Gesundheit heute

Mehrlinge

Wenn sich zwei oder mehr Embryos gleichzeitig in der Gebärmutter entwickeln, spricht man von Mehrlingen. Vor allem im Zusammenhang mit der Fortpflanzungsmedizin bzw. der künstlichen Befruchtung sind Mehrlingsschwangerschaften ins Gespräch gekommen. Aber auch bei einer normalen Befruchtung sind Zwillinge nicht selten: In Deutschland werden pro Jahr etwa 12 000 Zwillinge geboren, das bedeutet eine Zwillingsgeburt auf 85 Geburten.

Ungefähr ein Drittel aller Zwillinge sind eineiige Zwillinge (monozygot), d. h. aus einer befruchteten Eizelle entwickeln sich zwei genetisch identische Embryos. Zu dieser Teilung kommt es in den ersten zwei Wochen nach der Befruchtung. Trennen sich die Embryos erst nach dem 13. Tag, bleibt die Trennung unvollständig: Es entstehen siamesische Zwillinge. Am häufigsten sind dabei Verwachsungen am Brustbein. Man bemüht sich heute, solche Kinder möglichst schnell nach der Geburt durch eine Operation zu trennen.

Etwa zwei Drittel der Zwillingsgeburten sind zweieiige Zwillinge (dizygot). Sie entwickeln sich aus zwei verschiedenen Eizellen, die von zwei unterschiedlichen Spermien befruchtet worden sind. Ihre Gene sind sich also nicht ähnlicher als die von zwei „normalen“ Geschwistern. Im Gegensatz zu eineiigen Zwillingen kann auch ihr Geschlecht unterschiedlich sein. Die Wahrscheinlichkeit, zweieiige Zwillinge zu bekommen, nimmt mit dem Alter der Mutter zu.

Drillinge, die ohne die Hilfe der Fortpflanzungsmedizin entstehen, sind viel seltener: Auf 7 500 Geburten kommt eine Drillingsgeburt.

Medizinisch bedeutsam sind Mehrlingsschwangerschaften, weil sie für Mutter und Kinder mit besonderen Risiken verbunden sind und daher besonderer Überwachung bedürfen. Auch werden Zwillinge im Schnitt drei Wochen früher geboren, Drillinge sogar noch früher. „Frühgeburten“ sind also für Mehrlinge Normalgeburten, aber auch „echte“ Frühgeburten bis hin zu Tot- und Fehlgeburten treten bei Mehrlingen vielfach häufiger auf.

Bei Mehrlingsschwangerschaften erfolgt die Schwangerschaftsvorsorge deshalb besonders engmaschig, bis zur 28. Schwangerschaftswoche alle 14 Tage, danach oft sogar wöchentlich. Bei jedem Termin wird der Muttermund genau untersucht – fühlt er sich weich an oder ist zur Scheide hin etwas geöffnet, weist das auf eine drohende Frühgeburt hin.

Ultraschall- und Doppler-Untersuchungen zur Darstellung der kindlichen Herzaktionen und Durchblutungsverhältnisse werden bis zur 20. Schwangerschaftswoche alle vier Wochen wiederholt, danach alle 14 Tage. Später, ab der 32. SSW, kommt dann die Kardiotokografie, CTG als weitere engmaschige Überwachung der Mehrlinge hinzu.

Gehäuft treten folgende Komplikationen bei Mehrlingsschwangerschaften auf:

  • Beeinträchtigung mütterlicher Bauchorgane durch die große Gebärmutter, z. B. Darmprobleme oder Harnstau.
  • Schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck (schwangerschaftsinduzierte Hypertonie) bis hin zur Präeklampsie
  • Blutarmut (Anämie)
  • Vermehrte Wassereinlagerung, vor allem in den Beinen (Stauungsödeme) und Krampfadern (Varizen)
  • Vorgelagerte Plazenta (Plazenta praevia) und vorzeitige Plazentalösung
  • Eingeschränkte Funktion des Mutterkuchens (Plazenta-Insuffizienz) mit Wachstumsstörungen des Kindes
  • Verkürzter Gebärmutterhals und vorzeitige Öffnung des Muttermunds (Zervix-Insuffizienz)
  • Nabelschnurumschlingungen
  • Blutübertragungen zwischen den Mehrlingen (Fetofetales Transfusionssyndrom, FFTS), wodurch einer der Zwillinge viel mehr Blut bekommt als der andere; dieser würde ohne mikrochirurgischen Verschluss der Gefäßverbindung im Extremfall nicht überleben
  • Übermäßige Fruchtwasserbildung (Polyhydramnion).

Eine „normale“ Geburt kommt bei Zwillingen dann in Frage, wenn jedes der Kinder nach der Gewichtsschätzung mehr als 1 800 g wiegt und das näher am Gebärmutterausgang liegende Kind mit dem Kopf nach unten (Schädellage) zeigt. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, bringt man die Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt. Zur Geburt von Drillingen wird in Deutschland in vielen Kliniken von vornherein ein Kaiserschnitt geplant – im Gegensatz zu den USA, wo auch Drillinge natürlich entbunden werden.

Weiterführende Informationen

  • www.abc-club.de – Internationale Drillings- und Mehrlingsinitiative, Hannover: Informationen, Kontakte und Angebote für „betroffene“ Familien.
  • www.twins.de – Internetseite der gleichnamigen Zeitschrift, auf der man zwar wenig Praxistipps, dafür einen Überblick über die Themen der letzten Ausgaben und viele Literaturtipps erhält.
  • M. von Gratkowski: Zwillinge: Wie Sie mit ihnen fertig werden, ohne selbst fertig zu sein. Trias, 2003. Hilfreiche Alltagstipps von einer Autorin, die selbst Zwillinge hat.

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler
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Mutters Coronaimpfung nützt dem Baby

Eine Coronaimpfung in der Schwangerschaft schadet dem Neugeborenen nicht.

Mutters Coronaimpfung nützt dem Baby

Keine Angst vor der Vakzine

Werdende Mütter sind oft unsicher, ob sie sich gegen COVID-19 impfen lassen sollen. Eine kanadische Studie beruhigt nochmals. Die Coronaimpfung schadet dem Ungeborenen nicht – im Gegenteil.

140 000 Babys sprechen Klartext

Immer wieder kursieren Gerüchte, dass Impfungen Schwangere und ihre Babys gefährden. Vor allem gegen die Coronaimpfung wird häufig Stimmung gemacht. Doch das entbehrt jeder Grundlage, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Darin waren die Daten von mehr als 140 000 Babys ausgewertet worden. Fast zwei Drittel der Mütter hatten in der Schwangerschaft eine oder mehrere Coronaimpfung erhalten. Und das hatte offenbar nur positive Folgen: Babys, deren Mütter während der Schwangerschaft mit einer mRNA-Vakzine gegen COVID-19 geimpft worden waren, litten in den ersten Lebenstagen seltener an schweren Erkrankungen oder Komplikationen als Kinder ungeimpfter Mütter.

Impfung in allen Schwangerschaftsdritteln sicher

Auch Todesfälle oder Behandlungen auf einer Neugeborenen-Intensivstation kamen bei ihnen seltener vor. Die Coronaimpfung der Mutter führte auch nicht dazu, dass die Kinder in den ersten sechs Lebensmonaten aufgrund einer Erkrankung in die Klinik eingewiesen werden mussten.

Dabei war es egal, in welchem Schwangerschaftsdrittel geimpft worden war. Auch die Häufigkeit der Impfung veränderte nichts an den Ergebnissen, betonen die Autor*innen.

Totgeburten sogar seltener

Früh- oder Totgeburten untersuchte diese Studie nicht. Dazu gibt es aber Ergebnisse aus anderen kanadischen Untersuchungen. Dabei ist mehrfach gezeigt worden, dass eine Coronaimpfung in der Schwangerschaft nicht zu einer erhöhten Rate von Tot- und Frühgeburten führt. In einigen Studien senkte sie das Risiko dafür sogar.

Die COVID-19-Impfung der werdenden Mutter stellt damit keine Gefahr für Neugeborene und Kleinkinder dar, betonen die kanadischen Forscher*innen. Die Ergebnisse lassen dagegen vermuten, dass die Impfung Babys um die Geburt herum sogar vor negativen gesundheitlichen Ereignissen schützt.

Quelle: Ärzteblatt, JAMA Pediatrics

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Cavan Images / Christophe Launay