Gesundheit heute

Stürze und Sturzprophylaxe

Stürze: Plötzliches und unkontrolliertes Hinfallen; in 15 % der Fälle sind Blutergüsse, Prellungen, Verstauchungen und Knochenbrüche die Folge. In der Regel ist die erhöhte Sturzneigung darauf zurückzuführen, dass im Alter die Muskelkraft nachlässt und die Reaktionsfähigkeit vermindert ist. Stürze sind die häufigste Ursache für die Pflegebedürftigkeit älterer Menschen. Jährlich erleiden 100 000 alte Menschen einen Oberschenkelhalsbruch; 1 000 sterben sogar an den Folgen eines Sturzes, oft eines Treppensturzes.

Die Erkrankung

Stürze sind in Privathaushalten die häufigste Unfallursache, die vor allem bei älteren Menschen zu ernsthaften Verletzungen führen. Besonders gefährlich sind Stürze auf den Kopf, die einen Schädelbruch oder ein subdurales Hämatom nach sich ziehen können. Die Gefahr solch eines Sturzes wird oft zunächst gar nicht erkannt. Hinweise sind aber Übelkeit oder Schläfrigkeit auch noch Tage nach dem Sturz.

Ältere Menschen, die schon einmal gestürzt sind, entwickeln häufig eine große Angst davor, erneut zu stürzen. Daraus kann eine regelrechte Sturzphobie (Post-Fall-Syndrom) entstehen: Aus Furcht zu stürzen bewegen sich die Betroffenen nur noch extrem vorsichtig oder gerade so viel wie nötig. Ein Teufelskreis, denn durch die Unsicherheit und den Bewegungsmangel erhöht sich das Sturzrisiko zusätzlich.

Die Therapie ist zunächst chirurgisch; längerfristig sind zur Vermeidung weiterer Stürze krankengymnastisches Training von Muskulatur und Reaktion sowie gezielte Maßnahmen zur Sturzprophylaxe wichtig.

Vorsorge

Bei einem Sturz kommen meist mehrere Ursachen zusammen. Eine ältere Frau hebt beim Gehen ihre Füße nicht mehr richtig an, stolpert dann über ein von der Enkeltochter nicht weggeräumtes Spielzeugauto und kann das Stolpern aufgrund ihrer Kniegelenksarthrose nicht mehr abfangen. Trotzdem könnte die Mehrzahl der Stürze durch das Ausschalten von nur einem Risikofaktor verhindert werden. Dies ist das Ziel der Sturzprophylaxe. Hierunter versteht man alle Maßnahmen, die Stürzen vorbeugen sollen. Zu ihnen zählen:

  • Gehhilfen wie Spazierstöcke, der Rollator oder das Delta-Gehrad bieten Halt und entlasten Hüfte und Becken. Sie setzen jedoch voraus, dass der Betroffene noch genug Kraft zum Aufstützen hat und seine Koordinationsfähigkeit uneingeschränkt funktioniert.
  • Hüftprotektoren sind im Fachhandel erhältliche Spezialunterhosen mit seitlich integrierten Taschen, in die entweder harte Schalen oder weiche Polster eingesetzt werden. Durch diese Protektoren wird die Energie des Sturzes vom gefährdeten Knochen weggeleitet und auf das umgebende Weichgewebe verteilt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass sich auf diese Weise die Häufigkeit von Oberschenkelhalsfrakturen senken lässt. Allerdings lehnen viele Menschen die Hüftprotektoren ab, weil sie unbequem sind und nicht eben schlank machen. Zur Akzeptanz trägt auch nicht bei, dass die Schutzpolster immer zu tragen sind, also auch während der Nacht. Gerade nächtliche Stürze aus dem Bett erweisen sich als ein hohes Risiko für Schenkelhalsfrakturen.
  • Altersgerechte Anpassung des Wohnraums: beidseitige Handläufe an den Treppen oder Haltegriffe im Bad, Absicherung steiler (Keller-)Treppen, Entfernen von Türschwellen.
  • Sturzprophylaxe am Bett: Durch diese Maßnahmen sollten die früher nicht selten praktizierten Maßnahmen zur Fixierung im Bett durch Körpergurte oder unüberwindbare Bettgitter im Regelfall unterbleiben können, welche laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs außerhalb enger Grenzen (nämlich dann, wenn ohne Fixierung schwere Gesundheitsgefahren drohen) die Menschenwürde verletzen.

Von: Ruth Mamerow, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
Zurück
Zweitmeinung zur Hüftprothese

Das Einpflanzen einer künstlichen Hüfte und ihre Funktion werden häufig an Modellen aus Kunststoff erklärt.

Zweitmeinung zur Hüftprothese

Ab 2024 möglich

Bei ausgeprägter Arthrose wird oft das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks empfohlen. Doch viele Betroffene sind unsicher, ob das wirklich die beste Maßnahme ist. Ab 2024 gibt´s Entscheidungshilfe: Wer eine Hüftprothese bekommen soll, kann sich auf Kassenkosten eine zweite Meinung dazu einholen.

Wenn nichts anderes mehr hilft

In Deutschland werden pro Jahr etwa 240 000 künstliche Hüftgelenke (Hüftendoprothese) eingesetzt. In etwa 75% wird der Gelenkersatz aufgrund von Arthrose nötig. Empfohlen wird eine neue Hüfte nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Behandlung der Arthrose ausgeschöpft sind. Dazu gehören schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Krankengymnastik, Physiotherapie und die Anpassung der Belastung.

Es ist nicht ganz einfach, bei einer Hüftgelenksarthrose den besten Zeitpunkt für das Einsetzen einer Endoprothese zu finden. Operiert man zu spät, kann das Ergebnis darunter leiden. Z.B. wenn das Gelenk schon zu eingesteift war, um durch die Prothese die volle Bewegung zurückzuerlangen. Oder wenn sich das Schmerzgedächtnis nicht „löschen“ lässt, Schmerzen also trotz reibungslos funktionierender neuer Hüfte weiter bestehen bleiben. In seltenen Fällen ist vielleicht auch der Gelenkersatz gar nicht die richtige Entscheidung für die Betroffene.

Anspruch auf eine qualifizierte zweite Meinung

Auch wenn die behandelnde Ärzt*in nach bestem Wissen und Gewissen zum Hüftersatz rät – oft bleibt bei den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit zurück. Da hilft eine neue Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GbA). Danach haben gesetzlich Krankenversicherte in Zukunft das Recht, sich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ihnen ein Hüftgelenksersatz oder der Austausch ihrer Hüftprothese empfohlen wird. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse.

Ärzt*innen für die Zweitmeinung findet man im Netz

Die Zweitmeinung gibt es von speziell qualifizierte Fachärzt*innen, im Fall der Hüftgelenksprothese z.B. aus dem Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie beraten die Patient*innen darüber, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig ist und ob es eventuell doch Behandlungsalternativen gibt.

Zweitmeinungsberechtigte Ärzt*innen findet man im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung. Auch die Krankenkassen beraten darüber, wer in der Nähe eine Zweitmeinung abgeben darf. Zu welchem der ermächtigten Fachleute man schließlich geht, entscheidet die Betroffene dann selbst.

Quellen: GbA, Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Cavan Images / R.Maghdessian