Gesundheit heute

Sexuelle Orientierung

Unter sexueller Orientierung versteht man, zu welchem Geschlecht sich jemand mit seinem Fühlen und Begehren sexuell hingezogen fühlt. Zu den sexuellen Grundorientierungen zählen die Heterosexualität, Homosexualität und Bisexualität sowie für viele Sexualwissenschaftler*innen auch die Pansexualität und Asexualität.

Anders sieht es bei der Pädophilie aus. Diese als „sexuelle Orientierung“ zu bezeichnen, wird heute von den meisten Sexualwissenschaftlern und Medizinern abgelehnt. Sie zählt zu den Störungen der Sexualpräferenz.

Heterosexualität

Heterosexualität bedeutet, dass sich jemand von Personen des anderen Geschlechts angezogen fühlt. Mindestens 90 % der Menschen in den Industriestaaten streben eine heterosexuelle (hetero wörtlich: der andere, entgegengesetzt) Beziehung an. Weil diese sexuelle Ausrichtung so häufig ist, wurde sie lange Zeit als die „normale" Orientierung angesehen.

Homosexualität

Jemand fühlt sich sexuell von gleichgeschlechtlichen Personen (homo wörtlich: gleich) angezogen. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich für männliche Homosexualität der Begriff „schwul", für weibliche „lesbisch" durchgesetzt. Schätzungen zur Häufigkeit von Homosexualität variieren, man geht jedoch davon aus, dass etwa 10 % der Männer und etwa 5 % der Frauen homosexuell sind. Meist wird die homosexuelle Orientierung erstmals in der Pubertät empfunden, viele Menschen erleben diese Neigung bei sich jedoch anfangs als fremd und reagieren mit Abwehr. Daran schließt sich für die Betroffenen ein Prozess der Klärung ihrer Gefühle und Bedürfnisse an, der häufig in ein Coming out, also ein Bekenntnis zur homosexuellen Orientierung mündet.

Früher wurden homosexuelle Neigungen und Handlungen als krankhaft angesehen und unter Strafe gestellt (in Deutschland bis 1974). Heute begreift sowohl die Medizin als auch die Rechtsordnung Homosexualität als normale Variante der sexuellen Orientierung, die zudem in allen Kulturen der Menschheit anzutreffen ist.

Die Frage, ob Homosexuelle unter ihrer sexuellen Identität leiden, ist müßig – die Zahl der Heterosexuellen, die Probleme mit ihrer Sexualität haben, dürfte viel größer sein. Auf der anderen Seite gibt es auch heute in unserer vergleichsweise toleranten Kultur Frauen und Männer, denen ihre homosexuelle Orientierung zu schaffen macht (wie andere sexuelle Orientierungen auch). Entscheidend ist, was der oder die Einzelne aus seiner Sexualität macht, ob sie in das Leben integrierbar ist oder als Belastung und Bedrohung erlebt wird.

Bisexualität

Sexuelles Interesse an Personen beiderlei Geschlechts. Nur 1–2 % der Menschen bezeichnen sich als bisexuell. Die meisten Bisexuellen berichten in Bezug auf ihre sexuellen Fantasien doch von der Vorliebe für ein Geschlecht. Vorübergehend bi- bzw. homosexuelles Verhalten ist z. B. in Gefängnissen oder während Kriegszeiten ein häufiges Phänomen, wenn das Wunschgeschlecht als Partner*in nicht zur Verfügung steht.

Aber auch Menschen mit einer grundsätzlich heterosexuellen Orientierung machen im Verlauf ihres Lebens homosexuelle Erfahrungen. Und nicht jeder Mensch, der in seiner Jugend gleichgeschlechtlich interessiert ist, ist dies im Erwachsenenalter immer noch.

Pansexualität

Pansexualität bedeutet, dass das Geschlecht oder die Geschlechtsidentität der Partner*in für die eigene Sexualität und das eigene Liebesempfinden keine Rolle spielt. Im Gegensatz zur Bisexualität umfasst dies etwa auch intersexuelle Menschen. Das Begehren bezieht sich jedoch nur auf erwachsene Menschen, dehnt sich also nicht über Alters- oder Artengrenzen hinweg aus.

Asexualität

Asexualität bezeichnet die Abwesenheit des Verlangens nach sexueller Interaktion überhaupt. Die Asexualität gilt inzwischen neben der Hetero-, Homo- und Bisexualität als 4. Form der sexuellen Orientierung. Asexuelle haben kein Interesse an Sex, können aber wie alle anderen Menschen eine allgemeine Libido haben, d. h. ein spontanes Auftreten sexueller Erregung oder das Bedürfnis nach Masturbation. Asexualität schließt auch Partnerschaft und romantische Anziehungen nicht aus. Viele Asexuelle wünschen sich Beziehungen auf einer für gewöhnlich rein platonischen Basis. Um die öffentliche Akzeptanz bzw. Diskussionen über Asexualität für Außenstehende sowie das Wachstum und die Kommunikation einer asexuellen Gemeinschaft zu erleichtern wurde das Netzwerk AVEN gegründet. Mehr dazu unter www.aven-info.de.

Weiterlesen:

  • Was ist Sexualität?
  • Geschlechtsidentität

Von: Dr. med. David Goecker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierungen: Dr. med. Sonja Kempinski, Dr. med. Tobias Höflein
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Vasektomie stört Sexleben nicht

Vasektomierte Männer sind offenbar zufriedener mit ihrem Sexleben als nicht-vasektomierte.

Vasektomie stört Sexleben nicht

Droht Impotenz?

Manche Männer scheuen sich vor einer Vasektomie, weil sie Angst haben, dass dieser Eingriff sie impotent oder weniger männlich macht. Doch die operative Durchtrennung der Samenleiter scheint das Gegenteil zu bewirken.

Sicher und ohne Hormone verhüten

Durch eine Vasektomie wird der Mann steril, d.h., er kann keine Kinder mehr zeugen. Diese Form der Empfängnisverhütung ist daher besonders sicher. Und bietet einen weiteren Vorteil: Die Partnerin muss nicht verhüten und dafür beispielsweise zu Hormonen greifen, die ihren Körper belasten.

Der Eingriff selbst ist einfach und wird in Lokalbetäubung vorgenommen. Trotzdem entscheiden sich pro Jahr in Deutschland nur etwa 50.000 Männer für die endgültige Durchtrennung ihrer Samenleiter – in den USA sind es bezogen auf die Bevölkerung doppelt so viele.

Sexuell aktiver und zufriedener

Ein Grund für die Zurückhaltung deutscher Männer ist ihre Sorge, dass die Vasektomie nicht nur die Zeugungsfähigkeit, sondern auch die sexuelle Funktion lahmlegt. Doch offenbar ist das Gegenteil der Fall, wie die Ergebnisse der Bavarian Men´s Health Study andeuten. In dieser Studie wurden 2330 Männer im Alter von durchschnittlich 50 Jahren zu ihrem Sexualleben befragt. Knapp 13% der Männer waren vasektomiert, wobei der Eingriff durchschnittlich neun Jahre zurücklag.

Die Analyse der Antworten zeigt: Insgesamt schadete das Durchtrennen der Samenleiter dem Sexualleben nicht. In einigen Punkten schnitten die Vasektomierten sogar besser ab als ihre „intakten“ Kollegen:

  • Vasektomierte Männer waren sexuell aktiver und zufriedener als nicht-vasektomierte.
  • Vasektomierte Männer litten seltener an einer erektilen Dysfunktion. Bei ihnen lag die Rate bei 13,5%, bei den Männern mit intakten Samenleitern waren 20% davon betroffen. Interessant war dabei, dass die beiden Gruppen sich in puncto Lebensstil und Begleiterkrankungen nicht unterschieden. Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere typische Risikofaktoren schieden also als Ursache für die unterschiedlichen Raten der erektilen Dysfunktion aus.
  • Störungen der Libido oder der vorzeitige Samenerguss waren in beiden Gruppen gleich häufig. Eine Vasektomie begünstigte solche Probleme also nicht.

Familienväter mutiger

Nicht verwunderlich war, dass vasektomierte Männer häufiger in Familien lebten und öfter Kinder hatten als Männer ohne durchtrennte Samenleiter. Denn eine abgeschlossene Familienplanung ist gerade für Paare ein typischer Anlass, über eine Sterilisation des männlichen Partners nachzudenken.

Männer, die sich einerseits die Sterilisation wünschen aber andererseits aus Sorge um ihr Sexualleben nicht so recht trauen, können also entwarnt werden, meint der Urologe Dr. Matthias Jahnen vom Universitätsklinikum Rechts der Isar in München. Ihm zufolge gibt es keinen Grund zur Befürchtung, dass der Eingriff das Sexleben langfristig in Mitleidenschaft ziehen könnte.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: AimPix/Shutterstock.com