Gesundheit heute

Frühgeburt

Frühgeburt: Geburten, die die Schwangerschaft zwischen der 24. (dem Beginn der Lebensfähigkeit) und der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche vorzeitig beenden (vor Erreichen der Lebensfähigkeit spricht man von Fehlgeburt oder Totgeburt).

Frühgeburtlichkeit ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für den Tod des Kindes bei und kurz nach der Geburt, auch wenn sich die Sterberate (Mortalität) unter Frühgeborenen in den letzten 15 Jahren von 8 pro 1000 auf 5 pro 1000 gesenkt hat. Abgesehen vom Tod sind Frühgeborene auch durch Spätschäden bedroht: Diese sind aber bei korrekter medizinischer Versorgung zumindest oberhalb eines Geburtsgewichts von 1500g eher selten.

Medizinisch gesehen ist weniger die Anzahl der Schwangerschaftswochen, sondern das Geburtsgewicht der entscheidende Risikofaktor. Hier gilt als kritische Grenze ein Geburtsgewicht von 2500g – nach dieser Definition, die auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewählt hat, wären ein Drittel aller Geburten Frühgeburten.

Frühgeborene sind besonders durch die Unreife ihrer Lungen gefährdet. Es kann dann zu einem Atemnotsyndrom (Respiratory Distress Syndrome, RDS) kommen. Die kindliche Lunge ist zwar prinzipiell einsatzfähig, aber erst ab der 35. Woche sicher in der Lage, eine körpereigene Substanz (Surfactant) zu bilden, die bei der Entfaltung der Lungenbläschen hilft. Aus diesem Grund bekommen Schwangere bei sich ankündigender Frühgeburt vor der 35. Woche Kortison als Spritze oder Tabletten, die beim Kind die Lungenreifung beschleunigen. Ergänzend werden die eventuell bestehenden Wehen durch Wehenhemmer gestoppt, um die Geburt solange hinauszuzögern, bis die Lungenreife erreicht ist.

Ganz unterschiedliche Gründe lösen eine Frühgeburt aus, die häufigsten sind vorzeitige Wehen, ein vorzeitiger Blasensprung, eine Plazenta-Insuffizienz oder eine Zervix-Insuffizienz.

Die Ursache dafür sind nicht selten ganz andere Faktoren, so Infektionen von Blase oder Nierenbecken, extreme psychische Belastungen der Mutter, Fehlbildungen oder Erbschäden des Kindes oder auch eine Zwillingsschwangerschaft. Jüngst hat eine Studie auch gezeigt, dass das Risiko für eine Frühgeburt zu einem gewissen Maß erblich ist. Frauen, deren Mütter selbst eine Frühgeburt hinter sich haben, haben bei der ersten Schwangerschaft ein um 60 Prozent erhöhtes Risiko ebenfalls zu früh zu gebären. Bei der zweiten Schwangerschaft ist das Risiko immer noch um 50 Prozent erhöht.

Auch eine Parodontitis während der Schwangerschaft birgt das Risiko einer Frühgeburt. Leidet eine Schwangere an Parodontitis, besteht die Gefahr, dass sich Parodontitis-Erreger aus dem Entzündungsherd lösen und über das Blut in die Plazenta gelangen – nicht selten ist eine Frühgeburt die Folge. Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass eine erfolgreiche Parodontitis-Behandlung dem entgegenwirkt und so das Frühgeburtsrisiko senkt.

Seit Neuestem ist in den USA ein Präparat auf dem Markt, um Frühgeburten vorzubeugen. Das Medikament enthält den Hormonwirkstoff Hydroxy-Progesteron. Es soll vor allem bei Risikopatientinnen zum Einsatz kommen – also bei Frauen, die bereits Frühgeburten erlitten haben oder erblich vorbelastet sind. Ab der 16. bis 20. Schwangerschaftswoche bekamen die betroffenen Frauen einmal pro Woche den Hormonwirkstoff in den Muskel gespritzt. Die letzte Injektion erhielten sie nach der 37. Schwangerschaftswoche. Dank dieser Behandlung verringerte sich in der Zulassungsstudie die Zahl der Frühgeburten um fast 20 Prozent. Den Neugeborenen schadete die Hormonbehandlung nicht – zumindest entwickelten sich die Kinder der behandelten Mütter bisher ganz normal.

Weiterführende Informationen

  • W. Garbe: Das Frühchen-Buch. Thieme, 2004. Verständlich geschriebener Fachratgeber.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Erstgeborener Zwilling gesünder?

Ob als Erster oder als Zweiter auf der Welt - auf die spätere Gesundheit hat die Geburtsreihenfolge bei Zwillingen keinen Einfluss.

Erstgeborener Zwilling gesünder?

Zu zweit auf die Welt

Eine Zwillingsgeburt ist etwas komplizierter als eine „normale“ Geburt. Der zweite Zwilling ist dabei einem höheren Risiko ausgesetzt: Denn bis zu seiner Entbindung verstreicht mehr Zeit, in der Komplikationen auftreten könnten. Hat das womöglich gesundheitliche Folgen für später?

Zweitgeborene öfter per Kaiserschnitt entbunden

Schon lange wird diskutiert, ob bei Zwillingen die Reihenfolge der Geburt einen Einfluss auf deren spätere Gesundheit hat. Israelische Wissenschaftler*innen wollten das jetzt genau wissen: Sie analysierten die Daten von über 5000 Zwillingen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten in einer israelischen Klinik geboren wuren.

Dabei kam heraus, dass Zweitgeborene signifikant häufiger per Kaiserschnitt entbunden werden mussten. Außerdem waren sie durchschnittlich 33 g leichter als ihr erstgeborenes Geschwister und häufiger zu klein für ihr Gestationsalter.

Sterblichkeit unterschied sich nicht

Erstgeborene wiederum wiesen während der Wehen öfter eine unnormale Herzfrequenz auf als ihr Zwilling. Ihr 5-Minuten-APGAR-Wert nach der Geburt war mit dem des Zweitgeborenen aber trotzdem vergleichbar. Ebenso unterschied sich die Sterblichkeit kurz vor, während und nach der Geburt zwischen erst- und zweitgeborenen Zwillingen nicht.

In der späteren Kindheit litten Zwillinge allerdings häufiger an Infektionen als Einlinge. Auch Atemwegserkrankungen und neurologischen Störungen traten bei ihnen vermehrt auf. Ein Zusammenhang mit der Geburtsreihenfolge ließ sich jedoch nicht nachweisen.

Zweitgeborene nicht anfälliger für Erkrankungen

Demnach waren zweitgeborene Zwillinge nicht anfälliger für Erkrankungen als ihre erstgeborenen Geschwister, resümieren die Autor*innen - und das, obwohl sie öfter per Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden mussten und ein geringeres Geburtsgewicht aufwiesen. Die Reihenfolge der Geburt hat bei Zwillingen offenbar keinen Einfluss auf die Gesundheit.

Dass Zwillinge in der späteren Kindheit insgesamt häufiger erkranken als Einlinge, führen die Forscher*innen darauf zurück, dass sie oft zu früh und zu leicht auf die Welt kommen.

Quelle: Ärztezeitung

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Vadim Kachkov / Alamy / Alamy Stock Photos