Gesundheit heute

Kalorienreduktion und Dinner Cancelling

Eine wichtige Theorie zur Erklärung des Alterns ist die AGE-Theorie. AGE steht für Advanced Glycosylation Endproducts (Endprodukte fortgeschrittener Glykosylierung). Sie entstehen durch eine chemische Reaktion von Zucker- und Eiweißmolekülen. Proteine werden bei dieser Reaktion „glykosyliert“, also an Zuckermoleküle gebunden und so untereinander vernetzt. Es bilden sich größere, miteinander verbundene Proteinansammlungen (AGE), die für den im Alter auftretenden Elastizitäts- und Funktionsverlust vieler Gewebe verantwortlich gemacht werden.

Eine wichtige Rolle hierbei spielt der Blutzucker, der in direktem Zusammenhang mit dem „Verzuckerungsgrad“ sich im Blut befindender Proteine steht. Dies ist der Grund, wieso chronisch erhöhte Blutzuckerwerte, ähnlich wie ein erhöhter Blutdruck, unser Gefäß- und viele andere Systeme im Zeitraffer altern lassen.

Schon früh wurde in einer Reihe von Studien untersucht, welchen Einfluss die Kalorienreduktion auf das Altern hat. Für zahlreiche Tierarten bis hin zu Menschenaffen wurde ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer verminderten Kalorienzufuhr und einer verlängerten Lebensdauer nachgewiesen. Beispielsweise lebten Laborratten ~ 50 % länger. Erklärt wird dieser Effekt zum einen dadurch, dass der Körper weniger „verzuckert“, also weniger AGE-Moleküle anfallen, und zum anderen, dass die geringere Nahrungsmenge auch weniger schädliche Oxidanzien und Radikale im Körper anfallen lässt.

Darüber hinaus bewirkt eine gezielte Kalorienreduktion in den Abendstunden, das Dinner Cancelling (Verzicht auf das Abendessen) hormonelle Veränderungen. Die durch das Dinner Cancelling ausgelöste relative Unterzuckerung stimuliert die vermehrte Produktion von Wachstumshormon (Somatotropin, somatotropes Hormon, STH, HGH, Human Growth Hormone) in den frühen Morgenstunden. Manche Anti-Aging-Mediziner betrachten diesen Effekt als wünschenswert, da er theoretisch dem altersbedingt abfallenden Spiegel an Wachstumshormonen entgegensteuert: Das Wachstumshormon HGH fördert indirekt das Knochen- und Muskelwachstum und baut Fett aus Fettzellen ab, weshalb es auch als Anti-Aging-Mittel angeboten wird, allerdings unter Inkaufnahme hoher Risiken (Anti-Aging-Medizin).

In Hefezellen konnte eine der Hauptwirkungen der Kalorienreduktion nachgewiesen werden: In diesen Zellen kommt es in der Folge zum Gene Silencing, einem Stummschalten (Abschalten) von Genen, die einen ungünstigen Effekt auf Zellalterung und Tod haben.

Zwar hat es bisher keine direkten Versuche zur Kalorienreduktion beim Menschen gegeben. Hinweise jedoch lieferte das Experiment „Biosphere 2“, ein künstliches, von der Außenwelt abgeschirmtes Ökosystem. Während ihres zweijährigen Aufenthalts aßen Wissenschaftler hier eine sehr niedrigkalorische Kost, wodurch fast alle Biomarker (messbare Produkte von Organismen, die als Indiz z. B. für Umweltbelastungen oder Krankheiten herangezogen werden) des Alterns günstig beeinflusst wurden. Es ist anzunehmen, dass der bei Tieren beobachtete Zusammenhang zwischen verringerter Kalorienzufuhr und verlängerter Lebensdauer auch für den Menschen gilt. Scheitern wird die Umsetzung allerdings an der Praxis: Eine dauerhafte, systematische Kalorienreduktion um 30 % ist zwar bei Würmern und Laborratten umsetzbar, bei frei lebenden Tieren und beim Menschen aber nicht, da sie mit Einbußen an Lebensqualität und Wohlbefinden verbunden ist (z. B. Frieren, verminderte Libido, Verlust an Geselligkeit).

Erwiesen sind dagegen die alterungsbeschleunigenden Effekte von zu hohem Körpergewicht. Ein – allerdings nicht sehr populärer – Eckpfeiler der Anti-Aging-Medizin ist deshalb die langfristige Gewichtsnormalisierung. Der Body-Mass-Index (BMI) sollte unter 25 liegen bzw. auf unter 25 gesenkt werden. Ob mäßiges Übergewicht (BMI zwischen 25 und 29) das Altern fördert, darüber gehen die Ansichten auseinander: Manche Experten sehen in diesem Bereich keine größeren Risiken, solange ein gesunder Lebensstil gepflegt wird (ausreichende Bewegung, gesunde Ernährung).

Von: Dr. med. Georg Betz, Dr. med. Herbert Renz-Polster, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Alleine an Weihnachten?

Einsamkeit ist für viele Betroffene an Weihnachten besonders schwer zu ertragen.

Alleine an Weihnachten?

Planung beugt Einsamkeit vor

Die moderne Gesellschaft bringt für viele Menschen Einsamkeit mit sich, die sich insbesondere an Weihnachten schmerzlich zeigen kann. Um Entäuschung und Einsamkeit vorzubeugen, sollten Alleinstehende sich am besten frühzeitig damit auseinandersetzen, wie sie ihr Weihnachtsfest verbringen möchten.

Lieber allein oder in Gesellschaft?

„Weihnachten steht unter dem Stern, das Fest des Miteinanders und der Familie zu sein und diesem Umstand kann man sich an den Feiertagen nur schwer entziehen“, meint Dr. Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. „Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass sich gerade bei Menschen, die unfreiwillig alleine sind, schnell Gefühle von Einsamkeit und Leere einstellen.“

Betroffene sollten sich zunächst ehrlich fragen, ob sie die Feiertage in Ruhe oder Geselligkeit verbringen möchten. Wer keine Möglichkeit hat, zusammen mit Freunden oder Familie zu feiern, muss trotzdem nicht alleine bleiben. Denn viele soziale Einrichtungen bieten auch an Weihnachten Veranstaltungen an. Weihnachtliche Stimmung lässt sich auch bei Gottesdiensten, Konzerten oder Theateraufführungen erleben, die an den Feiertagen stattfinden

Überwältigung durch negative Gefühlen vorbeugen

Alleinstehende sollten das Weihnachtsfest auf keinen Fall ungeplant auf sich zukommen lassen. „Weihnachten lässt oft zwangsläufig Erinnerungen hochkommen, die an intensive, auch melancholische Gefühle gekoppelt sind. Setzt man sich vorzeitig damit auseinander, dass sich wehmütige Gefühle einstellen können, wird man an den Feiertagen dann nicht so überwältigt“. Dr. Hauth empfiehlt Betroffenen, sich im Vorfeld zu überlegen, welche Themen die Psyche belasten. Nur so können sich Betroffene rechtzeitig Strategien überlegen, den schlechten Gefühlen an den Feiertagen zu entgehen.

In Krisensituationen hilft Telefonseelsorge weiter

Fällt man an den Feiertagen in eine seelische Krise und ist alleine, kann die Telefonseelsorge ein Rettungsanker sein. Selbstverstädnlich sind die Beratungen anonym und streng vertraulich. Unter der Nummer 0800 111 0111 und 0800 111 0222 finden Betroffene ganztägig und kostenlos Hilfe. Darüber hinaus bietet die Einrichtung auch Beratungen über das Internet an – in Form von E-Mail- oder Chat-Beratungen.

Homepage der Telefonseelsorge

Quelle: Neurologen und Psychiater im Netz

Von: Sandra Göbel; Bild: fizkes/Shutterstock.com