Gesundheit heute

Sinnesorgane und Körperwahrnehmung im Alter

Zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr müssen fast alle Menschen die Zeitung immer weiter weg halten, um noch scharf zu sehen. Damit gleichen sie die durch den Elastizitätsverlust ihrer Augenlinsen bedingte Altersweitsichtigkeit aus. Letztere ist nicht beeinflussbar, sie erreicht etwa in der Mitte des sechsten Lebensjahrzehnts ihren Höhepunkt.

Neben dem Elastizitätsverlust verlieren die Augenlinsen an Transparenz, so dass sie schon bei einem 50-Jährigen etwa zehnmal weniger durchsichtig sind als bei einem Kind. Vom 60. bis zum 90. Lebensjahr kommt es zu einer Abnahme der Kontrastempfindlichkeit des Auges. Hiermit ist die Fähigkeit des Auges gemeint, Hell-Dunkel- bzw. Dunkel-Hell-Unterschiede zu erkennen. Dies ist Voraussetzung z.B. für die Erkennung eines Gesichts. Die Pupillen können sich im Alter nicht mehr so weit öffnen und reagieren behäbiger auf einen Wechsel der Lichtverhältnisse. Daraus resultieren eine erhöhte Blendempfindlichkeit und Schwierigkeiten beim Sehen im Dunkeln sowie beim abrupten Wechsel zwischen hell und dunkel.

Die altersabhängige Makuladegeneration ist in den Industrieländern die häufigste unwiderrufliche (irreversible) Erblindungsursache im Alter und zur am stärksten verbreiteten Ursache für die Verminderung der Sehleistung jenseits des 50. Lebensjahrs geworden. Sie wird von vielen Faktoren wie Vererbung, Umwelt und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck beeinflusst und kann durch Anti-Aging-Maßnahmen nachweislich verhindert werden.

Hören. Die Altersschwerhörigkeit ist eines der häufigsten gesundheitlichen Probleme älterer Menschen. Mit 65 ist die Hälfte, mit 90 sind 90 % der Bevölkerung betroffen. Tendenziell ist der Hörverlust bei Männern stärker ausgeprägt, er beginnt früher als bei Frauen und schreitet rascher voran. Bei beiden Geschlechtern steht der Verlust beim Hören der hohen Frequenzen (8000 Hertz = Hz) im Vordergrund, während das Hörvermögen in niedrigeren Frequenzbereichen langsamer nachlässt. Werden für das Verständnis von Sprache wichtige Frequenzbereiche (1000–3000 Hz) erreicht, treten Verständnisschwierigkeiten auf. Diese betreffen zuerst und besonders die in höheren Sprachfrequenzbereichen übermittelten Konsonanten („t“, „p“, „k“, „f“, „s“ und „ch“). Ähnliche Wörter wie „Matte“ und „Mappe“ werden schwerer identifizierbar, Wortteile können nicht mehr richtig auseinander gehalten werden. Ältere Menschen beklagen sich deshalb meist nicht darüber, dass sie nichts hören, sondern dass sich der Sprechende unverständlich ausdrücke bzw. „nuschele“. Kommen beispielsweise im Restaurant oder an einer befahrenen Straße Nebengeräusche hinzu, macht sich der Einfluss der Altersschwerhörigkeit besonders stark bemerkbar.

Mit Hörgeräten können diese Verluste heute zum Teil sehr gut ausgeglichen werden, um optimal von den Hörgeräten zu profitieren ist jedoch intensives Training erforderlich.

Schmecken und Riechen. Geschmack und Geruch sind eng miteinander verknüpfte Sinneswahrnehmungen. Altersbedingt geht der Geschmackssinn zurück, unter anderem da sich die Zahl der Geschmacksknospen verringert. Dies betrifft vor allem die Qualitäten „salzig“, „bitter“ und, etwas weniger ausgeprägt, „sauer“. „Süß“ bleibt weitgehend erhalten. Der Geruchssinn lässt ebenfalls nach, wovon Männer tendenziell stärker betroffen sind als Frauen. Beide Veränderungen führen dazu, dass man normal gewürzte Speisen zunehmend als fade schmeckt, was wiederum in Appetitlosigkeit und ungenügender Nahrungsaufnahme münden kann.

Schmerzempfinden. Die Abnahme der Schmerzwahrnehmung mit zunehmendem Alter bietet Vor- und Nachteile. So werden dadurch etwa chronische, mit Schmerzen verbundene Erkrankungen oftmals als weniger belastend empfunden. Wenn der Schmerz als Warnsignal des Körpers jedoch nachlässt, werden auch Verletzungen, Infektionen und andere Schädigungen erst später registriert. Eine besondere Rolle spielt dies beispielsweise bei bettlägerigen Patienten, die gezwungen sind, lange in unveränderter Position zu bleiben. An anfälligen Stellen wie dem Steißbein kommt es in diesen Fällen zu Druckstellen (Dekubitus), die von den Betroffenen nicht oder zu spät bemerkt werden.

Durst. Der Rückgang der Durstwahrnehmung führt bei Senioren oft zur Austrocknung (Dehydratation). Selbst im fortgeschrittenen Stadium verspürt der Betroffene dabei aber keinen starken Durst, sondern ist nur in hohem Maße verwirrt.

Von: Dr. med. Georg Betz, Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Hormonersatztherapie mit Folgen

Nächtliche Hitzewallungen können den Schlaf erheblich stören.

Hormonersatztherapie mit Folgen

Risiko für Depressionen steigt

Für manche Frauen sind die Wechseljahre eine echte Quälerei. Sind Hitzewallungen und Schlafstörungen nicht mehr auszuhalten, kann die Einnahme von Hormonen helfen. Doch dabei drohen Nebenwirkungen, und nach neuen Erkenntnissen auch Depressionen.

Hormonersatztherapie mit Vor- und Nachteilen

Mit dem Alter sinkt bei Frauen die Produktion von weiblichen Geschlechtshormonen. In diesem Zuge kommt es zu individuell unterschiedlich starken Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Denen kann mit der Gabe künstlicher Hormone, einer sog. Hormonersatztherapie (HRT), entgegengewirkt werden.

Doch die HRT ist durchaus umstritten, denn zusätzlich zu den positiven Effekten drohen unerwünschte Nebenwirkungen. Diskutiert wird beispielsweise, ob die Hormongabe das Risiko von Brustkrebs erhöht. Auch die Gefahr von Schlaganfall, Thrombosen und Herzinfarkt soll steigen – vor allem, wenn weitere Risikofaktoren wie z.B. Übergewicht vorliegen. Nun kommen Hinweise dazu, dass auch die Psyche von der künstlichen Hormoneinnahme negativ beeinflusst wird.

Vor allem im ersten Behandlungsjahr mehr Depressionen

Zu diesem Ergebnis kamen dänische Forscher*innen bei der Auswertung der Daten von mehr als 800000 über 45-jährigen Frauen. Diejenigen, die Hormone gegen Wechseljahrsbeschwerden einnahmen, entwickelten häufiger Depressionen als Frauen, die ohne Hormontabletten oder -pflaster auskamen. Besonders stark erhöht war das Risiko im ersten Jahren nach Therapiebeginn, und zwar sowohl bei der Einnahme von ausschließlich Östrogenen als auch bei der Kombination von Östrogen und Progestin.

Als Ovulum oder Creme ungefährlich

Ganz anders sah das bei den Frauen aus, die ihre Wechseljahrsbeschwerden wie trockene Scheide oder Harninkontinenz lokal mit Zäpfchen, Ovula oder Cremes behandelten. Bei ihnen war die Hormongabe nicht mit Depressionen assoziiert. Im Gegenteil: Hatten sie damit jenseits des 54. Lebensjahres angefangen, reduzierte sich ihr Risiko für Depressionen sogar.

Quelle: Ärzteblatt, JAMA

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: fizkes/shutterstock.com