Gesundheit heute

Das Hormonsystem im Alter

Die Menge an Geschlechtshormonen nimmt mit zunehmendem Alter ab, was für Frauen jedoch früher und mit einschneidenderen Konsequenzen verbunden ist als für Männer. Bei Frauen sinkt der Spiegel des Östrogens (Übersichtstabelle Geschlechtshormone) und anderer weiblicher Geschlechtshormone in den Wechseljahren deutlich. Da dies verhältnismäßig schnell geschieht, empfinden Frauen den sich verändernden Hormonspiegel oftmals als Phase des starken Umbruchs. Es kommt zu den typischen Wechseljahrbeschwerden, die Periode bleibt aus und damit erlischt auch die Fruchtbarkeit. Einhergehend bilden sich die Geschlechtsorgane zurück, die Scheidenschleimhaut wird dünner und trockener. Gerade an stark beanspruchten Stellen wie Händen und Gesicht neigt die Haut dazu, auszutrocknen und sie verliert ihre Elastizität. Der sinkende Östrogenspiegel spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Osteoporose.

Bei Männern macht sich der sinkende Testosteronspiegel (Übersichtstabelle Geschlechtshormone) weniger stark bemerkbar, da er langsamer und nicht so massiv abfällt. Zeugungsfähigkeit und Potenz bleiben beim Mann in aller Regel bis ins hohe Lebensalter erhalten. Verminderte Libido (sexuelle Lust), verringerte Muskelkraft, angestiegener Körperfettanteil, geringere Knochendichte (Osteoporose) und Depressionen können auf ein Sexualhormondefizit (PADAM = partielles Androgendefizit des alternden Mannes) hinweisen, treten jedoch auch bei altersentsprechenden Hormonwerten auf. In jedem Fall spielen die Veränderungen der Sexualhormone eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Prostatavergrößerung, von der 70 % der 70-jährigen Männer betroffen sind.

Weitere Hormone. Mit zunehmendem Alter vermindert ausgeschüttet werden auch das DHEA (Dehydroepiandrosteron = eine Hormonvorstufe, die in der Nebennierenrinde zu den aktiven männlichen und weiblichen Geschlechtshormone umgebaut werden), das Melatonin (wird in der Zirbeldrüse, einem Teil des Zwischenhirns gebildet und steuert den Tag-Nacht-Rhythmus) und das Wachstumshormon (Somatotropin).

Der fälschlicherweise oft als Altersdiabetes bezeichnete Typ-2-Diabetes hat weniger mit Hormonveränderungen an sich, als vielmehr mit einer verminderten Ansprechbarkeit der Körperzellen auf die Insulinwirkung aufgrund von Fehlernährung und Übergewicht zu tun (metabolisches Syndrom).

Von: Dr. med. Georg Betz, Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Hormonersatztherapie mit Folgen

Nächtliche Hitzewallungen können den Schlaf erheblich stören.

Hormonersatztherapie mit Folgen

Risiko für Depressionen steigt

Für manche Frauen sind die Wechseljahre eine echte Quälerei. Sind Hitzewallungen und Schlafstörungen nicht mehr auszuhalten, kann die Einnahme von Hormonen helfen. Doch dabei drohen Nebenwirkungen, und nach neuen Erkenntnissen auch Depressionen.

Hormonersatztherapie mit Vor- und Nachteilen

Mit dem Alter sinkt bei Frauen die Produktion von weiblichen Geschlechtshormonen. In diesem Zuge kommt es zu individuell unterschiedlich starken Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Denen kann mit der Gabe künstlicher Hormone, einer sog. Hormonersatztherapie (HRT), entgegengewirkt werden.

Doch die HRT ist durchaus umstritten, denn zusätzlich zu den positiven Effekten drohen unerwünschte Nebenwirkungen. Diskutiert wird beispielsweise, ob die Hormongabe das Risiko von Brustkrebs erhöht. Auch die Gefahr von Schlaganfall, Thrombosen und Herzinfarkt soll steigen – vor allem, wenn weitere Risikofaktoren wie z.B. Übergewicht vorliegen. Nun kommen Hinweise dazu, dass auch die Psyche von der künstlichen Hormoneinnahme negativ beeinflusst wird.

Vor allem im ersten Behandlungsjahr mehr Depressionen

Zu diesem Ergebnis kamen dänische Forscher*innen bei der Auswertung der Daten von mehr als 800000 über 45-jährigen Frauen. Diejenigen, die Hormone gegen Wechseljahrsbeschwerden einnahmen, entwickelten häufiger Depressionen als Frauen, die ohne Hormontabletten oder -pflaster auskamen. Besonders stark erhöht war das Risiko im ersten Jahren nach Therapiebeginn, und zwar sowohl bei der Einnahme von ausschließlich Östrogenen als auch bei der Kombination von Östrogen und Progestin.

Als Ovulum oder Creme ungefährlich

Ganz anders sah das bei den Frauen aus, die ihre Wechseljahrsbeschwerden wie trockene Scheide oder Harninkontinenz lokal mit Zäpfchen, Ovula oder Cremes behandelten. Bei ihnen war die Hormongabe nicht mit Depressionen assoziiert. Im Gegenteil: Hatten sie damit jenseits des 54. Lebensjahres angefangen, reduzierte sich ihr Risiko für Depressionen sogar.

Quelle: Ärzteblatt, JAMA

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: fizkes/shutterstock.com