Gesundheit heute

Vorgeburtliche Infektionen des Kindes

Infektionskrankheiten bei Schwangeren, die auf das Kind übergehen und dieses schädigen können. Bei einer pränatalen Infektion erreichen die Erreger das Kind in der Gebärmutter. Wird das Kind während der Geburt oder nach einem vorzeitigen Blasensprung infiziert, liegt eine perinatale Infektion vor.

Die wichtigsten Infektionen sind:

Toxoplasmose. Toxoplasmen sind außerhalb des Mutterleibs harmlose Einzeller, sie verursachen lediglich – wenn überhaupt – grippeähnliche Beschwerden. Infiziert sich eine Frau während der Schwangerschaft aber zum ersten Mal mit Toxoplasmen, kann das schwere Folgen für das Ungeborene haben. Im ersten Drittel der Schwangerschaft löst eine Infektion möglicherweise eine Fehlgeburt aus. Bei einer Ansteckung später in der Schwangerschaft drohen beim Kind Gehirn- und Leberschäden sowie die Erblindung durch eine Netzhautentzündung. Schwangere sollten deshalb den Kontakt zu möglichen Ansteckungsquellen meiden, also zum Beispiel zu nicht durchgegartem Fleisch oder Katzenkot. Weil sich Toxoplasmen auch im Erdreich aufhalten, ist eine Ansteckung auch bei Garten- oder Erdarbeiten möglich. Infiziert sich eine Schwangere trotz Vorsichtsmaßnahmen, lassen sich Schäden durch eine frühzeitige Antibiotika-Einnahme verhindern.

Listeriose. Vor allem durch Rohmilchkäse und rohes Fleisch wird die Listeriose übertragen, seltener auch durch andere gekühlte Lebensmittel, die vor dem Verzehr nicht mehr erhitzt werden.Listerien sind Bakterien, die weltweit in der Umwelt sowie im Darm von Menschen, Säugetieren und Vögeln vorkommen. Meist sind sie harmlos, aber für das ungeborene Kind sind Listerien gefährlich. Infiziert wird das Ungeborene durch die Mutter. Erkrankt die Mutter, bekommt sie, wenn überhaupt, nur leichte Grippe- oder Magen-Darm-Beschwerden. Bei jedem 500. Kind kommt es aber zu schweren Schäden mit knotigen Entzündungsherden in Lunge, Gehirn und Leber, woran das Kind unbehandelt meist stirbt. Auch Früh- und Fehlgeburten sind möglich. Wird die Infektion erkannt, erhält die Mutter Antibiotika, um die Schäden abzuwenden.

Röteln. Eine Erstinfektion der Schwangeren mit dem Rötelnvirus kann beim Kind entweder zur Fehlgeburt oder zu schweren Fehlbildungen von Augen, Ohren und Gehirn führen. Diese Fehlbildungen treten oft in Kombination auf, man spricht vom Kongenitalen Rötelnsyndrom (CRS) oder einer Röteln-Embryopathie. Aufgrund der Rötelnimpfung sind die Fälle von CRS in Deutschland aber sehr selten geworden, es treten nur noch ungefähr 5 Fälle pro Jahr auf.

Im Rahmen der Schwangerenvorsorge wird bei jeder Frau erhoben, ob eine Frau bereits irgendwann eine Röteln-Infektion durchgemacht hat oder durch eine Impfung ausreichend geschützt ist. Ist das unklar, wird im Blut nach Antikörpern gegen Röteln gesucht. Fehlt ein Schutz, muss die Schwangere besonders gut darauf achten, sich nicht anzustecken. Die Schwangere sollte sich dann beispielsweise von möglichen Ansteckungsquellen wie Kindergärten fernhalten.

Herpes. Erkrankt eine Schwangere an einer Herpes-simplex-Infektion (HSV), kann sich auch das Baby infizieren: entweder noch im Mutterleib über die Plazenta, während der Geburt über Sekrete der Vagina oder nach der Geburt über direkten Kontakt mit der Mutter.

Die Infektion über die Plazenta führt zur konnatalen Herpes-simplex-Infektion mit Entzündungen und Unterentwicklung des Gehirns sowie Augenentzündungen bis hin zu Blindheit. Glücklicherweise ist sie selten.

Die Infektion bei oder kurz nach der Geburt verursacht einen Herpes neonatorum. Dieser kommt häufiger vor. Die Herpesviren breiten sich beim Neugeborenen rasch aus und infizieren Haut, Augen, Gehirn sowie innere Organe. Entsprechend erscheinen auf der Haut Herpesbläschen. Bedrohlicher sind aber die Entzündungen von Augen, Gehirn (Enzephalitis), Leber (Hepatitis) und Lunge (Pneumonie), begleitet von Fieber, Erbrechen und Lethargie. Es droht eine lebensgefährliche Blutvergiftung, also eine sogenannte Herpes-Sepsis. Um dies zu verhindern, wird die Mutter mit Herpesausschlag in und um die Scheide in den Wochen vor der Geburt mit Virostatika wie z. B. Aciclovir behandelt. Um eine Ansteckung des Kindes zu verhindern, raten die Ärzt*innen manchmal auch zu einem Kaiserschnitt.

Für ein Neugeborenes ist es ebenfalls gefährlich, wenn Personen, die in engem Körperkontakt mit ihm stehen, an einem Lippenherpes erkrankt sind. Die betreffende Person sollte dann einen Mundschutz tragen.

Auch das Zytomegalie-Virus gehört zu der Gruppe der Herpes-Viren. Steckt sich eine Frau während der Schwangerschaft zum ersten Mal an, drohen dem Ungeborenen eine Frühgeburt und Missbildungen wie ein zu kleiner Kopf oder Verkalkungen im Hirn. Auch Gehör oder Augen können Schaden nehmen. Manchmal ist das Kind zwar bei der Geburt gesund, entwickelt aber später Probleme mit dem Gehör oder entwickelt sich verzögert.

Ist klar, dass eine Frau vor der Schwangerschaft noch keinen Kontakt zu Zytomegalie-Viren hatte, kann sie einige Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Da Kinder das Virus oft übertragen, sollte sie beispielsweise den Kontakt zu Speichel oder Urin von Kindern vermeiden.

Streptokokken. Im Geburtskanal droht auch die Übertragung von Streptokokken der Gruppe B (B-Streptokokken), die sich bei Millionen Menschen auf der Haut und im Darm befinden, und bei bis zu 30 Prozent der Frauen auch in der Scheide. Eine Übertragung der Erkrankung ist zwar selten, aber folgenschwer: Infiziert sich das Kind mit B-Streptokokken, kann das Kind an einer Blutvergiftung (Neugeborenensepsis) erkranken. Diese Frühform der Erkrankung tritt innerhalb der ersten beiden Lebenstage auf, oft stirbt das Baby. Bei der Spätform, zu der es nach Tagen oder Wochen kommt, erkranken die Babys meist an einer Hirnhautentzündung.

Ein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung besteht zum Beispiel, wenn der Blasensprung mehr als 24 Stunden vor der Geburt stattgefunden hat. Um das Kind zu schützen, wird der Mutter während der Wehen ein Antibiotikum gegeben, dessen Wirkstoffe auf das Kind übergehen. Außerdem kann auch das Neugeborene nach der Geburt antibiotisch behandelt werden.

Um kein Risiko einzugehen, empfehlen viele Frauenärzt*innen allen Schwangeren, etwa einen Monat vor der Geburt, durch einen Scheidenabstrich feststellen zu lassen, ob die Scheide mit B-Streptokokken besiedelt ist. Ist dies der Fall, bekommt die Mutter als Prophylaxe während der Geburt eine Penizillinspritze. Nur wenn medizinische Verdachtsmomente auf einen Streptokokkenbefall der Scheide bestehen, ist der Scheidenabstrich eine Kassenleistung.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Doch keine Gefahr für Baby´s Gehirn?

Schwangere sollten möglichst wenig Medikamente einnehmen, denn manche Arzneimittel können dem Baby schaden.

Doch keine Gefahr für Baby´s Gehirn?

Paracetamol in der Schwangerschaft

Schadet es dem Baby, wenn die werdende Mutter Paracetamol einnimmt? Vor einigen Jahren gab es Hinweise darauf, dass dem Kind dadurch Autismus oder eine geistige Behinderung drohen könnten. Eine schwedische Studie gibt Entwarnung.

Mehr ADHS, mehr Autismus

Wenn die Mutter in der Schwangerschaft Medikamente einnimmt, heißt es aufpassen. Etliche Wirkstoffe können das Ungeborene schädigen oder sogar eine Fehlgeburt auslösen. Für Paracetamol gab es Anhaltspunkte, dass es die Entwicklung des kindlichen Gehirns negativ beeinflusst. Studien zufolge sollte die Einnahme des Schmerzmittels beim Kind das Risiko für geistige Behinderungen, Autismus oder ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) erhöhen.

Über 2 Millionen Kinder unter der Lupe

Ob dieser Verdacht stimmt, hat jetzt ein schwedisches Team untersucht. Basis der Analyse waren die Krankheitsdaten von 2,4 Millionen Kindern, die während 1995 und 2029 in Schweden geboren worden waren. Bei 186 000 von ihnen hatten die Mütter während der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen. Tatsächlich litten diese Kinder später minimal häufiger an ADHS, Autismus oder geistiger Behinderung als die anderen, über 2 Millionen nicht dem Wirkstoff ausgesetzten Kinder.

Psychische oder neurologische Krankheiten hängen aber auch stark von den Umweltbedingungen ab. In Familien sind die Einflüsse oft ähnlich und Unterschiede in der Entwicklung von Krankheiten besonders bedeutsam. Deshalb verglichen die Forschenden zusätzlich Geschwisterpaare, bei denen die Mutter in der einen Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hatte, in der anderen nicht. Bei dieser Berechnung unterschied sich das Risiko für neurologische Folgeerkrankungen nicht, betont die Arbeitsgruppe.

Kein Zusammenhang mit Paracetamol

Paracetamol während der Schwangerschaft scheint beim Kind demnach weder das Risiko für ADHS, noch für Autismus oder eine geistige Behinderung zu steigern. Andere Nebenwirkungen sind in dieser Studie allerdings nicht untersucht worden. Die Forschenden raten Schwangeren, vor Einnahme des Schmerzmittels oder anderer Medikamente generell den Rat ihrer Ärzt*in einzuholen.

Quelle: Ärzteblatt

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Caia Image / Paul Bradbury