Gesundheit heute

Statt Diäten: Umstellung der Lebensgewohnheiten

Wer auf Diäten setzt, legt ein intensives, aber fast immer zeitlich limitiertes Sonderprogramm für den Körper auf – mit wenig Erfolg. Die Alternative ist, das Normalprogramm dauerhaft zu ändern, und sei es in noch so kleinen Schritten. Und hierzu müssen wir unser Augenmerk nicht nur darauf richten, was wir essen, sondern auch wie wir essen. Die einzige „beste Ernährung“, die langfristig funktioniert, ist die, die Ihnen schmeckt und zu Ihrem Alltag passt. Auch bei der Ernährung gilt: Nur wenn sich Gewohnheiten ändern, ändert sich wirklich etwas.

  • Nehmen Sie sich Zeit. Ihre Essgewohnheiten haben sich über Jahrzehnte ausgebildet – sie lassen sich nicht in ein paar Tagen umkrempeln. Der Grund, warum wir so essen, wie wir (bisher) essen, ist nicht, dass es uns an Einsicht fehlt, sondern dass wir es so gelernt haben.
  • Wer etwas ändern will, neigt zu Radikalität – das ist in Sachen Ernährung meist kontraproduktiv. Dem „Nie wieder Schokolade“ sind flexible Pläne vorzuziehen.
  • Es lohnt sich immer, auf die flüssige Nahrung zu achten: Säfte und Softdrinks enthalten eine erhebliche Kalorienmenge. Immer gut ist Wasser. Diätprodukte sind keine Alternative, da auch Zuckeraustauschstoffe die Ausschüttung von Insulin anregen, was sich wiederum nach kurzer Zeit als verstärkter Hunger rächt. Süßstoffe führen zwar zu keiner Insulinausschüttung, sie wirken aber über andere Mechanismen appetitanregend.

Wie viel wir essen, hat auch viel damit zu tun, wie wir essen. Die folgenden Ratschläge enthalten für manche nichts als Selbstverständlichkeiten. Allerdings – sie zu beachten kann die Kraft geben, die Kalorienmenge tatsächlich auf Dauer in den Griff zu bekommen:

  • Nicht beim Fernsehen essen – wer nebenher isst, hat dabei nicht nur weniger Genuss, sondern isst auch mehr. Grundregel also: am Tisch essen.
  • Portionen: Wir sind darauf programmiert, den Teller leer zu essen – das passt allerdings nicht ins 21. Jahrhundert. Also üben Sie, auch wenn es schwerfällt, genau das, was Ihre Eltern Ihnen immer verboten haben. Wenn Sie satt sind – ob zu Hause oder im Restaurant – lassen Sie den Teller einfach stehen.
  • Auch wenn es nach einem riesigen Gelage klingt: Mahlzeiten mit mehreren Gängen sind gut für die Figur. Salat oder Suppe als Vorspeise füllen den Magen bereits ein Stück weit, sodass wir insgesamt weniger essen, als wenn wir uns gleich auf die Nudeln stürzen.
  • Ob geregelte Mahlzeiten beim Abnehmen helfen, ist unbekannt, aber einiges deutet darauf hin: Wenn das Frühstück ausfällt, besteht statistisch gesehen ein höheres Risiko für Übergewicht.
  • Immer wieder wird empfohlen, „Schlingen“ zu vermeiden, weil durch das hastige Essen große Nahrungsmengen die Appetitkontrolle unterlaufen könnten. Experimente mit Jugendlichen haben keinen eindeutigen Beleg ergeben.

Menschen, bei denen das Abnehmen auch langfristig funktioniert, unterscheiden sich von den Opfern des Jojo-Effekts vor allem in einem: in dem, wie viel sie sich bewegen [248]. Bewegung ist zudem die beste Methode, um langfristig gesund zu bleiben – von den Wohlfühleffekten ganz zu schweigen, die sich auch dann einstellen, wenn die Pfunde bleiben und das Abnehmen nicht gelingt. Ideal wäre ein zusätzlicher Energieverbrauch von 2 500 kcal pro Woche. Das ist für viele nicht realistisch, denn dazu müssten bei den meisten Sportarten etwa 5 Stunden pro Woche eingeplant werden, bei leichterer Bewegung sogar noch mehr:

  • Beim Wandern, Spazierengehen oder bei der Gartenarbeit werden etwa 100 kcal pro Stunde verbraucht.
  • Beim Radfahren, Aerobic oder flotten Nordic Walking sind es schon 300–400 kcal pro Stunde.
  • Sportarten wie Fitnesstraining, Joggen, Schwimmen oder Skilanglauf verbrauchen um die 500 kcal pro Stunde.

Ein funktionierender Kompromiss kann sein, das Bewegungspensum so hochzuschrauben, dass pro Woche 500 g an Gewicht verloren werden. Das erfordert drei bis vier längere Bewegungseinsätze pro Woche. Um das zu schaffen, muss der Alltag konsequent umorganisiert werden. Am effizientesten ist dabei, Wegstrecken als Trainingszeiten einzuplanen – also Fahrrad fahren oder joggen, anstatt mit der S-Bahn zu fahren, und in jedem Fall, zu laufen, anstatt den Aufzug zu nehmen.

Es wird immer wieder behauptet, dass eine begleitende Verhaltenstherapie Übergewichtigen helfe, besser mit ihren Essimpulsen umzugehen, ihren Appetit besser einzuschätzen, Stress besser zu bewältigen und sich selbst zu belohnen. Wissenschaftliche Studien zeigen aber, dass Teilnehmer von verhaltensmodifizierenden Programmen nicht unbedingt besser dastehen als diejenigen, die „freihändig“ abnehmen [249]. Jeder muss also seinen eigenen Weg finden, um seine Gewohnheiten zu ändern. Für den einen mag eine psychologische Beratung durchaus hilfreich sein, für den anderen mag eine Selbsthilfegruppe den Weg erleichtern.

Weiterführende Informationen

  • www.dge.de (Rubrik Ernährung/Diätetik) – Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (Bonn) zu diversen Diäten.
  • D. Pape et al.: Satt, schlank, gesund. Das Ernährungs-Praxisbuch nach dem Insulinprinzip. Deutscher Ärzteverlag, 2003. Dieses Buch stellt die – wissenschaftlich umstrittene – Ernährung nach dem Insulinprinzip vor.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
So überzeugt man heikle Esser

Brokkoli gehören bei vielen Kindern nicht zu den Leibspeisen.

So überzeugt man heikle Esser

Schmeckt nicht, mag ich nicht …

Bloß kein Gemüse und am liebsten von früh bis spät nur Schokobrei — viele Kinder sind beim Essen mäkelig. Müssen sich Eltern deshalb Sorgen machen? Und was kann man tun, um heikle Esser auf den Geschmack zu bringen?

Keine Angst vor Mangelernährung

Die einen Kinder essen problemlos, was die Eltern ihnen vorsetzen, die anderen rümpfen schon beim Anblick gesunder Speisen die Nase. Eine solche Pingeligkeit beim Essen zeigt sich meist im Vorschulalter und hält dann bis ins Teenageralter an. Doch Zwang hilft in diesen Fällen gar nichts, er verschärft nur das Problem: Unter Druck verzehrte Speisen werden vom Kind zusätzlich negativ belegt und noch weniger gern gegessen, betonen amerikanische Ärzt*innen und raten Eltern dazu, gelassen zu bleiben.

Grund zur Sorge, dass heikle Esser zu wenige Nährstoffe, Vitamine oder Mineralstoffe zu sich nehmen, gibt es einer aktuellen Untersuchung in der Regel nicht. Im Gegenteil: Im Vergleich zu kleinen Alles-Essern neigen die Mäkeler seltener zu Übergewicht, dem eigentlichen Ernährungsproblem unserer Zeit in den meisten Teilen der Welt.

Mitmachen macht Gemüse schmackhaft

Eltern können einiges dafür tun, dass ihr Nachwuchs seine ablehnende Haltung zu bestimmten — meist gesunden — Nahrungsmitteln und Speisen ablegt. So hilft es beispielsweise, wenn Kinder beim Zubereiten der Mahlzeiten mitmachen dürfen, rät die Kinderärztin Monikas Niehaus vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Je nach Alter und Fingerfertigkeit kann man den Kleinen dabei eine ganze Menge zutrauen:

  • Schon 3- bis 5-Jährige können Brot, Gemüse oder andere Lebensmittel mit einem Pinsel mit Öl bestreichen oder weiches Gemüse und Obst mit einem Plastikmesser schneiden.
  • 6- bis 7-Jährige schaffen es, ein Ei aufzuschlagen und ein Schälmesser zu verwenden.
  • 8- bis 9-Jährige können Eier verrühren und trockene Zutaten abwiegen und mischen.
  • 10- bis 12-Jährige sind meist in der Lage, ein einfaches Rezept Schritt für Schritt auszuführen, Gemüse mit einem Messer in Scheiben zu schneiden und Kräuter zu zerkleinern.

Hilfreich beim Erlernen eines gesunden Essverhaltens ist natürlich auch das Vorbild der Eltern. Wer sich selbst den ganzen Tag über undiszipliniert mit Snacks vollstopft und abends zur Fertigmahlzeit greift, wird es schwer haben, seinen Nachwuchs von den Vorteilen gesunden Essens zu überzeugen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Dmytro Zinkevich/Shutterstock.com