Gesundheit heute

Orgasmusstörung beim Mann

Orgasmusstörung: Häufigste sexuelle Funktionsstörung des Mannes, wobei zwischen vorzeitigem Orgasmus, gehemmtem Orgasmus und ausbleibendem Orgasmus unterschieden wird.

Beim vorzeitigen Orgasmus (vorzeitiger Samenerguss, vorzeitige Ejakulation, Ejaculatio praecox) handelt es sich nicht um eine Störung des Samenergusses, sondern darum, dass der gesamte Orgasmusreflex zu früh ausgelöst wird. Dabei ist der Mann nicht fähig, seine sexuelle Erregung und den Zeitpunkt seines Orgasmus zu steuern und bekommt ihn gegen seinen Willen. Häufig geschieht dies schon beim sexuellen Vorspiel oder unmittelbar bei und nach dem Eindringen in die Scheide. Als Ursache wird eine von Natur aus niedrigere Orgasmusschwelle bei den Betroffenen angenommen.

Nicht selten be- und entstehen aber auch überzogene Erwartungen an den Orgasmus: Die betroffenen Männer leiden meist unter Schuld- und Versagensängsten ihren Partnerinnen gegenüber. Diese kann darauf mit einer Verringerung ihres sexuellen Interesses reagieren, was wiederum das Gefühl des Versagens beim Mann verstärkt. Obwohl Beziehungskonflikte beim vorzeitigen Orgasmus eher eine geringe Rolle spielen, können so neue Probleme entstehen.

Selbsthilfe und Therapie. Manche Männer versuchen den Orgasmus durch ablenkende Gedanken hinauszuzögern oder durch das Benutzen von Kondomen zu „erschweren". Manchmal hilft es auch schon, die Stellung beim Geschlechtsverkehr zu verändern. Eine weitere Möglichkeit ist, den Penis mit einem örtlich betäubenden Gel (z. B. Lidocain-Salbe) einzureiben.

Bei der Stopp-Start-Technik stimuliert die Partnerin den Mann manuell, vaginal oder oral, bis dieser sich der Orgasmusschwelle nähert und ein Stoppsignal gibt. Ist die Erregung dann etwas abgeklungen, setzt die Stimulation erneut ein, bevor sie, unmittelbar vor dem Orgasmus, wieder unterbrochen wird. Dieser Prozess sollte drei bis viermal wiederholt werden, bis der Mann aus eigenem Entschluss zum Höhepunkt kommt und dadurch lernt, seine Erregung besser zu kontrollieren.

Bleiben diese Maßnahmen erfolglos, kann unter der Aufsicht eines Arztes auch medikamentös behandelt werden. Die alleinige medikamentöse Behandlung ist jedoch oftmals wenig erfolgversprechend und sollte nur im Rahmen einer sexualmedizinischen (Paar) Behandlung erfolgen.

Folgenden Medikamenten wird eine ejakulationsverzögernede Nebenwirkung zugeschrieben: Clomipramin, Thioridazin, Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Seroxat®, Zoloft®, Fluctin®). Dabei können jedoch auch unerwünschte Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit auftreten.

Seltener als der vorzeitige Orgasmus sind der gehemmte Orgasmus (verzögerter Orgasmus) und der ausbleibende Orgasmus (Anorgasmie).

Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson und operative Schädigungen von Nervenbahnen können eine Orgasmushemmung begünstigen, eine schlüssige Erklärung gibt es für den gehemmten und ausbleibenden Orgasmus bisher jedoch nicht.

Die Betroffenen erleben das Erreichen des Orgasmus weniger als Lust denn als „harte Arbeit". Oft wird der Geschlechtsverkehr abgebrochen, wenn nach einer bestimmten Zeit die Erektion nachlässt oder eine Resignation auftritt, was die weitere sexuelle Erregung verhindert. Viele Partnerinnen erleben sich dann als unfähig, den Mann zum Orgasmus zu bringen, was bei ihnen zu Zweifeln, Selbstvorwürfen und letztendlich einem Rückgang der sexuellen Motivation bei beiden Partnern führt.

Therapie. Eine wirkungsvolle Behandlung mit Medikamenten ist nicht bekannt. Im Rahmen einer Sexualtherapie lernt das betroffene Paar sexuelle Wünsche und Bedürfnisse zu realisieren.

Von: Dr. med. David Goecker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Vorzeitigen Samenerguss behandeln

Ein vorzeitiger Samenerguss ist für Männer und ihre Partner*innen meist sehr belastend.

Vorzeitigen Samenerguss behandeln

Hilft ein Stimulationspflaster?

Ein vorzeitiger Samenerguss ist für die betroffenen Männer sehr belastend. Therapeutisch lässt sich bisher nicht allzuviel dagegen tun. In naher Zukunft soll ein elektrisches Stimulationspflaster helfen.

Sexualberatung und Antidepressiva können helfen

Von einem vorzeitigen Samenerguss spricht man, wenn ein Mann regelmäßig beim Sex innerhalb einer Minute nach dem Einführen des Penis zum Erguss kommt. In seltenen Fällen ist dafür eine Erkrankung, wie z.B. eine Entzündung der Prostata, verantwortlich. Meistens lässt sich dafür jedoch keine organische Ursache finden.

Ist der vorzeitige Samenerguss belastend, können sexualtherapeutische Behandlungen helfen. Auch Medikamente werden eingesetzt. Bestimmte Antidepressiva (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, kurz SSRI) können die Zeit bis zum Erguss verlängern. Das bisher einzige dafür zugelassene SSRI ist Dapoxetin, es dehnt die Dauer bis zum Erguss um eine bis eineinhalb Minuten. Andere SSRI sollen wirksamer sein, müssen aber von der Ärzt*in off-label verschrieben werden.

Elektrische Stimulation am Damm

Seit kurzem gibt es für betroffene Männer Hoffnung auf eine neue Option: Ein Pflaster, das auf den Damm aufgeklebt wird und diesen elektrisch stimuliert. Durch die Kontraktion des Beckenbodens sollen Höhepunkt und Ejakulation herausgezögert werden. Das Pflaster wird unter dem Namen vPatch vermarktet und soll voraussichtlich 2023 auf den Markt kommen.

Eine erste Studie dazu hat jetzt positive Ergebnis erzielt. Darin verlängerte das Stimulationspflaster bei 34 betroffenen Männern verlängerte es die Zeit vom Einführen des Penis in die Vagina bis zum Erguss von durchschnittlich 67 auf 123 Sekunden. Bei 17 Männer, die stattdessen eine Scheinstimulation am Damm erhalten hatten, besserte sich diese Zeit nur um durchschnittlich 18 Sekunden.

Quelle: medscape

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Dean Drobot/shutterstock.com