Gesundheit heute

Medikamente in der Schwangerschaft

Früher ging man davon aus, dass der Mutterkuchen das Kind wie eine Art Schranke vor Giften schützt. Mittlerweile weiß man, dass fast alle chemischen Stoffe, denen die Mutter ausgesetzt ist, ebenfalls den Kreislauf des Kindes erreichen – also auch Arzneimittel.

Wer in der Schwangerschaft Medikamente einnimmt, behandelt den Embryo automatisch mit. Die Empfindlichkeit des Kindes gegenüber schädlichen Medikamenten ist von seinem Entwicklungsstadium abhängig. Kritisch ist vor allem das Stadium der Organentwicklung, also die 6.–12. SSW. In dieser Zeit ist das Kind gegenüber schädlichen Substanzen besonders sensibel, weshalb es während dieser Zeit zu den meisten Fehlbildungen kommt. Im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel nimmt die Empfindlichkeit des Embryos gegenüber schädigenden Substanzen wieder ab.

Trotzdem unterscheidet sich der Arzneimittelkonsum von Schwangeren statistisch gesehen nur unwesentlich von dem nichtschwangerer Frauen. Im Schnitt nimmt eine Frau während der Schwangerschaft 3–8 verschiedene Arzneimittel ein, teils verordnet, teils als Selbstmedikation.

Obwohl zu den meisten Arzneimitteln nicht genügend Daten für die Bewertung ihres Einsatzes in der Schwangerschaft vorliegen, lässt sich gut 40 Jahre nach der verhängnisvollen Erfahrung mit dem angeblich sicheren Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan®, dessen Wirkstoff Thalidomid bei Tausenden von Kindern zu Fehlbildungen der Arme und der Beine führte, eine positive Bilanz ziehen. Trotz der stark gestiegenen Zahl neuer Medikamente hat sich die Zahl spontan auftretender Fehlbildungen nicht erhöht.

Allerdings wurde dieser Fortschritt dadurch erkauft, dass sehr viele, auch essentielle Medikamente von ihren Herstellern für die Schwangerschaft nicht mehr empfohlen werden. Dadurch sind die Ärzte oft auf sich allein gestellt, denn sie müssen bei Bluthochdruck, Epilepsie oder Depression Medikamente verordnen. Im Einzelfall lassen sich oft Präparate finden, mit denen die Mutter behandelt werden kann, sodass das Schadensrisiko für das Ungeborene geringer ist, als wenn die Mutter nicht behandelt wurde.

Nutzen und Risiko für Mutter und Kind abwägen. Mittel, die nicht unbedingt notwendig sind, z. B. gegen Husten oder fieberfreie Erkältungen, sollten gemieden werden. Auch bei Schmerzmitteln ist Zurückhaltung angesagt, hier stehen nur wenige unbedenkliche Substanzen zur Verfügung. Außerdem sollte die Dosis so niedrig wie möglich gewählt werden, sodass sie gerade noch wirksam sind. Wann immer möglich, sollten Behandlungsalternativen ohne Medikamente eingesetzt werden, z. B. aus der Komplementärmedizin.

Sicherheitshalber ist jeder Arzt auf eine bestehende Schwangerschaft aufmerksam zu machen, auch der Zahn- und Augenarzt. Und wer als chronisch Kranker dauernd Medikamente einnehmen muss, z. B. Psychopharmaka oder gerinnungshemmende Medikamente, sollte seinen Kinderwunsch vorab mit seinem Facharzt besprechen.

Auch pflanzliche Medikamente und Tees sind nicht unbedingt harmlos, unter anderem deshalb, weil mit bestimmten Darreichungsformen (ethanolische Auszüge) dem Ungeborenen regelmäßig Alkohol zugeführt wird.

Weiterführende Informationen

  • www.embryotox.de/ – Auf dieser Seite finden Schwangere und Ärzte Informationen zur Einnahme von Arzneimitteln während der Schwangerschaft.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Zurück
Schwangere sollten Jod einnehmen!

Jodtabletten sind ein einfaches Mittel, um den während der Schwangerschaft erhöhten Jodbedarf sicherzustellen.

Schwangere sollten Jod einnehmen!

Schon vor der Empfängnis starten

Schwangere brauchen vermehrt Jod – und das am besten schon vor der Empfängnis. Jodreiche Ernährung reicht für die Versorgung meist nicht aus. Expert*innen empfehlen deshalb, das Spurenelement in Form von Tabletten einzunehmen.

Ohne Schilddrüsenhormone geht es nicht

Jod ist ein wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Und die sind wiederum unentbehrlich für den Organismus: Sie regulieren Stoffwechselprozesse, wirken auf Herz und Kreislauf und aktivieren die Nieren- und Darmtätigkeit. Außerdem haben Schilddrüsenhormone einen großen Einfluss auf die Nervenzellen und damit sowohl auf die Psyche als auch auf das Denkvermögen.

Eine ganz besondere Aufgabe erfüllen Schilddrüsenhormone in Bezug auf Wachstum und Reifung des ungeborenen Kindes im Mutterleib. Weil sich dessen eigene Schilddrüse erst im zweiten Teil der Schwangerschaft ausbildet, braucht das Kind von Anfang an mütterliche Schilddrüsenhormone. Fehlen diese, weil die Mutter unter einem Jodmangel leidet, drohen schwere Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen. Außerdem ist ein mütterlicher Jodmangel mit einer erhöhten Rate an Fehl- und Totgeburten verbunden.

Neue Fettdepots schlucken Hormone

Doch nicht nur der zusätzliche Hormonbedarf des Embryos oder Fetus führt dazu, dass Schwangere mehr Jod brauchen. Durch die Anpassung des mütterlichen Organismus an die Schwangerschaft verändern sich Blutvolumen und Fettdepots und damit die Jodverteilung im Körper. Außerdem scheiden die Nieren mehr von dem Spurenelement aus. Die hohen Östrogenspiegel bewirken außerdem, dass die Schilddrüsenhormone stärker an Eiweiße gebunden sind und weniger aktiv sind.

Aus all diesen Gründen müssen Schwangere mehr Schilddrüsenhormone bilden und brauchen dafür vermehrt Jod. Die tägliche Gesamtzufuhr soll etwa 230 µg betragen (bei Stillenden 260 µg). Um solch hohe Mengen zu gewährleisten, empfehlen Expert*innen die Einnahme von 100 bis 150 µg Jod am Tag. Daneben sollte auch über die Nahrung ausreichend Jod aufgenommen werden, z. B. in Form von Milch und Milchprodukten oder Meeresfisch.

Raucherinnen besonders gefährdet

Besonders auf eine ausreichende Jodzufuhr achten sollten zudem Veganerinnen, weil der völlige Verzicht auf tierische Produkte einen Jodmangel noch wahrscheinlicher macht. Auch Raucherinnen sind gefährdet: Das im Rauch enthaltene Thiocyanat hemmt den Jodtransport in die Schilddrüse und damit die Bildung von Schilddrüsenhormonen.

Quelle: pta heute

Von: Dr. med Sonja Kempinski; Bild: Andrey_Popov/shutterstock.com