Gesundheit heute

Abgeschlagene Nasen – oder wie alles begann

Als Heilkundige im Indien des 6. oder 7. Jahrhunderts vor Christus darangingen, eine verloren gegangene Nase durch eine Hautverschiebeplastik zu ersetzen, war von Schönheitsoperation oder ästhetischer Medizin noch nicht die Rede.

Warum unterzog sich in vorchristlicher Zeit ein Patient ohne Narkose und ohne sichere Operationsmethode einem solch schmerzhaften und nicht ungefährlichen Eingriff? Das Motiv war der Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung. Denn es war üblich, Verbrechern die Nase abzuschlagen, um sie zeitlebens der gesellschaftlichen Ächtung auszusetzen. Zwar konnte man seine Nase auch im Kampf oder durch eine Krankheit wie Lepra verlieren, das Ergebnis aber war dasselbe: die Verstoßung aus der Gesellschaft. Zu verhindern war dies nur, indem das Äußere so wiederhergestellt wurde, wie es die Gesellschaft akzeptierte.

„Wir bauen auf und stellen wieder her und machen ganze Teile des Gesichts, die die Natur gegeben und das Schicksal fortgenommen hat – nicht nur zur Freude des Auges, sondern um den Geist aufzurichten und der Seele des Betroffenen zu helfen.“ Mit diesen Worten beschrieb der Urvater der modernen Plastischen Chirurgie, Gaspare Tagliacozzi, 1597 sein Handwerk. Damit hat der Bologneser Chirurg und Anatom wohl als Erster erkannt und formuliert, dass der Mensch für sein Wohlbefinden nicht nur einen organisch funktionierenden, sondern auch ästhetisch intakten Körper braucht. Erstmals wurde damit der Zusammenhang zwischen Körperbild und Psyche hergestellt – ein bis heute zentraler Gedanke der Plastischen Chirurgie.

Tagliacozzi wurde 1599 zum Tode verurteilt, weil er mit einem neuen, geradezu revolutionären Verfahren durch Syphilis oder Verletzungen zerstörte Nasen wieder aufbaute. Damit pfuschte er nach herrschender Lehrmeinung dem Allmächtigen ins Handwerk, denn Verstümmelungen wurden als Strafe Gottes angesehen und waren dementsprechend demütig zu erdulden.

Von: Dr. Nicole Schaenzler, Dr. Hans-Hermann Wörl, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Fake-Bilder im Netz kennzeichnen!

Es ist wichtig zu wissen, dass viele Bilder in den sozialen Medien bearbeitet und nicht „echt“ sind.

Fake-Bilder im Netz kennzeichnen!

Zu schön um wahr zu sein

Die Sozialen Medien sind voll mit Influencern, die sich und ihre Schönheit stolz dem digitalen Publikum präsentieren. Doch in den allermeisten Fällen sind die perfekten Körper mit Software aufgehübscht. Schönheitschirurg*innen ist dies ein Dorn im Auge.

Influencer*innen und Promis als Vorreiter

Ob Facebook, Instagram oder TikTok: In den sozialen Medien wimmelt es von Menschen, deren Hauptziel die Darstellung ihrer selbst ist und die als Influencer*innen daraus Gewinn schlagen möchten. Doch damit sind sie nicht allein. Auch Promis aller Art tummeln sich in Scharen auf den Plattformen und zeigen ihre perfekten Gesichter, Brüste, Hintern und Muskeln.

Perfekt – besser, dem gängigen Schönheitsideal angepasst - sind die Bilder in der Regel nur, weil mit spezieller Software nachgeholfen wird. Filter strecken die Silhouette und idealisieren Proportionen. Sie machen Brüste praller, bauschen Hintern auf und schmälern Taillen, vergrößern Augen und Lippen und befreien die Haut von jeglichem Makel.

Falsche Schönheit setzt unter Druck

Vor allem für junge Leute ist das gefährlich, warnt Dr. Alexander Hilpert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Sie geraten durch diese unrealistischen Bilder psychisch massiv unter Druck und wollen genauso aussehen wie ihre Vorbilder. Das zeigt auch eine Umfrage der DGÄPC: Die Nachfrage nach ästhetisch-plastischen Eingriffen steigt, und viele der jungen Frauen und Männern lassen sich durch Posts in sozialen Medien dazu motivieren.

Diesen Einfluss der Sozialen Medien sehen die Expert*innen sehr kritisch. Denn die Körperformen in den geschönten Posts sind häufig realitätsfern. In Norwegen und Frankreich gibt es deshalb die gesetzliche Pflicht, dass durch Software optimierte Bilder gekennzeichnet werden müssen. Ein Punkt, in dem Deutschland unbedingt nachziehen müsse, meint Dr. Hilpert. Denn dann erkennt auch der Laie: Dieses Gesicht oder diese Brüste sind digital bearbeitet worden und nicht „echt“.

Bloß nicht selbst zur Spritze greifen!

Der durch die Medien angeheizte Schönheitswahn birgt noch eine weitere Gefahr. Immer häufiger greifen Beauty-Victims zu Selbstinjektionslösungen, um in Eigenregie kleine Fältchen zu glätten oder die Lippen aufzublasen. Ein höchst riskantes Vorgehen, warnen die Ästhetischen Chirurg*innen. Sie empfehlen dringend, sich auch für „kleine“ ästhetische Eingriffe nur in Expertenhände zu begeben. In Deutschland sind dies die Fachärzt*innen für Plastische und Ästhetische Chirurgie.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: ponsulak/shutterstock.com