Gesundheit heute

Stimmlippenlähmung

Stimmlippenlähmung (Kehlkopflähmung, Recurrenslähmung): Ein- oder beidseitige Bewegungseinschränkung der Stimmlippen infolge einer Funktionseinschränkung des Kehlkopfnervs (N. laryngeus recurrens oder auch nur N. recurrens).

Symptome und Leitbeschwerden

Bei einseitiger Stimmlippenlähmung

  • Heiserkeit
  • Selten Luftnot beim Sprechen.

Bei beidseitiger Stimmlippenlähmung

  • Pfeifende Nebengeräusche beim Einatmen
  • Atemnot, aber keine Heiserkeit.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • Heiserkeit ohne Halsschmerzen oder Erkältungssymptome.

Am gleichen Tag bei

  • auftretender Atemnot.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Der Kehlkopfnerv innerviert die Stimmlippen. Ist er beeinträchtigt, schränkt er die Stimmlippen in ihrer Bewegung ein und die Stimme wird heiser. Bei beidseitiger Lähmung verharren die Stimmlippen weitgehend geschlossen. Dadurch kommt es zu ausgeprägter Atemnot, die Stimme bleibt aber zumeist kräftig.

Ursachen

Die häufigste Ursache für eine Stimmlippenlähmung ist eine Schädigung des Recurrensnervs (Nervus laryngeus recurrens), der von der Speiseröhre aus zum Kehlkopf verläuft. Er ist ein Ast des 10. Hirnnervs (Nervus vagus). Die Schädigung kann im Verlauf des Nervs entlang der Speiseröhre bis zum Kehlkopf oder auch zentral im Gehirn liegen.

Die Ursachen für eine Schädigung des Nervs sind vielfältig.

  • Häufig entstehen Verletzungen oder Irritationen des Kehlkopfnervs bei operativen Eingriffen im Halsbereich, wie etwa bei Schilddrüsenoperationen.
  • Häufig ist eine virale Neuronitis, also eine Nervenentzündung durch Viren, für Stimmbandlähmungen verantwortlich.
  • Auch Tumoren von Kehlkopf, Lunge, Schilddrüse und Speiseröhre oder lokale Entzündungen sowie die Aussackung benachbarter Gefäße (Aneurysma) können den Nerven beeinträchtigen.
  • Seltener wird der Nerv durch Schwermetallbelastung oder als Nebenwirkung von Medikamenten wie beispielsweise Vincristin oder Phenytoin geschädigt.

Eine vom Gehirn ausgehenden Stimmbandlähmung kann ebenfalls zahlreiche Gründe haben: Durchblutungsstörungen, wie z. B. ein Schlaganfall, aber auch Tumoren und neurologische Erkrankungen führen zu einer Schädigung des N. recurrens. Bei zentralen Ursachen sind oft auch andere Nerven und Körperfunktionen beeinträchtigt. Selten gibt es vererbte Formen der Stimmlippenlähmung.

Diagnosesicherung

Da verschiedene Ursachen für die Stimmlippenlähmung infrage kommen, sind unter Umständen umfangreiche Untersuchungen nötig. Normalerweise prüft der Arzt die Atem- und Stimmfunktion und führt eine Kehlkopfspiegelung durch. Ergänzend veranlasst er bildgebende Untersuchungsverfahren, um Verletzungen der Weichteile oder Tumoren zu erkennen bzw. auszuschließen.

Behandlung

Prinzipiell steht die ursächliche Therapie einer Stimmbandlähmung im Vordergrund, z. B. die Operation bei Tumoren, die Behandlung von Gefäßaussackungen oder die Verkleinerung der Schilddrüse.

Danach beginnt der Wiederaufbau der Stimmbandfunktion, bestehend aus Stimmtraining und/oder weiteren operativen Maßnahmen:

Logopädische Behandlung

Eine einseitige Stimmlippenlähmung wird meist logopädisch behandelt. Dabei lernt der Patient, mit Dehnübungen wie zum Beispiel Gähnen und Schulterkreisen den Stimmapparat zu entspannen, die betroffene Stimmlippe zu stärken und die Atmung besser zu kontrollieren. In der Regel sind etwa 10-20 Übungseinheiten beim Logopäden notwendig, bis sich eine Besserung einstellt. Zusätzlich zum Stimmtraining kann der N. recurrens durch Elektrotherapien stimuliert werden.

Operative Behandlung

Bringt die logopädische Behandlung keinen Erfolg, wird die betroffene Stimmlippe operativ weiter in die Mitte der Stimmritze verlagert (Thyreoplastik). Bei einer beidseitigen Stimmlippenlähmung muss der Arzt häufig einen Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) vornehmen, damit der Patient wieder ausreichend atmen kann. Bessert sich die Lähmung innerhalb eines Jahres nicht deutlich, muss die Stimmritze operativ verbreitert werden – dadurch lässt jedoch die Kraft der Stimme nach. In diesen Fällen ist das Einsetzen von Stimmbandimplantaten eine Option.

Prognose

Die Prognose der Stimmbandlähmung hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Wurde der Kehlkopfnerv durch eine vergrößerte Schilddrüse nur gequetscht, erholt er sich nach der Schilddrüsenverkleinerung zumeist wieder. Ist er durch eine Operation durchtrennt oder eine Krebserkrankung lädiert worden, ist die Prognose schlechter und häufig eine operative Behandlung notwendig.

Ihr Apotheker empfiehlt

Um die Stimmlippen zu beruhigen und zu pflegen, empfiehlt sich

  • Stimme zu schonen (Sprechpausen einlegen, leise sprechen, aber nicht flüstern, langsam sprechen)
  • Husten und Räuspern zu vermeiden
  • mit Salzlösung oder Salbeitee zu gurgeln
  • mit Salz, z. B. Emser®Salz zu inhalieren
  • in der kalten Jahreszeit warme Halswickel zu machen
  • milde Halstabletten ohne Menthol zu lutschen, z. B. Emser®Pastillen, GeloRevoice® oder isla®moos.

Rauchverzicht. Wer eine Stimmbandlähmung durchgemacht hat, sollte auf jeden Fall das Rauchen aufgeben und, wenn möglich, Bronchialinfektionen meiden.

Übungen. Für Menschen mit Sprechberufen ist es hilfreich, Stimm- und Atemübungen zu erlernen und diese regelmäßig zu wiederholen. Bei starker Heiserkeit und/oder Stimmlosigkeit frühzeitig zum Arzt gehen!

Von: Prof. Dr. med. Gerhard Grevers; Dr. Ute Koch; Thilo Machotta; Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen "Symptome und Leitbeschwerden", "Wann zum Arzt", "Die Erkrankung", "Behandlung" und "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Sonja Kempinski
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Nervenblockade lässt wieder riechen

Mit Riechstörungen lässt sich der Duft einer Paprika oft nicht mehr richtig wahrnehmen.

Nervenblockade lässt wieder riechen

Hilfe für Long-COVID-Erkrankte

Außer einem Riechtraining konnte man Long-COVID-Patient*innen mit gestörtem Geruchssinn bisher kaum Behandlungsoptionen anbieten. Das ändert sich womöglich: Die minimalinvasive Blockade eines Nervengeflechts im Halsbereich bessert das Riechvermögen offenbar erheblich.

Riechstörungen auch noch nach einem Jahr

Störungen des Riechvermögens gehören mit zu den häufigsten Beschwerden, die COVID-19-Patient*innen angeben. Zum Glück erholt sich bei den meisten von ihnen der Geruchssinn spontan wieder. Doch bis zu 7% der Betroffenen leiden noch ein Jahr nach Beginn ihrer Infektion unter schweren Riechstörungen, wie weltweite Studien zeigen.

Therapeutisch gibt es bisher wenig Möglichkeiten, diese Riechstörung anzugehen. Die Gabe von Kortison als Spray oder Tabletten ist umstritten. Empfohlen wird in den Leitlinien ein spezielles Riechtraining, das immerhin etwa der Hälfte der Betroffenen helfen soll.

Stellatumblockade dauert nur 10 Minuten

Den übrigen könnte amerikanischen Forschenden zufolge vielleicht ein neues Verfahren helfen: Die Blockade des Ganglion stellatum. Dieses Ganglion ist ein Geflecht des autonomen Nervensystems und liegt im Halsbereich. Um es zu blockieren, führt die Ärzt*in unter Röntgenkontrolle oberhalb vom sechsten Halswirbel eine Hohlnadel ein und injiziert darüber ein Gemisch aus Betäubungsmittel und Kortison. Das minimalinvasive Verfahren dauert nur zehn Minuten und wird von den Betroffenen gut vertragen.

Geruchssinn nach vier Wochen deutlich gebessert

37 Patient*innen wurden von der amerikanischen Arbeitsgruppe inzwischen mit der Ganglionblockade behandelt. 22 von ihnen berichteten schon nach einer Woche von einer deutlichen Besserung ihres Geruchsinns. Nach drei Monaten hatte sich ihr Riechvermögen weiter gesteigert und insgesamt um durchschnittlich 49% verbessert. Es gab sogar Patient*innen, bei denen der Geruchssinn nach vier Wochen komplett wiederhergestellt war.

Einige der 22 erfolgreich behandelten Patient*innen ließen sich auch das Ganglion stellatum auf ihrer anderen Halsseite blockieren. Dies führte bei der Mehrzahl zu einer weiteren Verbesserung des Geruchssinns, berichten die Forschenden. Bei denjenigen Betroffenen, die schon nach der ersten Behandlung keine Änderung spürten, brachte auch eine zweite Blockade nichts.

Komplikationen oder unerwünschte Ereignisse traten während und nach der Behandlung nicht auf. Auch wenn nicht alle Betroffenen davon profitieren: Den Autor*innen zufolge stellt die Nervenblockade eine gute und sichere Option zur Therapie der Riechstörungen nach COVID-19 dar.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Alena Kuznetsova