Gesundheit heute

Erektile Dysfunktion

Erektile Dysfunktion (Erektionsstörung, ED): Anhaltende oder wiederkehrende Unfähigkeit, eine Erektion zu bekommen oder aufrecht zu erhalten; häufigste sexuelle Funktionsstörung, mit der Patienten zur Sexualberatung und Sexualtherapie kommen.

Die unscharfen populärmedizinischen Begriffe Potenzstörung und Impotenz für die Erektionsstörung werden von Sexualmedizinern nicht verwendet.

Der Übergang von der „normalen" Erektionsfähigkeit zur Erektionsstörung ist fließend. Viele Männer benötigen mit steigendem Alter auch einen stärkeren Stimulus, damit die Erektion überhaupt in Gang kommt (was ihre Partnerinnen oft dahingehend fehldeuten, dass sie nicht mehr attraktiv seien).

Ursachen. Bei vielen Männern verschlechtert sich mit zunehmendem Alter die arterielle Blutversorgung des Glieds, weil sich die Blutgefäße verändern, u.a. verengen. Rund 25 % der 65-jährigen Männer sind, v. a. in Folge von Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, aber auch durch Tabakkonsum davon betroffen.

In anderen Fällen kommt es durch einen zu starken Blutabfluss aus den Schwellkörpern (venöses Leck) zu einer verminderten Gliedsteife. Auch operative Eingriffe im Genitalbereich (wie die Prostataentfernung) können durch die Schädigung von Nerven zu Erektionsstörungen führen.

Eine weitere Ursache kann ein mit zunehmendem Alter sinkender Testosteronspiegel sein: Ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Produktion des männlichen Geschlechtshormons ab, zwischen 40 und 70 sinkt der Testosteronspiegel jährlich um 1,2 %. Ältere Männer bekommen bei sexueller Stimulation und beginnender Erregung nicht mehr so schnell eine Erektion wie früher. Auch wird sie langsamer aufgebaut, ist störanfälliger und häufig wird der Penis nicht mehr so steif. Der Mann braucht länger, um zum Orgasmus zu kommen und die Menge des Spermas beim Samenerguss wird geringer.

Natürlich gibt es auch Erektionsprobleme aufgrund von Spannungen in der Beziehung, wenn sie auch seltener sind als das vergleichbare Syndrom bei der Frau, die Erregungsstörung. Bei Erektionsstörungen fühlen sich viele Männer als Versager, verstärkt durch den „Zwang", beim Geschlechtsverkehr auf eine ausreichende Erektion angewiesen zu sein. Aus Angst, der Partnerin nicht zu genügen, entsteht ein Teufelskreis: Man konzentriert sich so stark auf die Erektion, dass diese gerade dadurch gehemmt und zum vermeintlichen Dauerproblem wird. In den meisten Fällen sind Erektionsstörungen jedoch nur zeitweilig, bedingt durch seelische Konflikte, Partnerschaftsprobleme, Angstfantasien und allem voran Leistungsdruck und Stress am Arbeitsplatz.

Jedes dieser zunächst nur gelegentlich auftretenden Probleme kann sich aber verselbstständigen: Ausbleibende oder zu schwache Erektionen führen, unabhängig von der Ursache, zu Enttäuschung und oft auch zum Abbruch der intimen Situation. In der Folge haben viele Männer Angst, beim nächsten Geschlechtsverkehr erneut zu versagen. So geraten die Betroffenen in einen Teufelskreis von Versagensangst und daraus entstehendem tatsächlichen Versagen.

Medikamentöse Therapie. Am häufigsten werden Erektionsstörungen heute mit Phosphodiesterase-5-Hemmern (kurz PDE5-Hemmer) behandelt. Es sind derzeit vier Substanzen auf dem Markt:

  • Sildenafil (Viagra®) , dessen Wirkung von vielen Betroffenen als am stärksten angegebenen wird, die etwa 30 Minuten nach Einnahme einsetzt und 4–6 Stunden anhält.
  • Tadalafil (Cialis®) mit einer gleichmäßigeren Wirkung als Viagra®, die über einen Zeitraum 24–36 Stunden lang anhält.
  • Avanafil (Spedra®), im Wirkprofil mit Viagra® vergleichbar, aber mit höherer PDE5-Wirkspezifität und deshalb besserer Verträglichkeit
  • Vardenafil (Levitra®), das im Wirkprofil Viagra® ähnelt.

Die Kosten sind bei allen vier Medikamenten relativ gleich. Auch bei Vorerkrankungen übernimmt die Kasse davon keinen Anteil.

Viagra® & Co. wirken alle gleich: Sie hemmen den Abbau des Enzyms cGMP, das die Erektion aufrechterhält. Dieser Mechanismus funktioniert jedoch nur, wenn der Mann tatsächlich erregt ist und die Blutversorgung und die Nervenbahnen zumindest noch teilweise funktionieren (Resterektionsfähigkeit). Ist die Erektionsstörung Folge einer Beziehungskrise oder einer fortgeschrittenen Gefäßerkrankung, so kann daher trotz Einnahme von Viagra® & Co. eine Erektion ausbleiben.

Viagra® & Co. sind bei unkritischer Einnahme nicht ungefährlich, über 200 Todesfälle vor allem durch Komplikationen am Herzen sind dokumentiert. Sie sind verschreibungspflichtig und dürfen von Risikopatienten mit schweren Herz- oder Kreislauferkrankungen wie z. B. Angina pectoris, Hypotonie (niedriger Blutdruck), schwere Herzrhythmusstörungen, nach Schlaganfall sowie bei gleichzeitiger Einnahme anderer Medikamente wie andere Potenzpräparaten, blutdrucksenkender Nitraten und Alpha-Blockern in der Regel nicht eingenommen werden. Gleiches gilt für Patienten mit ausgeprägter Leber- oder Nierenfunktionsstörung. Werden eventuelle Gegenanzeigen jedoch mit dem Arzt abgesprochen, beachtet und die vom Arzt erlaubte Dosierung nicht eigenmächtig erhöht, ist die Einnahme sicher und schwere Nebenwirkungen sind selten. Eine Dosisreduzierung ist bei Nierenversagen (akute Niereninsuffizienz) und bei Lebererkrankungen erforderlich.

Wird der Einsatz von Viagra® & Co. erwogen, so ist der Urologe (oder auch der Hausarzt) der richtige Ansprechpartner. Damit die Medikamente überhaupt wirken, ist eine Rest-Erektionsfähigkeit Voraussetzung – das kann man ganz einfach feststellen: Sie ist dann gegeben, wenn nachts oder morgens beim Aufwachen öfters eine Erektion besteht.

Bevor Sie aber zum Arzt gehen, sollten Sie offen mit der Partnerin über Ihr Problem sprechen, um den Erfolgsdruck zu reduzieren. Erektionen sind mehr als gut funktionierende Hydraulik. Häufig hilft es, sich viel Zeit zur Entspannung zu nehmen, noch hilfreicher ist aber für viele Männer, die „Orgasmusfixierung" im Schlafzimmer aufzugeben und andere Sexualpraktiken neu zu entdecken. Die Partnerinnen sind dabei meist gerne mit von der Partie.

Die Einnahme von Viagra® & Co. muss übrigens nicht permanent erfolgen: Gerade wenn sich in der Beziehung der beschriebene Teufelskreis eingeschlichen hat, genügt oft eine Kurztherapie, um ihn zu durchbrechen.

Für Patienten, für die die Einnahme von Viagra® & Co. nicht in Frage kommt, z. B. nach Operationen im kleinen Becken, stehen als weitere Alternativen die  Schwellkörper-Auto-Injektions-Therapie (SKAT) sowie der Einsatz einer Vakuumpumpe zur Verfügung:

Schwellkörper-Auto-Injektionstherapie (SKAT): Eine Injektion von Substanzen, welche die Blutgefäße erweitern (Papaverin, Phentolamin, Prostaglandin E1) in den Schwellkörper des Penis. Sie führt in den meisten Fällen zu einer raschen Erektion und dies auch ohne sexuelle Erregung. Die selbst durchgeführte Einspritzung ist leicht zu erlernen. Als Nebenwirkungen der Injektion können eine schmerzhafte Dauererektion und langfristig auch eine Schädigung des Schwellkörpers auftreten. Prostaglandin E1 ist nebenwirkungsarm, heute Mittel der Wahl bei der SKAT und kann alternativ in Form von Kapseln in die Harnröhre eingeführt werden. Mit Aufkommen der gut wirksamen Phosphodiesterase-5-Hemmer hat die SKAT jedoch an Bedeutung verloren. Sie wird weiterhin angewendet, wenn Phosphodiesterase-5-Hemmer kontraindiziert und/oder unwirksam sind. Eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse erfolgt nur in begründeten Einzelfällen.

Mit einer Vakuumpumpe, die über den Penis gestülpt wird, wird ein Unterdruck erzeugt. Dieser Unterdruck vermehrt den Bluteinstrom in die Schwellkörper des Penis. Nach Erreichen der Erektion wird ein Gummiring über die Peniswurzel angelegt, der den Blutausstrom verhindert. Bei noch vorhandener spontaner Erektionsfähigkeit kann zur Verlängerung der Erektionsdauer ebenfalls ein Gummiring verwendet werden.

Chirurgische Therapie. Bleiben die medikamentösen und sexualtherapeutischen Behandlungsversuche erfolglos, so kann versucht werden, durch einen chirurgischen Eingriff (Gefäßchirurgie) die Funktion von Penisarterien und -venen zu verbessern. Penisprothesen werden heutzutage nur noch selten eingesetzt.

Von: Dr. med. David Goecker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Die Syphilis geht um

Syphilis wird mit Hilfe einer Blutprobe nachgewiesen.

Die Syphilis geht um

Immer mehr Infektionen

Die Syphilis ist in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Mit 7889 Fällen wurde 2019 ein neuer Höchstwert erreicht, meldet das Robert Koch-Institut (RKI), und die Zahlen steigen seit 2010 kontinuierlich.

Mit Kolumbus in die Alte Welt

Franzosenkrankheit, Hurenkrätze, Morbus gallicus — seit der Rückkehr von Kolumbus und seinen Mannen aus Amerika wütet die Geschlechtskrankheit Syphilis unter mehr als 200 klangvollen Namen in Europa. Inzwischen ist sie weltweit unterwegs, die WHO schätzt die Anzahl der Neuerkrankungen auf etwa 12 Millionen Fälle jährlich. Übertragen wird die Erkrankung durch das Bakterium Treponema pallidum bei genitalem, analem oder oralem Sex. Selten infizieren auch erkrankte Mütter ihr Baby während der Geburt.

531 mehr Fälle

In Deutschland steigen laut RKI die Syphilis-Zahlen seit 2010, im Jahr 2019 wurden mit 7889 Fällen 531 mehr gemeldet als im Vorjahr. Damit beträgt die bundesweite Inzidenz 9,5 Fälle/100 000 Einwohner. Vor allem in Berlin (39,7 Fälle/100 000) und Hamburg (24,5/100 0000) macht sich die Syphilis breit, wobei diese Ballungsräume in puncto Syphilis schon immer auf hohem Niveau lagen. Am seltensten findet man die Syphilis in Brandenburg und Vorpommern (4,1 und 4,3/100 000).

Bemerkenswert sind auch die Zuwachszahlen einiger Städte: In Dresden stieg die Anzahl der gemeldeten Syphilisfälle pro 100 000 Einwohner um 89,9%, in Bochum um 64%, in Leipzig um 44,4%, und in Köln um 35,4%.

Fast reine Männersache

Die Syphilis ist in Deutschland immer noch fast reine Männersache: Frauen sind mit knapp 6% der gemeldeten Fälle weiterhin nur zu einem Bruchteil betroffen. Bei über 70 % der gemeldeten Patient*innen ließ sich das Herkunftsland eruieren: Der Löwenanteil war mit 80,7 % deutscher Herkunft. Italienischer, rumänischer und polnischer Herkunft waren je etwa 1% der Patient*innen, brasilianischer 1,6 und türkischer Herkunft 1,3%.

Mit Abstand der häufigste Infektionsweg der Syphilis ist heutzutage der Sex von Männern mit Männern, knapp 86% der Fälle waren darauf zurückzuführen. Die heterosexuelle Übertragung schlug mit 14% zu Buche, in 3 Fällen wurde der Erreger von einer infizierten Mutter auf ihr Neugeborenes weitergegeben. In den Fällen, in denen das RKI Informationen zum Eintrittsort der Infektion hatten, saßen 70% der Syphilisgeschwüre am Genital, 16% anal und bei 14% der Patient*innen im Mund.

Bei Frauen später erkannt

Je früher die Syphilis erkannt und antibiotisch behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Hier lagen MSM (Männern die mit Männern Sex haben) mit gleichzeitiger HIV-Infektion vorn: Bei ihnen wurden die Syphilis in 72,7% der Fälle innerhalb von zwei Monaten nach Infektion erkannt (bei MSM ohne HIV und heterosexuellen Männern waren dies 67,3% respektive 57,8%).

Bei Frauen liegen die ersten Geschwüre häufig versteckt in der Scheide. Das spiegelt sich auch im Zeitpunkt der Diagnose wider: 2019 erhielten nur 43,3% ihre Diagnose in den ersten zwei Monaten nach Infektion und fast 20% erst nach einem Jahr.

Quelle: RKI Epidemiologisches Bulletin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Jarun Ontokrai/Shutterstock.com