Gesundheit heute

Anti-Aging-Medizin: Was kann sie und was kann sie nicht?

Es wäre verkehrt, aus der Unumkehrbarkeit des Alterungsprozesses abzuleiten, dass Anti-Aging-Medizin nicht funktionieren kann. Sie kann sehr wohl funktionieren – wenn sie sich an die Grundsätze hält, von denen andere Fachrichtungen der Medizin in den letzten Jahren profitiert haben: solide wissenschaftliche Begründung, mehrdimensionaler (also nicht nur auf den Körper beschränkter) Ansatz und Transparenz gegenüber wirtschaftlichen Interessen. Aber gerade mit diesen Grundsätzen haben weite Teile der deutschsprachigen Anti-Aging-Medizin ein Problem:

  • Solide wissenschaftliche Begründung. Für viele der in der Anti-Aging-Medizin angewandten „Therapien“ steht ein Wirksamkeitsnachweis aus. Kernstück vieler Anti-Aging-Therapien etwa ist der Einsatz von Hormonen – so bei der Hormonersatztherapie für den Mann, etwa beim partiellen Androgendefizit des alternden Mannes (Testosteronmangel-Syndrom). Wissenschaftlich ist deren alterungshemmender Effekt nicht nachgewiesen, dafür gibt es ernst zu nehmende Hinweise auf möglicherweise schädigende Wirkungen. Tatsächlich handelt es sich bei den derzeit publizierten Empfehlungen rund um Anti-Aging bis auf wenige Ausnahmen um Meinungen von in diesem Bereich besonders profilierten Medizinern, nicht aber um wissenschaftlich ausreichend untermauerte Standpunkte. Wissenschaftlich betrachtet steht ein Großteil der heute unter der Flagge Anti-Aging angebotenen Therapien damit auf demselben Stand wie die Frischzellenkuren oder die Thymusextrakte, die auch die Nachkriegsgeneration nicht frischer gemacht haben.
  • Mehrdimensionaler Ansatz. Vielen Anti-Aging-Therapien liegt ein Defektmodell zugrunde: Altern beruhe auf einem Mangel (etwa der im Alter abfallenden Hormonspiegel oder einem Mangel an Mikronährstoffen). Dies stimmt weder mit dem modernen Bild der Altersforschung überein noch ist der Umkehrschluss seriös, durch den Ausgleich des Mangels ließe sich das Altern beeinflussen. Mit diesem Defektmodell ist die Medizin schon bei der ehedem als Jungbrunnen angesehenen Östrogenersatztherapie in den Wechseljahren gescheitert. Zudem muss ein solches eindimensionales Modell auch an der Komplexität des Alterns scheitern: Gelungenes Altern umfasst eine Vielzahl von sozialen und emotionalen Aspekten und lässt sich nicht nur über die Faltentiefe, die Hormonspiegel oder die Dicke der Speckpolster definieren.
  • Freiheit von wirtschaftlichen Interessen. Dies stellt sich immer mehr als wunder Punkt der Anti-Aging-Medizin heraus. Hinter den Angeboten stehen fast regelhaft massive wirtschaftliche Interessen: Viele „Anti-Aging-Päpste“ betreiben gleichzeitig Privatkliniken oder -praxen, in denen Gewinn aus der Umsetzung ihrer Expertenratschläge gezogen wird. Die Mehrzahl der Anti-Aging-Therapien wird als IGeL-Leistung abgerechnet, was automatisch heißt: Derjenige, der den Kunden von einer Therapie überzeugt, profitiert unmittelbar wirtschaftlich davon – keine gute Ausgangsbasis für eine an den Interessen des alternden Menschen orientierte Medizin.

Von: Dr. med. Georg Betz, Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Alleine an Weihnachten?

Einsamkeit ist für viele Betroffene an Weihnachten besonders schwer zu ertragen.

Alleine an Weihnachten?

Planung beugt Einsamkeit vor

Die moderne Gesellschaft bringt für viele Menschen Einsamkeit mit sich, die sich insbesondere an Weihnachten schmerzlich zeigen kann. Um Entäuschung und Einsamkeit vorzubeugen, sollten Alleinstehende sich am besten frühzeitig damit auseinandersetzen, wie sie ihr Weihnachtsfest verbringen möchten.

Lieber allein oder in Gesellschaft?

„Weihnachten steht unter dem Stern, das Fest des Miteinanders und der Familie zu sein und diesem Umstand kann man sich an den Feiertagen nur schwer entziehen“, meint Dr. Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. „Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass sich gerade bei Menschen, die unfreiwillig alleine sind, schnell Gefühle von Einsamkeit und Leere einstellen.“

Betroffene sollten sich zunächst ehrlich fragen, ob sie die Feiertage in Ruhe oder Geselligkeit verbringen möchten. Wer keine Möglichkeit hat, zusammen mit Freunden oder Familie zu feiern, muss trotzdem nicht alleine bleiben. Denn viele soziale Einrichtungen bieten auch an Weihnachten Veranstaltungen an. Weihnachtliche Stimmung lässt sich auch bei Gottesdiensten, Konzerten oder Theateraufführungen erleben, die an den Feiertagen stattfinden

Überwältigung durch negative Gefühlen vorbeugen

Alleinstehende sollten das Weihnachtsfest auf keinen Fall ungeplant auf sich zukommen lassen. „Weihnachten lässt oft zwangsläufig Erinnerungen hochkommen, die an intensive, auch melancholische Gefühle gekoppelt sind. Setzt man sich vorzeitig damit auseinander, dass sich wehmütige Gefühle einstellen können, wird man an den Feiertagen dann nicht so überwältigt“. Dr. Hauth empfiehlt Betroffenen, sich im Vorfeld zu überlegen, welche Themen die Psyche belasten. Nur so können sich Betroffene rechtzeitig Strategien überlegen, den schlechten Gefühlen an den Feiertagen zu entgehen.

In Krisensituationen hilft Telefonseelsorge weiter

Fällt man an den Feiertagen in eine seelische Krise und ist alleine, kann die Telefonseelsorge ein Rettungsanker sein. Selbstverstädnlich sind die Beratungen anonym und streng vertraulich. Unter der Nummer 0800 111 0111 und 0800 111 0222 finden Betroffene ganztägig und kostenlos Hilfe. Darüber hinaus bietet die Einrichtung auch Beratungen über das Internet an – in Form von E-Mail- oder Chat-Beratungen.

Homepage der Telefonseelsorge

Quelle: Neurologen und Psychiater im Netz

Von: Sandra Göbel; Bild: fizkes/Shutterstock.com