Gesundheit heute

Stillen

Durch den „Stress“ der Geburt (zumindest der Vaginalgeburt) sind Neugeborene in der ersten Stunde nach der Geburt zunächst erst einmal meist wach und aufmerksam. Die meisten Neugeborenen, die in dieser Zeit auf den Bauch der Mutter gelegt werden, finden von selbst die Brustwarze und beginnen zu trinken. Babys sollten deshalb, wenn möglich in den ersten 30 Minuten nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden. Dies fördert nachweislich den Stillerfolg.

Milcheinschuss

Der echte Milcheinschuss kommt – erst! – am 3. oder 4. Tag nach der Geburt. Das entspricht auch der kindlichen Nachfrage, denn in den 48 Stunden nach überstandener Geburt trinken die meisten Säuglinge nur wenig. Typischerweise am 3. Tag wird das Kind aber kräftig zu saugen beginnen, und durch das Saugen wird das Hormon Oxytozin ausgeschüttet. Das Hormon führt zur Entleerung der Milchbläschen in der Brust.

Die Milchbildung folgt während der ganzen Stillzeit dem Grundsatz von „Angebot und Nachfrage“. Die Milchmenge passt sich innerhalb von zwei Tagen dem Bedarf des Kindes an.

Kommt zuwenig Milch, können Oxytozin-Nasenspray vor dem Stillen oder homöopathische Globuli den Milchfluss unterstützen – vor allem das Oxytozin-Nasenspray ist sehr effektiv. Das Kind bekommt so in kürzerer Zeit genug Milch und schont die meist empfindlichen Brustwarzen.

Vormilch, Übergangsmilch und reife Milch

Die Zusammensetzung der Muttermilch ändert sich deutlich im Verlauf der Stillzeit: Die gelblich-klare Vormilch (Kolostrum, Kolostralmilch, Erstmilch) der ersten Tage enthält viel Eiweiß und Mineralstoffe, dafür wenig Fett. Danach nimmt in der bläulich-weißen Übergangsmilch der Fettgehalt zu bis zur weißen und cremigen reifen Milch, die ab dem 14. Tag alle notwendigen Kalorien für das Kind bereitstellt. Nach neuesten Erkenntnissen brauchen Säuglinge nach vier, spätestens nach sechs Monaten zusätzlich zur Muttermilch eisenreiche Beinahrung wie fleischhaltigen Brei, da Muttermilch eisenarm ist und die natürlichen Eisenspeicher in der Leber zu dieser Zeit zur Neige gehen.

Stillberatung

Die meisten Probleme gibt es gleich zu Beginn, sie lassen sich in der Regel jedoch durch fachgerechte Anleitung vermeiden oder lösen. Neben erfahrenen Hebammen und Pflegepersonal gibt es seit einigen Jahren auch Laktationsberaterinnen, die speziell für die Anleitung zum Stillen und die Behebung von Stillproblemen ausgebildet sind. 25 von 900 Geburtskliniken in Deutschland haben mittlerweile auch die zertifizierte Bezeichnung der WHO/UNICEF-Initiative „Babyfreundliches Krankenhaus“, die für besonders gute Stillberatung vergeben wird.

Wie oft soll das Kind angelegt werden?

Es hat sich gezeigt, dass Stillen nach Bedarf für das Gedeihen des Kindes besser ist als das früher bevorzugte Stillen nach der Uhr. Bei den meisten Babys hat sich mit etwa einem Monat ein einigermaßen regelmäßiger Stillrhythmus eingependelt. Der Abstand zwischen den einzelnen Stillmahlzeiten liegt je nach klimatischen Bedingungen und Tageszeit zwischen 1 und 6 Stunden. Die kinderärztlichen Fachgesellschaften empfehlen einen Stillabstand von 2–3 Stunden – das Baby soll erst dann angelegt werden, wenn es sich mit Hungersignalen meldet.

Auswirkungen des Stillens auf die Lungenfunktion des Kindes

Werden Kinder gestillt, sinkt dadurch ihr Risiko, später an Asthma erkranken. Eine aktuelle Studie ergab, dass Babys, die gestillt werden, später eine bessere Lungenfunktion haben. Sie können freier atmen und besitzen eine größere Lunge als Flaschenbabys. Das Saugen an der Brust ist anstrengender und verlangt eine spezielle Atemtechnik, die das Lungenwachstum stimuliert. Je länger die Kinder gestillt werden, desto besser ist die Lungenfunktion. In der Muttermilch stecken zusätzlich Abwehrstoffe, die die Lungen stärken und das Kind in den ersten Lebensjahren vor Atemwegsinfektionen schützen.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Erstgeborener Zwilling gesünder?

Ob als Erster oder als Zweiter auf der Welt - auf die spätere Gesundheit hat die Geburtsreihenfolge bei Zwillingen keinen Einfluss.

Erstgeborener Zwilling gesünder?

Zu zweit auf die Welt

Eine Zwillingsgeburt ist etwas komplizierter als eine „normale“ Geburt. Der zweite Zwilling ist dabei einem höheren Risiko ausgesetzt: Denn bis zu seiner Entbindung verstreicht mehr Zeit, in der Komplikationen auftreten könnten. Hat das womöglich gesundheitliche Folgen für später?

Zweitgeborene öfter per Kaiserschnitt entbunden

Schon lange wird diskutiert, ob bei Zwillingen die Reihenfolge der Geburt einen Einfluss auf deren spätere Gesundheit hat. Israelische Wissenschaftler*innen wollten das jetzt genau wissen: Sie analysierten die Daten von über 5000 Zwillingen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten in einer israelischen Klinik geboren wuren.

Dabei kam heraus, dass Zweitgeborene signifikant häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden mussten. Außerdem waren sie durchschnittlich 33 g leichter als ihr erstgeborenes Geschwister und häufiger zu klein für ihr Gestationsalter.

Sterblichkeit unterschied sich nicht

Erstgeborene wiederum wiesen während der Wehen öfter eine unnormale Herzfrequenz auf als ihr Zwilling. Ihr 5-Minuten-APGAR-Wert nach der Geburt war mit dem des Zweitgeborenen aber trotzdem vergleichbar. Ebenso unterschied sich die Sterblichkeit kurz vor, während und nach der Geburt zwischen erst- und zweitgeborenen Zwillingen nicht.

In der späteren Kindheit litten Zwillinge allerdings häufiger an Infektionen als Einlinge. Auch Atemwegserkrankungen und neurologischen Störungen traten bei ihnen vermehrt auf. Ein Zusammenhang mit der Geburtsreihenfolge ließ sich jedoch nicht nachweisen.

Zweitgeborene nicht anfälliger für Erkrankungen

Demnach waren zweitgeborene Zwillinge nicht anfälliger für Erkrankungen als ihre erstgeborenen Geschwister, resümieren die Autor*innen - und das, obwohl sie öfter per Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden mussten und ein geringeres Geburtsgewicht aufwiesen. Die Reihenfolge der Geburt hat bei Zwillingen offenbar keinen Einfluss auf die Gesundheit.

Dass Zwillinge in der späteren Kindheit insgesamt häufiger erkranken als Einlinge, führen die Forscher*innen darauf zurück, dass sie oft zu früh und zu leicht auf die Welt kommen.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Vadim Kachkov / Alamy / Alamy Stock Photos