab, schwere Verläufe mit einem Befall von Gehirn und Herz sind jedoch auch möglich.

Diagnosesicherung

Findet der Arzt bei der mikroskopischen Stuhluntersuchung Wurmeier, ist eine Infektion bewiesen. Bandwurmglieder vom Rinder- und Schweinebandwurm sind schon mit bloßem Auge im Stuhl erkennbar. Die Eier von Spulwürmern lassen sich nachweisen, indem man ein Stück Tesafilm auf den Darmausgang klebt. Die am Tesa klebenden Eier lassen sich dann unter dem Mikroskop erkennen.

Hunde- und Fuchsbandwurmbefall werden in ~ 85 % der Fälle über Antikörper im Blut nachgewiesen. Die Zysten in der Leber erkennt der Arzt meist gut in Ultraschall oder CT.

Verdacht auf akute Schistosomiasis bei Reiserückkehrern. Etwa 5–12 Wochen nach der vermutlichen Infektion ist es möglich, die Eier der Saugwürmer im Stuhl nachzuweisen. Eine Alternative ist der Test auf Antikörper im Blut. Differenzialdiagnose. Tumoren, Abszesse und eine Tuberkulose der Leber können vor allem in der bildgebenden Diagnostik ähnlich aussehen wie die Leberzysten von Hunde- oder Fuchsbandwurm.

Behandlung

Wurmmittel (Anthelmintika) reichen fast immer aus, um Erkrankungen durch Rinder- und Schweinebandwürmer sowie durch Fadenwürmer zu bekämpfen. Sie werden bei kurzer Behandlungsdauer meistens gut vertragen. Häufig eingesetzte Wirkstoffe sind

  • Pyrantel (z. B. Helmex®, auch als Saft), das auf Wurmarten lähmend wirkt, wodurch die Würmer lebend mit dem Stuhl ausgeschieden werden
  • Albendazol (z. B. Eskazole® in Tablettenform) bzw. Mebendazol (z. B. Vermox® in Tablettenform), die die Nährstoffaufnahme der Würmer blockieren, sodass diese sterben und dann ebenfalls über den Darm ausgeschieden werden.
  • Je länger die Therapie dauert, umso stärker treten Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall auf.

Schwierig ist die Therapie bei Hunde- und Fuchsbandwürmern. Beim Hundebandwurm werden die Zysten operativ entfernt oder der Inhalt vorsichtig abgesaugt. Manchmal spritzen die Ärzte auch 95 %igen Alkohol in die Zyste, um sie zu zerstören. Begleitend erfolgt die Einnahme von Wurmmitteln.

Beim Fuchsbandwurm gelingt den Ärzten die vollständige Entfernung der Zysten nur in einem Viertel der Fälle. Auch wenn Zysten operativ entfernt wurden, ist eine Behandlung mit Wurmmitteln noch für weitere zwei Jahre erforderlich. Ist keine Operation möglich, müssen Infizierte häufig lebenslang hochdosierte Wurmmittel einnehmen.

Die akute Schistosomiasis lässt sich gut mit Wurmmittel bekämpfen. Bei der akuten Form warten die Ärzte zunächst ab und behandeln nur symptomatisch. So wird ausgeschlossen, dass zu schnell eine zu große Menge an Würmern abstirbt und es dadurch zu einer allergischen Krise kommt. Nach Abklingen des Fiebers wird dann Praziquantel (z. B. Biltricide®) verabreicht. Organbeteiligungen bei der chronischen Schistosomiasis werden entsprechend der Beschwerden und Befunde behandelt.

Prognose

Fadenwürmer, Rinder- und Schweinebandwürmer lassen sich mit Medikamenten leicht therapieren und die Prognose ist nach der Therapie gut.

Die Infektion mit Schistosomen ist mit Wurmmitteln ebenfalls gut behandelbar. Wie gut sich eventuell betroffene Organe wieder erholen, hängt vom Ausmaß des Befalls ab. War bei der Erkrankung die Blase beteiligt, erhöht sich das spätere Risiko für einen Blasenkrebs.

Hunde- und Fuchsbandwurmzysten dagegen vergleichen manche Ärzte zu Recht mit einem bösartigen Tumor – hier hängt die Prognose ab von der durch die Zysten verursachten Zerstörung von Leber oder Lunge. Der Befall mit dem Fuchsbandwurm ist dabei gefährlicher als mit dem Hundebandwurm: Nur ein Drittel der mit einem Fuchsbandwurm infizierten Patienten lebt 10 Jahre nach der Diagnosestellung noch.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

Vor Wurminfektionen können Sie sich schützen, indem Sie sich vor jedem Essen die Hände waschen. Haustiere sollte man regelmäßig beim Tierarzt entwurmen lassen (bei Kleinkindern im Haushalt evtl. sogar monatlich), Hundekot an den Schuhen stets gründlich entfernen und nicht ins Haus tragen. Hindern Sie Ihre Kinder daran, sich am Po zu kratzen. Häufiges Händewaschen und kurz geschnittene Fingernägel unterstützen diese Basismaßnahmen.

Die früher verbreitete Warnung, niedrig wachsende Waldbeeren wie Heidelbeeren oder Walderdbeeren wegen einer möglichen Verseuchung mit Fuchsbandwurmeiern zu meiden, gilt heute als überholt.

Verzehren Sie Fleisch aus Hausschlachtung nur dann, wenn Sie sicher sind, dass die vorgeschriebene Fleischbeschau durchgeführt wurde.

Meiden Sie bei Reisen nach Afrika, Südamerika und Asien Süßwasserkontakt! Baden Sie nicht in Seen oder Flüssen, tragen Sie hohe Gummistiefel, wenn Sie durch Pfützen oder Bäche waten und Schutzkleidung, wenn Sie im Wasser arbeiten müssen.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Schluss mit den Blähungen !

Jedem fünften Erwachsenen machen Blähungen immer wieder das Leben schwer.

Schluss mit den Blähungen !

Quälende Darmwinde?

Blähungen sind nicht nur peinlich. Die Ansammlung von Gasen im Darm kann auch Krämpfe und erhebliche Schmerzen verursachen. Glücklicherweise gibt es einiges, was man gegen einen Blähbauch tun kann von Hausmitteln wie Kümmel bis zum Entschäumer aus der Apotheke.

Blähungen sind häufig

Etwa jeder fünfte Erwachsene leidet immer wieder unter zu viel Luft in Magen und Darm-. Dabei variieren die Beschwerden: Manche Betroffenen haben vor allem einen aufgeblähten, schmerzhaften Bauch – in diesem Fall spricht man von einem Meteorismus. Andere quälen sich mit Blähungen, die als Winde abgehen (der Fachbegriff dafür lautet Flatulenz). Beide luftbedingten Beschwerden können unabhängig voneinander auftreten. Häufig sind sie allerdings kombiniert.

Auch im gesunden Darm befinden sich Gase. Denn zum einen schluckt man Luft mit den Mahlzeiten. Zum anderen entstehen Kohlendioxid, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Methan bei den alltäglichen Verdauungsprozessen. Normalerweise wird der Hauptanteil der Gase von der Darmschleimhaut aufgenommen, zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Der Rest verlässt den Körper unauffällig durch den After.

Befinden sich jedoch zu große Mengen an Gasen im Darm, sammeln sich die Gase an. Sie werden dann als Blasen oder Schaum in Richtung Darmausgang transportiert. Unterwegs können die Blasen den Darm vorübergehend verschließen. Das führt zu Krämpfen, Schmerzen und Rumoren im Bauch. Am After angekommen, werden die Gase als Winde entlassen – mal lauter und mal leiser.

Hinweis: Der unangenehme Geruch der Darmwinde kommt durch schwefelhaltige Gase zustande. Sie entstehen im Dickdarm beim Zersetzen von Nahrungsresten durch die Darmbakterien.

Warum zu viel Luft im Darm ist

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie zu viel Luft in den Darm gelangt. Eine davon ist zu starkes Luftschlucken bei der Nahrungsaufnahme. Etwas Luft zu schlucken ist ganz normal. Durch zu hastiges Essen oder kohlensäurehaltige Getränke gelangt allerdings leicht zuviel davon in den Magen. Das Gleiche droht auch bei intensivem Kaugummikauen und beim Rauchen.

Die andere wichtige Ursache ist eine vermehrte Gasbildung im Darm. Gelangen unverdaute Nahrungsbestandteile in den Dickdarm, werden sie dort von Darmbakterien vergoren. Dabei entstehen Darmgase, die durch den After abgegeben werden. Verschiedene harmlose Ursachen lösen eine solche Gasbildung aus:

  • Blähende Nahrungsmittel. Kohl, Zwiebeln, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte sind schwer verdaulich – vor allem, wenn man diese Nahrungsmittel nicht gewohnt ist. Dann gelangen große Mengen unverdauter Bestandteile in den Dickdarm, wo sie von Bakterien unter Gasbildung zerlegt werden. Das erhöhte Angebot führt dazu, dass sich die gasbildenden nBakterien vermehren und immer mehr Gase entstehen.
  • Stress. Stress führt dazu, dass das sympathische Nervensystem hochtourig arbeitet. Gehirn und Muskeln werden aktiviert und unter Spannung gehalten. Der Darm arbeitet währenddessen auf Sparflamme und kann nicht für die ordnungsgemäße Verwertung der Nahrung sorgen. Die Folge sind Blähungen und Völlegefühl. Auch bei zu üppigen Mahlzeiten ist der Darm oft überfordert und reagiert mit Verdauungsstörungen und Blähungen.
  • Übergewicht. Übergewicht kann Blähungen verursachen, weil durch die volumenbedingte Dehnung die Wandspannung der Bauchmuskulatur abnimmt. In der Folge wird die Verdauung verlangsamt und erschwert.

Hinweis: Blähungen gehören auch zu den Beschwerden vieler Schwangeren. Das liegt unter anderem daran, dass das im Mutterleib heranwachsende Kind auf den Magen-Darm-Trakt drückt und die Verdauung erschwert.

Wann in die Arztpraxis bei Blähungen?

Meistens sind Blähungen selbstgemacht und harmlos. Manchmal sind sie aber auch ein Zeichen für eine Darmerkrankung. In bestimmten Fällen ist es deshalb wichtig, Blähungen nicht zu ignorieren, sondern bei der Ärzt*in abklären zu lassen, etwa bei

  • Blähungen, die lange anhalten und nicht besser werden,
  • gleichzeitig auftretenden veränderten Stuhleigenschaften, vor allem nächtlicher Durchfall,
  • neu aufgetretenen Beschwerden nach dem 50. Lebensjahr,
  • Blut im Stuhl und
  • Fieber und Abgeschlagenheit.

Dann stecken hinter den Blähungen vielleicht Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktoseintoleranz oder Fruktoseintoleranz) oder der Mangel an Verdauungsenzymen, z. B. im Rahmen einer Pankreaserkrankung. Bei beiden Erkrankungen gelangen unverdauten Nahrungsbestandteile in den Dickdarm und werden dort unter starker Gasbildung vergoren. Vor allem Blut im Stuhl kann aber auch ein Hinweis auf einen Darmtumor sein.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa lösen auch Blähungen aus, aber aus anderen Gründen: Sie schädigen die Darmwand. Das führt dazu, dass die normalen Darmgase schlechter über die Darmwand ins Blut aufgenommen und dadurch nicht abgeatmet werden können. Stattdessen werden sie dann als Winde über den Darmausgang entlassen. Gleichzeitige krankheitsbedingte Verdauungsstörungen vermehren die Gasbildung weiterhin.

Hinweis: Auch Medikamente begünstigen Blähungen. Typisch ist dies für Antibiotika, aber auch für Diabetesmedikamente wie Metformin, Acarbose und den neuen Wirkstoff Semaglutid. Wer unter Blähungen leidet und Medikamente einnimmt, sollte diese von der Ärzt*in überprüfen lassen.

Selbstmedikation mit Entschäumern

Bei harmlosen Blähungen steht einer Behandlung in Eigenregie nichts im Wege. Nützlich sind dabei Präparate aus der Apotheke und allgemeine Verhaltenstipps.

Schnelle Hilfe bieten die beiden Entschäumer Dimeticon und Simeticon. Sie setzen wie Tenside die Oberflächenspannung der Gasblasen herab. Dadurch zerplatzen die Blasen und geben die darin enthaltenen Gase frei. Diese können jetzt entweder über die Darmwand aufgenommen oder über den After ausgeschieden werden. Entschäumer wirken physikalisch und gelangen nicht in den Blutkreislauf. Sie dürfen deshalb – je nach Präparat - auch von Schwangeren und Kindern eingenommen werden. Es gibt sie als Kautabletten, Tropfen, Emulsionen und Kapseln. Typische Vertreter sind beispielsweise Sab simplex® Tropfen und Espumisan® Emulsion, die schon für Säuglinge zugelassen sind, oder Lefax® intens Flüssigkapseln für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Es gibt auch Präparate, die sowohl den Entschäumer Simeticon enthalten als auch ein Enzymgemisch aus Pankreasenzymen. Diese Enzyme sollen die Verdauung fördern. Ihr Nutzen ist in Studien allerdings nachgewiesen, weshalb die Leitlinien ihren Einsatz auch nicht empfehlen. Manche Patient*innen profitieren aber trotzdem von dieser Kombination. Für Menschen, die aus religiösen oder anderen Gründen kein Schweinefleisch essen, sind diese Kombipräparate jedoch nicht empfehlenswert. Denn die enthaltenen Extrakte stammen von Pankreasenzymen des Schweins.

Tipp: Bei Blähungen, die mit Krämpfen verbunden sind, hilft auch die Einnahme des krampflösenden Butylscopolamins. Es ist rezeptfrei in der Apotheke zu haben.

Pflanzliche Karminativa

Auch das Pflanzenreich hat einiges gegen Blähungen zu bieten. Besonders häufig eingesetzt werden Kamille, Kümmel, Anis, Pfefferminze und Fenchel. Diese natürlichen Karminativa (karminativ bedeutet „blähungstreibend“) wirken auf verschiedene Weise. Einige tragen dazu bei, dass die Gasbläschen im Verdauungstrakt aufgelöst werden. Manche fördern die Darmbewegung und erleichtern die Ausscheidung der Gase. Andere wirken krampflösend und lindern dadurch die Blähungen.

Zur Förderung der Verdauung nutzt man Kamille, Kümmel & Co. schon seit eh und je als Gewürze in der normalen Küche. So mischt man beispielsweise gerne Anis und Kümmel in frischen Brotteig und würzt schwer verdaulichen Kohl mit Kümmel. In indischen Restaurants ist es Tradition, durch das Kauen von Fenchelsamen nach dem Essen die Verdauung anzukurbeln.

In der Pflanzenmedizin setzt man die natürlichen Karminativa als Tee, als Extrakte in Tropfen oder als Öle in Kapseln ein:

Tee. Teezubereitungen werden entweder als fertige Mischungen gekauft und aufgegossen oder selbst aus Samen, Blättern oder Früchten zubereitet. Sie sollten mehrmals am Tag zwischen den Mahlzeiten getrunken werden.

Kapseln. Pfefferminzöl und Kümmelöl gibt es kombiniert in magensaftresistenten Kapseln. Beide Öle entspannen nachgewiesenermaßen die Darmmuskulatur, Kümmel bessert zudem Blähungen und Völlegefühl. Ihre Wirkung ist bewiesen, weshalb die Kombination auch von Expert*innen empfohlen wird. Die Öle gibt es auch einzeln in Kapselform. Egal für welche Variante man sich entscheidet: Wichtig ist, die Kapseln unzerkaut als Ganzes etwa 30 Minuten vor der Mahlzeit zu schlucken. Man darf sie auch nicht zusammen mit Antazida einnehmen, da diese die Kapseln auflösen und die Öle so nicht weit genug in den Darm gelangen.

Tropfen aus Extrakten. Zur Anregung von Verdauung und Appetit werden vor dem Essen häufig alkoholhaltige Extrakte aus Kamillenblüten, Pfefferminzblättern, Kümmel- und Fenchelfrüchten angeboten. Das ist allerdings nicht empfehlenswert, denn sie bewirken eher das Gegenteil. Weil Leber und Stoffwechsel sich zuerst um die Entgiftung des Alkohols kümmern müssen, wird die Verdauung der Mahlzeit erst einmal verzögert. Sinnvoll ist dagegen die Einnahme von alkoholfreien Tropfen, z. B. Bitterelixier.

Tipp: Wer sich Tee aus Kümmelsamen selbst zubereiten möchte, sollte diese erst kurz vor dem Übergießen mit heißem Wasser zermörsern. Auf diese Weise entfalten sich die wohltuenden ätherischen Öle besser.

Allgemeine Maßnahmen gegen die üblen Winde

Wer häufig von Blähungen geplagt wird, sollte einige allgemeine Verhaltensregeln beherzigen. Das fängt beim Essen an: Langsames und bewusstes Kauen führt dazu, dass weniger Luft geschluckt wird. Außerdem wird so die Nahrung besser für die Verdauung vorbereitet. Günstig sind auch kleine Mahlzeiten, die man über den Tag verteilt. Zu üppige und späte Mahlzeiten belasten den Magen-Darm-Trakt.

Dass man gasbildende Getränke und blähende Nahrungsmittel besser meidet, liegt auf der Hand. Das bedeutet z.B., lieber Tee statt kohlensäurehaltiges Bizzlwasser zu trinken. Lebensmittel, auf die man mit Blähungen reagiert, sollte man entweder ganz weglassen oder sich langsam und schrittweise daran gewöhnen. Neben den bekannten Übeltätern Kohl und Zwiebel begünstigen auch die Zuckeraustauschstoffe Sorbit, Mannit und Xylit Blähungen. Die Stoffe findet man in vielen kalorienreduzierten Getränken, aber auch in Zahnpflegekaugummis.

Körperliche Aktivität unterstützt den Darm. Eine allseits bekannte gesunde und verdauungsfördernde Maßnahme ist der Spaziergang nach dem Essen. Regelmäßige Gymnastik ist ebenfalls anzuraten. Außerdem können leichte, kreisende Bauchmassagen im Uhrzeigersinn die Verdauung fördern.

Tipp: Stress belastet den Darm. Deshalb sollte man versuchen, Stress abzubauen. Dazu dienen Sport und Bewegung, aber auch regelmäßige Entspannungsübungen oder Yoga.

Quelle: DAZ 2023, 32:26

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Andriy Popov / Alamy / Alamy Stock Photos