Gesundheit heute

Sterbehilfe

Man unterscheidet zwei Formen der Sterbehilfe:

Aktive Sterbehilfe ist die bewusste Tötung auf Verlangen, insbesondere auch bewusste Tötung mittels eines Medikaments, z. B. durch Verabreichung einer Überdosis bestimmter Medikamente. Sie ist nach geltendem Recht in Deutschland und Österreich verboten und wird als Beihilfe zum Selbstmord strafrechtlich verfolgt.

Passive Sterbehilfe bedeutet die Unterlassung von Maßnahmen wie z. B. künstliche Beatmung, Dialyse oder Sondenernährung, die lebensverlängernd oder sterbeverzögernd wirken. Die passive Sterbehilfe wird in vielen Staaten toleriert, so auch in den deutschsprachigen Ländern.

Der Konflikt. Der Wunsch zu sterben entsteht immer dann, wenn die Zukunft unerträglich erscheint. Bei unheilbar Kranken ist der Wunsch nach Sterbehilfe Ausdruck von Angst vor einem menschenunwürdigen Zugrundegehen, vor unerträglichen Schmerzen und vor der Unfähigkeit, elementarste Tätigkeiten wie Essen, Trinken und Ausscheiden selbst ausführen zu können.

Mithilfe der modernen Medizintechnik ist es möglich, Menschen z. B. monatelang im Wachkoma zu halten, einem Schwebezustand zwischen Leben und Tod, oder den Tod aussichtslos an Krebs Erkrankter durch Ernnährungssonden und andere Interventionen hinauszuzögern.

So ist es der Medizin heute sehr oft möglich, das Sterben unheilbar kranker Menschen um Tage, wenn nicht um Wochen aufzuschieben, indem z. B. bei zum Tode führenden Herzrhythmusstörungen wiederbelebt wird, bei tödlichem Flüssigkeitsverlust künstlich ernährt und bei tödlichem Nachlassen des Atemanreizes künstlich beatmet wird.

Daraus ist ein ethisches Dilemma entstanden: Denn niemand will unnötig leiden, und die meisten wünschen sich, in einer solchen im wahrsten Sinne des Wortes hoffnungslosen Situation „aus den Krallen der modernen Medizin befreit zu werden“, wie es z. B. die Gesellschaft für humanes Sterben in Worte fasst. So hat jeder Arzt die Unterlassung sterbeverzögernder Maßnahmen schon erlebt oder akzeptiert oder anderweitig verantwortet.

Auf der anderen Seite: Wer der Sterbehilfe das Wort redet, begibt sich auf einen schmalen Grat. Die ethischen Probleme beginnen schon damit, dass in der Praxis der Wille des Betroffenen nur selten wirklich feststeht. Und auch die „Aussichtslosigkeit“ einer Erkrankung mag für die Fälle monate- und jahrelangen Wachkomas zwar eindeutig gegeben sein – aber viele Ärzte haben Fälle erlebt, wo scheinbar hoffnungslos erkrankte Patienten sich wieder erholten.

Die praktischen Fragen sind jedoch die schwierigsten: Wie wird verhindert, dass ein Recht auf Sterbehilfe missbraucht wird? Von Erben, die schneller erben wollen, von Krankenhäusern, die in Zeiten der Fallpauschalen teure „Fälle“ loswerden wollen, von Ärzten, die Behandlungsfehler vertuschen möchten? Für diese Fragen gibt es zwar Ansätze einer Antwort, wie z. B. die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung aus dem Jahr 2004, aber keine allgemein akzeptierten und für praktikabel erachteten Lösungen.

Viele Ärzte und Pflegende tun sich deshalb schwer mit der Sterbehilfe – und ganz besonders die in der Palliativmedizin tätigen Pflegenden und Mediziner. Sie erleben, dass viele Menschen ein pauschales Recht auf Sterbehilfe deshalb einfordern, weil sie Angst davor haben, in den letzten Tagen und Wochen alleine gelassen zu werden und große Schmerzen unbehandelt aushalten zu müssen. Doch diese Probleme sind heute lösbar – wie die Zufriedenheit der meisten Patienten und ihrer Angehörigen zeigt, die palliativmedizinische Leistungen in Anspruch genommen haben.

Die Palliativmedizin setzt genau da an, wo der Wunsch nach Sterbehilfe in der Regel seinen Ausgang nimmt: bei der Angst vor unerträglichen Schmerzen und bei der Angst vor dem totalen Verlust der Menschenwürde. Sie schafft (fast immer) Lebensqualität statt nur ein erträgliches und rasches Ende. Palliativmedizin und Palliativpflege können allerdings nicht in allen Fällen helfen – insbesondere, wenn die höheren geistigen Funktionen, wie Bewusstsein und die Fähigkeit zur Wahrnehmung und Kommunikation, schon am Erlöschen sind, sind ihre Möglichkeiten begrenzt.

Von: Dipl.-Pflegew. (FH) Carmen Happe, Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Zweitmeinung zur Hüftprothese

Das Einpflanzen einer künstlichen Hüfte und ihre Funktion werden häufig an Modellen aus Kunststoff erklärt.

Zweitmeinung zur Hüftprothese

Ab 2024 möglich

Bei ausgeprägter Arthrose wird oft das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks empfohlen. Doch viele Betroffene sind unsicher, ob das wirklich die beste Maßnahme ist. Ab 2024 gibt´s Entscheidungshilfe: Wer eine Hüftprothese bekommen soll, kann sich auf Kassenkosten eine zweite Meinung dazu einholen.

Wenn nichts anderes mehr hilft

In Deutschland werden pro Jahr etwa 240 000 künstliche Hüftgelenke (Hüftendoprothese) eingesetzt. In etwa 75% wird der Gelenkersatz aufgrund von Arthrose nötig. Empfohlen wird eine neue Hüfte nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Behandlung der Arthrose ausgeschöpft sind. Dazu gehören schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik, Physiotherapie und die Anpassung der Belastung.

Es ist nicht ganz einfach, bei einer Hüftgelenksarthrose den besten Zeitpunkt für das Einsetzen einer Endoprothese zu finden. Operiert man zu spät, kann das Ergebnis darunter leiden. Z.B. wenn das Gelenk schon zu eingesteift war, um durch die Prothese die volle Bewegung zurückzuerlangen. Oder wenn sich das Schmerzgedächtnis nicht „löschen“ lässt, Schmerzen also trotz reibungslos funktionierender neuer Hüfte weiter bestehen bleiben. In seltenen Fällen ist vielleicht auch der Gelenkersatz gar nicht die richtige Entscheidung für die Betroffene.

Anspruch auf eine qualifizierte zweite Meinung

Auch wenn die behandelnde Ärzt*in nach bestem Wissen und Gewissen zum Hüftersatz rät – oft bleibt bei den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit zurück. Da hilft eine neue Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GbA). Danach haben gesetzlich Krankenversicherte in Zukunft das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ihnen ein Hüftgelenksersatz oder der Austausch ihrer Hüftprothese empfohlen wird. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse.

Ärzt*innen für die Zweitmeinung findet man im Netz

Die Zweitmeinung gibt es von speziell qualifizierte Fachärzt*innen, im Fall der Hüftgelenksprothese z.B. aus dem Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie beraten die Patient*innen darüber, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist und ob es eventuell doch Behandlungsalternativen gibt.

Zweitmeinungsberechtigte Ärzt*innen findet man im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung. Auch die Krankenkassen beraten darüber, wer in der Nähe eine Zweitmeinung abgeben darf. Zu welchem der ermächtigten Fachleute man schließlich geht, entscheidet die Betroffene dann selbst.

Quellen: GbA, Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Cavan Images / R.Maghdessian