Gesundheit heute

Streitthema späte Mutterschaft

Mit zunehmendem Alter der Schwangeren steigt das Risiko für Chromosomenfehlverteilungen, die zu geistiger und körperlicher Beeinträchtigung des Kindes führen (Chromosomenanomalie). Das bekannteste Beispiel dafür ist das Down-Syndrom (Trisomie 21). Für Frauen ab 35 sehen die deutschen Mutterschaftsrichtlinien daher die Beratung und das Angebot der Fruchtwasseruntersuchung oder Chorionzottenbiopsie (Chorionzotten-Entnahme) vor; d. h. die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Eine Fehlverteilung der Chromosomen tritt aber auch bei Kindern von jüngeren Müttern auf – denn die Altersgrenze 35 ist willkürlich gewählt. Die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen, beträgt bei einer 30-jährigen Schwangeren 0,1 %, bei einer 35-jährigen 0,3 %, bei einer 40-jährigen 1 % und bei einer 45-jährigen 4 %. Diese gesetzte Grenze entspricht dem Fehlgeburtsrisiko durch eine Fruchtwasseruntersuchung. Empfohlen wird eine Fruchtwasseruntersuchung also nur dann, wenn das Risiko eines Down-Syndroms über dem einer Fehlgeburt liegt. Die Lebenszufriedenheit von Down-Kindern ist nach allem, was betroffene Eltern berichten, keineswegs geringer als von gesunden Kindern.

Die Kritik reicht aber noch weiter. So fragen z. B. Selbsthilfegruppen, -verbände und Eltern von Down-Syndrom-Kindern, warum die Pränataldiagnostik so stark die Chromosomenfehlverteilungen betont. Sie glauben, dass in den letzten Jahren durch diese Diagnostik ein gewisser Automatismus entstanden ist mit der Folge, dass Down-Syndrom-Schwangerschaften grundsätzlich abgebrochen werden. Down-Syndrom-Kinder haben aber eine Lebenserwartung von 40 Jahren und subjektiv wie objektiv eine oft sehr gute Lebensqualität; was nicht ausschließt, dass der Betreuungsaufwand für die Eltern außerordentlich hoch ist. Die überwiegende Mehrzahl der schwersten Behinderungen, die zu einer geringen oder sogar keiner Lebenserwartung führen, werden durch die Fruchtwasseruntersuchung und die Chorionzottenbiopsie dagegen nicht sicher entdeckt.

Die Entscheidung, ob ein behindertes Ungeborenes abgetrieben werden soll oder nicht, muss jedes Paar für sich treffen.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler, in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Mikroplastik aus dem Baby-Fläschchen

Heiße Inhalte lösen bei Polypropylen-Fläschchen Kunststoffpartikel aus der Innenfläche der Flaschenwand.

Mikroplastik aus dem Baby-Fläschchen

Vorsicht Fütterung

Wenn Babys mit Fläschchen gefüttert werden, schlucken sie oft nicht nur die gesunde Säuglingsnahrung. Ist die Flasche aus Polypropylen, nehmen sie beim Trinken zusätzlich jede Menge Mikroplastik mit auf.

Plastikfläschchen mit Kehrseite

Handelsübliche Babyflaschen sind leicht, können nicht zerbrechen und halten hohe Temperaturen aus. Aus diesem Grund werden die — meist aus Polypropylen bestehenden — Fläschchen weltweit zur Fütterung von Säuglingen eingesetzt. Doch leider hat die Sache einen Haken: Offenbar lösen sich bei ihrer Benutzung winzige Kunststoffpartikel von der Innenseite der Flaschenwand und gelangen dadurch mit jeder Fütterung millionenfach in den Säugling.

Zu diesem Ergebnis kamen irische Forscher*innen bei einem aufwändigen Test von Polypropylen-Fläschchen verschiedener großer Hersteller. Die Fläschchen wurden gereinigt, sterilisiert und an der Luft getrocknet. Danach befüllte die Forschergruppe sie je nach Versuchsreihe mit warmem oder heißem Wasser (25° C, 75° C, 95° C), schüttelte das Fläschchen eine Minute lang und untersuchte das Wasser dann auf Mikropartikel.

Je heißer, desto mehr Partikel

In allen Wasserproben ließ sich bei der Analyse Mikroplastik nachweisen. Die Menge variierte mit der Temperatur des eingefüllten Wassers. Bei der von der WHO zur Herstellung von Babynahrung empfohlenen Temperatur von 70° C fanden sich bis zu 16 Millionen Mikropartikel pro Liter Wasser, bei 95° C etwa 55 Millionen und bei 25° C 600 000 Mikropartikel.

Aus diesen Werten errechneten die Wissenschaftler*innen für europäische Plastik-Flaschenkinder eine durchschnittliche Belastung von etwa 2,6 Millionen Partikel am Tag. Ob dies der Gesundheit schadet, ist noch unklar. Hinzu kommt, dass Babyflaschen nur eine von vielen Mikroplastik-Quellen sind. Laut kürzlich veröffentlichtem Bericht der Organisation Terre des Hommes sollen 97% der Drei- bis 17-Jährigen Deutschen Plastiksubstanzen im Blut haben.

Nur abgekühlt ins Fläschchen

Auch wenn die Datenlage rund ums Plastik noch diffus ist: Viele Menschen möchten die Aufnahme der winzigen Kunststoffpartikel reduzieren. Bei der Säuglingsernährung kann man dafür beispielsweise voll stillen oder auf Babyfläschchen aus Glas umsteigen. Diese gibt es in der Apotheke zu kaufen. Um beim Plastikfläschchen das Ablösen der Kunststoffpartikel von der Innenwand zu reduzieren empfehlen die irischen Forscher*innen folgendes Vorgehen:

  • Babynahrung im Metalltopf auf die geforderten 70° C erhitzen (aus hygienischen Gründen darf auf das Erhitzen nicht verzichtet werden).
  • Auf Trinktemperatur abkühlen lassen.
  • Ins Fläschchen füllen und füttern.

Quelle: Ärzteblatt, Terre des Hommes

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Westend61/imago-images.de