Gesundheit heute

Zahnnerventzündung und Wurzelvereiterung

Zahnnerventzündung (Pulpitis, Zahnmarkentzündung): Entzündung mit möglichem Absterben des Zahnnervs.

Wurzelvereiterung: Eitrige Zersetzung des abgestorbenen Zahnnervs.

In die Pulpahöhle durchbrechende Karies und äußere Reize wie Druck oder Hitze schädigen den empfindlichen Zahnnerv, er entzündet sich und beginnt zu schmerzen. Anfangs ist eine Zahnnerventzündung noch umkehrbar und der Nerv bei rechtzeitiger Behandlung oft noch zu retten. Wenn der Reiz zu groß war, anhält oder die Bakterien nicht entfernt werden, breitet sich die Entzündung im Nerv und im Wurzelkanal weiter aus. Der Nerv stirbt schließlich ab. Aber auch ein toter Zahn kann noch viele Jahre gute Dienste leisten.

Bleibt eine Behandlung aus, verursacht der abgestorbene Zahnnerv weitere Probleme – je nachdem, ob Bakterien vorhanden sind oder nicht. Unter Bakterieneinfluss fängt er an, sich eitrig zu zersetzen. Nach einigen Tagen entzündet sich der Knochen um die Zahnwurzelspitze, an der die Versorgungsgänge den Zahn verlassen, und löst sich auf. Es bildet sich eine Wurzelvereiterung. Auch jetzt ist eine Behandlung noch sinnvoll, um den ansonsten sicheren Verlust des Zahns zu verhindern.

Leitbeschwerden

  • Anfangs kurze und durch spezielle Reize ausgelöste Schmerzen
  • Später intensive, pochende Schmerzen.

Bei einer Wurzelvereiterung zusätzlich:

  • Aufbissschmerz
  • Wärmeempfindlichkeit (Kälte wird als angenehm empfunden)
  • Anschwellender Kieferknochen
  • Eiterblase.

Wann zum Arzt

Heute noch bei Verdacht auf eine Zahnnerventzündung oder starken Schmerzen.

Die Erkrankung

Eine Zahnnerventzündung kann viele Ursachen haben: Häufig entsteht sie, wenn sich Karies durch das Zahnbein bis zur Pulpahöhle vorgearbeitet hat und Bakterien eindringen (tiefe Zahnkaries). Zu hohe Kronen oder Füllungen und die Hitze, die entsteht, wenn der Zahnarzt zu schnell bohrt oder nicht richtig kühlt, können auch eine Zahnnerventzündung auslösen. Die Entzündung beginnt zunächst an einer kleinen Stelle und breitet sich von dort aus. Wenn sie nicht behandelt wird, schwellen oft die Blutgefäße an, die den Zahn über die Wurzelspitzen versorgen. Dadurch wird die Blutzirkulation gestört und das Gewebe stirbt ab (Pulpanekrose).

Der abgestorbene Zahnnerv verursacht keine sichtbaren Probleme, solange keine Bakterien vorhanden sind (stille Gangrän). Wenn jedoch Bakterien in die Pulpahöhle oder den Wurzelkanal eindringen, verfault der Zahnnerv und bildet Eiter und Zersetzungsgase (Pulpagangrän). Wenn diese Gase entweichen können, bemerkt der Patient eventuell Mundgeruch oder einen fauligen Geschmack. Treten sie nicht aus, steigert sich der Druck in der Pulpahöhle umso mehr und verursacht starke Schmerzen. Unbehandelt entwickelt sich die Entzündung zum Abszess.

Sofern der Zahn kein Loch hat oder nicht vom Zahnarzt geöffnet wird, sucht sich der Eiter durch den Knochen einen Weg nach außen. Der Kieferknochen schwillt im Bereich des betroffenen Zahnes an und eine kleine Eiterblase entsteht, die nach einiger Zeit platzt und sich leert. Auf dem Weg durch den Knochen muss die Entzündung auch durch die Knochenhaut. Dieser Vorgang ist extrem schmerzhaft, danach lassen die Beschwerden wieder nach. Die Entzündung heilt jedoch nicht aus, sondern zerstört weiterhin den Knochen um den Zahn herum. Es entsteht ein Weichteilabszess, der sich bis in den Kopfbereich ausbreiten kann.

Das macht der Arzt

Kann der Zahnarzt die Ursache für die Entzündung rechtzeitig beseitigen (z. B. eine zu hohe Krone abschleifen), verschwinden die Schmerzen oft auch ohne Wurzelbehandlung wieder und der Zahnnerv heilt ab. Hat die Störung bereits zu lange gedauert, so ist der Zahnnerv dauerhaft entzündet und eine Wurzelbehandlung unumgänglich.

Wurzelbehandlung. Zu Beginn der Wurzelbehandlung überprüft der Zahnarzt mit Kältereizen, ob der Zahn noch lebt (Sensibilitätsprüfung). Um den Zustand der Wurzel und des umgebenden Knochens besser zu beurteilen, fertigt er zusätzlich ein Röntgenbild an. Anschließend beginnt der Arzt mit der eigentlichen Wurzelbehandlung – falls nötig unter lokaler Betäubung. Damit die Keime aus der Mundhöhle nicht in den behandelten Zahn eindringen können, wird der betroffene Zahn rundherum mit einem Spanngummi (Kofferdam) abgeschottet. Der Zahnarzt bohrt den betroffenen Zahn durch die Zahnkrone hindurch auf und entfernt das entzündete oder tote Gewebe möglichst vollständig. Dann sucht er die Eingänge zu den feinen Wurzelkanälen, durch die der Zahn über die Wurzelspitze versorgt wurde. Manchmal benötigt er dazu eine Lupenbrille oder ein Mikroskop. Je nach Zahnform gibt es unterschiedlich viele Wurzelkanäle.

Alle gefundenen Wurzelkanäle werden von innen mit kleinen, biegsamen Feilen gereinigt und geglättet – gerade bei den gebogenen Wurzeln der Mahlzähne dauert das sehr lange. Ziel dieser Wurzelkanalaufbereitung ist die Vorbereitung für eine spätere Wurzelfüllung. Nach der Entfernung des Nervengewebes spürt der Patient von der Behandlung normalerweise nichts mehr, da der Zahn jetzt „tot" ist. Nach einer gründlichen Spülung werden die Kanäle getrocknet und mit einer Wurzelfüllpaste bis kurz vor die Wurzelspitze gefüllt, dazu nimmt man meistens Guttapercha, ein kautschukähnliches natürliches Material. Die Füllpaste wird entweder kalt oder warm mit einem Trägerstift in den Kanal eingebracht.

Während und nach der Wurzelbehandlung macht der Zahnarzt Röntgenaufnahmen. Die erste dient zur Festlegung der notwendigen Feilenlänge, die abschließende zur Beurteilung der fertigen Wurzelfüllung. Eine moderne Methode der Bestimmung der Feilenlänge ist die elektronische Widerstandsmessung (keine Kassenleistung). Hierbei wird mit einem kleinen Gerät der Widerstand zwischen dem Zahn und seiner Umgebung gemessen. Diese Methode ist zumeist sehr genau und erspart dem Patienten einen oder mehrere Röntgenvorgänge. Ein abschließendes Röntgenbild bleibt jedoch zwingend notwendig. Zum einen ist nur so zu beurteilen, ob die Wurzelkanalfüllung gut geworden ist. Zum anderen zeigt das Röntgenbild, wie der Knochen um die Zahnwurzelspitze aussieht und dient auch als juristischer Nachweis der erbrachten Wurzelfüllung. Der Vergleich der Umgebung der Zahnwurzelspitze ist vor allem dann interessant, wenn die Knochenentzündung schon deutlich sichtbar ist. Eine Vergleichsaufnahme etwa 3–6 Monate später zeigt sehr schön, ob der Entzündungsprozess abheilt.

Bei Kindern und Jugendlichen entfernt der Zahnarzt unter Umständen nur den kranken Teil des Zahnnervs und versucht, den intakten Teil am Leben zu erhalten (Vitalamputation). Da bei ihnen das Wurzelwachstum oft noch nicht abgeschlossen ist, wäre eine Wurzelkanalfüllung problematisch.

Komplikationen. Nicht alle Zähne haben Wurzeln wie im Lehrbuch. Manche Wurzeln sind stark gedreht, verkrümmt oder sie haben sehr dünne Kanäle. Auch ein sorgfältig arbeitender Zahnarzt kann daher keine Garantie für eine erfolgreiche Wurzelfüllung geben. Der Erfolg einer Wurzelbehandlung lässt sich nach einiger Zeit gut auf Röntgenbildern erkennen. Verschwindet die Entzündung nicht vollständig oder wird sie sogar größer, kann das verschiedene Ursachen haben. Möglicherweise reicht die Wurzelfüllung nicht weit genug an die Wurzelspitze heran oder die Wurzelspitze ist wie ein Flussdelta geformt und lässt sich beim besten Willen nicht vollständig füllen. In beiden Fällen ist der Wurzelkanal nicht vollständig verschlossen und es können noch Keime vorhanden sein.

Als letzte Möglichkeiten, um den Zahn zu retten, bleiben eine erneute Wurzelbehandlung (Revision der Wurzelkanalfüllung) oder eine Wurzelspitzenresektion (WSR). Bei der Wurzelspitzenresektion wird von außen (durch das Zahnfleisch) ein Zugang in Richtung Wurzelspitze geschaffen. Im Oberkiefer und in der Unterkieferfront bohrt der Zahnarzt dazu ein kleines Loch durch den Knochen und legt die Wurzelspitze frei. Diese wird dann leicht schräg abgeschnitten. An den Unterkieferseiten wird zur Schonung der Nerven (hier verläuft ein Ast des Trigeminusnervs) nicht gebohrt, sondern ein Stück Knochen wie ein Fenster herausgeschnitten und anschließend wieder eingefügt.

Auch der Erfolg einer Wurzelspitzenresektion lässt sich nach 3–6 Monaten auf einem Röntgenbild beurteilen. Mögliche Komplikationen sind ein Abszess oder eine Zyste. Wenn auch die Wurzelspitzenresektion fehlschlägt, bleibt nur noch die Entfernung des Zahns.

Selbsthilfe

Kühlen Sie den betroffenen Bereich und gehen Sie, selbst wenn die Schmerzen wieder nachlassen, in jedem Fall zum Arzt, um die Ursache zu beseitigen. Gegen die akuten Schmerzen hilft zunächst eine Schmerztablette mit Ibuprofen® und/oder Paracetamol® (NSAR).

Sondertext: Herdinfektion

Warum tun Zähne gerade nachts weh? Der typische pochende Zahnschmerz entsteht, wenn der Nerv angegriffen wird. Oft meldet er sich gerade nachts, wenn man im warmen Bett liegt und die meisten Zahnärzte und Apotheken geschlossen haben. Der Grund ist, dass sich das entzündete Gewebe durch die Wärme ausdehnt und dann stärker schmerzt. Zum Glück gibt es in Deutschland einen zahnärztlichen Notdienst, der auch an Wochenenden und Feiertagen behandelt.

Von: Dr. med. dent. Gisbert Hennessen, Thilo Machotta, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Lippenherpes lässt sich bezwingen

Lippenherpes lässt sich bezwingen

Mit Creme, Patch oder Hitze

Lippenherpes juckt, schmerzt und ist mit seinen gelblichen Krusten alles andere als eine Zierde. Häufig taucht er gerade dann auf, wenn man ihn am allerwenigstens gebrauchen kann. Zum Glück gibt es gegen die üblen Fieberbläschen inzwischen viele Gegenmittel. Wer sie frühzeitig einsetzt, hat gute Chance, den Herpes im Zaum zu halten.

Lebenslange Untermieter

Herpes-simplex-Viren (HSV) sind weit verbreitet. Am häufigsten kommt der Typ HSV-1 vor: Neun von zehn Erwachsenen tragen ihn in sich. Die meisten stecken sich damit schon in der frühen Kindheit an. Das Virus gelangt dabei über Körperflüssigkeiten wie Speichel oder Nasensekrete zunächst auf die Schleimhaut oder wird eingeatmet. Von dort erreicht es dann die Blutbahn. Nach dieser ersten, oft unbemerkten Infektion ziehen sich die Viren in bestimmte Nervenzellen (Ganglienzellen) zurück und bleiben lebenslang im Körper. Werden die „schlafenden“ Viren allerdings durch Stress oder andere Faktoren reaktiviert, wandern sie die Nervenbahnen entlang und lösen Geschwüre und Bläschen an der Haut aus.

Besonders häufig sitzen die Herpesviren in den Ganglienzellen des Nervus trigeminus. Dieser innerviert die Gesichtshaut, die Lippen und die Mundschleimhaut. Werden die Viren reaktiviert, kommt es in diesen Gebieten zu Symptomen. Am allerhäufigsten betroffen sind dabei die Lippen und der Bereich um den Mund herum. Im Volksmund nennt man die dann auftretenden kleinen schmerzhaften Geschwüre Fieberbläschen. Fachleute sprechen von einem Herpes labialis, wenn er an den Lippen oder im Mund sitzt, vom Herpes nasalis, wenn er die Nase befällt.

Fieberbläschen kündigen sich oft durch Brennen, Kribbeln oder Jucken an. Innerhalb weniger Stunden blüht der Herpes auf: Es entwickelt sich ein münzgroßer, geröteter Herd mit kleinen Blasen. Diese sind prall gefüllt mit HSV. Nach wenigen Tagen platzen sie und trocknen schließlich aus. Dabei bilden sich höchst schmerzhafte Krusten. Nach acht bis zehn Tagen ist die Wunde abgeheilt, und die Haut sieht wieder so aus wie vorher. Dummerweise bleibt es meist nicht bei der einen Attacke. Bei vielen Menschen, die das HSV in sich tragen, kommt das Fieberbläschen immer wieder. Oft an der gleichen Stelle, manchmal auch in anderen Bereichen des Mundes oder an der Nase.

In manchen Fällen bleibt es bei der Reaktivierung nicht beim harmlosen Fieberbläschen. Vor allem bei immungeschwächten Patient*innen und Neugeborenen drohen Komplikationen. Das Virus kann sich im gesamten Körper ausbreiten und das zentrale Nervensystem, die Lunge und die Leber infizieren. Atemnot, Fieber und Krampfanfälle sind nur einige der lebensbedrohlichen Folgen.

Hinweis: Manchmal kommt es durch die Reaktivierung von HSV-1 zu einer Augeninfektion. Dabei sind v.a. die Hornhaut und die Bindehaut betroffen. Bemerkbar macht sich der Augenherpes durch Rötung, Schmerzen, Juckreiz und Fremdkörpergefühl im Auge.

Was HSV aus seiner Zelle lockt

Fast alle Menschen sind mit HSV-1 infiziert. Doch nicht alle leiden unter Fieberbläschen. Das liegt daran, dass das Virus reaktiviert werden muss, bevor es aus den Nervenzellen auswandert und an der Haut zu Beschwerden führt. Provokationsfaktoren oder Trigger gibt es zahlreiche:

  • UV-Strahlung der Sonne (eine andere Bezeichnung für den Herpes labialis ist auch der „Gletscherbrand“ durch starke UV-Strahlen im Gebirge)
  • Fieber und Infektionskrankheiten
  • Hormonumstellungen (z.B. bei der Menstruation)
  • psychische Faktoren wie Stress, Ekel oder Traumata

Hinweis: Wer sehr häufig oder jeweils sehr lange unter Fieberbläschen leidet, sollte dies ärztlich abklären lassen. Dahinter kann eine Immunschwäche stecken.

Beschwerden mit Cremes und Gelen lindern

Das traditionelle Fieberbläschen ist nicht gefährlich, aber überaus lästig. Zum Glück gibt es inzwischen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Besonders häufig werden spezielle Cremes eingesetzt.

Antivirale Cremes. Diese Cremes enthalten ein Virostatikum, das die Vermehrung der Viren stoppt. Trägt man sie schon beim ersten Kribbeln auf, bilden sich manchmal erst gar keine Bläschen aus. Ansonsten kann der Wirkstoff helfen, dass das Bläschen schneller abheilt und weniger schmerzt. Die Cremes sollten so früh wie möglich und dann alle drei bis vier Stunden eingesetzt werden. Für das Virostatikum Aciclovir gibt es keine Alterseinschränkung. Penciclovir darf erst ab einem Alter von zwölf Jahren angewendet werden. Aciclovir steht auch in Kombination mit antientzündlichem Hydrokortison zur Verfügung. Die Kombination soll die Symptome schneller lindern und die Wundheilung beschleunigen.

Zink. Zink soll auf Herpesviren ebenfalls einen hemmenden Effekt ausüben. Es wird für die virale Bläschenphase und die Zeit der Heilung empfohlen. Speziell für den Lippenherpes hergestellte Gele mit Zinksulfat-Heptahydrat sind in der Apotheke erhältlich.

Pflanzliche Salben. Melissenöl, Teebaumöl und Pfefferminzöl sind im Labor antiherpetisch wirksam, andere Pflanzeninhaltsstoffe haben desinfizierende Eigenschaften. Für den Lippenherpes gibt es spezielle Mixturen, z. B. Rephaderm mit Rosmarin-, Myrrhen- und Wermutkrautextrakten. Der Mikroalgenaktivstoff Spirulina-platensis-Extrakt (z.B. in Spiralin oder Ilon Lippencreme) soll das Eindringen und Anhaften von HSV in die Hautzellen verhindern. Dadurch kann er im Akutfall verhindern, dass das Bläschen weiter aufblüht. Auch vorbeugend soll Spirulina herpesanfällige Lippen schützen können. Außerdem reduziert der Algenwirkstoff die Krustenbildung und fördert die Abheilung.

Hinweis: Bei den Virostatika kommt es auch auf die Salbengrundlage an. So dringt Studien zufolge Aciclovir besonders gut in die Schleimhaut ein, wenn es mit einem Anteil von 40% Propylenglykol zubereitet ist.

Pflaster und Lippenstift

Statt Cremes lässt sich der Lippenherpes auch mit speziellen Pflastern oder Patches behandeln. Sie fördern durch Hydrokolloide die Wundheilung und reduzieren die Krustenbildung. Dabei sind sie auch ohne Wirkstoff etwa ebenso effektiv wie virostatische Cremes. Die Pflaster haben durchaus Vorteile: Sie schützen vor Infektionen und Weiterverbreitung der Viren. Außerdem lassen sie sich gut überschminken, d.h. das Fieberbläschen fällt weniger stark auf. Die Patches sollen 24 h auf der Läsion verbleiben. Beim Austausch lösen sich die Krusten mit ab – was allerdings recht schmerzhaft sein kann.

Ein weiteres Therapieprinzip ist Hitze. HSV sind wärmeempfindlich und lassen sich deshalb mit speziellen elektrischen Lippenstiften bekämpfen. Ab dem ersten Kribbeln soll man das Gerät stündlich für drei Sekunden auf die betroffene Stelle aufsetzen. Kribbelt es weiter, kann man die Behandlung nach zwei Minuten insgesamt fünf Mal pro Stunde wiederholen. Offene Bläschen oder verletzte Haut dürfen damit allerdings nicht behandelt werden. Außerdem muss die Haut frei von Cremes und trocken sein. Um eine Virenübertragung zu vermeiden, sollte der elektrische Stift nur von einer Person verwendet werden.

Tipp: Für ihre Vermehrung brauchen Herpesviren die Aminosäure L-Arginin. Nimmt man deren Gegenspieler L-Lysin ein, kann das die Abheilung unterstützen. L-Lysin ist in verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln (Kapseln oder Kautabletten) enthalten.

Allgemeine Maßnahmen verhindern die Ansteckung

Egal wie man seinen Lippenherpes behandelt: Auf jeden Fall sollte man dafür sorgen, dass man andere nicht infiziert. Denn die Flüssigkeit in den Bläschen ist prall gefüllt mit Viren. Hygiene ist bei einem akuten Lippenherpes deshalb oberstes Gebot. Das bedeutet:

  • Hände regelmäßig waschen und desinfizieren.
  • Bläschen nicht berühren oder öffnen. Cremes und Gele am besten mit einem Wattestäbchen auftragen.
  • Körperkontakt mit Kindern und Schwangeren meiden.
  • Läsionen mit einem Herpespatch oder Pflaster abdecken.
  • Als Kontaktlinsenträger mit aktivem Lippenherpes lieber eine Brille tragen, um die Viren nicht in die Augen zu verschleppen.
  • Nach dem Abheilen Zahnbürsten austauschen.

In manchen Fällen kann man dem wiederkehrenden Lippenherpes vorbeugen. Dazu muss man allerdings die Faktoren kennen, die das Aufblühen triggern. Ist Sonne der Auslöser, hilft Sonnenschutz – vor allem ein Lippenstift mit hohem Lichtschutzfaktor. Auch Kälte und trockene Luft kann HSV aufwecken. Deshalb sollte man im Winter die Lippen gut pflegen und draußen mit einem Schal oder Rollkragen vor eisigen Temperaturen schützen. Bei stressbedingtem Herpes können Entspannungstherapien zu einer besseren Stresskontrolle führen. Infektionen vermeidet man, indem man die empfohlenen Impfungen wahrnimmt und vor allem in der Erkältungszeit die Gebote der Hygiene beachtet.

Tipp: Wenn der Lippenherpes regelmäßig aufblüht, sollte man darüber Buch führen. Dadurch lassen sich die triggernden Faktoren leichter herausfinden.

Virostatika innerlich

In manchen Fällen müssen virostatische Medikamente auch innerlich eingesetzt werden. Dass ist z.B. der Fall, wenn schwere Verläufe drohen – wie bei Patient*innen mit Immunerkrankungen oder bei Neugeborenen. Meist verabreichen die Ärzt*innen den Wirkstoff dann über die Vene. Vor Zahnoperationen oder Schönheitsoperationen im Gesicht empfehlen Ärzt*innen oft die Einnahme von Aciclovir-Tabletten, um das Aufblühen von Läsionen zu verhindern. Bei immungeschwächten Menschen, die häufig Rezidive erleiden, wird zur Vorbeugung manchmal auch zu einer Langzeittherapie mit Valaciclovir oder Aciclovir in Tablettenform geraten.

Quelle: DAZ 2023, 26: 30

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / BSIP / Chassenet