Gesundheit heute

Netzhautveränderungen bei Diabetes

Netzhautveränderungen bei Diabetes [mellitus] (diabetische Retinopathie): Chronische, durch Diabetes ausgelöste Durchblutungsstörung der Netzhaut mit Sehminderungen, Schatten-Sehen und Wahrnehmung von Lichtblitzen. Gefürchtete Folgen sind ein Makulaödem, eine entzündliche Aufquellung des gelben Flecks, eine Glaskörpereinblutung und eine Netzhautablösung. In den Industrieländern sind diabetische Netzhautveränderungen die häufigste Erblindungsursache ab dem 40. Lebensjahr. Wichtig ist die Früherkennung, um die Erblindung möglichst lange aufzuhalten.

Symptome und Leitbeschwerden

Einziges Frühsymptom:

  • Schwankende Sehschärfe im Tagesverlauf.

Alle erst im Spätstadium:

  • Verschlechterung des Sehvermögens
  • Sehen von Schatten, eines Vorhangs oder Balkens, der sich vor das Auge schiebt
  • Wahrnehmen von Lichtblitzen, Funkenschauer, Rußregen
  • Verzerrtsehen
  • Plötzliche Erblindung.

Wann zum Arzt

  • Spätestens beim Wahrnehmen eines der oben genannter Symptome sollten Diabetiker umgehend den Augenarzt aufsuchen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Über 90 % der Patienten mit einem Diabetes Typ 1 und 60 % mit einem Diabetes Typ 2 entwickeln nach 20 Jahren Krankheitsdauer eine Schädigung der Netzhaut und ihrer Gefäße. Das bedeutet, dass Patienten mit einem im Jugendalter begonnenen Typ 1 Diabetes schon ab Mitte 30 mit der Entwicklung einer diabetischen Retinopathie rechnen müssen. Dies gilt umso mehr, wenn der Diabetes schlecht eingestellt ist. Ursache ist unter anderem ein verschobenes Gleichgewicht von Glukose, Blutfetten und Hormonen im Blut, was Ablagerungen an den Gefäßinnenwänden aller Arterien mit zahlreichen Folgen begünstigt.

Nichtproliferative diabetische Retinopathie. So verändern sich auch die Wände der kleinsten Netzhautgefäße (Kapillaren), es entstehen lokalisierte sackförmige Erweiterungen, sogenannte Mikroaneurysmen, und Gefäßverschlüsse. Die Mangelversorgung der Sehsinneszellen führt zu Mikroinfarkten der Nervenfaserschicht der Netzhaut. Die Kapillarwände werden zudem durchlässiger, so dass Flüssigkeit in das benachbarte Gewebe austritt. Im Bereich der Makula entsteht dann eine Schwellung (das sogenannte diabetische Makulaödem), die das Sehvermögen erheblich reduziert.

Proliferative diabetische Retinopathie. Um der Unterversorgung der Netzhaut entgegenzuwirken, setzt ein Reparaturmechanismus ein, es werden neue Gefäße gebildet. Diese neugebildeten Gefäße sind aber häufig schädlich. Zum einen wachsen sie auch in den Glaskörper ein - wo sie leicht einreißen. Auch sind die neuen Gefäße porös. Beides führt häufig zu kleinsten Einblutungen und Ödemen, wobei das Sehen sich weiter verschlechtert.

Komplikationen

Bei Gefäßneubildungen auf der Regenbogenhaut (Rubeosis iridis) besteht die Gefahr eines akuten Winkelblockglaukoms. Auch sind die neuen Gefäße brüchiger und neigen zu Blutungen, bei Glaskörpereinblutungen nimmt der Patient plötzlich auftretende "dunkle Wolken" im Blickfeld wahr. Schließlich vernarben die aus der Netzhaut in den Glaskörper einwachsenden Gefäße häufig, verkürzen sich und ziehen so die Netzhaut von ihrer Unterlage ab (zugbedingte Netzhautablösung). Unbehandelt droht die Erblindung.

Risikofaktoren

Besonders gefährdet sind Diabetiker mit Bluthochdruck, schlecht eingestellten Zuckerwerten sowie hohen Blutfettspiegeln. Bei Diabetikerinnen erhöht sich das Risiko für eine diabetische Retinopathie aufgrund von Hormonveränderungen zusätzlich in Pubertät und Schwangerschaft.

Diagnosesicherung

Der Augenarzt erkennt bei der Augenhintergrunduntersuchung die typischen Zeichen der diabetischen Retinopathie wie z. B.

  • sackartig erweiterte Gefäße
  • kleinste Blutungen
  • perlschnurartige Venen
  • Ablagerungen von Eiweiß
  • flüssigkeitsbedingte Schwellungen (Ödeme).

Besonders gut darstellen lassen sich die Gefäße mit der Fluoreszenzangiografie. Bei dieser Untersuchung injiziert der Arzt ein Kontrastmittel in die Armvene und kontrolliert danach die Verteilung des Farbstoffes im Augenhintergrund. Auf diese Weise lässt sich auch beurteilen, ob das arterielle Kapillarnetz um die Makula noch durchblutet ist. Außerdem ist die Fluoreszenzangiografie wichtig zur Planung der Lasertherapie.

Behandlung

Allgemeinmaßnahmen

Lebensstiländerungen können bei Hochrisikopatienten das Retinopathierisiko um bis zu 50 % reduzieren. Dazu gehören

  • Mehr Bewegung und Gewichtsnormalisierung,
  • Rauchentwöhnung,
  • Blutzuckerverbesserung und Blutdruckverbesserung
  • Senkung bzw. Normalisierung erhöhter Blutlipidwerte
  • Einführung einer Plättchenaggregationshemmung.

Diabetes-Behandlung

Grundlage einer möglichst langfristigen Erhaltung des Augenlichts ist die konsequente, lückenlose und "scharfe" Einstellung des Diabetes. Nur so ist ein hinreichender Behandlungserfolg zu erreichen.

Behandlung am Auge

Je nachdem, welcher Abschnitt der Netzhaut betroffen ist und wie ausgeprägt die krankhaften Veränderungen sind, stehen für die Behandlung des Auges Laserverfahren und Injektionen in den Glaskörper zur Verfügung.

Die proliferative Retinopathie behandeln die Ärzte mit dem Laser, und zwar mit einer sogenannten panretinalen Laserkoagulation (siehe unten). Liegt gleichzeitig ein Makulaödem vor, soll die Makula vor dieser panretinalen Laserkoagulation behandeln werden. Die Behandlungsweise des Makulaödems hängt davon ab, ob die Fovea, also die Stelle des schärfsten Sehens, betroffen ist.

  • Bei einer Foveabeteiligung kommen Glaskörperinjektionen mit monoklonalen Antikörpern oder Kortison zum Einsatz (siehe unten). In manchen Fällen sind Glaskörperinjektionen nicht möglich, z. B. wenn der Patient in einem schlechten Allgemeinzustand ist, die Injektionen ablehnt oder eine engmaschige Kontrolle nicht gewährleistet ist. Dann greifen die Ärzte zur fokalen Lasertherapie, die jedoch beim Makulaödem mit Foveabeteiligung weniger wirksam ist als die Injektion der monoklonalen Antikörper.
  • Bei einem Makulaödem ohne Foveabeteiligung ist die fokale Lasertherapie Mittel der Wahl. Allerdings raten die Ärzte bei sehr guter noch bestehender Sehschärfe häufig zunächst zum Abwarten unter engmaschiger augenärztlicher Kontrolle. Grund dafür ist, dass bei einem Lasereinsatz im Bereich der Makula ein Risiko besteht, auch die Fovea zu treffen und dadurch die Sehschärfe ungewollt zu beeinträchtigen.

Liegt eine nicht-proliferative Retinopathie ohne Makulaödem vor, empfehlen die Ärzte bei guter Sehschärfe häufig ebenfalls zunächst das Abwarten unter engmaschigen Kontrollen. Auch hier ist der Hintergrund, dass jeder Eingriff am Auge das Risiko einer Verschlechterung der Retinopathie birgt und deshalb die Ärzte lieber später als früher lasern. Bei fortschreitendem Sehverlust oder in Risikokonstellationen (Schwangerschaft, Bluthochdruck, deutlich sichtbare Gefäßverschlussgebieten in der Fluoreszenzangiografie) empfehlen Ärzte aber auch ohne Makulabeteiligung eine panretinale Laserkoagulation. Liegt bei der nicht-proliferativen Retinopathie ein Makulaödem vor, gelten die gleichen Behandlungsempfehlungen wie bei der proliferativen Retinopathie.

Glaskörperinjektionen

Für die Therapie des diabetischen Makulaödems stehen monatliche Injektionen mit monoklonalen Antikörpern zur Verfügung. Diese Antikörper binden an den Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Grothw Factor), der die Ausbildung von Gefäßen fördert. Antikörper wie Ranibizumab (Lucentis®) oder Aflibercept (Eylea®) hemmen die Wirkung von VEGF und bremsen die Gefäßneubildung. Zumindest in einem Gutteil der Fälle hält dies den Sehkraftverlust auf und verbessert sogar die Sehschärfe. Die monoklonalen Antikörper spritzt der Arzt nach lokaler Betäubung direkt in den Glaskörper. Diese Injektionen müssen regelmäßig wiederholt werden - entweder monatlich oder bedarfsabhängig, d. h. der Arzt entscheidet nach Kontrolle der Netzhaut, wann wieder eine Injektion notwendig ist. Die VEGF-Antikörper setzt man als Monotherapie oder auch in Kombination mit einer Laserfotokoagulation ein. Studien belegen, dass beide Varianten die Sehschärfe erhöhen (die Wirkung hält aber oft nicht lange an nach Absetzten der Spritzen). Vergleichbar in Wirksamkeit und Sicherheit, aber deutlich billiger als die beiden genannten Präparate ist der monoklonale Antikörper Bevacizumab (Avastin®). Er hat zwar "nur" eine Zulassung als Krebsmittel, kann aber bei diabetischem Makulaödem off label eingesetzt werden.

Führen die Injektionen mit den monoklonalen Antikörpern nicht zum Erfolg, ist alternativ auch die Eingabe von Kortison in den Glaskörper möglich. Wo genau Kortison bezüglich seiner Wirkstärke einzuordnen ist, wird noch diskutiert. Wichtig ist bei der Glaskörperinjektion mit Kortison die regelmäßige Kontrolle von Augeninnendruck und Linse, da es am Auge als unerwünschte Wirkung die Entstehung von Grauem Star und Grünen Star begünstigt.

Lasertherapie

Bei der Feststellung, ob eine Lasertherapie notwendig ist, hilft vor allem die Fluoreszenzangiografie weiter. Es gibt zwei Verfahren, die dafür in Frage kommen:

  • Eine proliferative Retinopathie behandeln Ärzte mit der Panretinalen Lasertherapie (siehe oben). Dabei wird die Netzhaut rasterartig vernarbt, ohne die Photorezeptoren und die Makula zu schädigen, wodurch die Neubildung krankhafter Gefäße verhindert wird.
  • Ein Makulaödem wird mit Hilfe der Fokalen Lasertherapie behandelt (siehe oben). Dabei verödet der Augenarzt gezielt einzelne Gefäßaussackungen und undichte Gefäße, die ein Makulaödem begünstigen.
  • Eine frühzeitige Lasertherapie kann das Auftreten von Komplikationen weitgehend verhindern.

Operative Behandlung

Bei andauernden Glaskörperblutungen oder drohender zugbedingter Netzhautablösung wird eine Vitrektomie durchgeführt.

Ihr Apotheker empfiehlt

Vorsorge

Für Diabetiker gilt: Nehmen Sie Ihre Erkrankung nicht auf die leichte Schulter, sondern sorgen Sie penibel für eine gute Einstellung des Blutzuckers. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind für das rechtzeitige Erkennen sich anbahnender Augenschäden von entscheidender Bedeutung. Gehen Sie deshalb jährlich zum Augenarzt. Liegen bei Ihnen schon Netzhautveränderungen vor, sind engere Kontrollintervalle von 2–6 Monaten notwendig.

Wenn Sie Diabetikerin sind und Kinderwunsch haben, ist es besonders wichtig, die Blutzuckerwerte gut einzuhalten und den Augenhintergrund zu kontrollieren. Am besten schon vor einer Schwangerschaft und dann alle 3 Monate sollte ein Augenarzt Ihren Augenhintergrund prüfen, um evtl. Netzhautveränderungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Liegen bei Ihnen schon Anzeichen einer diabetischen Retinopathie vor, werden monatliche Kontrollen empfohlen.

Lassen Sie regelmäßig Ihre Blutfette und den Blutdruck prüfen. Bei erhöhten Werten gilt es auch hier, diese mit Hilfe Ihres Arztes konsequent einzustellen.

Leben Sie gefäßgesund: Verzichten Sie auf das Rauchen, treiben Sie regelmäßig moderaten Sport wie Schwimmen, Nordic Walking oder Fahrradfahren, ernähren Sie sich ausgewogen und vermeiden Sie unnötigen Stress. Die Kombination dieser Maßnahmen senkt das Retinopathie-Risiko bei Typ-2-Diabetikern mit erhöhter Eiweißausscheidung um über 50%!

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. SonjaKempinski
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So bleibt kein Auge trocken

Augentropfen müssen meist mehrmals täglich angewendet werden, um ihre Wirkung zu entfalten.

So bleibt kein Auge trocken

Von Augentropfen bis Lid-Op

Sie jucken, brennen und schmerzen – trockene Augen haben es wirklich in sich. Hinzu kommt: Werden trockene Augen nicht behandelt, drohen Entzündungen, Gewebeschäden und Sehstörungen. Anfeuchten und vor Schäden schützen ist deshalb die Devise. Wie das funktioniert, erfahren Sie in unserem aktuellen Ratgeber.

Verminderte Tränenproduktion oder vermehrte Verdunstung

Trockene Augen sind eine Volkskrankheit: Fast jeder Fünfte hat Probleme damit, betroffen sind vor allem Frauen und ältere Menschen. Die Beschwerden reichen von einem Trockenheitsgefühl über Juckreiz und Brennen bis hin zu Schmerzen. Viele Patient*innen empfinden helles Licht als unangenehm oder haben das Gefühl, es sitze Sand oder ein Fremdkörper im Auge. Zu Beginn der Erkrankungen tränen die Augen paradoxerweise oft. Das liegt daran, dass das Auge auf den ständigen Reiz zunächst mit einer vermehrten Flüssigkeitsbildung reagiert. Langfristig kann das Auge den chronischen Reiz aber nicht kompensieren. Es entzündet sich und Hornhaut und Bindehaut nehmen Schaden, was wiederum den Tränenfilm weiter reduziert. Es entsteht ein Teufelskreis, der schließlich in Sehstörungen münden kann.

Gründe für trockene Augen gibt es viele. Ärzt*innen unterteilen diese in drei Gruppen:

  • Tockene Augen wegen vermehrter Verdunstung des Tränenfilms (=hyperevaporative Form, sie liegt bei etwa 80% der Patient*innen vor). Die Tränenflüssigkeit besteht aus zwei Anteilen: Den wässrigen und den fetthaltigen. Bei der hyperevaporativen Form sind die fetthaltigen Anteile vermindert. Ursache ist meist eine Dysfunktion der Meibomdrüsen. Diese kleinen Drüsen liegen im Lidrand und geben eine ölige Flüssigkeit ab, die dafür sorgt, dass der wässrige Anteil des Tränenfilms nicht zu schnell verdunstet. Ist ihre Funktion gestört, verhärtet ihr Sekret in den Drüsenausgängen, statt in den Tränenfilm zu gelangen und dort für eine geringere Verdunstung zu sorgen.
  • Trockene Augen wegen verminderter oder ausbleibender Tränensekretion (=hyposekretorische Form). Hier wird zu wenig vom wässrigen Anteil der Tränen produziert.
  • Mischformen, bei denen die Tränenproduktion vermindert und die Verdunstung verstärkt ist.

Risikofaktoren und Grunderkrankungen

Nicht immer lässt sich die Entstehung eines trockenen Auges verhindern. Ein nicht beeinflussbarer Risikofaktor für trockene Augen ist zum Beispiel das Alter. Denn mit voranschreitenden Jahren lässt bei den meisten Menschen die Funktion der Meibomdrüsen nach. Auch auf Hormonveränderungen in und nach den Wechseljahren und in der Schwangerschaft kann nur wenig Einfluss genommen werden. Anders sieht es bei Umweltfaktoren wie trockener Heizungsluft, Zigarettenrauch oder hohen Ozonwerten aus. Auch Kontaktlinsen können zu trockenen Augen führen, vor allem, wenn sie zu lange getragen oder nicht richtig gepflegt werden.

Hinweis: PC-Arbeit oder langes Fernsehen gehen ebenfalls aufs Auge. Da man durch das konzentrierte Auf-den-Bildschirm-Starren seltener blinzelt, wird die Tränenflüssigkeit schlechter auf der Augenoberfläche verteilt und das Auge trocknet aus.

Daneben gibt es viele körperliche Erkrankungen, die als Begleiterscheinung die Augen unangenehm austrocknen. Dazu gehören neben Augenerkrankungen in erster Linie Hormonstörungen wie Schilddrüsenerkrankungen oder der Diabetes mellitus. Typisch sind trockene Augen auch bei vielen rheumatischen und autoimmunen Erkrankungen, wie beispielsweise bei der rheumatoiden Arthritis oder beim Sjögren-Syndrom. Hauterkrankungen beziehen ebenso oft die Augen mit ein. So können die Akne, die Neurodermitis und Schuppenflechte das Augenbefinden empfindlich stören. Nicht zuletzt sind manchmal auch Infektionen wie Hepatitis, AIDS, Tuberkulose oder die Syphilis an trockenen Augen Schuld.

Basistherapie für alle trockenen Augen

Die Behandlung von trockenen Augen ist oft langwierig. Oft gibt es nicht „die eine“ Ursache, sondern es wirken mehrere Faktoren zusammen. In diesem Fall müssen die Betroffenen herausfinden, welcher Maßnahmen-Mix sich in ihrem speziellen Fall bewährt. Zunächst sollten es Betroffene immer mit der sogenannten Basistherapie versuchen. Diese umfasst Allgemeinmaßnahmen, Lidrandpflege und Tränenersatzmittel. Die Allgemeinmaßnahmen beinhalten folgende Punkte:

  • Augen-Klima verbessern. Ist die Luftfeuchtigkeit gering, trocknet auch das Auge verstärkt aus. Um die Luftfeuchtigkeit in geschlossenen Räumen zu erhöhen, sollte man nicht zu stark zu heizen und regelmäßg lüften. Aber Achtung: Zugluft sollte dabei unbedingt vermieden werden, z. B., indem man vor dem Schlafen lüftet statt sich nachts unter das offene Fenster zu legen. Wer gar nicht ohne Frischluft schlafen möchte, kann die Augen mit einer Schlafmaske schützen. Reicht das nicht aus, können Luftbefeuchter zum Einsatz kommen. Klimaanlagen sollten, wenn möglich, gemieden werden.

  • Bildschirmpausen einlegen. Damit die Arbeit am PC nicht zu trockenen Augen führt, sollten regelmäßig Bildschirmpausen eingelegt werden, bei denen der Blick am besten aus dem Fenster in die Ferne schweift. Immer wieder bewusst zu blinzeln hilft zudem, den Tränenfilm besser zu verteilen.
  • Reize vom Auge fernhalten. Trockene Augen befinden sich in einem dauernden Reizzustand – deswegen sollte man zusätzlich äußere Reize unbedingt minimieren. Dazu zählen chemische Reize wie Feinstaub, aber auch Tabakrauch. Eine Brille mit Seitenschutz hilft, Reize wie z. B. Wind vom Auge fernzuhalten.
  • Kontaktlinsen richtig verwenden. Wer Kontaktlinsen trägt, sollte seinen Augen öfter eine Pause gönnen. Wichtig ist die gründliche Reinigung und Pflege der Linsen, oft werden auch Tageslinsen empfohlen. Hilfreich sind spezielle Kontaktlinsen aus modernen Materialien wie z. B. Silikon-Hydrogel, die weniger trocken werden In sehr schweren Fällen muss meist sowieso auf das Tragen von Kontaktlinsen verzichtet werden.
  • Von innen befeuchten. Damit der Körper nicht austrocknet heißt die Devise „viel Trinken“. Günstig ist es, reichlich Omega-3-Fettsäuren zu sich zu nehmen. Studien zufolge sind sie antientzündlich wirksam und verbessern den Tränenfilm.

Fehlende Tränen von außen ersetzen

Unverzichtbares Standbein der Basistherapie sind Tränenersatzmittel. Sie lindern das Trockenheitsgefühl und schützen die Augenoberfläche, indem sie die Scherkräfte beim Blinzeln reduzieren. Je nach Schweregrad empfiehlt die Ärzt*in Tropfen, Gele oder Salben. Wirksame Inhaltsstoffe sind Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrrolidon, Zellulosederivate, Hyaluronsäure, Carbomere, Muzinanaloga oder Elektrolyte.

Ist durch die Meibomdrüsendysfunktion der Lipidanteil des Tränenfilms gestört (hyperevaporative Form) sind lipidhaltige Tränenersatzmittel hilfreich. Darin werden oft Triglyceride, Paraffinöl und Phospholipide kombiniert. Neben Tropfen gibt es auch lipidhaltige Augensprays, die auf das geschlossene Augenlid gesprüht werden.

Ob wässrig oder lipidreich – es gibt eine fast unüberblickbare Auswahl an Augentropfen, die sich in der Zusammensetzung ihrer Wirkstoffe unterscheiden. Manchmal muss man verschiedene Präparate ausprobieren, um die Augentropfen oder -salbe zu finden, die persönlich am besten hilft. Außerdem unterscheiden sich die Augentropfen in ihrer Applikationsform, d.h., in der Art des Tropfmechanismus. Auch hier gilt es auszuprobieren, mit welchem „Tropfer“ man am besten zurechtkommt. Im Zweifel gibt es dazu Rat in der Apotheke. Für alle Tränenersatzmittel gilt: sie müssen immer ausreichend oft nach ärztlichem Rat bzw. jeweiliger Packungsbeilage dosiert werden. Nur so entfalten sie neben ihrer lindernden auch ihre schützende Wirkung für die gereizte Augenoberfläche.

Hinweis: Patient*innen, die mehrmals täglich Augentropfen verwenden oder Allergien haben, sollten unbedingt konservierungsmittelfreie Präparate benutzen.

Lidrandpflege – so geht´s:

Dritter wichtiger Bestandteil der Basistherapie ist die Lidrandpflege. Sie bessert die Funktion der Meibomdrüsen und läuft folgendermaßen ab:

  • Auge wärmen. Dazu legt man für etwa zehn Minuten einen warmen Waschlappen auf den Augenbereich, hilfreich sind auch speziell dafür konzipierte Augenmasken oder Gelbrillen. Die Wärme weicht verhärtete Sekrete der Drüsen auf.
  • Lidrandmassage. Nachdem die Sekrete aufgeweicht sind, müssen sie aus den verstopften Drüsengängen entfernt werden. Dazu streicht man mit einem feuchten Wattestäbchen die Lidranddrüsen vorsichtig in Richtung Auge aus.
  • Lidränder reinigen. Am Schluss sind die Sekrete von den Lidrändern zu entfernen. Dazu benutzt man entweder mit spezieller Reinigungslotion angefeuchtete Wattepads oder gebrauchsfertige Reinigungstücher aus der Apotheke.

Wenn künstliche Tränen und Lidrandpflege nicht ausreichen

Nicht immer reichen allgemeine Maßnahmen, Lidrandpflege und Tränenersatz zur Linderung der Trockenheitsbeschwerden aus. Dann kann die Augenärzt*in die Tränenpünktchen vorübergehend mit kleinen Stopfen (sogenannten Plugs) verschließen. Auf diese Weise fließen die Tränen weniger gut ab und verbleiben länger auf dem Auge.

Hat sich das trockene Auge zusätzlich entzündet, kommen spezielle lokale Medikamente ins Spiel. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ist ein Antibiotikum erforderlich, werden oft Azithromycin-Tropfen verordnet. Ciclosporin A-Augentropfen hemmen die Produktion von Entzündungsvermittlern und erhöhen die Tränenproduktion. Die beiden Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus wirken ebenfalls entzündungshemmend, sie werden als Salben auf die Augenlider gestrichen, Tacrolimus gibt es zudem auch als Augentropfen. Liegt gleichzeitig eine Rosazea der Gesichtshaut vor, helfen oral eingenommene Tetracycline, die Entzündung einzudämmen und den Tränenfilm zu normalisieren.

Schwere Geschütze für schwere Fälle

Bei besonders schwerer Form des trockenen Auges ist die Therapie mit autologen Serumaugentropfen möglich. Diese werden aus dem eigenen Blut der Patient*in gewonnen und mit Kochsalzlösung verdünnt. Sie sind fünfmal täglich bis stündlich in das Auge einzuträufeln und wirken sowohl als Tränenersatz als auch antientzündlich.

Auch spezielle Kontaktlinsen können bei schweren Formen helfen. Sie schützen die Hornhautoberfläche nicht nur gegen Einflüsse von außen. Bevor man sie einsetzt, wird die Innenseite mit Kochsalzlösung oder künstlichen Tränen gefüllt. Dadurch kann die trockene Hornhaut regelrecht in Flüssigkeit baden.

Eine weitere Option für schwere Fälle sind augenärztliche Interventionen. So lässt sich beispielsweise das Tränenpünktchen durch Verödung oder das Einpflanzen permanenter Plugs auf Dauer verschließen. Stark vernarbte Meibomdrüsen kann die Augenärzt*in durch Sondierung freilegen, um den Fluss des Sekrets wiederherzustellen. Selten werden noch schärfere Geschütze notwendig. Beispiele dafür sind das Abdecken der Oberfläche durch Ammnionhaut oder die Verkleinerung der Lidspalte durch das Vernähen von Teilen des Ober- und Unterlides.

DAZ 2021, Nr. 8, S. 44; Leitlinie Sicca

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: megaflopp/shutterstock.com