Gesundheit heute

Netzhautablösung

Netzhautablösung (Ablatio retinae, Amotio retinae): Ablösung der lichtempfindlichen Photorezeptorschicht der Netzhaut von dem darunter liegenden Pigmentepithel. Die Netzhautablösung führt zu Gesichtsfeldausfällen und schreitet unbehandelt bis zur Erblindung des Auges fort. Daher werden abgelöste Netzhautpartien möglichst frühzeitig gelasert, d. h. durch punktförmige Entzündungsprozesse wieder "angeklebt".

  • Frühsymptome: Sehen von Lichtblitzen, helles Flimmern (meist einseitig und im Dunkeln deutlicher als im Hellen), viele dunkle Punkte ("Rußregen"), Spinngewebe
  • Bei bereits vorhandener Ablösung: Auftreten einer Mauer oder eines Schattens in dem der abgelösten Netzhautpartie entsprechenden Teil des Gesichtsfelds
  • Wenn der gelbe Fleck (Makula) betroffen ist: unscharfes, verzerrtes und erschwertes Sehen
  • Keine Schmerzen, allenfalls Kopfschmerzen, wenn das Sehen mühsamer wird.

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn

  • die oben genannten Frühsymptome auftreten.

Sofort, wenn

  • Sie schwarze Schatten, eine Wand oder einen Vorhang wahrnehmen oder die Sehschärfe plötzlich deutlich schlechter ist (am Wochenende oder in der Nacht die nächste Augenklinik aufsuchen).

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Die Netzhaut besteht anatomisch aus zwei Schichten: der lichtempfindlichen Photorezeptorschicht und dem Pigmentepithel. Das Pigmentepithel ist zwar mit der darunterliegenden Aderhaut fest verwachsen, mit der lichtempfindlichen Photorezeptorschicht aber nur im Bereich des Sehnervaustritts und am Ziliarkörper. An den übrigen Stellen wird der enge Kontakt zwischen beiden Schichten durch den Augeninnendruck gewährleistet. Lösen sich Rezeptorschicht und Pigmentepithel voneinander, werden die Sinneszellen der Rezeptorschicht nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und sterben ab. Unbehandelt schreitet die Ablösung weiter, bis die gesamte Netzhaut betroffen ist: Es droht die Erblindung. Sobald die Makula, die Stelle des schärfsten Sehens, betroffen ist, fällt die Sehleistung stark ab.

Einteilung nach Ursache

Rissbedingte Netzhautablösung (rhegmatogene Ablatio): Bei starker Kurzsichtigkeit oder nach einer Augapfelprellung entstehen kleinste Risse, durch die Glaskörperflüssigkeit eindringt und sich wie ein Keil zwischen die beiden Schichten schiebt. Risse sind die häufigste Ursache einer Netzhautablösung.

Zugbedingte Netzhautablösung (Traktionsablatio): Durch krankhaft veränderte Glaskörperstrukturen, z. B. im Rahmen einer Retinopathie oder einer vorangegangenen Netzhautablösung, bilden sich Verwachsungs- und Narbenstränge, die durch Schrumpfung an der Netzhaut ziehen und so zur Ablösung der Netzhaut führen.

Flüssigkeitsbedingte Netzhautablösung (exsudative Ablatio): Bei einigen Krebserkrankungen (malignes Melanom, Leukämien), Aderhaut- oder Netzhautentzündungen sowie Bluthochdruck gelangt Flüssigkeit aus geschädigten Gefäßen zwischen die Netzhautschichten, wodurch eine Netzhautablösung verursacht wird.

Risikofaktoren

Risikofaktoren für eine Netzhautablösung sind:

  • Starke Kurzsichtigkeit (besonders ab –10 dpt)
  • Vorangegangene Star-Operation
  • Frühere Augenverletzungen
  • bereits abgelaufene Netzhautablösung am anderen Auge
  • Familiäre Neigung
  • Entzündliche Prozesse oder Tumoren
  • Retinopathie.

Diagnosesicherung

Die Diagnose stellt der Augenarzt durch Spiegelung des Augenhintergrunds bei weit gestellten Pupillen. Die Netzhaut erscheint dabei ödematös geschwollen und weißlich statt transparent. Typische Merkmale sind dabei je nach Ursache

  • Rot umrandete Netzhautlöcher bei der rissbedingten Ablösung
  • Graue Stränge und blasenartige Abhebung der Netzhaut bei der zugbedingten Ablösung
  • Blutungen, Fetteinlagerungen oder ein Tumor bei der exsudativen Ablösung.

Differenzialdiagnosen

Glaukom (Grüner Star), Netzhautvenenverschluss, Netzhautarterienverschluss, Glaskörpereinblutungen.

Behandlung

Noch vor 50 Jahren führte eine Netzhautablösung zur Erblindung des Auges oder zumindest zu einer starken Beeinträchtigung der Sehleistung. Die Weiterentwicklung der Operationstechniken und der Einsatz moderner Laser haben die Behandlungsergebnisse deutlich verbessert.

Operative Behandlung

Fast jede Netzhautablösung muss operativ behandelt werden.

  • Kleinere Netzhautlöcher und -risse, durch die es nur zu kleinsten Netzhautablösungen gekommen ist, lasert Der Arzt in einem ambulanten Eingriff: Die Laserstrahlen bewirken rund um den Netzhautdefekt eine Verbrennung, die zu einer Entzündung und Narbenbildung führt. Dadurch wird die Netzhaut an den gelaserten Stellen mit dem Pigmentepithel verklebt (Laserkoagulation) und kann sich nicht mehr weiter lösen.
  • Größere Netzhautlöcher und -risse oder weiter fortgeschrittene Ablösungen der Netzhaut müssen operativ in einer Augenklinik behandelt werden. Eine Wiederanlagerung des Pigmentepithels an die abgehobene Netzhaut wird durch Eindellen des Auges, d.h. von außen nach innen, herbeigeführt. Dabei näht der Augenarzt von außen auf die Lederhaut eine Silikonplombe oder ein Silikonband auf (Cerclage), durch die die abgelösten Stellen aufeinander gepresst werden. Anschließend vereist er die betroffenen Netzhautpartien von außen mit einem Kältestab (Kryosonde) oder koaguliert ("verbrennt") sie von innen mit Laserstrahlen.
  • Reichen diese Maßnahmen nicht aus, wird eine Vitrektomie durchgeführt und die Wiederanlagerung von innen nach außen herbeigeführt. Bei der Vitrektomie führt der Arzt sehr feine Instrumente in den Augapfel ein und entfernt Teile des Glaskörpers bzw. den gesamten Glaskörper. Anschließend füllt er den Augapfel mit einem schwer resorbierbaren Gas oder einem Silikonöl, um die Netzhaut wieder an das Pigmentepithel anzulegen.

Komplikationen

Bei der Laserbehandlung kann es in seltenen Fällen zu einer epiretinalen Fibroplasie kommen. Dabei entsteht eine dünne Membran, die zur Faltenbildung in der Netzhaut führt. Folge sind eine verschlechterte Sehkraft und verzerrte Abbildungen.

Komplikationen bei Augenoperationen sind häufiger als bei einer Laserbehandlung und hängen davon ab, wie weit die Netzhautablösung fortgeschritten ist. Typische Komplikationen sind die Entwicklung einer Linsentrübung (Grauer Star) oder eines Glaukoms (Grüner Star), der Eingriff selbst birgt das Risiko einer Infektion des Augeninneren (Endophthalmitis). Manchmal löst sich die Netzhaut nach dem Eingriff auch wieder, und es muss eine zweite Operation durchgeführt werden.

Prognose

Wird eine Netzhautablösung nicht behandelt, führt sie zur Erblindung. Die Netzhautablösung ist also ein Notfall: Je früher sie erkannt und behandelt wird, desto besser ist die Chance auf Wiederherstellung der Sehfähigkeit.

Ist das Sehzentrum, also die Makula abgelöst, kann auch die operative Wiederanlage der Netzhaut die Sehleistung nicht mehr vollständig herstellen. Die dort sitzenden zentralen Sinneszellen werden schon durch nur vorübergehende Versorgungsstörungen irreparabel geschädigt.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was nach der Operation zu beachten ist

Halten Sie sich konsequent an alle Verhaltensregeln Ihres Augenarztes, um dem Heilungsverlauf optimale Bedingungen zu geben. In den ersten Wochen verträgt die Netzhaut z. B. keine Erschütterungen und plötzliche Druckbelastungen: Vermeiden Sie deshalb das Bücken und das Tragen starker Lasten. Wurden Sie mit einem Gas behandelt, dürfen Sie nicht fliegen oder auf Berge steigen, da der veränderte Luftdruck das Gas beeinflusst. In der Regel wird für die ersten 4 Wochen auch das Lesen verboten.

Meist werden nach einer Netzhautoperation Kopfhaltungen vorgegeben: Z. B. Bauchlage beim Schlafen bzw. Liegen oder Kopfsenken beim Aufstehen. Zur Erleichterung der ungewohnten Haltung gibt es Lagerungshilfen in Apotheken und Reformhäusern, bei Genickschmerzen helfen Rotlicht oder Massagen.

Auf Sportarten wie Squash, Bungee-Jumping, Fallschirmspringen, Boxen oder Tauchen muss wegen der kurzfristigen Druckbelastungen lebenslang verzichtet werden.

Prävention

Wenn Risikofaktoren (siehe oben) für eine Netzhautablösung bestehen, empfiehlt sich eine jährliche Kontrolle beim Augenarzt – bei schon sichtbaren ersten Netzhautschäden oder bereits abgelaufener Netzhautablösung alle 3 Monate.

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Alte Menschen oft nicht fahrtauglich

Ältere Menschen fühlen sich leichter geblendet und übersehen dann andere Verkehrsteilnehmer*innen.

Alte Menschen oft nicht fahrtauglich

Augen zu und durch?

Viele Ursachen lassen im Alter die Augen schlechter werden. Doch häufig bemerken es Senior*innen gar nicht, dass ihr ungenügendes Sehvermögen sie fahruntüchtig macht. Oder sie meiden die augenärztliche Kontrolle, weil sie Angst um ihren Führerschein haben.

Jede Siebte sieht zu schlecht

80 bis 90 % der Kommunikation im Straßenverkehr erfolgt über das Sehen, erklärt der Augenarzt Prof. Dr. Frank Tost. Doch das Sehvermögen beginnt bereits in der Mitte des Lebens nachzulassen. Im Alter ist es dann häufig so stark beeinträchtigt, dass eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht möglich ist.

Einer Untersuchung zufolge nehmen allerdings viele Menschen ihre Sehprobleme gar nicht wahr. Von fast 400 Personen schätzten 99,2 % die eigene Sehfähigkeit als sehr gut bis gut ein. Laut Sehtest dürften jedoch 16% von ihnen gar nicht mehr hinter dem Steuer sitzen.

Warnsignale richtig deuten

Wichtig ist es deshalb, die Warnsignale für schlechtere Augen zu erkennen. Typisch für den im Alter häufigen Grauen Star sind Störungen des Dämmerungssehens und eine erhöhte Blendempfindlichkeit. Betroffene fühlen sich unsicher, fahren langsam und bremsen zu spät, weil sie Stoppschilder und andere Verkehrsteilnehmer*innen nicht rechtzeitig erkennen.

Auch das Glaukom beeinträchtigt durch Sehstörungen die Fahrtüchtigkeit. 8 Prozent der Über-75-Jährigen sind daran erkrankt. Das Risiko für Unfälle mit lebensgefährlichem Ausgang steigt dann immens an. Denn Fußgänger*innen, Radfahrende und andere Autos verschwinden plötzlich aus dem Blickfeld und tauchen dann wie aus dem Nichts wieder auf, sagt Tost.

Bei solchen Beschwerden sollte man unbedingt die Sehfähigkeit untersuchen lassen, fordert die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG). Sie rät Menschen über 60 außerdem zu regelmäßigen augenärztlichen Kontrollen. Je früher Augenerkrankungen erkannt werden, desto besser kann man sie behandeln.

Viele Störungen lassen sich beheben

Manche Betroffene meiden die Augenkontrolle, weil sie Angst um ihren Führerschein haben. Doch häufig lässt sich die zum Fahren erforderliche Sehkraft durch Sehhilfen oder Operationen (z.B. dem Einpflanzen einer Kunstlinse) wiederherstellen. Manchmal reicht es auch, die Lebensweise bewusst an die Augen anzupassen und sich z.B. nach Sonnenuntergang nicht mehr selbst hinters Steuer zu setzen.

In manchen Fällen muss das Auto tatsächlich für mindestens drei Monate stehen bleiben. Geboten ist dies, wenn man auf einem Auge plötzlich weniger sieht oder Doppelbilder neu auftreten. Hier ist zunächst die zugrundeliegende Erkrankung wie ein Bluthochdruck oder eine Schilddrüsenstörung zu behandeln. Nach einer augenärztlichen Kontrolle darf man dann wieder ans Steuer – sofern das Sehvermögen wieder ausreichend ist.

Quelle: Pressemeldung DOG

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Ambrozinio / Alamy / Alamy Stock Photos