Gesundheit heute

Schwangerschaftserbrechen

Pathologisches Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum): Schweres und häufiges, nicht zu stoppendes Erbrechen in der Schwangerschaft, meist mit Beginn zwischen der 4. und 9. Schwangerschaftswoche. Es kommt zum Gewichtsverlust und bei schwerem Verlauf zu einer Entgleisung des Stoffwechsels. In leichteren Fällen helfen eine Ernährungsumstellung auf kleine, fettarme Mahlzeiten und Medikamente gegen das Erbrechen. Bei schweren Verläufen muss die Schwangere im Krankenhaus überwacht und zunächst über Infusionen mit Nährstoffen versorgt werden.

Vom pathologischen Schwangerschaftserbrechen zu unterscheiden ist dasphysiologische Schwangerschaftserbrechen: Auch dabei leidet die Schwangere unter Übelkeit und (vor allem morgendlichem) Erbrechen in der Frühschwangerschaft. Die Schwangere erbricht aber weniger häufig und muss nicht ärztlich behandelt werden. In der Regel verschwindet das physiologische Schwangerschaftserbrechen nach den ersten vier Schwangerschaftsmonaten von selbst.

Leitbeschwerden

  • Mehr als 5-mal tägliches Erbrechen, unabhängig von Art und Zeitpunkt des Essens
  • Starker Durst und Austrocknung (trockene Schleimhäute, Haut lässt sich auf dem Handrücken zusammenziehen und "bleibt stehen")
  • Temperaturanstieg (Durstfieber)
  • Gewichtsverlust
  • Leicht alkoholischer Geruch aus dem Mund (Azetongeruch)
  • In schweren Fällen Gelbverfärbung der Haut (infolge Leberschädigung).

Wann in die Arztpraxis

Am nächsten Tag, wenn

  • das ständige Erbrechen einen Tag anhält
  • die Schwangere keine Flüssigkeit behalten kann.

Sofort, wenn

  • Schwindel auftritt
  • sich die Haut gelblich verfärbt (Gelbsucht)
  • die Schwangere Fieber hat
  • Wasserlassen nicht mehr möglich ist.

Die Erkrankung

Fast alle Schwangeren kennen (morgendliche) Übelkeit und Erbrechen in der Frühschwangerschaft. Auch wenn dieses Phänomen sehr belastend sein kann, ist es nicht behandlungsbedürftig und verschwindet meistens nach der 12. Schwangerschaftswoche. Anders ist es, wenn die Schwangere mehr als 5-mal am Tag erbricht und Gewicht verliert. In diesem Fall hat das Schwangerschaftserbrechen Krankheitswert und man spricht von einer Hyperemesis. Diese extreme Form des Schwangerschaftserbrechens kommt bei bis zu 2 Prozent aller Schwangeren vor und tritt oft schon in der 4. Schwangerschaftswoche auf.

Eine Hauptursache für die Hyperemesis ist wahrscheinlich die Umstellung der mütterlichen Hormone, vor allem die Erhöhung des Schwangerschaftshormons Beta-HCG im Blut. Dafür spricht auch, dass die Hyperemesis bei Mehrlingsschwangerschaften oder auch bei einer Blasenmole (fehlbefruchtetes Ei) besonders häufig ist. In beiden Fällen ist der Beta-HCG-Wert besonders hoch.

Psychische Faktoren können die Symptome verstärken – etwa die Angst vor einer Überforderung durch die neue Situation, beruflicher Stress, Probleme mit dem Kindsvater oder dem familiären Umfeld, aber auch die Ablehnung des Kindes.

Eine Studie des Norwegischen Gesundheitsinstituts in Oslo hat zudem ergeben, dass Frauen dreimal häufiger betroffen sind, wenn deren Mütter ebenfalls unter Schwangerschaftserbrechen gelitten haben. Es scheinen also auch erbliche Faktoren eine Rolle zu spielen. Auch junge oder übergewichtige Mütter erkranken überdurchschnittlich oft.

Gefährlich ist die Hyperemesis vor allem dann, wenn die Schwangere durch das ständige Erbrechen austrocknet (Dehydratation) und der Stoffwechsel entgleist. Dem Körper fehlen dann wichtige Mineralien und auch der Säure-Basen-Haushalt kann in ein gefährliches Ungleichgewicht geraten. Hält die Hyperemesis an, drohen zudem Leberschäden.

Diagnosesicherung

Beim pathologischen Schwangerschaftserbrechen führen vor allem die Symptome zur Diagnose – also in erster Linie die Häufigkeit und Schwere des Erbrechens. Dokumentiert wird auch, ob die Schwangere an Gewicht verliert. Im Ultraschall schließt die Ärzt*in aus, dass eine Blasenmole das Erbrechen auslöst.

Weitere Untersuchungen geben Aufschluss darüber, wie schwer der Verlauf der Erkrankung ist. Eine Blutuntersuchung zeigt, ob die Schwangere stark ausgetrocknet ist, ob ihr wichtige Mineralien fehlen und ob die Leber noch gut arbeitet. Lassen sich im Urin Ketonkörper, also bestimmte Stoffwechselprodukte nachweisen, liegt eine Stoffwechselentgleisung vor.

Behandlung

Die Behandlung hängt davon ab, wie ausgeprägt das Erbrechen ist. In leichteren Fällen kann es helfen, erst einmal nur kleine, fettarme Mahlzeiten über den Tag verteilt zu essen. Zusätzlich erhält die Schwangere Medikamente zum Einnehmen, die das Erbrechen verhindern sollen (Antiemetika). Häufig verwendete Wirkstoffe sind Meclozin und die Kombination aus Doxylamin und Pyridoxin (Vitamin B6). In manchen Fällen ist das Erbrechen so stark, dass der Stoffwechsel der Schwangeren entgleist. In diesem Fall bekommt die Schwangere im Krankenhaus über Infusionen genügend Flüssigkeit, Mineralstoffe und auch Medikamente gegen das Erbrechen. Es kann auch nötig sein, die Schwangere über die Infusion mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen (parenterale Ernährung), sodass sie selbst erst einmal nicht selber essen muss. Sobald sich die Situation stabilisiert hat, beginnt die Schwangere mit vielen kleinen Portionen leichter Kost wieder selbst zu essen. Je nachdem, wie viel Nahrung sie bei sich behalten kann, wird die Größe der Portionen gesteigert.

Prognose

Meist ist das pathologische Schwangerschaftserbrechen bis zur 9. Woche herum am schlimmsten und lässt dann langsam wieder nach. Bei 10 Prozent der Frauen verschwindet die Hyperemesis gravidarum erst mit der Geburt. Bei der nächsten Schwangerschaft ist das Erbrechen oft nicht gleich stark ausgeprägt; die Ursache für dieses Schwanken ist nicht bekannt.

Ihre Apotheke empfiehlt

Ernährung umstellen. Hat das Erbrechen noch nicht zu Komplikationen geführt, kann eine Ernährungsumstellung helfen. Das bedeutet:

  • Viele kleine, fettarme Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen
  • Nach Appetit zu essen und sich beim Zeitpunkt und der Essensauswahl vom spontanen Bauchgefühl leiten zu lassen.

Bei der Hyperemesis gibt es kein Patentrezept. Sie können zum Beispiel versuchen, vor dem Aufstehen im Bett einen Jogurt zu essen oder eine Tasse Hühnerbrühe auf nüchternen Magen zu trinken. Was "drin bleibt", ist das Richtige.

Akupressur. Akupressur ist eine Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin, bei der über Druck bestimmte Punkte entlang der "Meridiane", also der "Energiebahnen", aktiviert werden. Studien zeigen, dass die Akupressur gegen die Übelkeit, nicht aber das Erbrechen hilft.

Vitamin B6. Vitamin-B-Mangel wird immer wieder als Mitauslöser des Schwangerschaftserbrechens diskutiert. Manchen Schwangeren mit Schwangerschaftserbrechen hilft die zusätzliche Einnahme von Vitamin-B6-Präparaten gut gegen die Übelkeit. Wie hoch Sie das Vitamin B6 dosieren, besprechen Sie am besten mit Ihrer Ärzt*in.

Psychische Unterstützung. Gerade bei "Frauenleiden" wurden historisch leider viele Erkrankungen auf die instabile weibliche Psyche geschoben. Doch auch wenn das pathologische Schwangerschaftserbrechen ein körperliches – und auch sehr belastendes – Problem ist, können Stress und Ängste ein wichtiger Faktor bei der Erkrankung sein. Scheuen Sie sich deswegen nicht, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen – sei es, dass sie mit Vertrauten über die Situation sprechen oder sich professionelle Hilfe bei einer Psycholog*in suchen.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Redaktionelle Bearbeitung: Sara Steer
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Mutters Coronaimpfung nützt dem Baby

Eine Coronaimpfung in der Schwangerschaft schadet dem Neugeborenen nicht.

Mutters Coronaimpfung nützt dem Baby

Keine Angst vor der Vakzine

Werdende Mütter sind oft unsicher, ob sie sich gegen COVID-19 impfen lassen sollen. Eine kanadische Studie beruhigt nochmals. Die Coronaimpfung schadet dem Ungeborenen nicht – im Gegenteil.

140 000 Babys sprechen Klartext

Immer wieder kursieren Gerüchte, dass Impfungen Schwangere und ihre Babys gefährden. Vor allem gegen die Coronaimpfung wird häufig Stimmung gemacht. Doch das entbehrt jeder Grundlage, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Darin waren die Daten von mehr als 140 000 Babys ausgewertet worden. Fast zwei Drittel der Mütter hatten in der Schwangerschaft eine oder mehrere Coronaimpfung erhalten. Und das hatte offenbar nur positive Folgen: Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft mit einer mRNA-Vakzine gegen COVID-19 geimpft worden waren, litten in den ersten Lebenstagen seltener an schweren Erkrankungen oder Komplikationen als Kinder ungeimpfter Mütter.

Impfung in allen Schwangerschaftsdritteln sicher

Auch Todesfälle oder Behandlungen auf einer Neugeborenen-Intensivstation kamen bei ihnen seltener vor. Die Coronaimpfung der Mutter führte auch nicht dazu, dass die Kinder in den ersten sechs Lebensmonaten aufgrund einer Erkrankung in die Klinik eingewiesen werden mussten.

Dabei war es egal, in welchem Schwangerschaftsdrittel geimpft worden war. Auch die Häufigkeit der Impfung veränderte nichts an den Ergebnissen, betonen die Autor*innen.

Totgeburten sogar seltener

Früh- oder Totgeburten untersuchte diese Studie nicht. Dazu gibt es aber Ergebnisse aus anderen kanadischen Untersuchungen. Dabei ist mehrfach gezeigt worden, dass eine Coronaimpfung in der Schwangerschaft nicht zu einer erhöhten Rate von Tot- und Frühgeburten führt. In einigen Studien senkte sie das Risiko dafür sogar.

Die COVID-19-Impfung der werdenden Mutter stellt damit keine Gefahr für Neugeborene und Kleinkinder dar, betonen die kanadischen Forscher*innen. Die Ergebnisse lassen dagegen vermuten, dass die Impfung Babys um die Geburt herum sogar vor negativen gesundheitlichen Ereignissen schützt.

Quelle: Ärzteblatt, JAMA Pediatrics

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Cavan Images / Christophe Launay