Gesundheit heute

Ist Bio besser?

Unbestreitbar ist, dass biologisch erzeugte Lebensmittel für die Umwelt die bessere Lösung sind. Die biologische Herstellung setzt weniger nicht abbaubare Giftstoffe frei, verbraucht weniger Energie und hält den Boden langfristig gesünder. Auch ist unbestritten, dass viele ökologische Betriebe die soziale Gerechtigkeit hochhalten und etwa Fair Trade (fairer Handel) unterstützen. Dabei sind die Preise der gehandelten Waren höher angesetzt als der Weltmarktpreis, um den produzierenden Entwicklungsländern ein höheres und verlässlicheres Einkommen zu sichern. Zudem werden Tiere in ökologisch orientierten Betrieben eher artgerecht gehalten als in konventionell arbeitenden.

Aber fährt auch der Konsument mit Bio besser? Kritiker weisen zu Recht darauf hin, dass die Schadstoffmengen in der konventionellen Landwirtschaft durch strengere Gesetze ebenfalls gesenkt wurden und dass manche Produkte, wie etwa Karotten, vom Schadstoffgehalt her nicht mehr unterscheidbar sind. Das stimmt – aber eben nur für manche, wenig empfindliche Gemüsearten. Eine Studie der Karlsruher Bundesforschungsanstalt für Ernährung zeigt, dass in der Regel konventionell gezogenes Obst und Gemüse sowohl mit Agrargiften als auch mit Nitraten deutlich stärker belastet sind. Dies gilt insbesondere für die Pestizide, die nach einer Studie der Chemischen und Veterinärsuntersuchungsämter in Baden-Württemberg in biologisch erzeugtem Obst und Gemüse in etwa 50-mal geringerer Menge vorliegen.

Und nicht nur das – konventionell erzeugte Produkte weisen im Schnitt auch weniger Mineralstoffe, Vitamine und vor allem geringere Mengen funktioneller Nahrungsbestandteile auf. So enthält konventionelle Kuhmilch durchschnittlich weniger als die Hälfte an konjugierter Linolsäure als von Bio-Höfen gewonnene [277].

Ohne Zweifel: Bio produziert hochwertigere Nahrung. Dennoch geht die Gleichung „Bio gleich besser“ nicht immer auf:

  • Der Vorteil, weniger Energie zu verbrauchen, entfällt, wenn die Nahrungs- oder Futtermittel nicht lokal produziert, sondern etwa aus Holland oder gar Brasilien eingeführt werden – ein zunehmender Trend.
  • Kritiker wenden außerdem ein, dass der Flächenverbrauch der Bio-Landwirtschaft so hoch ist, dass die Gesamtbevölkerung gar nicht ernährbar wäre.
  • Der Nitrofen-Futtermittelskandal 2002 zeigte, dass in der Biolandwirtschaft die gleichen Probleme mit undurchschaubaren Zulieferbetrieben und schwarzen Schafen auftreten, wenn Biolandwirte genauso arbeitsteilig und intensiv produzieren wie konventionell arbeitende Bauern. Damals wurde Bioweizen durch unsachgemäße Lagerung mit Unkrautvernichtungsmitteln belastet und später an Bio-Geflügel verfüttert.
  • Der Trend zur Industrialisierung hat inzwischen auch die Biolandwirtschaft erfasst – die positive Seite dieser Entwicklung ist allerdings ein wachsendes Angebot auch außerhalb spezialisierter Bioläden und allmählich sinkende Preise.
  • Auch heißt die Verwendung von biologisch Erzeugtem noch lange nicht, dass die Ernährung besser ist. Auch aus naturbelassenem Getreide und Öko-Milch lassen sich minderwertige Lebensmittel herstellen, und dahin geht leider der Trend: Die Lebensmittelindustrie überschwemmt den Markt mit ernährungsphysiologisch unsinnigen – und doppelt so teueren – „Bio“-Produkten. Doch auch Bio-Cornflakes sind technisch stark bearbeitete Maisprodukte, deren Nährstoffe bei der industriellen Herstellung größtenteils verloren gehen. Und die „Bio Tiger Creme“ mit einem Rohrzuckeranteil von 43% und Fettanteil von 46% ist genauso bedenklich wie das konventionelle Pendant, auch wenn der Rohrzucker biologisch produziert wird.
  • Beim Fleisch kommt es vor allem auf die Weidehaltung an – und die kann auch mancher konventionell arbeitende Betrieb garantieren. Fleisch von geweideten Rindern etwa enthält viermal mehr Omega-3-Fettsäuren als das Fleisch von mit Maissilage gemästeten Stallrindern!

Der Bio-Vorteil kann nur durch eine insgesamt sinnvolle Ernährung genutzt werden. Der Mehrpreis ist vor allem für wenig verarbeitete, lokal produzierte Produkte gerechtfertigt – bei industriell weiterverarbeiteten Nahrungsmittel lohnt er sich oft nicht.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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So überzeugt man heikle Esser

Brokkoli gehören bei vielen Kindern nicht zu den Leibspeisen.

So überzeugt man heikle Esser

Schmeckt nicht, mag ich nicht …

Bloß kein Gemüse und am liebsten von früh bis spät nur Schokobrei — viele Kinder sind beim Essen mäkelig. Müssen sich Eltern deshalb Sorgen machen? Und was kann man tun, um heikle Esser auf den Geschmack zu bringen?

Keine Angst vor Mangelernährung

Die einen Kinder essen problemlos, was die Eltern ihnen vorsetzen, die anderen rümpfen schon beim Anblick gesunder Speisen die Nase. Eine solche Pingeligkeit beim Essen zeigt sich meist im Vorschulalter und hält dann bis ins Teenageralter an. Doch Zwang hilft in diesen Fällen gar nichts, er verschärft nur das Problem: Unter Druck verzehrte Speisen werden vom Kind zusätzlich negativ belegt und noch weniger gern gegessen, betonen amerikanische Ärzt*innen und raten Eltern dazu, gelassen zu bleiben.

Grund zur Sorge, dass heikle Esser zu wenige Nährstoffe, Vitamine oder Mineralstoffe zu sich nehmen, gibt es einer aktuellen Untersuchung in der Regel nicht. Im Gegenteil: Im Vergleich zu kleinen Alles-Essern neigen die Mäkeler seltener zu Übergewicht, dem eigentlichen Ernährungsproblem unserer Zeit in den meisten Teilen der Welt.

Mitmachen macht Gemüse schmackhaft

Eltern können einiges dafür tun, dass ihr Nachwuchs seine ablehnende Haltung zu bestimmten — meist gesunden — Nahrungsmitteln und Speisen ablegt. So hilft es beispielsweise, wenn Kinder beim Zubereiten der Mahlzeiten mitmachen dürfen, rät die Kinderärztin Monikas Niehaus vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Je nach Alter und Fingerfertigkeit kann man den Kleinen dabei eine ganze Menge zutrauen:

  • Schon 3- bis 5-Jährige können Brot, Gemüse oder andere Lebensmittel mit einem Pinsel mit Öl bestreichen oder weiches Gemüse und Obst mit einem Plastikmesser schneiden.
  • 6- bis 7-Jährige schaffen es, ein Ei aufzuschlagen und ein Schälmesser zu verwenden.
  • 8- bis 9-Jährige können Eier verrühren und trockene Zutaten abwiegen und mischen.
  • 10- bis 12-Jährige sind meist in der Lage, ein einfaches Rezept Schritt für Schritt auszuführen, Gemüse mit einem Messer in Scheiben zu schneiden und Kräuter zu zerkleinern.

Hilfreich beim Erlernen eines gesunden Essverhaltens ist natürlich auch das Vorbild der Eltern. Wer sich selbst den ganzen Tag über undiszipliniert mit Snacks vollstopft und abends zur Fertigmahlzeit greift, wird es schwer haben, seinen Nachwuchs von den Vorteilen gesunden Essens zu überzeugen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Dmytro Zinkevich/Shutterstock.com