Gesundheit heute

Häufige Probleme der Jugendgynäkologie

Pubertätsentwicklung

Die Pubertät zeigt sich bei Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren oft zuerst durch das Wachstum der Schamhaare (Pubarche). Nur wenige Monate später beginnt dann auch die Brust zu wachsen (Thelarche). Bei etwa 20 % der Mädchen verhält es sich umgekehrt, bei ihnen ist das Brustwachstum das erste Pubertätszeichen. Häufig beginnt die Brustentwicklung zunächst einseitig, die Brüste können spannen und druckempfindlich sein. Später wachsen die Brüste dann symmetrischer, oft bleibt aber ein gewisser Größenunterschied bestehen. Zwischen 13 und 15 Jahren sind die Brüste im Schnitt „ausgewachsen“ (und wachsen dann erst wieder während einer Schwangerschaft oder wenn eine Frau zunimmt).

Die erste Regelblutung (Menarche) setzt meist erst ein, wenn die Brüste schon entwickelt sind, im Mittel etwa 2–3 Jahre nach Beginn des Brustwachstums.

Typischerweise bildet die Scheide etwa ein Jahr vor Einsetzen der Regelblutung bereits ein weißliches Sekret, Weißfluss genannt. Dies ist eine normale Reaktion auf die hormonelle Umstellung.

Der maximale körperliche Wachstumsschub ist etwa 1 Jahr vor Einsetzen der Regelblutung zu beobachten.

Die erste Regelblutung

Dass die erste Regelblutung (Menarche) im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten immer früher einsetzt, ist keineswegs gesichert. So weisen Daten aus vielen Industrieländern darauf hin, dass Mädchen zwar bis etwa 1960 ihre erste Monatsblutung im Schnitt immer früher bekamen, dass seit dem dieser Zeitpunkt aber recht konstant bei etwa 12–13 Jahren liegt [B03]. 90 % haben nach diesen Untersuchungen mit 13 ¾ Jahren und 98 % mit 15 Jahren ihre erste Regel (gehabt). Nur bei 10 % der Mädchen setzt die Regelblutung ein, bevor sie 11 Jahre alt sind. Mädchen mit mehr Fettpolstern sind im Schnitt etwas früher dran, und auch bei Kindern mit dunkler Hautfarbe beginnt die Regelblutung etwas früher.

Störungen der Menstruation

Der Menstruationszyklus ist im Jugendalter oft unregelmäßig: Die Blutung dauert 2–7 Tage und sie kann schon nach 20 Tagen wiederkommen – aber auch erst nach 60 Tagen oder mehr. Meistens jedoch liegt der Abstand der Regelblutungen zwischen 21–45 Tagen. Im Laufe von drei Jahren wird der Menstruationszyklus dann regelmäßiger und eher kürzer. Nach 3 Jahren liegt der Zyklusabstand bei 75 % der jugendlichen Frauen bei den für erwachsene Frauen typischen 21–34 Tagen. Allerdings folgt der Zyklus erst 6 Jahre nach der Menarche einem langfristig stabilen Muster.

Veränderungen der Zyklusdauer. Auch wenn die Blutungen bei Mädchen sehr weit auseinander liegen können – dass sie länger als 90 Tage ausbleiben, ist sehr ungewöhnlich. Dahinter stecken können wie bei der erwachsenen Frau eine Schwangerschaft, Fernreisen, sehr viel Sport, ungewöhnliche andere Belastungen (Stress, Sorgen), Krankheiten wie Magersucht oder starkes Übergewicht sowie hormonelle Erkrankungen.

Verstärkte Menstruationsschmerzen (Dysmenorrhoe): Daran leiden Mädchen häufiger als erwachsene Frauen – der Grund liegt darin, dass sich das monatliche Auf und Ab der Hormone noch nicht eingespielt hat. Viele Mädchen bekommen bei Menstruationsschmerzen von ihrem Frauenarzt die „Pille“ empfohlen, auch dann, wenn sie noch keinen Geschlechtsverkehr haben. Dies ist in Ordnung, weil die „Pille“ nicht nur verhütet, sondern auch den Zyklus stabilisiert und die körpereigene Hormonproduktion insgesamt drosselt. Beides führt dazu, dass die Monatsblutungen leichter zu ertragen sind und kürzer werden. Übrigens: Das früher vermutete Risiko, dass die frühe Einnahme der Pille die Fruchtbarkeit in späteren Jahren reduziert, hat sich nicht bestätigt. Außer der Pille gibt es auch noch weitere, alternativmedizinische Therapiemöglichkeiten. Fast immer bessern sich die Menstruationsschmerzen nach sechs Monaten, spätestens aber 1–2 Jahre, nachdem die Regelblutung eingesetzt hat. Wer die Schmerzen also ertragen kann, kann auch auf ärztlichen Rat zunächst verzichten und abwarten.

Verstärkte Menstruationsblutungen (Hypermenorrhoen) sind nicht selten mit Menstruationsschmerzen (Dysmenorrhoe) verbunden, haben aber auch eigene, besondere Ursachen, die denen bei erwachsenen Frauen entsprechen. Häufiger als früher angenommen liegt eine Gerinnungsstörung des Blutes zu Grunde, z. B. ein (Willebrand-Jürgens-Syndrom) [B04; B05].

Verlängerte Menstruationsblutungen

Wann zum Frauenarzt

Ein Gang zum Frauenarzt ist anzuraten:

  • Bei starken Menstruationsschmerzen oder starkem Ausfluss
  • Bei sehr unregelmäßigen Perioden (wenn die Periode z. B. 60–90 Tage ausbleibt)
  • Bei Entzündungen in der Scheide und an den äußeren Geschlechtsorganen
  • Bei Schmierblutungen außerhalb der Regel
  • Bei unklaren Unterbauchschmerzen
  • Wenn die Regelblutung mit 16 Jahren noch nicht eingetreten ist.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Verfrühte Pubertät häufig

In der Pubertät kann die Gefühlswelt ganz schön durcheinander kommen.

Verfrühte Pubertät häufig

Dank Corona-Pandemie

Schon seit vielen Jahrzehnten beginnt die Pubertät immer früher. Corona hat das noch weiter verschärft: Der Anteil der Kinder, bei denen sich Brust oder Hoden schon vor dem achten Lebensjahr entwickeln, ist während der Pandemie angestiegen.

Gehirn bringt Brust und Hoden zum Wachsen

In der Pubertät wird der kindliche Körper geschlechtsreif. Angestoßen wird dieser Prozess durch die Freisetzung von Hormonen im Gehirn, die wiederum Hoden und Eierstöcke stimulieren. In der Folge entwickelt sich bei Mädchen die Brust, etwas später kommt es zur ersten Regelblutung (Menarche). Bei den Jungs wachsen Hoden und Penis, weitere Anzeichen sind der Stimmbruch und der erste Samenerguss.

Heutzutage kommen Kinder früher in die Pubertät als noch vor 100 Jahren. Daten aus Skandinavien zeigen, dass dort um 1900 die Menarche durchschnittlich im Alter von 16 Jahren auftrat. Um 1950 erlebten Mädchen in Deutschland mit gut 13 Jahre ihre erste Regelblutung. Heute liegt der Zeitpunkt zwischen 11 und 13 Jahren. Berechnungen haben ergeben, dass seit den 1970er-Jahren der Pubertätsbeginn jedes Jahrzehnt um etwa drei Monate sinkt.

Ein Grund dafür könnte sein, dass die Kinder immer dicker werden. Denn im Fettgewebe wird ein Botenstoff gebildet, der die Pubertät vorantreibt. Möglich ist aber auch, dass die Kinder über die Umwelt Hormonen ausgesetzt sind und deshalb früher geschlechtsreif werden – handfeste, datengestützte Beweise gibt es dafür aber noch nicht.

Verfrühte Geschlechtsreife häufiger

Neben der statistisch „normalen“ Pubertät gibt es auch die verfrühte Geschlechtsreife: Mediziner*innen sprechen davon, wenn sich die äußeren Geschlechtsmerkmale bei Mädchen vor dem vollendeten 8. Lebensjahr und bei Jungen vor dem vollendeten 9. Lebensjahr zeigen. Diese verfrühte Pubertät tritt seit der Corona-Pandemie weltweit häufiger auf. In Deutschland wurden bis zu 30 Prozent mehr Fälle erfasst als vorher, berichtet Kinderärztin Bettina Gohlke von der Uniklinik Bonn.

Über die Ursachen wird spekuliert: Zum Beispiel haben die Eltern aufgrund von Schulschließungen und Homeoffice mehr Zeit mit ihren Kindern verbracht, weshalb ihnen die Entwicklung ihrer Kinder womöglich früher aufgefallen ist. Auch die höhere psychosoziale Belastung könnte dazu geführt haben, dass die Kinder früher reifen. Schlussendlich wurde in der Pandemie mehr gegessen und sich weniger bewegt – also könnte auch eine Gewichtszunahme eine Rolle spielen.

Insgesamt vermutet Gohlke, dass für die Häufung von verfrühter Pubertät durch Corona mehrere Faktoren zusammen verantwortlich sind. Ob sich der Effekt nach dem Abklingen der Pandemie wieder verflüchtige, sei bisher unklar.

Quellen: pta heute, Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Pixtal