Gesundheit heute

Theorie der Lebensgeschichte: Warum altern wir?

Dass wir ein „Alterungsprogramm“ in uns tragen, erscheint zunächst paradox: Wenn es doch das Ziel der Evolution ist, unsere „Fitness“ zu maximieren und möglichst viele Nachkommen zu hinterlassen, dann sollte die Evolution doch dafür sorgen, dass wir möglichst lange leben!

Aber gerade Evolutionsbiologen weisen darauf hin, dass das zu kurz gedacht ist. Nach ihrer Theorie der Lebensgeschichte  (life history theory) nämlich steht jeder lebende Organismus vor einem Dilemma: Wofür soll er seine begrenzten Ressourcen einsetzen? Für Wachstum? Für Fortpflanzung? Oder für die Aufrechterhaltung bzw. Reparatur seines Körpers? In der Tat: Solange ein Tier Nahrung sucht, kann es sich nur schlecht um seinen Nachwuchs kümmern, und solange es frisst, kann es sich nicht fortpflanzen. Und für den Schwanz, der etwa bei verletzten Eidechsen wieder nachwachsen kann, muss diese Eidechse tagelang Fressen suchen – die dazu benötigte Energie kann in dieser Zeit nicht in eine der anderen „Lebensaufgaben“ gesteckt werden.

Theorie der Lebensgeschichte: Befunde der Biologie

Dass die Theorie stimmig ist, zeigen neuere Befunde der Biologie: Viele Gene, die dem jungen Körper helfen, fit und in der Fortpflanzung erfolgreich zu sein, sorgen gleichzeitig für ein schnelleres Altern:

  • Züchtet man etwa bei den Fruchtfliegen besonders fortpflanzungsfähige Exemplare, so haben diese eines gemeinsam: Sie altern früher.
  • Auch für manche der Gene, die beim Menschen die Fruchtbarkeit erhöhen, konnte nachgewiesen werden, dass sie gleichzeitig das Altern beschleunigen (etwa das für eine bessere Eisenaufnahme verantwortliche Hämochromatose-Gen).
  • Und auch dass Männer überall auf der Welt eine kürzere Lebenserwartung als Frauen haben, erklären Evolutionsbiologen als einen lebensgeschichtlichen Tauschhandel: Der Mann kann zwar potenziell mehr Nachkommen hinterlassen, dafür muss er aber intensiv mit anderen Männern konkurrieren und sich auf einen insgesamt riskanteren Lebensstil einlassen.
  • Schließlich zeigen auch Experimente bei Mäusen, dass man im Leben nicht alles haben kann: Wird Mäusen die Nahrung gekürzt, so steigt ihre Lebensspanne zwar um teilweise über 30 % an – sie lassen aber eine der lebensgeschichtlichen Aufgaben ganz aus, die in der Evolution eigentlich vorgesehen ist, nämlich die Fortpflanzung: Die äußerst knapp ernährten Mäuse sind weder an Sex interessiert noch können sie bei künstlicher Befruchtung ihre Nachkommen austragen!

Von: Dr. med. Georg Betz, Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Trotz Alter noch fahrtauglich?

Wer fit genug ist, kann auch im Alter noch selbst ans Steuer.

Trotz Alter noch fahrtauglich?

Checkliste für den Selbsttest

Autofahren verschafft Senior*innen ein großes Stück Selbstständigkeit. Doch nicht jeder ist noch fit genug für das Lenken eines Fahrzeugs. Mit einer Checkliste können alte Menschen jetzt selbst abschätzen, wie es um ihre Fahrtüchtigkeit steht. Und ob sie diese besser ärztlich abklären lassen sollten.

Zu unbeweglich für den Schulterblick …

Im Alter sinkt die Leistungsfähigkeit: Die Konzentration lässt nach und das Reaktionsvermögen wird schlechter. Oft kommen Seh- oder Hörstörungen dazu. Und auch die Beweglichkeit ist häufig eingeschränkt, sodass z. B. der gewohnte schnelle Schulterblick Probleme bereitet. Das alles kann beim Autofahren zum Handicap werden.

Deshalb raten Ärzt*innen alten Menschen zu regelmäßigen Gesundheitschecks. Dabei sollten auch die Medikamente, die regelmäßig eingenommen werden, überprüft werden. Denn einige Wirkstoffe beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit.

Diskreter Selbsttest

Senior*innen können jedoch mit ein paar einfachen Fragen selbst abschätzen, ob sie noch sicher im Verkehr unterwegs sind. Dazu hat die Alzheimer Forschung Initiative eine Checkliste entwickelt. Wird eine oder mehrere der Fragen mit Ja beantwortet, ist es sinnvoll, die Fahrtüchtigkeit mithilfe der Hausärzt*in abklären zu lassen.

  • Verlieren Sie beim Fahren manchmal die Orientierung?
  • Haben Sie Schwierigkeiten, andere Verkehrsteilnehmer*innen, Ampeln oder Verkehrszeichen zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren?
  • Haben Sie Probleme, das Gas-, Kupplungs- oder Bremspedal zu betätigen?
  • Hören Sie Motorengeräusche, Schaltung oder Signale anderer Verkehrsteilnehmer*innen (manchmal) spät oder schlecht?
  • Finden Sie es schwierig, den Kopf zu drehen und über Ihre Schulter zu blicken?
  • Werden Sie im dichten Verkehr oder auf unbekannten Straßen nervös? • Hupen andere Autofahrer*innen häufig wegen Ihres Fahrverhaltens?
  • Verursachen Sie in letzter Zeit häufiger kleinere oder „Beinahe“-Unfälle?
  • Fühlen Sie sich beim Fahren unsicher?
  • Werden Sie schläfrig oder wird Ihnen schwindelig, nachdem Sie Ihre Medikamente eingenommen haben?

Broschüre bestellen

Dieser Selbsttest ist Teil einer Broschüre, die man bei der Alzheimer Forschung erhalten kann. Darin finden sich zusätzlich Sicherheitstipps und Strategien für ältere Autofahrer*innen und Infos, wie man auch ohne Auto mobil bleibt.

Quelle: Alzheimer Forschung Initiative eV

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: agefotostock/imago-images.de