Gesundheit heute

Was sind sexuell übertragbare Erkrankungen?

Geschlechtskrankheiten (venerische Infektionen): In der Regel auf sexuellem Weg übertragene Gruppe von Erkrankungen; die meisten können aber auch ohne sexuellen Kontakt übertragen werden. International ist der Begriff der sexuell übertragbaren Erkrankungen, englisch sexually transmitted diseases oder kurz STDs, üblich.

Früher waren all diese Geschlechtskrankheiten meldepflichtig; aufgrund des Infektionsschutzgesetzes von 2001 gilt das nur noch für Syphilis und HIV. Naturgemäß betreffen Geschlechtskrankheiten sexuell aktive Jugendliche und Erwachsene, einige können aber auch schon während oder vor der Geburt sowie im höheren Lebensalter z. B. durch Bluttransfusionen übertragen werden.

Zu beachten ist, dass bei allen sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten der Eintrittsort für die Erreger von den jeweiligen Sexualpraktiken abhängt. Deshalb kann neben den Geschlechtsorganen gleichzeitig oder allein der Enddarm bei Analverkehr oder die Mund- und Rachenschleimhaut bei Oralverkehr befallen sein.

Die Heilungschancen hängen vom Krankheitserreger und vom Zeitpunkt des Therapiebeginns ab.

Überblick

Geschlechtskrankheiten sind eine große Gruppe von Infektionen, die von Kleinstlebewesen, Bakterien oder Viren verursacht werden. Zu den schon seit Jahrhunderten bekannten und früher vorherrschenden Geschlechtskrankheiten zählen diese vier:

  • Gonorrhoe (nach wie vor häufig)
  • Syphilis (ziemlich selten)

In den westlichen Ländern treten Gonorrhoe und Syphilis mittlerweile nicht mehr so häufig auf, die Infektionsschwerpunkte haben sich nach Ostasien und Afrika verlagert.

  • Ulcus molle (Weicher Schanker, selten)
  • Lymphogranuloma inguinale (ebenfalls selten, zumindest in den westlichen Industrieländern)

Da alle vier charakteristische Beschwerdebilder haben, werden sie von den Ärzten oft als spezifische Geschlechtskrankheiten bezeichnet.

Seit den 1950er Jahren stehen allerdings zunehmend andere Erkrankungen im Vordergrund, die leider schwieriger zu erkennen sind und deshalb von Medizinern auch unspezifische Geschlechtskrankheiten genannt werden. Sie werden weiter unten im Einzelnen besprochen. Sie sind auch nicht alle akut gefährlich, einige können Männer ein Leben lang begleiten.

Die häufigeren Geschlechtskrankheiten im Einzelnen

Gonorrhoe. Bei der Gonorrhoe (Tripper) ist die vordere Harnröhrenschleimhaut (Urethritis anterior) entzündet, typischerweise verbunden mit gelblich-grünem Ausfluss aus dem Penis. Diese Entzündung kann zum Brennen in der Harnröhre führen.

Syphilis. Bei der Syphilis (Lues) entsteht am Infektionsort nach ~ 3 Wochen ein so genanntes Primärstadium, beim Mann typischerweise ein schmerzfreies Geschwür mit derber Schwellung an der Eichel, später verbunden mit nicht juckendem Hautausschlag am ganzen Körper.

Chlamydien. Zu den häufigen Geschlechtskrankheiten gehören Infektionen mit Chlamydien: Es sind kugelförmige Bakterien, die nur in Wirtszellen überleben können und Entzündungen an Harnröhre und Nebenhoden verursachen. Die Beschwerden sind meistens nur schwach ausgeprägt, vor allem Patientinnen bemerken meist nichts. In der Folge wird die Ansteckung nur selten erkannt, und es besteht die Gefahr, dass die Erkrankung chronisch wird, wodurch vor allem Frauen Folgeschäden wie Unfruchtbarkeit und chronische Adnexitis drohen. Auch wird der Keim unbemerkt weiter übertragen. Die Infektion wird also vom Betroffenen leicht übersehen. Immerhin gibt es neuerdings Laboruntersuchungen zum Erregernachweis, z.B. aus dem Urin. Eine Therapie der betroffenen Sexualpartner gelingt fast immer durch die Gabe von Antibiotika (z. B. Doxycyclin), da Resistenzen selten sind. Der Arzt wird nach der Therapie einen Abstrich vornehmen, um den Therapieerfolg zu kontrollieren.

Mykoplasmen. Infektionen mit Mykoplasma genitalium führen zu oft nur schwachen Entzündungen von Harnröhre (Urethritis) und Prostata (Prostatitis). Diagnostik und Therapie sind identisch mit der von Chlamydieninfektionen.

Feigwarzen. Häufig sind Feigwarzen (Condylomata accuminata, Genitalwarzen), die von Humanen Papillom Viren (HPV) verursacht werden; von ihnen sind Frauen häufiger als Männer betroffen. Die Feigwarzen kommen beim Mann am Penis vor, bei der Frau am äußeren Genitale und am Gebärmutterhals – seltener aber auch am Enddarm sowie im Mund- und Rachenraum. Der Arzt entfernt die Feigwarzen durch Elektrokoagulation (elektronische Verkochung) oder durch Laserstrahlen in lokaler Betäubung. Die früher durchgeführte Einpinselung mit Podophyllotosin-Lösung (Condylox®) wird nur noch selten angewendet, da inzwischen eine besser verträgliche Creme mit  Imiquimod (Aldara®) zur Verfügung steht. Rückfälle können auftreten.

Herpes genitalis. Ebenfalls häufig sind Infektionen mit dem Herpes-Virus-2, dem Erreger des Herpes genitalis. Äußeres und inneres Genitale zeigen Herpesläsionen (Gewebeveränderungen bis hin zu Gewebeschäden). Auch können diese im Bereich des Anus und in der Mundhöhle auftreten. An Eichel und Innenseite der Vorhaut entstehen kleine Bläschen mit klarem Inhalt, die befallenen Stellen brennen, sind gerötet und geschwollen. Bei der ärztlichen Untersuchung sind die Bläschen meist bereits verkrustet. Erst die Laboruntersuchung des Bläscheninhalts zeigt dem Arzt, ob seine Verdachtsdiagnose stimmt. Herpes genitalis ist nicht heilbar (wie auch der Lippenherpes), allenfalls sind die Beschwerden therapierbar. Virostatika wie z. B. Aciclovir (Zovirax®) als Salbe oder Tablette, alternativ auch Valaciclovir oder Famciclovir lindern die Beschwerden, verringern die Ausbreitung der Bläschen und beschleunigen die Heilung. Unmittelbar bei Auftreten der ersten Symptome angewendeter Reizstrom durch einen kleinen Stift (Herpifix®), der den Säurewert des betreffenden Hautareals ändert, verhindert zuverlässig den Ausbruch der Erkrankung. Dennoch überleben die Viren in Nervenknoten und reaktivieren sich, wenn das Immunsystem geschwächt ist; daher sind Rückfälle häufig.

Hepatitis B und HIV/AIDS. Eine Sonderstellung nehmen die Hepatitis-Viren (relevant ist v. a. der Typ B) und HI-Viren (AIDS) ein, die weltweit ebenfalls am häufigsten sexuell übertragen werden. Beide Viren sind in allen Körperflüssigkeiten enthalten und in besonders hoher Konzentration auch im Sperma, so dass sie durch immer auftretende kleinste Verletzungen beim Geschlechtsverkehr besonders leicht übertragen werden. Besteht die Möglichkeit, sich mit HIV infiziert zu haben, so ist eine Postexpositionsprophylaxe innerhalb von 72 Stunden nach der möglichen Ansteckung dringend zu empfehlen, um den Ausbruch der HIV-Infektion noch zu unterbinden.

Das macht der Arzt

Der Arzt erkundigt sich zuerst nach dem Beschwerdebild, nach Sexualpartnern und Sexualpraktiken. Bei der Untersuchung achtet er auf Rötung, Schwellung, Ausfluss, Bläschen, Knoten, Geschwür- oder Warzenbildung an Penis und Anus. Entsprechend den Angaben des Patienten und dem Befund veranlasst er eine Blut- und Harnuntersuchung und macht einen Abstrich; gegebenenfalls lässt er weitergehende Laboruntersuchungen durchführen. Auf den Untersuchungsergebnissen basierend stimmt der Arzt die Therapie ab (bei den einzelnen Erkrankungen erklärt).

Verzichten Sie auf Selbstbehandlung. Selbst wenn dadurch die Beschwerden zurückgehen sollten, ist die Erkrankung keinesfalls geheilt und kann chronisch werden. Spätschäden sind meist nur schlecht zu behandeln und häufig schwerwiegend.

Die Untersuchung und Mitbehandlung der Partner ist bei den meisten Geschlechtskrankheiten notwendig, um Ping-Pong-Infektionen (zwischen den Partnern hin- und herspringende Infektionen) zu verhindern – auch wenn der Partner keine Beschwerden hat. Verweigert Ihr Partner das, sollten Sie dies nicht akzeptieren: Er gefährdet Ihre Gesundheit.

Bis zur völligen Heilung der Infektion müssen Sie auf Geschlechtsverkehr verzichten. Wann das der Fall ist, besprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt.

Vorsorge

Forschung und Statistik haben zahlreiche Risikofaktoren und -situationen benannt, die ein erhöhtes Risiko für die Ansteckung an einer sexuell übertragbaren Erkrankung bilden. Folgerung aus diesen Erkenntnissen ist, dass

  • Definitiv nur Kondome und etwas weniger effektiv das Femidom (oder no sex at all) Schutz vor Geschlechtskrankheiten bieten
  • Besondere Risiken bei häufig wechselnden Sexualpartnern sowie schleimhautverletzenden Sexualpraktiken wie z. B. bei Analverkehr bestehen
  • Statistisch gesehen auch junge Männer unter 20 Jahren, Homo- sowie Bisexuelle, Dunkelhäutige und Männer, die aufgrund (chronischer) Erkrankungen immungeschwächt sind, oder Drogenabhängige besonders von Geschlechtskrankheiten betroffen sind.

Zur Vorbeugung einer Ansteckung durch Hepatis-B-Viren existiert eine wirksame Schutzimpfung. Diese wird Männern mit Kontakt zu Prostituierten dringend empfohlen.

Weiterführende Informationen

  • www.bzga.de – Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln: Themenschwerpunkte sind u. a. Aidsprävention und Sexualaufklärung, unter der Rubrik Infomaterialien/Bestellung gibt es hierzu zahlreiche Broschüren zum Bestellen und Herunterladen.
  • E. Christophers; M. Ständer: Haut- und Geschlechtskrankheiten. Urban & Fischer, 2003. Fachbuch, das gut strukturiert auch für den Laien verständlich ist und handlungsorientierte Hilfe bietet.

Von: Dr. med. Martina Sticker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Die Syphilis geht um

Syphilis wird mit Hilfe einer Blutprobe nachgewiesen.

Die Syphilis geht um

Immer mehr Infektionen

Die Syphilis ist in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Mit 7889 Fällen wurde 2019 ein neuer Höchstwert erreicht, meldet das Robert Koch-Institut (RKI), und die Zahlen steigen seit 2010 kontinuierlich.

Mit Kolumbus in die Alte Welt

Franzosenkrankheit, Hurenkrätze, Morbus gallicus — seit der Rückkehr von Kolumbus und seinen Mannen aus Amerika wütet die Geschlechtskrankheit Syphilis unter mehr als 200 klangvollen Namen in Europa. Inzwischen ist sie weltweit unterwegs, die WHO schätzt die Anzahl der Neuerkrankungen auf etwa 12 Millionen Fälle jährlich. Übertragen wird die Erkrankung durch das Bakterium Treponema pallidum bei genitalem, analem oder oralem Sex. Selten infizieren auch erkrankte Mütter ihr Baby während der Geburt.

531 mehr Fälle

In Deutschland steigen laut RKI die Syphilis-Zahlen seit 2010, im Jahr 2019 wurden mit 7889 Fällen 531 mehr gemeldet als im Vorjahr. Damit beträgt die bundesweite Inzidenz 9,5 Fälle/100 000 Einwohner. Vor allem in Berlin (39,7 Fälle/100 000) und Hamburg (24,5/100 0000) macht sich die Syphilis breit, wobei diese Ballungsräume in puncto Syphilis schon immer auf hohem Niveau lagen. Am seltensten findet man die Syphilis in Brandenburg und Vorpommern (4,1 und 4,3/100 000).

Bemerkenswert sind auch die Zuwachszahlen einiger Städte: In Dresden stieg die Anzahl der gemeldeten Syphilisfälle pro 100 000 Einwohner um 89,9%, in Bochum um 64%, in Leipzig um 44,4%, und in Köln um 35,4%.

Fast reine Männersache

Die Syphilis ist in Deutschland immer noch fast reine Männersache: Frauen sind mit knapp 6% der gemeldeten Fälle weiterhin nur zu einem Bruchteil betroffen. Bei über 70 % der gemeldeten Patient*innen ließ sich das Herkunftsland eruieren: Der Löwenanteil war mit 80,7 % deutscher Herkunft. Italienischer, rumänischer und polnischer Herkunft waren je etwa 1% der Patient*innen, brasilianischer 1,6 und türkischer Herkunft 1,3%.

Mit Abstand der häufigste Infektionsweg der Syphilis ist heutzutage der Sex von Männern mit Männern, knapp 86% der Fälle waren darauf zurückzuführen. Die heterosexuelle Übertragung schlug mit 14% zu Buche, in 3 Fällen wurde der Erreger von einer infizierten Mutter auf ihr Neugeborenes weitergegeben. In den Fällen, in denen das RKI Informationen zum Eintrittsort der Infektion hatten, saßen 70% der Syphilisgeschwüre am Genital, 16% anal und bei 14% der Patient*innen im Mund.

Bei Frauen später erkannt

Je früher die Syphilis erkannt und antibiotisch behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Hier lagen MSM (Männern die mit Männern Sex haben) mit gleichzeitiger HIV-Infektion vorn: Bei ihnen wurden die Syphilis in 72,7% der Fälle innerhalb von zwei Monaten nach Infektion erkannt (bei MSM ohne HIV und heterosexuellen Männern waren dies 67,3% respektive 57,8%).

Bei Frauen liegen die ersten Geschwüre häufig versteckt in der Scheide. Das spiegelt sich auch im Zeitpunkt der Diagnose wider: 2019 erhielten nur 43,3% ihre Diagnose in den ersten zwei Monaten nach Infektion und fast 20% erst nach einem Jahr.

Quelle: RKI Epidemiologisches Bulletin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Jarun Ontokrai/Shutterstock.com