Gesundheit heute

Otosklerose

Otosklerose (Otospongiose): Versteifung der Gehörknöchelchen, v. a. des Steigbügels am Übergang zum Innenohr.

Infolge einer örtlichen Mineralstoffwechselstörung verknöchert die Gehörknöchelchenkette und wird zunehmend unbeweglich. Folge ist eine zunehmende Schallleitungsschwerhörigkeit bis hin zur Ertaubung. Dies kann durch eine rechtzeitige Operation verhindert werden.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Langsam zunehmende Schwerhörigkeit (anfangs einseitig)
  • Häufig Tinnitus, seltener Schwindel
  • Der Tinnitus ist typischerweise tiefklingend.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn

  • Schwindel auftritt.

In den nächsten Tagen, bei

  • wiederkehrendem Tinnitus.
  • zunehmendem Hörverlust.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Kennzeichnend für die Otosklerose ist eine zunehmende Verknöcherung der Gehörknöchelchenkette aufgrund einer lokalen Mineralstoffwechselstörung. Die damit einhergehende Unbeweglichkeit der Gehörknöchelchen beeinträchtigt die Schallleitung und das Hörvermögen nimmt stetig ab.

Verlauf

Die Otosklerose beginnt meist auf einem Ohr mit einer langsam zunehmenden Schwerhörigkeit, später sind in etwa 70 % aller Fälle beide Ohren betroffen, jedoch meist unterschiedlich stark. Auffälliges Symptom sind Ohrgeräusche wie Brummen oder Summen, also tiefklingende Tinnitus-Geräusche.

Allerdings gibt es auch zahlreiche beschwerdefreie Verläufe: Bei jedem Hundertsten lassen sich Verknöcherungen nachweisen, ein Großteil der Betroffenen verspürt aber nie die typischen Beschwerden.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Krankheit macht sich am häufigsten zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr bemerkbar und betrifft etwa doppelt so viele Frauen wie Männer.

Die genauen Krankheitsursachen sind bisher ungeklärt. Als auslösender Faktor diskutiert man unter anderem eine örtliche Infektion mit dem Masernvirus. Teilweise ist die Krankheit erblich. Des Weiteren rufen hormonelle Umstellungen (z. B. in der Schwangerschaft oder auch durch die Einnahme der Pille) eine schubartige Verschlechterung der Otosklerose hervor.

Diagnosesicherung

Der Arzt sichert die Diagnose nach Inspektion des Trommelfells mit dem Ohrmikroskop anhand verschiedener Hörprüfungen, die ein charakteristisches Gesamtbild liefern. So zeigt sich z. B. im Tonaudiogramm typischerweise eine gestörte Schallleitung im mittleren bis hohen Frequenzbereich und im Sprachaudiogramm ein eingeschränktes Sprachverständnis.

Gellé-Versuch. Speziell zum Nachweis einer unbeweglichen Gehörknöchelchenkette dient der Gellé-Versuch: Der Arzt setzt eine angeschlagene Stimmgabel auf die Schädelmitte und erhöht zugleich mit Hilfe eines Ballons den Druck im Gehörgang des betroffenen Ohrs. Dieser Überdruck schränkt beim Gesunden die Beweglichkeit der Gehörknöchelchen ein, sodass der Ton leiser wird. Hört der Patient ihn dennoch in unveränderter Stärke, spricht dies für eine versteifte Gehörknöchelchenkette.

Bildgebende Verfahren. CT oder MRT-Untersuchungen sichern die Diagnose und zeigen auf, wie weit die Otosklerose fortgeschritten ist.

Behandlung

Operative Behandlung

Eine ursächliche Behandlung der Otosklerose ist bisher nicht bekannt, die resultierende Schwerhörigkeit kann aber durch eine Operation erfolgreich gemindert werden. Dabei ersetzt der Chirurgen Steigbügel teilweise oder ganz durch eine Steigbügelprothese (Stapesplastik), sodass der Schall wieder weitergeleitet werden kann. Der Eingriff ist unter Lokalanästhesie oder Vollnarkose möglich und bringt üblicherweise einen kurzen Klinikaufenthalt (3–5 Tage) mit sich.

Statt der Operation kann der Arzt zur Verbesserung des Hörvermögens auch ein Hörgerät anpassen.

Komplikationen

Die häufigste Komplikation ist Schwindel, ausgelöst durch ein schlecht sitzendes Implantat.

Prognose

Etwa 4–6 Wochen nach der Operation ist die Prothese vollständig eingewachsen und das Hörvermögen bessert sich in der Regel deutlich.

Ihr Apotheker empfiehlt

Nach der OP.Nach einer Ohrenoperation müssen Sie eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen beachten: Ihr Arzt wird Ihnen sagen, wie lange kein Wasser in den Gehörgang eindringen darf. Hat er die Ohrtamponade bereits entfernt, können Sie vor dem Duschen ein großes Stück Watte mit Bepanthen-Salbe einreiben und unter einer Duschhaube vor dem Eingang des Gehörganges platzieren. Achtung, die Watte darf nicht in den Gehörgang geschoben werden. Ob Sie schwimmen dürfen, klären Sie bitte mit Ihrem Arzt.

Verzichten Sie für eine optimale Wundheilung auf Nikotin. Naseschnäuzen ist 4 Wochen verboten, müssen Sie niesen, öffnen Sie dabei unbedingt den Mund. Vermeiden Sie, sich beim Schlafen auf das operierte Ohr zu legen.

Die Empfehlungen bezüglich Flugreisen sind unterschiedlich. Die ersten 4 Wochen nach der Operation sollten Sie Flugreisen jedoch besser vermeiden. Auf Sport und Saunagänge verzichten Sie sicherheitshalber 6 Wochen lang.

Hinweis: Acetylsalicylsäure enthaltende Schmerzmedikamente erhöhen die Gefahr des Nachblutens – sie sind deshalb die ersten 10 Tage nach der Operation verboten.

Von: Prof. Dr. med. Gerhard Grevers; Dr. Ute Koch; Thilo Machotta; Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen "Wann zum Arzt", "Die Erkrankung", "Diagnosesicherung" und "Ihre Apotheke empfiehlt": Dr. med. Sonja Kempinski
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Nervenblockade lässt wieder riechen

Mit Riechstörungen lässt sich der Duft einer Paprika oft nicht mehr richtig wahrnehmen.

Nervenblockade lässt wieder riechen

Hilfe für Long-COVID-Erkrankte

Außer einem Riechtraining konnte man Long-COVID-Patient*innen mit gestörtem Geruchssinn bisher kaum Behandlungsoptionen anbieten. Das ändert sich womöglich: Die minimalinvasive Blockade eines Nervengeflechts im Halsbereich bessert das Riechvermögen offenbar erheblich.

Riechstörungen auch noch nach einem Jahr

Störungen des Riechvermögens gehören mit zu den häufigsten Beschwerden, die COVID-19-Patient*innen angeben. Zum Glück erholt sich bei den meisten von ihnen der Geruchssinn spontan wieder. Doch bis zu 7% der Betroffenen leiden noch ein Jahr nach Beginn ihrer Infektion unter schweren Riechstörungen, wie weltweite Studien zeigen.

Therapeutisch gibt es bisher wenig Möglichkeiten, diese Riechstörung anzugehen. Die Gabe von Kortison als Spray oder Tabletten ist umstritten. Empfohlen wird in den Leitlinien ein spezielles Riechtraining, das immerhin etwa der Hälfte der Betroffenen helfen soll.

Stellatumblockade dauert nur 10 Minuten

Den übrigen könnte amerikanischen Forschenden zufolge vielleicht ein neues Verfahren helfen: Die Blockade des Ganglion stellatum. Dieses Ganglion ist ein Geflecht des autonomen Nervensystems und liegt im Halsbereich. Um es zu blockieren, führt die Ärzt*in unter Röntgenkontrolle oberhalb vom sechsten Halswirbel eine Hohlnadel ein und injiziert darüber ein Gemisch aus Betäubungsmittel und Kortison. Das minimalinvasive Verfahren dauert nur zehn Minuten und wird von den Betroffenen gut vertragen.

Geruchssinn nach vier Wochen deutlich gebessert

37 Patient*innen wurden von der amerikanischen Arbeitsgruppe inzwischen mit der Ganglionblockade behandelt. 22 von ihnen berichteten schon nach einer Woche von einer deutlichen Besserung ihres Geruchsinns. Nach drei Monaten hatte sich ihr Riechvermögen weiter gesteigert und insgesamt um durchschnittlich 49% verbessert. Es gab sogar Patient*innen, bei denen der Geruchssinn nach vier Wochen komplett wiederhergestellt war.

Einige der 22 erfolgreich behandelten Patient*innen ließen sich auch das Ganglion stellatum auf ihrer anderen Halsseite blockieren. Dies führte bei der Mehrzahl zu einer weiteren Verbesserung des Geruchssinns, berichten die Forschenden. Bei denjenigen Betroffenen, die schon nach der ersten Behandlung keine Änderung spürten, brachte auch eine zweite Blockade nichts.

Komplikationen oder unerwünschte Ereignisse traten während und nach der Behandlung nicht auf. Auch wenn nicht alle Betroffenen davon profitieren: Den Autor*innen zufolge stellt die Nervenblockade eine gute und sichere Option zur Therapie der Riechstörungen nach COVID-19 dar.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Westend61 / Alena Kuznetsova