Gesundheit heute

Grüner Star

Grüner Star (Glaukom): Schädigung des Sehnervs durch chronisch erhöhten Augeninnendruck. Der grüne Star verläuft anfänglich ohne Symptome, nur durch Früherkennungsuntersuchungen und eine den Augeninnendruck senkende Therapie kann der drohende Sehverlust vermieden werden. In den Industrienationen ist der Grüne Star die häufigste Erblindungsursache, in Deutschland sind etwa 900 000 Menschen daran erkrankt.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Meist keine!
  • Erst im späten Stadium: blinde Flecke, Ausfälle im Gesichtsfeld, meist punktuell oder bogenförmig und zunächst beschränkt auf den Randbereich des wahrgenommenen Bildes.

Im akuten Anfall:

  • Harter Augapfel
  • Schmerzhaftes rotes Auge
  • Farbige Ringe um Lichtquellen, verschwommenes Sehen
  • Übelkeit und Erbrechen.

Wann zum Arzt

In den nächsten 2 Tagen, wenn

  • Sie Grüner-Star-Patient sind und Veränderungen auftreten.

Sofort in die Augenklinik oder den Notarzt rufen, bei

  • starkem Augapfelschmerz, hartem Augenbulbus, rascher ein- oder beidseitiger Sehverschlechterung.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Die beiden Hohlräume im vorderen Bereich des Auges heißen Augenkammern: Die vordere Augenkammer liegt zwischen Hornhaut und Iris, die hintere Augenkammer zwischen Iris und Glaskörper. In den beiden Augenkammern befindet sich eine Flüssigkeit, das Kammerwasser. Das im Ziliarkörper gebildete Kammerwasser enthält Nährstoffe für die Linse und die Hornhaut und hält das Auge "sauber", indem es auf seinem Weg in den Körperkreislauf mögliche Schadstoffe mitnimmt und aus dem Auge entfernt. Das Kammerwasser ist zudem verantwortlich für den Augeninnendruck: Dieser liegt beim Gesunden zwischen 10 und 20 mmHg. Er steigt an, wenn der Abfluss des Kammerwassers behindert ist, z. B. durch einen zu engen Kammerwinkel, durch Ablagerungen oder sonstige Veränderungen im schwammartigen trabekulären Maschenwerk oder wenn zu viel Kammerwasser produziert wird.

Durch den zu hohen Augeninnendruck wird der Sehnerv geschädigt und stirbt ab. Dadurch entstehen Ausfälle im Gesichtsfeld, zunächst unbemerkt am äußeren Rand. Schreiten die Schädigungen weiter fort, entstehen immer größere Ausfälle, bis das Auge schließlich erblindet (absolutes Glaukom).

Die typischen Schädigungen des Sehnerven können auch bei noch-normalen Augeninnendruckwerten entstehen: In diesen Fällen sind z. B. ein niedriger Blutdruck, Gefäßkrämpfe wie bei einer Migräne und/oder eine familiäre Veranlagung ursächlich.

Formen

Verschiedene Formen des grünen Stars lassen sich unterscheiden; das primäre chronische Offenwinkelglaukom und das Normaldruckglaukom sind die häufigsten Formen.

Primäres chronisches Offenwinkelglaukom (POWG, Weitwinkelglaukom): Es bleibt meist lange unerkannt und ist deshalb besonders gefährlich. Der Augeninnendruck ist mit 20–25 mmHg erhöht, der Kammerwinkel unverändert ("Offenwinkel"), aber im trabekulären Maschenwerk finden sich Ablagerungen, die den Abfluss des Kammerwassers erschweren.

Normaldruckglaukom: In einem Drittel der Fälle findet sich bei sonst gleichen anatomischen Befunden ein Augeninnendruck unter 20 mmHg (Normaldruckglaukom). Früher hielt man Werte bis 20 mmHg für unbedenklich. Inzwischen weiß man, dass es auch Patienten gibt, bei denen es bei einem niedrigen Druck zu Schäden kommt. Andererseits gibt es Formen eines erhöhten Drucks, die lange Zeit keine Schäden verursachen (okuläre Hypertension) und erst spät zum grünen Star führen. Man geht daher davon aus, dass bei der Entstehung des grünen-Star-Schadens in diesen Fällen nicht der Augeninnendruck, sondern die Durchblutung des Sehnervs die entscheidende Rolle spielt.

Seltener sind die drei folgenden Formen:

Akutes Winkelblockglaukom (Akuter Glaukomanfall, Engwinkelglaukom): Der Augendruck steigt plötzlich, Werte von über 50 mmHg sind häufig. Bei einem Auge mit einer flachen Vorderkammer bzw. einem engen Kammerwinkel ist der Abfluss des Kammerwassers anatomisch erschwert ("Winkelblock"). Typischerweise entsteht ein akutes Winkelblockglaukom durch Pupillenerweiterung in dunkler Umgebung, in einer Schreck- oder Angstreaktion sowie beim abendlichen Fernsehen. Durch die plötzliche Pupillenweitstellung verlegt die Regenbogenhaut den Kammerwinkel, der Abfluss wird blockiert. Ein akutes Winkelblockglaukom kann auch durch eine medikamentöse Pupillenweitstellung, z. B. mit Atropin, ausgelöst werden. Daher beurteilt der Augenarzt vor jeder routinemäßigen Pupillenerweiterung mit der Spaltlampe die Tiefe der Vorderkammer.

Hinweis: Ein akutes Winkelblockglaukom ist ein Notfall und muss sofort medizinisch versorgt werden!

Chronisches Winkelblockglaukom. Der Augeninnendruck ist mehr oder weniger permanent erhöht, weil der Abfluss durch Verklebungen und Verwachsungen des Kammerwinkels erschwert ist. Das chronische Winkelblockglaukom kann in einen akuten Glaukomanfall übergehen.

Sekundäres Glaukom: Es entsteht als Folge anderer Erkrankungen, z. B. durch Retinopathie oder einen zentralen Netzhautvenenverschluss. Auch einige Medikamente (Kortison, Antidepressiva) können ein akutes Winkelblockglaukom auslösen.

Risikofaktoren

Manche Medikamente erhöhen aufgrund ihres Wirkmechanismus den Augeninnendruck:

  • Kortison, sowohl als orale Therapie als auch als Augentropfen
  • Biperiden (Akineton®, Parkinson-Medikament)
  • Atropin (z. B. als pupillenerweiternde Augentropfen)
  • Imipramin (trizyklisches Antidepressivum)
  • Medikamente gegen Erbrechen und Schwindel, wie z. B. Vertigo Vomex® oder Dimenhydrinat
  • Krampflösende Schmerzmittel (z. B. Butylscopolamin in Buscopan®)
  • Abschwellende Nasentropfen wie z. B. Olynth® oder Otriven®
  • Anticholinergika wie Propiverin (z. B. Mictonorm®) oder Darifenacin (z. B. Emselex®), Medikamente gegen Blasenstörungen.

Diagnosesicherung

Der Augenarzt bestimmt den Augeninnendruck mithilfe der Tonometrie und beurteilt die vorderen Augenabschnitte mit der Spaltlampe. Bei der Kammerwinkeluntersuchung mit dem Kontaktglas zeigt sich, ob der Kammerwinkel eng oder normal gebaut ist. Das Ausmaß der Schäden an den Nervenfasern beurteilt der Arzt anhand der Gesichtsfelduntersuchung. Die Ausfälle im Gesichtsfeld werden dokumentiert, um den Verlauf der Erkrankung festzuhalten und gegebenenfalls die Therapie zu ändern.

Eine besondere Bedeutung kommt der Beurteilung des Sehnervs durch eine Spiegelung des Augenhintergrunds zu. Durch den Untergang der Nervenfasern verändert sich die Papille, ihre Schädigung ist meist schon einige Zeit vor den ersten Gesichtsfeldausfällen nachweisbar: Es wird eine immer deutlicher werdende Vertiefung und damit eine Verlegung der Gefäße sichtbar. Neuere Untersuchungsgeräte (z. B. Heidelberg-Retina-Tomographie, HRT) können diesen Prozess frühzeitig festhalten, die Kosten werden zwar von den meisten privaten, nicht aber von den gesetzlichen Krankenkassen getragen.

Differenzialdiagnosen

Akuter Glaukomanfall: Zentralarterienverschluss, Clusterkopfschmerz, Uveitis.

primäres chronisches Offenwinkelglaukom: Retinitis pigmentosa.

Behandlung

Akuter Glaukom-Anfall

Bei diesem Notfall muss sofort der Augeninnendruck gesenkt werden. In Frage kommen dazu Augentropfen wie z. B. Pilocarpin und die gleichzeitige intravenöse Gabe von Beta-Blockern oder Azetazolamid, einem Carboanhydrasehemmer. In manchen Fällen infundiert der Arzt auch Mannitol. Gegen die starken Schmerzen erhält der Patienten Schmerzmittel, in der Regel auch intravenös.

In der Augenklinik wird das Auge dann nach erfolgreicher Drucksenkung meist operiert, z. B. mit einer Iridektomie (siehe unten). Weil die anatomischen Verhältnisse an beiden Augen ähnlich sind, droht auch an dem nicht betroffenen Auge ein Glaukom-Anfall. Um dies zu verhüten, bohren die Augenärzte mit Hilfe eines Lasers prophylaktisch ein kleines Loch in die Iris (Iridotomie, siehe unten).

Pharmakotherapie

Um den Augeninnendruck zu senken, werden Augentropfen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen verwendet, z. B.

  • Betablocker wie Timolol, Betaxolol, Levobunolol, Metipranolol. Sie hemmen die Beta-Rezeptoren im Ziliarkörper, über die die Produktion des Kammerwassers gesteuert wird, und senken dadurch die Kammerwassersekretion.
  • Alpha-Agonisten wie Brimonidin, Clonidin. Sie senken die Produktion des Kammerwassers und bewirken eine Zusammenziehung des Ziliarmuskels, wodurch sie den Abfluss des Kammerwassers verbessern.
  • Prostaglandine wie Latanoprost, Bimatoprost. Sie entspannen den Ziliarmuskel und verbessern so den Abfluss des Kammerwassers.
  • Carboanhydrasehemmer wie Brinzolamid, Dorzolamid. Sie senken die Produktion des Kammerwassers, indem sie das dafür verantwortliche Enzym Carboanhydrase hemmen. Außerdem sollen sie die Durchblutung der Sehnervendirekt verbessern. Azetazolamid kann im akuten Anfall intravenös verabreicht werden.
  • Cholinergika wie Pilocarpin. Es verengt die Pupille, wodurch sich der Kammerwinkel aufweitet und das Kammerwasser besser abfließt. Pilocarpin wird beim akuten Glaukomanfall eingesetzt.

Je sorgfältiger die Tropfengabe und je zuverlässiger die Kontrollen durchgeführt werden, desto besser sind die Aussichten, das Augenlicht zu erhalten. In 90 % der Fälle senkt die Einzelgabe oder die Kombination mehrerer Präparate den Augeninnendruck. Ansonsten wird eine Laserbehandlung oder eine Operation durchgeführt.

Operative Behandlung

Die operative Behandlung zielt darauf ab, den Abfluss des Kammerwassers zu verbessern und dadurch den Druck vom Sehnerv zu nehmen. Welches der vielen verschiedenen Verfahren am besten passt, hängt von der Art des Glaukoms und vom Angebot der Augenklinik ab.

Argon-Laser-Trabekuloplastik (ALT): Im Kammerwinkel werden mit dem Laserstrahl 50 bis 100 kleine Laserherde gesetzt. Diese vernarben, wodurch sich das umliegende Trabekelwerk zusammenzieht und die Zwischenräume gedehnt werden, durch die das Kammerwasser besser abfließen kann. Diese Behandlung wird ambulant durchgeführt und ist schmerzfrei. Sie hält etwa 1–2 Jahre vor und kann mehrmals wiederholt werden.

Eine weitere Laserbehandlung ist die Trabekulotomie. Hierbei setzt man mit dem Eximer-Laser 6 bis 8 Löcher in das Trabekelwerk, um den Abfluss zu verbessern.

Hinterkammer-Vorderkammer-Shunt: Um Druckdifferenzen zwischen vorderer und hinterer Augenkammer auszugleichen (z. B. beim akuten Winkelblockglaukom) wird ein Shunt (Verbindung) zwischen beiden Kammern angelegt, durch die das Kammerwasser abfließen kann:

Dafür stanzt der Arzt bei der YAG-Laseriridotomie mit einem Laser ein kleines Loch in die Regenbogenhaut (Iridotomie), ohne das Auge zu eröffnen. Diese Behandlung wird nicht wiederholt. Ein ähnlicher Durchfluss wird mit Hilfe der Iridektomie operativ bei einem akuten Winkelblockglaukom geschaffen. Unter Vollnarkose oder örtlicher Betäubung eröffnet der Arzt das Auge und schneidet ein kleines Loch in die Regenbogenhaut (Iridektomie).

Fistulierender Eingriff (filtrierender Eingriff): Durch ein Loch in der Lederhaut wird ein zusätzlicher Kammerwasserabfluss geschaffen. Das Kammerwasser fließt von der Vorderkammer am trabekulären Maschenwerk vorbei, unter der Bindehaut bildet sich ein kleines Depot ("Sickerkissen"). 80–85 % der fistulierenden Eingriffe senken den Augeninnendruck dauerhaft.

Mikroinvasive Glaukomchirurgie (MIGS) mit Stent-Implantat: Hier baut der Arzt einen winzigen Titan-Stent in die Vorderkammer des Auges ein, so dass das Kammerwasser wieder auf dem natürlichen Weg über den Schlemm´schen Kanal abfließen kann.

Prognose:

Der Grüne Star führt unbehandelt zur Erblindung. Durch eine lückenlose Therapie mit den passenden Augentropfen lässt sich der Augeninnendruck jedoch meist gut kontrollieren.

Die Glaukom-Chirurgie kann einen einmal eingetretenen Sehverlust nicht rückgängig machen, sondern nur das vorhandene Sehvermögen erhalten. Der Eingriff selbst birgt je nach Methode verschiedene Risiken, z. B. das Infektionsrisiko bei operativen Eingriffen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Ist bei Ihnen ein erhöhter Augeninnendruck bekannt, informieren Sie Ihre behandelnden Ärzte (Hausarzt, Urologe) davon, vor allem wenn Sie neue Medikamente verschrieben bekommen. Im Zweifel fragen Sie Ihren Apotheker, wenn Sie ein Rezept einlösen, ob sich ein Medikament mit Ihrem Glaukom verträgt.

Komplementärmedizin

In der Akutbehandlung eines Winkelblockglaukoms mit hohen Augeninnendruckwerten hat die Komplementärmedizin keinen Platz. Der damit verbundene Zeitverlust könnte Ihnen das Augenlicht kosten!

  • Einige Therapeuten empfehlen Akupunktur zur Verbesserung der Durchblutung und zur Senkung eines mäßig erhöhten Augeninnendrucks – die Wirksamkeit ist bislang nicht nachgewiesen.
  • Die Homöopathie empfiehlt die Konstitutionstherapie zur Regulierung eines erhöhten Augeninnendrucks, die Wirkung ist aber nicht belegt.

Prävention

Ab dem 40. Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit deutlich, an einem grünen Star zu erkranken. Daher empfiehlt der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands allen Personen über 40 Jahren, eine Vorsorgeuntersuchung wahrzunehmen. Sie sollte alle 2–3 Jahre durchgeführt werden, wird jedoch nicht von den Krankenkassen bezahlt.

Weiterführende Informationen

  • www.dgk.de – Internetseite des Deutschen Grünen Kreuzes e. V., Marburg: Für das Suchwort Glaukom werden Ihnen zahlreiche Informationen angezeigt.
  • www.glaukom.de – Internetseite des von Augenärzten ins Leben gerufenen Initiativkreises zur Glaukomfrüherkennung e.V., Germering: Die Seite bietet eine Vielzahl an Artikeln und Informationsmaterialien zur Erkrankung und den möglichen Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen sowie Buch- und Linktipps und Kontaktdaten zu Selbsthilfegruppen.
  • I. Strempel: Glaukom- mehr als ein Augenleiden: Ratgeber für Patienten mit Grünem Star. Kaden Verlag, 2017. Medizinisch fundierter Ratgeber mit Informationen über konventionelle und ergänzende Therapien.

Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
So bleibt kein Auge trocken

Augentropfen müssen meist mehrmals täglich angewendet werden, um ihre Wirkung zu entfalten.

So bleibt kein Auge trocken

Von Augentropfen bis Lid-Op

Sie jucken, brennen und schmerzen – trockene Augen haben es wirklich in sich. Hinzu kommt: Werden trockene Augen nicht behandelt, drohen Entzündungen, Gewebeschäden und Sehstörungen. Anfeuchten und vor Schäden schützen ist deshalb die Devise. Wie das funktioniert, erfahren Sie in unserem aktuellen Ratgeber.

Verminderte Tränenproduktion oder vermehrte Verdunstung

Trockene Augen sind eine Volkskrankheit: Fast jeder Fünfte hat Probleme damit, betroffen sind vor allem Frauen und ältere Menschen. Die Beschwerden reichen von einem Trockenheitsgefühl über Juckreiz und Brennen bis hin zu Schmerzen. Viele Patient*innen empfinden helles Licht als unangenehm oder haben das Gefühl, es sitze Sand oder ein Fremdkörper im Auge. Zu Beginn der Erkrankungen tränen die Augen paradoxerweise oft. Das liegt daran, dass das Auge auf den ständigen Reiz zunächst mit einer vermehrten Flüssigkeitsbildung reagiert. Langfristig kann das Auge den chronischen Reiz aber nicht kompensieren. Es entzündet sich und Hornhaut und Bindehaut nehmen Schaden, was wiederum den Tränenfilm weiter reduziert. Es entsteht ein Teufelskreis, der schließlich in Sehstörungen münden kann.

Gründe für trockene Augen gibt es viele. Ärzt*innen unterteilen diese in drei Gruppen:

  • Tockene Augen wegen vermehrter Verdunstung des Tränenfilms (=hyperevaporative Form, sie liegt bei etwa 80% der Patient*innen vor). Die Tränenflüssigkeit besteht aus zwei Anteilen: Den wässrigen und den fetthaltigen. Bei der hyperevaporativen Form sind die fetthaltigen Anteile vermindert. Ursache ist meist eine Dysfunktion der Meibomdrüsen. Diese kleinen Drüsen liegen im Lidrand und geben eine ölige Flüssigkeit ab, die dafür sorgt, dass der wässrige Anteil des Tränenfilms nicht zu schnell verdunstet. Ist ihre Funktion gestört, verhärtet ihr Sekret in den Drüsenausgängen, statt in den Tränenfilm zu gelangen und dort für eine geringere Verdunstung zu sorgen.
  • Trockene Augen wegen verminderter oder ausbleibender Tränensekretion (=hyposekretorische Form). Hier wird zu wenig vom wässrigen Anteil der Tränen produziert.
  • Mischformen, bei denen die Tränenproduktion vermindert und die Verdunstung verstärkt ist.

Risikofaktoren und Grunderkrankungen

Nicht immer lässt sich die Entstehung eines trockenen Auges verhindern. Ein nicht beeinflussbarer Risikofaktor für trockene Augen ist zum Beispiel das Alter. Denn mit voranschreitenden Jahren lässt bei den meisten Menschen die Funktion der Meibomdrüsen nach. Auch auf Hormonveränderungen in und nach den Wechseljahren und in der Schwangerschaft kann nur wenig Einfluss genommen werden. Anders sieht es bei Umweltfaktoren wie trockener Heizungsluft, Zigarettenrauch oder hohen Ozonwerten aus. Auch Kontaktlinsen können zu trockenen Augen führen, vor allem, wenn sie zu lange getragen oder nicht richtig gepflegt werden.

Hinweis: PC-Arbeit oder langes Fernsehen gehen ebenfalls aufs Auge. Da man durch das konzentrierte Auf-den-Bildschirm-Starren seltener blinzelt, wird die Tränenflüssigkeit schlechter auf der Augenoberfläche verteilt und das Auge trocknet aus.

Daneben gibt es viele körperliche Erkrankungen, die als Begleiterscheinung die Augen unangenehm austrocknen. Dazu gehören neben Augenerkrankungen in erster Linie Hormonstörungen wie Schilddrüsenerkrankungen oder der Diabetes mellitus. Typisch sind trockene Augen auch bei vielen rheumatischen und autoimmunen Erkrankungen, wie beispielsweise bei der rheumatoiden Arthritis oder beim Sjögren-Syndrom. Hauterkrankungen beziehen ebenso oft die Augen mit ein. So können die Akne, die Neurodermitis und Schuppenflechte das Augenbefinden empfindlich stören. Nicht zuletzt sind manchmal auch Infektionen wie Hepatitis, AIDS, Tuberkulose oder die Syphilis an trockenen Augen Schuld.

Basistherapie für alle trockenen Augen

Die Behandlung von trockenen Augen ist oft langwierig. Oft gibt es nicht „die eine“ Ursache, sondern es wirken mehrere Faktoren zusammen. In diesem Fall müssen die Betroffenen herausfinden, welcher Maßnahmen-Mix sich in ihrem speziellen Fall bewährt. Zunächst sollten es Betroffene immer mit der sogenannten Basistherapie versuchen. Diese umfasst Allgemeinmaßnahmen, Lidrandpflege und Tränenersatzmittel. Die Allgemeinmaßnahmen beinhalten folgende Punkte:

  • Augen-Klima verbessern. Ist die Luftfeuchtigkeit gering, trocknet auch das Auge verstärkt aus. Um die Luftfeuchtigkeit in geschlossenen Räumen zu erhöhen, sollte man nicht zu stark zu heizen und regelmäßg lüften. Aber Achtung: Zugluft sollte dabei unbedingt vermieden werden, z. B., indem man vor dem Schlafen lüftet statt sich nachts unter das offene Fenster zu legen. Wer gar nicht ohne Frischluft schlafen möchte, kann die Augen mit einer Schlafmaske schützen. Reicht das nicht aus, können Luftbefeuchter zum Einsatz kommen. Klimaanlagen sollten, wenn möglich, gemieden werden.

  • Bildschirmpausen einlegen. Damit die Arbeit am PC nicht zu trockenen Augen führt, sollten regelmäßig Bildschirmpausen eingelegt werden, bei denen der Blick am besten aus dem Fenster in die Ferne schweift. Immer wieder bewusst zu blinzeln hilft zudem, den Tränenfilm besser zu verteilen.
  • Reize vom Auge fernhalten. Trockene Augen befinden sich in einem dauernden Reizzustand – deswegen sollte man zusätzlich äußere Reize unbedingt minimieren. Dazu zählen chemische Reize wie Feinstaub, aber auch Tabakrauch. Eine Brille mit Seitenschutz hilft, Reize wie z. B. Wind vom Auge fernzuhalten.
  • Kontaktlinsen richtig verwenden. Wer Kontaktlinsen trägt, sollte seinen Augen öfter eine Pause gönnen. Wichtig ist die gründliche Reinigung und Pflege der Linsen, oft werden auch Tageslinsen empfohlen. Hilfreich sind spezielle Kontaktlinsen aus modernen Materialien wie z. B. Silikon-Hydrogel, die weniger trocken werden In sehr schweren Fällen muss meist sowieso auf das Tragen von Kontaktlinsen verzichtet werden.
  • Von innen befeuchten. Damit der Körper nicht austrocknet heißt die Devise „viel Trinken“. Günstig ist es, reichlich Omega-3-Fettsäuren zu sich zu nehmen. Studien zufolge sind sie antientzündlich wirksam und verbessern den Tränenfilm.

Fehlende Tränen von außen ersetzen

Unverzichtbares Standbein der Basistherapie sind Tränenersatzmittel. Sie lindern das Trockenheitsgefühl und schützen die Augenoberfläche, indem sie die Scherkräfte beim Blinzeln reduzieren. Je nach Schweregrad empfiehlt die Ärzt*in Tropfen, Gele oder Salben. Wirksame Inhaltsstoffe sind Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrrolidon, Zellulosederivate, Hyaluronsäure, Carbomere, Muzinanaloga oder Elektrolyte.

Ist durch die Meibomdrüsendysfunktion der Lipidanteil des Tränenfilms gestört (hyperevaporative Form) sind lipidhaltige Tränenersatzmittel hilfreich. Darin werden oft Triglyceride, Paraffinöl und Phospholipide kombiniert. Neben Tropfen gibt es auch lipidhaltige Augensprays, die auf das geschlossene Augenlid gesprüht werden.

Ob wässrig oder lipidreich – es gibt eine fast unüberblickbare Auswahl an Augentropfen, die sich in der Zusammensetzung ihrer Wirkstoffe unterscheiden. Manchmal muss man verschiedene Präparate ausprobieren, um die Augentropfen oder -salbe zu finden, die persönlich am besten hilft. Außerdem unterscheiden sich die Augentropfen in ihrer Applikationsform, d.h., in der Art des Tropfmechanismus. Auch hier gilt es auszuprobieren, mit welchem „Tropfer“ man am besten zurechtkommt. Im Zweifel gibt es dazu Rat in der Apotheke. Für alle Tränenersatzmittel gilt: sie müssen immer ausreichend oft nach ärztlichem Rat bzw. jeweiliger Packungsbeilage dosiert werden. Nur so entfalten sie neben ihrer lindernden auch ihre schützende Wirkung für die gereizte Augenoberfläche.

Hinweis: Patient*innen, die mehrmals täglich Augentropfen verwenden oder Allergien haben, sollten unbedingt konservierungsmittelfreie Präparate benutzen.

Lidrandpflege – so geht´s:

Dritter wichtiger Bestandteil der Basistherapie ist die Lidrandpflege. Sie bessert die Funktion der Meibomdrüsen und läuft folgendermaßen ab:

  • Auge wärmen. Dazu legt man für etwa zehn Minuten einen warmen Waschlappen auf den Augenbereich, hilfreich sind auch speziell dafür konzipierte Augenmasken oder Gelbrillen. Die Wärme weicht verhärtete Sekrete der Drüsen auf.
  • Lidrandmassage. Nachdem die Sekrete aufgeweicht sind, müssen sie aus den verstopften Drüsengängen entfernt werden. Dazu streicht man mit einem feuchten Wattestäbchen die Lidranddrüsen vorsichtig in Richtung Auge aus.
  • Lidränder reinigen. Am Schluss sind die Sekrete von den Lidrändern zu entfernen. Dazu benutzt man entweder mit spezieller Reinigungslotion angefeuchtete Wattepads oder gebrauchsfertige Reinigungstücher aus der Apotheke.

Wenn künstliche Tränen und Lidrandpflege nicht ausreichen

Nicht immer reichen allgemeine Maßnahmen, Lidrandpflege und Tränenersatz zur Linderung der Trockenheitsbeschwerden aus. Dann kann die Augenärzt*in die Tränenpünktchen vorübergehend mit kleinen Stopfen (sogenannten Plugs) verschließen. Auf diese Weise fließen die Tränen weniger gut ab und verbleiben länger auf dem Auge.

Hat sich das trockene Auge zusätzlich entzündet, kommen spezielle lokale Medikamente ins Spiel. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ist ein Antibiotikum erforderlich, werden oft Azithromycin-Tropfen verordnet. Ciclosporin A-Augentropfen hemmen die Produktion von Entzündungsvermittlern und erhöhen die Tränenproduktion. Die beiden Calcineurininhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus wirken ebenfalls entzündungshemmend, sie werden als Salben auf die Augenlider gestrichen, Tacrolimus gibt es zudem auch als Augentropfen. Liegt gleichzeitig eine Rosazea der Gesichtshaut vor, helfen oral eingenommene Tetracycline, die Entzündung einzudämmen und den Tränenfilm zu normalisieren.

Schwere Geschütze für schwere Fälle

Bei besonders schwerer Form des trockenen Auges ist die Therapie mit autologen Serumaugentropfen möglich. Diese werden aus dem eigenen Blut der Patient*in gewonnen und mit Kochsalzlösung verdünnt. Sie sind fünfmal täglich bis stündlich in das Auge einzuträufeln und wirken sowohl als Tränenersatz als auch antientzündlich.

Auch spezielle Kontaktlinsen können bei schweren Formen helfen. Sie schützen die Hornhautoberfläche nicht nur gegen Einflüsse von außen. Bevor man sie einsetzt, wird die Innenseite mit Kochsalzlösung oder künstlichen Tränen gefüllt. Dadurch kann die trockene Hornhaut regelrecht in Flüssigkeit baden.

Eine weitere Option für schwere Fälle sind augenärztliche Interventionen. So lässt sich beispielsweise das Tränenpünktchen durch Verödung oder das Einpflanzen permanenter Plugs auf Dauer verschließen. Stark vernarbte Meibomdrüsen kann die Augenärzt*in durch Sondierung freilegen, um den Fluss des Sekrets wiederherzustellen. Selten werden noch schärfere Geschütze notwendig. Beispiele dafür sind das Abdecken der Oberfläche durch Ammnionhaut oder die Verkleinerung der Lidspalte durch das Vernähen von Teilen des Ober- und Unterlides.

DAZ 2021, Nr. 8, S. 44; Leitlinie Sicca

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: megaflopp/shutterstock.com