Gesundheit heute

Reizmagen


Reizmagen (Reizmagensyndrom, funktionelle Dyspepsie): Oberbegriff für wiederkehrende, individuell stark variierende (Ober-)Bauchbeschwerden wie Völle- und Druckgefühl in der Magengegend, Magenkrämpfe oder Aufstoßen ohne nachweisbare organische Ursache. Oft besteht ein zeitlicher Zusammenhang mit psychischen Belastungssituationen. 25 % der Deutschen – Frauen doppelt so oft wie Männer – sind betroffen, davon leiden 10 % zusätzlich unter den Symptomen eines Reizdarms. Die Häufigkeit der Beschwerden nimmt mit steigendem Alter zu. Sind die auslösenden Faktoren bekannt und weitgehend vermeidbar, ist eine Besserung, aber nur selten eine Heilung möglich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Brennende, krampfartige oder dumpfe Schmerzen im Oberbauch
  • Druckgefühl in der Magengegend, Völlegefühl, vorzeitiges Sättigungsgefühl bei der Nahrungsaufnahme
  • Eventuell Aufstoßen und Sodbrennen
  • Eventuell Übelkeit.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • sich die Beschwerden nicht bessern.

In den nächsten Stunden, wenn

  • quälende Bauchschmerzen bestehen und Fieber hinzukommt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Auslöser

Lautet die Diagnose "Reizmagen", konnte der Arzt keine Ursache an den Organen feststellen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene sich seine Beschwerden einbildet. Offenbar spielen neben psychischen Faktoren auch Funktionsstörungen eine Rolle, die allerdings bislang nicht mit unseren diagnostischen Mitteln geklärt werden können.

Beispielsweise haben einige der Betroffenen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Reizen (erniedrigte Schmerzschwelle). In diesem Fall wird z. B. das Vorhandensein von Luft im Magen, das von vielen Menschen gar nicht wahrgenommen wird, als schmerzhaft empfunden. Bei manchen Patienten ist die Motorik verändert, z. B. ist Magen-Darm-Passage verlangsamt oder beschleunigt und/oder die Magenmuskulatur arbeitet zu heftig.

Unklar ist die Rolle der Magensäure beim Reizmagen: Bei 20 % der Betroffenen besteht zwar ein Magensäureüberschuss, andererseits kann aber auch ein Mangel an Magensäure zum Reizmagen führen. Ebenso unklar ist der Einfluss von Helicobacter pylori, dem Hauptverursacher der Ulkuskrankheit. Bei 30 % der Reizmagen-Patienten lässt sich ein Befall des Magens mit dem Magenkeim nachweisen. Allerdings bessern sich die Beschwerden nach erfolgreicher Antibiotikatherapie und dem Verschwinden des Bakteriums nur bei 8 % der Patienten.

Ernährung. Manchmal werden Reizmagensymptome durch den Verzehr bestimmter Nahrungsmittel oder durch magenschleimhautreizende Substanzen, z. B. Alkohol und Koffein, hervorgerufen oder verstärkt.

Psychische Faktoren. Unabhängig davon, welche Funktionsstörungen im Einzelfall vermutet oder sicher identifiziert werden – unbestritten ist ein Wechselspiel mit psychischen Faktoren. Dabei sind Ursache und Wirkung nicht immer scharf voneinander abzugrenzen. Beispielsweise können sich Schmerzwahrnehmung oder Magen-Darm-Motorik im Zusammenhang mit einer psychovegetativen Reaktion auf Stress oder auf eine seelische Belastung so ändern, dass Symptome des Reizmagens die Folge sind. Umgekehrt verstärken Reizmagenbeschwerden psychische Anspannung und Unausgeglichenheit. Bis zu 10 % der Reizmagenpatienten leiden gleichzeitig unter Angsterkrankungen oder einer Depression.

Klinik

Bei einem Großteil der Betroffenen dominieren brennende, krampfartige oder dumpfe Schmerzen im Oberbauch, die vornehmlich im Hungerzustand auftreten und sich durch die Nahrungsaufnahme verbessern. Andere Betroffene klagen vor allem über ein vorzeitiges Sättigungs- oder Völlegefühl, einen aufgetriebenen Bauch und Blähungen bis hin zu Übelkeit und Brechreiz nach der Nahrungsaufnahme. Mitunter bestehen gleichzeitig Symptome eines Reizdarms. Ebenso variieren Intensität und Dauer der Beschwerden. Dabei leidet die Mehrzahl unter zeitweise auftretenden, mäßig starken Symptomen. Es kommt jedoch vor, dass andauernde heftige Beschwerden die beruflichen und privaten Aktivitäten erheblich beeinträchtigen.

In Einzelfällen kommen weitere unspezifische Symptome hinzu, z. B. Müdigkeit, Erschöpfung und vermehrtes Schwitzen. Anders als beim Reizdarm sind Veränderungen des Stuhlgangs – z. B. Durchfall, Verstopfung – beim Reizmagen kaum zu beobachten.

Diagnosesicherung

Reizmagen ist eine Ausschlussdiagnose, d. h. der Arzt stellt diese nach sorgfältigem Ausschluss anderer Erkrankungen (siehe Differenzialdiagnosen). Zum vollständigen Untersuchungsprogramm – das allerdings beim niedergelassenen Internisten oder Hausarzt aus Budgetgründen kaum vollständig durchführbar ist – gehören daher ein Ultraschall des Bauchraums, die Magenspiegelung mit Gewebeprobeentnahme sowie eine Laboruntersuchung von Blut und Stuhl und der Test auf Helicobacter pylori. Bei Verdacht auf eine Milchzucker-Unverträglichkeit führt der Arzt einen Laktose-Toleranztest durch. Sie kann sicher ausgeschlossen werden, wenn sich unter einer milchzuckerarmen (laktosearmen) Kost die Symptome nicht zurückbilden.

Bei gleichzeitig bestehenden Reizdarmsymptomen ist eine Darmspiegelung notwendig.

Differenzialdiagnosen: Auszuschließen sind bei der Diagnose Reizmagen die Erkrankungen, die die gleichen oder ähnliche Beschwerden hervorrufen, allen voran die Magenschleimhautentzündung, die Ulkuskrankheit, die Refluxkrankheit und der Magenkrebs.

Behandlung

Pharmakotherapie

Wichtigste Therapie ist eine Änderung der Lebensführung. Da Medikamente allenfalls die Beschwerden lindern, die eigentliche Funktionsstörung aber nicht beseitigen, wird der Arzt nur bei starken, länger anhaltenden Symptomen eine medikamentöse Behandlung vorschlagen.

Infrage kommen Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol oder Pantoprazol, die die Magensäurebildung hemmen, und/oder Antidepressiva, die durch eine Erhöhung der Schmerzschwelle schmerzlindernd wirken. Bei leichteren Beschwerden lohnt sich der Versuch mit standardisierten Pflanzenkombinationen, z. B. Iberogast®-Tropfen auf der Basis von Kamillenblüten, Kümmelfrüchten, Angelikawurzel, Mariendistelfrüchten, Melissenblättern, Pfefferminzblättern, Schleifenblumenkraut, Schöllkraut und Süßholzwurzel. Manchmal helfen auch krampflösende Medikamente wie Mebeverinhydrochlorid (Duspatal®) oder Butylscopolamin (z. B. Buscopan). Sind Völlegefühl und Magendruck die Hauptbeschwerden, verordnet der Arzt eventuell Medikamente, die die Magenentleerung beschleunigen, wie z. B. Metoclopramid.

Hinweis: Süßholzwurzelhaltige Tees oder Fertigarzneien sollten nicht länger als 6 Wochen eingesetzt werden, da sie den Kaliumspiegel im Blut erniedrigen. Bei Schöllkraut gilt es, die vom Hersteller empfohlene Dosis einzuhalten. Zu große Mengen sind schädlich für die Leber, die Tagesdosis darf 2,5 mg Gesamtalkaloide nicht überschreiten. Patienten mit Lebererkrankungen sollten auf Schöllkraut insgesamt verzichten.

Ernährungsumstellung

Ergeben sich Hinweise, dass die Symptome durch bestimmte Nahrungsmittel ausgelöst werden, sollten diese eingeschränkt oder vermieden werden. Gegebenenfalls kann auch eine Ernährungsberatung zur Analyse und Änderung eines möglicherweise ungünstigen Essverhaltens hilfreich sein.

Psychotherapie

Liegt es nahe, dass die Symptome durch seelische Beschwerden wie Depressionen hervorgerufen werden, ist eine psychotherapeutische Behandlung anzuraten. Hier haben die Betroffenen die Möglichkeit, sich unter professioneller Anleitung mit lebensbelastenden Faktoren auseinanderzusetzen, eine andere Schmerzwahrnehmung zu erlernen und vermeidbare Stressoren auszuschalten.

Prognose

Der Reizmagen ist lästig, aber nicht bedrohlich. Der Reizmagen führt zu keiner schweren Folgeerkrankung.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Tagebuch führen. Maßnahme Nummer eins ist die konsequente Selbstbeobachtung, um mögliche Auslöser und zeitliche Zusammenhänge mit belastenden Situationen des täglichen Lebens zu erkennen. Führen Sie deshalb ein Tagebuch, in dem Sie notieren, was und wann Sie essen und wie stark und durch welche Umstände und Situationen Ihre Beschwerden auftreten.

Unverträgliche Nahrungsmittel meiden. Um herauszufinden, ob und welche Nahrungsmittel Beschwerden hervorrufen, lassen Sie jedes verdächtige Nahrungsmittel einzeln für einige Tage konsequent weg. Bessern sich daraufhin die Beschwerden, sollten Sie dieses in Zukunft meiden.

Verzicht auf Fettes, Süßes und Alkohol. Prinzipiell sind kleine ballaststoffreiche Mahlzeiten, langsames Essen und der Verzicht auf sehr fette und sehr süße Speisen sowie Alkohol und Nikotin empfehlenswert, um die Beschwerden zu mildern.

Stehen bei Ihnen Blähungen im Vordergrund, verzichten Sie auf den Verzehr von Nahrungsmitteln, die eine verstärkte Gasproduktion bewirken, wie beispielsweise Kohlgemüse, Hülsenfrüchte und unreifes Obst.

Wärmeanwendungen. Bei leichten Schmerzen helfen oft Wärmeanwendungen wie Wärmewickel, ein warmes Bad oder eine Wärmflasche, die auf den Oberbauch gelegt wird. Wärme entspannt die Muskeln und löst leichtere Krämpfe.

Komplementärmedizin

Der Krankheitsverlauf von Reizsyndromen des Verdauungstraktes lässt sich mit komplementärmedizinischen Therapien oft günstig beeinflussen. Am besten wirken sie, wenn gleichzeitig die Ernährungsgewohnheiten umgestellt werden. Eine "klassische" komplementärmedizinische Behandlung des Reizmagens oder Reizdarms gibt es allerdings nicht. Welche Maßnahmen im Einzelnen geeignet sind, muss individuell herausgefunden werden.

Pflanzenheilkunde. Zur Anregung der Verdauung sowie bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Magendruckschmerz helfen Teezubereitungen mit bitterstoffhaltigen Bestandteilen, wie Enzianwurzel, Benediktenkraut, Tausendgüldenkraut, Angelikawurzel oder Chinarinde. Magenberuhigend wirken Tees mit Kamille, Schafgarbe oder Pfefferminze. Prinzipiell ist Tee standardisierten Pflanzenzubereitungen in Tropfenform vorzuziehen, da Tee keinen Alkohol enthält.

Entspannungsverfahren. Zum Abbau und zum besseren Umgang mit Stress haben sich Entspannungsverfahren – z. B. Autogenes Training, Yoga oder Muskelrelaxation nach Jacobson – bewährt. Tiefgreifender sind Mind-Body-Therapien: Beispielsweise bietet ein spezielles Stressbewältigungs- oder Angstbewältigungstraining die Möglichkeit, stressfördernde Verhaltensweisen zu erkennen und diese dann gezielt zu verändern.

Biofeedback. Verschiedene Studienergebnisse haben eine Besserung der Beschwerden durch Biofeedback nachgewiesen. Dabei geht es darum, den Betroffenen unbewusste körperliche Reaktionen bewusst zu machen. Töne signalisieren so beispielsweise den Anstieg der Herzfrequenz, der wiederum ein Zeichen von Stress sein kann. Besonders wirksam ist die Kombination von Biofeedback mit regelmäßigen Entspannungsübungen.

Homöopathie. Die Homöopathie kennt eine Reihe von magenwirksamen Homöopathika, z. B. Nux vomica, Pulsatilla oder Sulfur. Zur Behandlung eines Reizmagensyndroms ist eine individuelle Konstitutionstherapie im Allgemeinen sinnvoller als eine homöopathische Akutbehandlung.

Akupunktur. Es liegen Erfahrungsberichte vor, nach denen die Akupunktur Reizmagenbeschwerden lindert.

Akzeptanz. Womöglich haben Sie alle Tipps und Therapien versucht und Ihre Beschwerden bleiben trotzdem unverändert. In einem solchen Fall kann mitunter auch Ihr Arzt nichts anderes tun, als Sie in zu ermutigen, die Erkrankung hinzunehmen. Manchmal befreit allein schon die Akzeptanz von einem Teil des Drucks. Darüber hinaus zeigen klinische Erfahrungen, dass sehr viele Beschwerden im Laufe der Zeit – Wochen, Monate oder auch Jahre – von selbst wieder verschwinden.

Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Schluss mit den Blähungen !

Jedem fünften Erwachsenen machen Blähungen immer wieder das Leben schwer.

Schluss mit den Blähungen !

Quälende Darmwinde?

Blähungen sind nicht nur peinlich. Die Ansammlung von Gasen im Darm kann auch Krämpfe und erhebliche Schmerzen verursachen. Glücklicherweise gibt es einiges, was man gegen einen Blähbauch tun kann von Hausmitteln wie Kümmel bis zum Entschäumer aus der Apotheke.

Blähungen sind häufig

Etwa jeder fünfte Erwachsene leidet immer wieder unter zu viel Luft in Magen und Darm-. Dabei variieren die Beschwerden: Manche Betroffenen haben vor allem einen aufgeblähten, schmerzhaften Bauch – in diesem Fall spricht man von einem Meteorismus. Andere quälen sich mit Blähungen, die als Winde abgehen (der Fachbegriff dafür lautet Flatulenz). Beide luftbedingten Beschwerden können unabhängig voneinander auftreten. Häufig sind sie allerdings kombiniert.

Auch im gesunden Darm befinden sich Gase. Denn zum einen schluckt man Luft mit den Mahlzeiten. Zum anderen entstehen Kohlendioxid, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Methan bei den alltäglichen Verdauungsprozessen. Normalerweise wird der Hauptanteil der Gase von der Darmschleimhaut aufgenommen, zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Der Rest verlässt den Körper unauffällig durch den After.

Befinden sich jedoch zu große Mengen an Gasen im Darm, sammeln sich die Gase an. Sie werden dann als Blasen oder Schaum in Richtung Darmausgang transportiert. Unterwegs können die Blasen den Darm vorübergehend verschließen. Das führt zu Krämpfen, Schmerzen und Rumoren im Bauch. Am After angekommen, werden die Gase als Winde entlassen – mal lauter und mal leiser.

Hinweis: Der unangenehme Geruch der Darmwinde kommt durch schwefelhaltige Gase zustande. Sie entstehen im Dickdarm beim Zersetzen von Nahrungsresten durch die Darmbakterien.

Warum zu viel Luft im Darm ist

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie zu viel Luft in den Darm gelangt. Eine davon ist zu starkes Luftschlucken bei der Nahrungsaufnahme. Etwas Luft zu schlucken ist ganz normal. Durch zu hastiges Essen oder kohlensäurehaltige Getränke gelangt allerdings leicht zuviel davon in den Magen. Das Gleiche droht auch bei intensivem Kaugummikauen und beim Rauchen.

Die andere wichtige Ursache ist eine vermehrte Gasbildung im Darm. Gelangen unverdaute Nahrungsbestandteile in den Dickdarm, werden sie dort von Darmbakterien vergoren. Dabei entstehen Darmgase, die durch den After abgegeben werden. Verschiedene harmlose Ursachen lösen eine solche Gasbildung aus:

  • Blähende Nahrungsmittel. Kohl, Zwiebeln, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte sind schwer verdaulich – vor allem, wenn man diese Nahrungsmittel nicht gewohnt ist. Dann gelangen große Mengen unverdauter Bestandteile in den Dickdarm, wo sie von Bakterien unter Gasbildung zerlegt werden. Das erhöhte Angebot führt dazu, dass sich die gasbildenden nBakterien vermehren und immer mehr Gase entstehen.
  • Stress. Stress führt dazu, dass das sympathische Nervensystem hochtourig arbeitet. Gehirn und Muskeln werden aktiviert und unter Spannung gehalten. Der Darm arbeitet währenddessen auf Sparflamme und kann nicht für die ordnungsgemäße Verwertung der Nahrung sorgen. Die Folge sind Blähungen und Völlegefühl. Auch bei zu üppigen Mahlzeiten ist der Darm oft überfordert und reagiert mit Verdauungsstörungen und Blähungen.
  • Übergewicht. Übergewicht kann Blähungen verursachen, weil durch die volumenbedingte Dehnung die Wandspannung der Bauchmuskulatur abnimmt. In der Folge wird die Verdauung verlangsamt und erschwert.

Hinweis: Blähungen gehören auch zu den Beschwerden vieler Schwangeren. Das liegt unter anderem daran, dass das im Mutterleib heranwachsende Kind auf den Magen-Darm-Trakt drückt und die Verdauung erschwert.

Wann in die Arztpraxis bei Blähungen?

Meistens sind Blähungen selbstgemacht und harmlos. Manchmal sind sie aber auch ein Zeichen für eine Darmerkrankung. In bestimmten Fällen ist es deshalb wichtig, Blähungen nicht zu ignorieren, sondern bei der Ärzt*in abklären zu lassen, etwa bei

  • Blähungen, die lange anhalten und nicht besser werden,
  • gleichzeitig auftretenden veränderten Stuhleigenschaften, vor allem nächtlicher Durchfall,
  • neu aufgetretenen Beschwerden nach dem 50. Lebensjahr,
  • Blut im Stuhl und
  • Fieber und Abgeschlagenheit.

Dann stecken hinter den Blähungen vielleicht Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktoseintoleranz oder Fruktoseintoleranz) oder der Mangel an Verdauungsenzymen, z. B. im Rahmen einer Pankreaserkrankung. Bei beiden Erkrankungen gelangen unverdauten Nahrungsbestandteile in den Dickdarm und werden dort unter starker Gasbildung vergoren. Vor allem Blut im Stuhl kann aber auch ein Hinweis auf einen Darmtumor sein.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie der Morbus Crohn oder die Colitis ulcerosa lösen auch Blähungen aus, aber aus anderen Gründen: Sie schädigen die Darmwand. Das führt dazu, dass die normalen Darmgase schlechter über die Darmwand ins Blut aufgenommen und dadurch nicht abgeatmet werden können. Stattdessen werden sie dann als Winde über den Darmausgang entlassen. Gleichzeitige krankheitsbedingte Verdauungsstörungen vermehren die Gasbildung weiterhin.

Hinweis: Auch Medikamente begünstigen Blähungen. Typisch ist dies für Antibiotika, aber auch für Diabetesmedikamente wie Metformin, Acarbose und den neuen Wirkstoff Semaglutid. Wer unter Blähungen leidet und Medikamente einnimmt, sollte diese von der Ärzt*in überprüfen lassen.

Selbstmedikation mit Entschäumern

Bei harmlosen Blähungen steht einer Behandlung in Eigenregie nichts im Wege. Nützlich sind dabei Präparate aus der Apotheke und allgemeine Verhaltenstipps.

Schnelle Hilfe bieten die beiden Entschäumer Dimeticon und Simeticon. Sie setzen wie Tenside die Oberflächenspannung der Gasblasen herab. Dadurch zerplatzen die Blasen und geben die darin enthaltenen Gase frei. Diese können jetzt entweder über die Darmwand aufgenommen oder über den After ausgeschieden werden. Entschäumer wirken physikalisch und gelangen nicht in den Blutkreislauf. Sie dürfen deshalb – je nach Präparat - auch von Schwangeren und Kindern eingenommen werden. Es gibt sie als Kautabletten, Tropfen, Emulsionen und Kapseln. Typische Vertreter sind beispielsweise Sab simplex® Tropfen und Espumisan® Emulsion, die schon für Säuglinge zugelassen sind, oder Lefax® intens Flüssigkapseln für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Es gibt auch Präparate, die sowohl den Entschäumer Simeticon enthalten als auch ein Enzymgemisch aus Pankreasenzymen. Diese Enzyme sollen die Verdauung fördern. Ihr Nutzen ist in Studien allerdings nachgewiesen, weshalb die Leitlinien ihren Einsatz auch nicht empfehlen. Manche Patient*innen profitieren aber trotzdem von dieser Kombination. Für Menschen, die aus religiösen oder anderen Gründen kein Schweinefleisch essen, sind diese Kombipräparate jedoch nicht empfehlenswert. Denn die enthaltenen Extrakte stammen von Pankreasenzymen des Schweins.

Tipp: Bei Blähungen, die mit Krämpfen verbunden sind, hilft auch die Einnahme des krampflösenden Butylscopolamins. Es ist rezeptfrei in der Apotheke zu haben.

Pflanzliche Karminativa

Auch das Pflanzenreich hat einiges gegen Blähungen zu bieten. Besonders häufig eingesetzt werden Kamille, Kümmel, Anis, Pfefferminze und Fenchel. Diese natürlichen Karminativa (karminativ bedeutet „blähungstreibend“) wirken auf verschiedene Weise. Einige tragen dazu bei, dass die Gasbläschen im Verdauungstrakt aufgelöst werden. Manche fördern die Darmbewegung und erleichtern die Ausscheidung der Gase. Andere wirken krampflösend und lindern dadurch die Blähungen.

Zur Förderung der Verdauung nutzt man Kamille, Kümmel & Co. schon seit eh und je als Gewürze in der normalen Küche. So mischt man beispielsweise gerne Anis und Kümmel in frischen Brotteig und würzt schwer verdaulichen Kohl mit Kümmel. In indischen Restaurants ist es Tradition, durch das Kauen von Fenchelsamen nach dem Essen die Verdauung anzukurbeln.

In der Pflanzenmedizin setzt man die natürlichen Karminativa als Tee, als Extrakte in Tropfen oder als Öle in Kapseln ein:

Tee. Teezubereitungen werden entweder als fertige Mischungen gekauft und aufgegossen oder selbst aus Samen, Blättern oder Früchten zubereitet. Sie sollten mehrmals am Tag zwischen den Mahlzeiten getrunken werden.

Kapseln. Pfefferminzöl und Kümmelöl gibt es kombiniert in magensaftresistenten Kapseln. Beide Öle entspannen nachgewiesenermaßen die Darmmuskulatur, Kümmel bessert zudem Blähungen und Völlegefühl. Ihre Wirkung ist bewiesen, weshalb die Kombination auch von Expert*innen empfohlen wird. Die Öle gibt es auch einzeln in Kapselform. Egal für welche Variante man sich entscheidet: Wichtig ist, die Kapseln unzerkaut als Ganzes etwa 30 Minuten vor der Mahlzeit zu schlucken. Man darf sie auch nicht zusammen mit Antazida einnehmen, da diese die Kapseln auflösen und die Öle so nicht weit genug in den Darm gelangen.

Tropfen aus Extrakten. Zur Anregung von Verdauung und Appetit werden vor dem Essen häufig alkoholhaltige Extrakte aus Kamillenblüten, Pfefferminzblättern, Kümmel- und Fenchelfrüchten angeboten. Das ist allerdings nicht empfehlenswert, denn sie bewirken eher das Gegenteil. Weil Leber und Stoffwechsel sich zuerst um die Entgiftung des Alkohols kümmern müssen, wird die Verdauung der Mahlzeit erst einmal verzögert. Sinnvoll ist dagegen die Einnahme von alkoholfreien Tropfen, z. B. Bitterelixier.

Tipp: Wer sich Tee aus Kümmelsamen selbst zubereiten möchte, sollte diese erst kurz vor dem Übergießen mit heißem Wasser zermörsern. Auf diese Weise entfalten sich die wohltuenden ätherischen Öle besser.

Allgemeine Maßnahmen gegen die üblen Winde

Wer häufig von Blähungen geplagt wird, sollte einige allgemeine Verhaltensregeln beherzigen. Das fängt beim Essen an: Langsames und bewusstes Kauen führt dazu, dass weniger Luft geschluckt wird. Außerdem wird so die Nahrung besser für die Verdauung vorbereitet. Günstig sind auch kleine Mahlzeiten, die man über den Tag verteilt. Zu üppige und späte Mahlzeiten belasten den Magen-Darm-Trakt.

Dass man gasbildende Getränke und blähende Nahrungsmittel besser meidet, liegt auf der Hand. Das bedeutet z.B., lieber Tee statt kohlensäurehaltiges Bizzlwasser zu trinken. Lebensmittel, auf die man mit Blähungen reagiert, sollte man entweder ganz weglassen oder sich langsam und schrittweise daran gewöhnen. Neben den bekannten Übeltätern Kohl und Zwiebel begünstigen auch die Zuckeraustauschstoffe Sorbit, Mannit und Xylit Blähungen. Die Stoffe findet man in vielen kalorienreduzierten Getränken, aber auch in Zahnpflegekaugummis.

Körperliche Aktivität unterstützt den Darm. Eine allseits bekannte gesunde und verdauungsfördernde Maßnahme ist der Spaziergang nach dem Essen. Regelmäßige Gymnastik ist ebenfalls anzuraten. Außerdem können leichte, kreisende Bauchmassagen im Uhrzeigersinn die Verdauung fördern.

Tipp: Stress belastet den Darm. Deshalb sollte man versuchen, Stress abzubauen. Dazu dienen Sport und Bewegung, aber auch regelmäßige Entspannungsübungen oder Yoga.

Quelle: DAZ 2023, 32:26

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Andriy Popov / Alamy / Alamy Stock Photos