Gesundheit heute

Warum schreien Babys?

Warum schreien Babys?
###IMG_CAPTION###
Copyright: ###IMG_COPYRIGHT###

Untersuchungen haben gezeigt, dass Babys im Alter von zwei Wochen im Durchschnitt 1,75 Stunden pro Tag schreien. Die Schreizeit nimmt bis zum Alter von sechs Wochen auf 2,5 Stunden pro Tag zu. Bis zum Alter von vier Monaten fällt das Schreipensum dann auf eine Stunde ab. Dabei schreien Erstgeborene etwas mehr als Folgekinder, und Kinder, die viel am Körper getragen werden, schreien insgesamt weniger [B08].

Manchmal wissen Eltern sofort, was los ist: Hunger, Schreck, Schmerzen (vom Zahnen über Blähungen bis hin zum wunden Po) oder unbequeme Lagerung. Oder das Baby schreit, wenn es krank ist oder friert oder zu warm eingepackt ist. Oder weil es einsam ist oder den Wunsch nach Körpernähe verspürt. Im Kleinkindalter kommen Angst, Zorn, Eifersucht und Frustration als Schreimotive hinzu.

Viele Eltern machen aber auch die Erfahrung, dass Babys schreien, wenn sie einfach genug von allem haben – sie haben noch nicht gelernt, „abzuschalten“ und begegnen der Reizüberflutung durch Schreien. Dies dürfte der Grund sein, weshalb Babys an hektischen Tagen mehr schreien, und sich auch dann häufiger mit Gebrüll melden, wenn sie müde oder „aus dem Rhythmus“ sind.

Schreikinder

Etwa 10 % der Kinder schreien noch nach dem 4. Lebensmonat, also nach der eigentlichen Kolikzeit sehr viel, und sie halten sich dabei auch oft nicht an die – im „Kolikalter“ bevorzugten – Abendstunden. Wer genau als ein „Schreikind“ zu bezeichnen ist, ist natürlich sehr subjektiv, und oft bezeichnen Eltern ihr Kind einfach dann als „Schreibaby“, wenn es mehr schreit, als es ihre Nerven aushalten. Kinderärzte verwenden dagegen die Wesselsche Dreierregel, nach der ein Kind ein Schreikind ist, wenn es länger als drei Stunden täglich schreit oder quengelt, und dies häufiger als an drei Tagen in der Woche und länger als drei Wochen. Warum manche Kinder so übermäßig viel schreien, ist unklar. Manche Schreibabys haben Dreimonatskoliken, die länger als drei Monate dauern oder ungewöhnlich heftig verlaufen. Oder dem Schreien liegt eine Krankheit zugrunde, z. B. eine Mittelohrentzündung oder eine Refluxkrankheit mit einer Reizung der Speiseröhre. Auch wenn letzteres selten ist: Der Kinderarzt ist bei solchen Kindern zunächst die richtige Adresse. Aber meistens kann niemand sagen, was den Kindern fehlt:

  • Es könnte eine Reaktion auf besonders stressvolle Startbedingungen im Leben sein – etwa auf nur schwer zustande kommende Beziehungen zu den Eltern oder eine „Kommunikationsstörung“ zwischen Baby und Mutter, bei der die wechselseitigen Signale nicht richtig aufgegriffen oder falsch interpretiert werden.
  • Die betroffenen Kinder könnten von ihrem Naturell her „schwieriger“ sein als andere Kinder. In der Tat bezeichnen nicht wenige Eltern von Schreikindern ihre Kleinen als „fordernd“, „unzufrieden“, „leicht reizbar“ und „schwer zu trösten“. Und immer wieder ist auch eine niedrigere Reizschwelle zu beobachten, die sich durch ständige körperliche Unruhe und schlechten Schlaf zeigt. Später sind einige dieser „Rund-um-die-Uhr-Babys“ hyperaktiv, haben mehr Wutanfälle als andere Kinder und passen sich nur schwer im Kindergarten und in der Schule an. Zumindest bei einem Teil der Kinder könnte das exzessive Schreien also Teil einer generell erhöhten Reizbarkeit sein.
  • Bei sehr vielen Kindern lassen sich weder besonders stressige Bedingungen ausmachen, noch sonstige Belastungen (wie etwa Rauchen in der Schwangerschaft) erkennen, im Gegenteil: Sie haben engelsgleiche Eltern und schreien trotzdem.

In diesen Fällen kann oft nur professionelle Beratung helfen. Denn wenn sich Babys trotz bestem Willen nicht trösten lassen, dann weckt das bei den Eltern Gefühle von Schuld und Versagen, die dann auch den „normalen“ Umgang mit dem Kind belasten. Hier helfen spezielle Schreisprechstunden oder „Schreiambulanzen“, die heute an praktisch allen Universitätskliniken und auch an vielen Kinderkrankenhäusern angeboten werden.

Weiterführende Informationen

  • www.trostreich.de – Vom Interaktiven Netzwerk Schreibabys (Deinstadt): Die beste Website zum Thema Schreikinder, mit vielen Links und nützlichen Quellen..
  • J. Bensel: Was sagt mir mein Baby, wenn es schreit? Oberstebrink, 2003. Ratgeber zum Schreien gibt es inzwischen viele, dieser ist  leicht zu lesen und trotzdem fundiert.

Von: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Erstgeborener Zwilling gesünder?

Ob als Erster oder als Zweiter auf der Welt - auf die spätere Gesundheit hat die Geburtsreihenfolge bei Zwillingen keinen Einfluss.

Erstgeborener Zwilling gesünder?

Zu zweit auf die Welt

Eine Zwillingsgeburt ist etwas komplizierter als eine „normale“ Geburt. Der zweite Zwilling ist dabei einem höheren Risiko ausgesetzt: Denn bis zu seiner Entbindung verstreicht mehr Zeit, in der Komplikationen auftreten könnten. Hat das womöglich gesundheitliche Folgen für später?

Zweitgeborene öfter per Kaiserschnitt entbunden

Schon lange wird diskutiert, ob bei Zwillingen die Reihenfolge der Geburt einen Einfluss auf deren spätere Gesundheit hat. Israelische Wissenschaftler*innen wollten das jetzt genau wissen: Sie analysierten die Daten von über 5000 Zwillingen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten in einer israelischen Klinik geboren wuren.

Dabei kam heraus, dass Zweitgeborene signifikant häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden mussten. Außerdem waren sie durchschnittlich 33 g leichter als ihr erstgeborenes Geschwister und häufiger zu klein für ihr Gestationsalter.

Sterblichkeit unterschied sich nicht

Erstgeborene wiederum wiesen während der Wehen öfter eine unnormale Herzfrequenz auf als ihr Zwilling. Ihr 5-Minuten-APGAR-Wert nach der Geburt war mit dem des Zweitgeborenen aber trotzdem vergleichbar. Ebenso unterschied sich die Sterblichkeit kurz vor, während und nach der Geburt zwischen erst- und zweitgeborenen Zwillingen nicht.

In der späteren Kindheit litten Zwillinge allerdings häufiger an Infektionen als Einlinge. Auch Atemwegserkrankungen und neurologischen Störungen traten bei ihnen vermehrt auf. Ein Zusammenhang mit der Geburtsreihenfolge ließ sich jedoch nicht nachweisen.

Zweitgeborene nicht anfälliger für Erkrankungen

Demnach waren zweitgeborene Zwillinge nicht anfälliger für Erkrankungen als ihre erstgeborenen Geschwister, resümieren die Autor*innen - und das, obwohl sie öfter per Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden mussten und ein geringeres Geburtsgewicht aufwiesen. Die Reihenfolge der Geburt hat bei Zwillingen offenbar keinen Einfluss auf die Gesundheit.

Dass Zwillinge in der späteren Kindheit insgesamt häufiger erkranken als Einlinge, führen die Forscher*innen darauf zurück, dass sie oft zu früh und zu leicht auf die Welt kommen.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Vadim Kachkov / Alamy / Alamy Stock Photos