Gesundheit heute

Fieberkrämpfe

Fieberkrampf: Krampfanfall während einer Fieberphase, der vor allem Kinder ab dem 6. Monat bis zum 6. Lebensjahr betrifft.

Etwa 4 % aller Kinder erleiden mindestens einmal einen Fieberkrampf, der oft einige Minuten dauert. Danach erholt sich das Kind rasch und ohne Folgen.

Ob es zu einem Fieberkrampf kommt, hängt weniger von der Höhe des Fiebers als von der Geschwindigkeit des Fieberanstiegs ab. Dies erklärt, warum Kinder einen Fieberkrampf haben, noch bevor die Eltern merken, dass ihr Kind krank ist. Besonders häufig sind diese Krämpfe beim Dreitagefieber.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Anfall ereignet sich oft während des ersten Fieberanstiegs bei einem Infekt
  • Meist in Form eines sogenannten Grand-mal-Anfalls mit Steifwerden, Muskelkrämpfen am ganzen Körper und Bewusstseinsverlust. Prinzipiell sind jedoch alle Anfallsformen möglich
  • Nach wenigen Minuten hört der Krampf von selbst auf. Das Kind ist danach zunächst schläfrig oder "jammerig", nach 15–30 Minuten reagiert es aber normalerweise wieder wie gewohnt oder ist eingeschlafen.

Wann zum Kinderarzt

Sofort, wenn

  • Ihr Kind erstmalig einen Fieberkrampf hat.
  • es etwas "anders ist" als bei vorangegangenen Fieberkrämpfen, insbesondere dann, wenn es starke Kopfschmerzen hat, den Kopf nicht nach vorne beugen kann oder lichtscheu ist; dies sind Hinweise auf eine Hirnhautentzündung.
  • Ihr Kind auffallend inaktiv und bewegungslos ist.
  • es nicht ansprechbar ist, blass wird, die Augen verdreht, den Körper versteift und krampfartig zuckt.
  • die Muskulatur völlig erschlafft, die Atmung langsamer wird und der Körper blau anläuft.
  • Ihr Kind Lähmungserscheinungen zeigt und z. B. unfähig ist, eine Körper- oder Gesichtshälfte richtig zu bewegen.
  • der Fieberkrampf länger als 15 Minuten dauert oder sich innerhalb derselben fieberhaften Erkrankung wiederholt.

Hinweis: In aller Regel ist in diesen Fällen das nächstgelegene Kinderkrankenhaus die richtige Adresse. Am sichersten ist der Transport durch den Notarzt.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Es wird angenommen, dass bei Fieber die "Isolierung" der Nervenzellen weniger gut funktioniert und es so leichter zur Erregung ganzer Hirnregionen kommt, die sich dann plötzlich als Krampfanfall entlädt. Der typische Fieberkrampfanfall ist in aller Regel harmlos und hinterlässt keine Schäden.

Ursachen

Studien haben eine genetische Komponente aufgedeckt: Mutationen im Gen STX1B und die damit verbundene Fehlfunktion des Proteins Syntaxin-1B sollen dafür verantwortlich sein, dass es zu Fieberkrämpfen kommt. Diese Genmutationen führen bereits bei einem moderaten Anstieg der Temperatur zu einer Störung der Botenstoffe an den Synapsen, also der Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen. Die Folgen sind elektrische Fehlleistungen und schließlich ein epileptischer Fieberkrampf.

Risikofaktoren

Ein erhöhtes Risiko haben diejenigen Kinder mit Verwandten und besonders mit Geschwisterkindern, die bereits einen Fieberkrampf hatten.

Frühgeborene. Kinder, die zu früh geboren wurden oder die als Neugeborene längere Zeit krank waren, haben häufiger Fieberkrämpfe.

Infektion. Eine Virusinfektion erhöht das Risiko für Krämpfe erwiesenermaßen.

Impfung. Bei Kindern, die vor nicht allzu langer Zeit geimpft wurden, besteht eine Gefahr für Fieberkrämpfe.

Hirnhautentzündung (Meningitis). In seltenen Fällen stellt eine Meningitis ein Risiko für einen Fieberkrampf dar.

Verlauf

Zunächst steigt das Fieber auf mind. 38 °C (bei Babys) bzw. auf mind. 39 °C (bei Kindern zwischen 3 und 6 Monaten).

Teilnahmslosigkeit. Das Kind lächelt nicht mehr, reagiert kaum oder gar nicht auf Ansprache, verdreht die Augen.

Inaktivität. Das Kind lässt sich nicht aufwecken, bleibt nicht wach oder wacht nur nach längeren Aufweckversuchen auf. Häufig verliert es das Bewusstsein.

Krampf. Der ganze Körper wird steif und zuckt dann krampfartig. Manchmal fehlt diese Phase auch, stattdessen erschlafft die Muskulatur komplett und das Kind hat Blase und Darm nicht mehr unter Kontrolle.

Erinnerungslücken. Anschließend wirkt das Kind apathisch, hat keine Erinnerung an die letzten Minuten und schläft oft mehrere Stunden tief und fest.

Auch wenn es manchmal so aussieht: Ihr Kind leidet während eines Fieberkrampfes nicht an Schmerzen, vor allem deshalb nicht, weil es während des Anfalls meist bewusstlos ist. In den nächsten Tagen wird es jedoch über Muskelkater klagen.

Komplikationen

Der unkomplizierte Fieberkrampf betrifft Kinder ab dem 6. Monat bis zum 6. Lebensjahr, tritt während einer fieberhaften Erkrankung nur einmal auf, dauert 2–10 Minuten und verläuft als Grand-mal-Anfall des ganzen Körpers. Das Kind hat danach weder geistige noch körperliche Schäden. Das Risiko für einen weiteren Anfall liegt bei 30 %.

Komplizierter (auch komplexer) Fieberkrampf. Etwa ein Viertel der Fieberkrämpfe verläuft außergewöhnlich; sie werden als komplizierte Fieberkrämpfe bezeichnet und haben folgende Merkmale:

  • Betreffen Kinder unter 6 Monaten oder nach dem 5. Geburtstag
  • Dauern länger als 15 Minuten
  • Wiederholen sich innerhalb von 24 Stunden ein- oder mehrmals
  • Verlaufen einseitig oder betreffen nur einen bestimmten Körperteil.

Normalerweise entwickeln sich nach einem komplizierten Fieberanfall keine geistigen oder körperlichen Schäden. Bei etwa 4 % der betroffenen Kinder stellt der Anfall ein erstes Anzeichen einer Epilepsie dar.

Epilepsie. Komplizierten Fieberkrämpfen liegt häufiger (aber keineswegs immer) eine organische Ursache zugrunde, das Risiko einer späteren Epilepsie ist leicht erhöht. Fast alle betroffenen Kinder entwickeln sich ganz normal. Das statistische Risiko, später eine Epilepsie zu bekommen, steigt nach einem Fieberkrampf jedoch leicht an, und zwar von 0,5 % für gesunde Kinder ohne Krämpfe auf 1 %. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Fieberkrampf die Ursache hierfür ist. Höher (und doch nur bei etwa 2 %) ist das Epilepsierisiko bei Kindern mit zusätzlichen Risikofaktoren, etwa Vorschäden des Gehirns, nahen Verwandten mit Epilepsie oder EEG-Veränderungen.

Diagnosesicherung

Das wichtigste Ziel des Arztes ist es, auszuschließen, dass dem Krampfanfall etwas anderes zugrunde liegt als Fieber. Vor allem Gehirnentzündung und Hirnhautentzündungen zeigen sich ebenfalls durch Fieber und Krampfanfälle. Das Risiko dafür liegt aber unter 1 %.

Untersuchung. Natürlich untersucht der Arzt das Kind auch gründlich – nicht zuletzt, um die Ursache des Fiebers zu finden. Zusätzlich muss manchmal auch der Urin untersucht oder die Lunge geröntgt werden. Ebenso gibt ein Blutbild Aufschluss über die Ursache.

Lumbalpunktion. In Zweifelsfällen, v. a. wenn das Kind unter 18 Monate alt ist, wenn es sich um einen komplizierten Fieberkrampf handelt oder wenn das Kind bereits mit Antibiotika vorbehandelt ist, wird der Arzt eine Lumbalpunktion (Entnahme von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit) empfehlen, um eine Hirnhautentzündung sicher auszuschließen.

CT oder MRT. Diese bildgebenden Verfahren sind nur in Ausnahmefällen nötig, beispielsweise wenn das Kind nach dem Anfall längere Zeit nicht zu sich kommt. Durch diese Verfahren werden Strukturen des Gehirns sichtbar, die auch auf Abszesse, Fehlbildungen oder Tumoren als Ursache hinweisen.

EEG. Nach ungefähr 2 Wochen wird meist auch ein EEG abgeleitet, das nach Fieberkrämpfen typischerweise normal ist. Die dabei gemessenen Hirnströme geben möglichweise Hinweise auf die Ursache. Nur bei besonders auffälligen (etwa einseitigen) Anfällen wird das EEG schon im Krankenhaus gemacht.

Behandlung

Beim ersten Fieberkrampf: Eine medikamentöse Unterdrückung des Anfalls ist meist nicht erforderlich, in aller Regel ist er bei Eintreffen des Arztes schon vorbei.

Bei erneuten Fieberkrämpfen. Empfehlenswert ist es, ein krampfhemmendes Medikament mit dem Wirkstoff Diazepam (rezeptpflichtig) im Haus zu haben. Diazepam wird rektal verabreicht, als Mikroklistier (eine kleine Tube) oder als Zäpfchen. Damit lässt sich ein erneuter Fieberkrampf selbst behandeln. Die Wirkung tritt bereits nach wenigen Minuten ein.

Zur Prophylaxe weiterer Krampfanfälle verschreibt der Arzt manchmal als Dauertherapie Valproat oder Phenobarbital. Das wird er jedoch nur in Betracht ziehen, wenn die Gefahr von Hirnschädigungen durch sich häufende Anfälle besteht und keine weniger invasive Behandlungsmethode anschlägt.

Die Behandlung eines Kindes nach einem Fieberkrampf mit antiepileptischen Medikamenten verhindert eine Epilepsie nicht.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie als Eltern tun können

Erste Hilfe. Die Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Fieberkrampf bestehen aus der Entfernung des Kindes von Treppen oder ähnlich gefährlichen Orten, dem Rufen des Notarztes beim ersten Fieberkrampf und der stabilen Seitenlage nach dem Anfall. Achten Sie dabei auch darauf, dass sich Ihr Kind während des Krampfes nicht verletzt und polstern Sie harte Gegenstände in der Nähe mit Kissen oder Decken.

Beruhigung. Bleiben Sie bei Ihrem Kind und beruhigen Sie es. Sie dürfen Ihr Kind auf keinen Fall während des Anfalls schütteln, um es wieder zu Bewusstsein zu bringen. Das ist sinnlos und birgt die Gefahr innerer Verletzungen.

Kein Essen und Trinken. Versuchen Sie nicht, Ihrem Kind kurz nach dem Anfall schon etwas zu essen oder zu trinken zu geben, da hier Erstickungsgefahr besteht.

Temperaturmessung. Messen Sie nach einem Fieberkrampf die Körpertemperatur; wenn sie immer noch über 38,5 °C liegt, versuchen Sie, das Fieber mit Paracetamol-Zäpfchen zu senken oder machen Sie beidseits Wadenwickel.

Prävention

Nach dem ersten Fieberkrampf liegt das Risiko eines weiteren bei gut 30 % (wenn er auftritt, dann meist innerhalb eines Jahres).

Leider lassen sich weitere Fieberkrämpfe nur bedingt vorbeugen. Das Fieber bei auftretenden Infekten zu senken (entweder durch Wadenwickel oder fiebersenkende Medikamente), macht zwar Sinn; dass dies Fieberkrämpfe verhindert, ist aber nicht erwiesen. Die vorbeugende Gabe von einen Krampf unterdrückenden Medikamenten während eines Infekts für ein paar Tage ist nur sinnvoll, wenn ein Kind bereits mehrmals Fieberkrämpfe hatte.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Beschwerden“, „Wann zum Kinderarzt“, „Die Erkrankung“, „Diagnosesicherung“, „Behandlung“ und „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dagmar Fernholz
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Kampf der Gürtelrose!

Die echte Gürtelrose blüht mit roten Papeln und Bläschen weniger hübsch.

Kampf der Gürtelrose!

Gegen Schmerzen, Juckreiz, Krusten

Mit Ausschlag, Kribbeln, Jucken und Schmerzen kann eine Gürtelrose ganz schön unangenehm werden. In jedem zehnten Fall drohen sogar langfristige Nervenschmerzen, die Schlaf und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Lesen Sie, wo die Gürtelrose herkommt, wie sich akute und chronische Beschwerden am besten behandeln lassen und wie man sich mit der Zosterimpfung schützt.

Viren auf Wanderschaft

Plötzliche Schmerzen und ein roter, gürtelförmiger Ausschlag am Rumpf —die Symptome einer Gürtelrose sind leicht zu erkennen. Verantwortlich für den Spuk ist das Windpocken- oder Varizellenvirus (lateinisch Varizella-Zoster-Virus). Es gehört zu der Gruppe der Herpesviren, weshalb die Erkrankung medizinisch auch Herpes zoster genannt wird.

Das Varizellenvirus hat ganz besondere Eigenschaften. Infiziert man sich damit, erkrankt man zunächst an Windpocken. Nach dem Abheilen des juckenden Ausschlags verschwinden die Viren aber nicht. Stattdessen wandern sie in bestimmte Nervenzellen, die Ganglienzellen von Hirn- oder Spinalnerven. Dort lassen sie sich lebenslang nieder – in Schach gehalten vom körpereigenen Immunssystem. Schwächelt das Immunsystem, werden die Viren reaktiviert und befallen den Körper „von innen“ erneut. Geschwächt wird das Immunssystem z. B. durch

  • seelischen und körperlichen Stress
  • normale Alterungsprozesse
  • immunsuppressive Therapien, also Therapien die das Immunsystem gezielt unterdrücken (z. B. zur Behandlung von Krebs oder einer rheumatoiden Arthritis)
  • Immunerkrankungen, z.B. eine HIV-Infektion.

Manchmal tritt die Gürtelrose aber auch auf, ohne dass sich ein spezieller Grund dafür feststellen lässt.

Die typische Gürtelrose

Werden die Viren reaktiviert, wandern sie die Nervenfaser entlang in Richtung Körperoberfläche. Am häufigsten geschieht das im Bereich von Brustkorb und Rumpf. Auf der Haut lösen sie dann einen gürtelförmigen Ausschlag mit gleichförmigen Papeln und Bläschen auf rotem Grund aus. Zum charakteristischen Muster des Ausschlages kommt es, weil die Viren sich nicht frei, sondern entlang der Nervenfaser ausbreiten. Diese Nervenfasern sind wiederum gürtelförmig, also quer von der Wirbelsäule bis zur Vorderseite angeordnet. Der gürtelförmige Ausschlag ist so typisch, dass meist keine weitere Diagnostik erforderlich ist. Im Zweifel lassen sich die Viren aber auch durch Laboruntersuchungen von Blut oder Hirnflüssigkeit nachweisen.

Manchmal macht sich die Gürtelrose schon vor dem Hautausschlag durch Kribbeln oder Taubheitsgefühl bemerkbar. Ist sie voll erblüht, leiden die Erkrankten je nach Ausmaß unter

  • Fieber und starkem Krankheitsgefühl
  • Wundschmerzen im Bereich des Ausschlags
  • Nervenschmerzen im Bereich des befallenen Nervens, z. B. starke Missempfindungen (Ameisenlaufen, Juckreiz) und bohrende oder stechende Schmerzen.

Normalerweise heilt der Ausschlag innerhalb von zwei bis vier Wochen folgenlos aus. Bei jeder zehnten Patient*in dauern Schmerzen und Missempfindungen jedoch auch nach Abheilen des Hautausschlags an oder flackern nach einem beschwerdefreien Intervall wieder auf. In diesen Fällen spricht man von der Post-Zoster-Neuralgie. Deren Prognose ist nicht besonders gut: Bei einem Drittel der Betroffenen greift die Schmerztherapie nicht, und manche haben lebenslang mit den Beschwerden zu kämpfen (mehr dazu siehe unten).

Hinweis: Achtung, ansteckend! In den Bläschen des Ausschlags befinden sich massenweise Varizellenviren. Gürtelrose-Patient*innen können durch Schmierinfektionen andere infizieren. Ganz besonders gefährdet sind Schwangere, die noch keine Windpocken hatten. Bei einer Infektion kann das ungeborene Kind schwer geschädigt werden. Um jede Ansteckung zu vermeiden sollte der Ausschlag bis zum Abheilen gut abgedeckt (passende Pflaster dafür gibt es in der Apotheke) und der Kontakt zu Ungeimpften bzw. noch nicht an Windpocken Erkrankten vermieden werden.

Zoster in Ohr und Auge

Neben der typischen Gürtelrose gibt es auch andere Formen des Herpes zoster. Besonders unangenehm wird es, wenn die Varizellen in den Ganglienzellen der Hirnnerven sitzen und dort reaktiviert werden. Dann wandern sie die Nervenfasern entlang in Richtung Kopfhaut vor. Ist der Trigeminalnerv betroffen, kommt es zu einem Zoster ophthalmicus mit Ausschlag und Schmerzen im Bereich von Stirn, Nasenwurzel und Nasenrücken, meist begleitet von Fieber und einem starken Krankheitsgefühl. Es droht die Infektion des Auges mit Bindehautentzündung, Hornhautentzündung, Augenmuskellähmung und sogar der Gefahr der Erblindung. Ein Befall der Nerven, die für das Ohr zuständig sind, macht sich als Zoster oticus mit Ohrenschmerzen, Hörminderung, Schwindel und schmerzhafte Bläschen am Gehörgang bemerkbar.

Schwerste Formen des Herpes zoster sind der Befall des Gehirns (Zoster-Enzephalitis) oder die Ausbreitung der Varizellenviren über den gesamten Körper inklusive innerer Organe (Zoster generalisatus). Diese lebensbedrohlichen Varianten kommen bei Menschen vor, deren Immunsystem sehr geschwächt ist.

Hinweis: Eine weitere seltene Sonderform des Herpes zoster ist der „Zoster sine herpete“. Hier leiden die Betroffenen unter heftigen Schmerzen in einem Dermatom, es fehlt aber der typische bläschenförmige Ausschlag.

Wen kann es treffen?

Jeder, der einmal an Windpocken erkrankt war, beherbergt die Viren und kann Monate, Jahre oder Jahrzehnte später an einer Gürtelrose oder einer anderen Form des Herpes zoster erkranken. Allerdings steigt das Risiko mit dem Alter, weil das Immunsystem dann allgemein weniger gut arbeitet. Ab 50 ist jedoch nicht nur die Gefahr einer Virusreaktivierung erhöht. Auch die Schwere der Erkrankung nimmt zu.

Doch nicht nur durchgemachte Windpocken lassen eine Gürtelrose erblühen. Auch Menschen, die gegen Windpocken geimpft wurden, können an einem Herpes zoster erkranken. Denn das abgeschwächte Impfvirus zieht sich ebenso wie das „echte“ Virus in Ganglienzellen der Spinal- oder Hirnnerven zurück. Weil das Impfvirus sich jedoch weniger leicht reaktivieren lässt als sein natürlicher Verwandter tritt ein Zoster nach Impfung sehr selten auf. Und kommt es doch einmal dazu, verläuft die Erkrankung deutlich milder als der Herpes zoster durch das echte Virus.

Akut gegen Virus, Schmerz und Krusten

Die normale Gürtelrose ist zwar unangenehm, hat aber eine relativ gute Prognose. Etwa 70–80% der Fälle heilen mithilfe der passenden Therapie folgenlos aus. Diese ruht auf drei Säulen: Die Viren zu bekämpfen, Schmerzen und Juckreiz einzudämmen und das Abheilen der Bläschen zu fördern.

Antivirale Medikamente. Mit ihnen wird der Verlauf der Erkrankung abgemildert und die Ansteckungsgefahr reduziert. Deshalb wird auf die antivirale Therapie nur bei sehr leichten Verläufen darauf verzichtet. Zwingend erforderlich ist sie bei

  • Patient*innen über 50 Jahren
  • Zoster im Kopfbereich
  • stark ausgeprägtem Zoster, z. B. beim Befall mehrerer Dermatome am Rumpf
  • kompliziertem Verlauf
  • Immunschwäche.

Zum Einsatz kommen die Wirkstoffe Aciclovir, Valaciclovir, Famcicluvir und Brivudin. Je nach Präparat werden die antiviralen Medikamente drei- bis fünfmal täglich als Tabletten eingenommen. In schweren Fällen gibt man sie auch intravenös. Dies ist bei Zoster ophthalmicus oder Zoster oticus der Fall. Hier kombinieren die Ärzt*innen das Virostatikum auch oft mit Kortison, um das Risiko für gefährliche Komplikationen wie Seh- oder Hörverlust zu reduzieren.

Schmerztherapie. Der entzündliche Ausschlag verursacht oft unangenehme Wundschmerzen. Diesen begegnet man mit entzündungs- und schmerzlindernden Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol. Bei sehr starken Schmerzen kommen auch Opioide zum Zug, beispielsweise Oxycodon-Tabletten oder intravenös verabreichtes Morphin.

Ist der Nerv angegriffen, entwickeln sich zusätzlich neuropathische Schmerzen. Sie reichen von Kribbeln oder Taubheitsgefühl bis zum ausgeprägten Brennen, Bohren oder Stechen. Hier können Wirkstoffe helfen, die auch bei der Post-Zoster-Neuralgie eingesetzt werden, so zum Beispiel Gabapentin, Pregabalin oder auch das Antidepressivum Amitryptilin.

Lokaltherapie. Die lokale Therapie fördert die Abheilung und reduziert das Risiko einer bakteriellen Infektion des Ausschlags. Polihexanid-Gele beispielsweise wirken antiseptisch und helfen, die Verkrustungen zu lösen. Lösungen aus Polihexanid oder Octenidin sind ebenfalls antiseptisch und lindern Schmerzen und Missempfindungen durch ihren kühlenden Effekt. Synthetische Gerbstoffe verringern ebenfalls den Juckreiz und lassen die Läsionen abtrocknen.

Hinweis: Zur lokalen Therapie keine Schüttelmixtur mit Zink verwenden! Diese lindert zwar den Juckreiz, fördert jedoch neuen Untersuchungen zufolge eine bakterielle Infektion der Läsionen. Außerdem lässt sich unter der weißlichen Schicht das Abheilen des Ausschlags nicht gut kontrollieren.

Wenn die Post-Zoster-Neuralgie zubeißt

In etwa 10% der Fälle entwickeln die Betroffenen eine Post-Zoster-Neuralgie. Dabei bleiben die Nervenschmerzen länger als vier Wochen bestehen, obwohl der Hautausschlag längst abgeklungen ist. Manchmal entwickeln sie sich aber auch erst nach einem beschwerdefreien Intervall. Typisch sind Missempfindungen und starke brennende, bohrende oder stechende Schmerzen. Oft ist die Region auch besonders berührungsempfindlich, was beispielsweise das Scheuern von Gürteln oder BH-Trägern unerträglich machen kann.

Die Behandlung der Post-Zoster-Neuralgie ist kompliziert, oft müssen verschiedene Wirkstoffe probiert und kombiniert werden. Etwa 30% der Patient*innen werden auch durch intensive Maßnahmen nicht schmerzfrei. Zum Einsatz kommen

  • Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle) wie Gabapentin, Pregabalin
  • Antidepressiva wie Amitryptilin
  • Opioide wie Tramadol oder Morphin
  • Lidocain-Pflaster
  • Pflaster mit Capsaicin
  • als Ersatzmedikamente Carbamazepin oder Duloxetin.

Wenn die Hautempfindlichkeit des betroffenen Dermatoms intakt ist, empfehlen manche Ärzt*innen auch die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Die elektrische Stimulation des betroffenen Gebietes verursacht (gewünschte) Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl, wodurch die Schmerzempfindung selbst verringert wird. Daneben können auch andere Verfahren der physikalischen Therapie, z. B. Kälte- oder Wärmeanwendungen helfen, die Beschwerden der Post-Zoster-Neuralgie abzumildern.

Hinweis: Eine Post-Zoster-Neuralgie kann psychisch sehr belastend sein. In manchen Fällen sind Verhaltens- oder Psychotherapien hilfreich, um besser mit den chronischen Schmerzen umzugehen.

Stärkste Waffe: Impfung

Ein besonders starkes Mittel gegen die Gürtelrose und ihre Komplikationen ist die Zosterimpfung. Es gibt sie mit einem abgeschwächten Virus als Lebendimpfstoff und als Totimpfstoff. Letzterer soll effektiver sein und einen längeren Impfschutz bieten, weshalb dieser von der STIKO vorgezogen wird. Sie empfiehlt die Zosterimpfung mit dem Totimpfstoff

  • allen Personen über 60
  • Menschen ab 50 Jahren, die ein erhöhtes Risiko für Herpes zoster haben (z.B. aufgrund einer immunsuppressiven Therapie oder einer Grunderkrankungen wie Diabetes, COPD, oder rheumatoider Arthritis).

Die Impfung erhöht die zelluläre Immunabwehr und unterstützt dadurch den Körper, die in den Nervenzellen sitzenden Varizellenviren weiter in Schach zu halten.

Für einen vollständigen Schutz sind zwei Impfungen mit einem Abstand von zwei bis sechs Monaten erforderlich. Ob eine Auffrischung nötig ist, wird noch diskutiert. Bis jetzt gehen die Expert*innen davon aus, dass Geimpfte etwa zehn Jahre lang vor einer Gürtelrose bewahrt werden.

Hinweis: Die Zoster-Impfung verträgt sich gut mit anderen Impfungen. Auch eine Covid-19-Impfung ist kein Grund, darauf zu verzichten. Zur Sicherheit empfiehlt die STIKO bei der Zoster-Impfung lediglich, vor und nach der Covid-19-Impfung 14 Tage Abstand einzuhalten.

Quellen: DAZ 2021, Nr. 18, S. 38; RKI

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Rawpixel.com/shutterstock.com