Gesundheit heute

Schwangerschaft ist keine Krankheit

Erst seit knapp 100 Jahren werden gesunde Frauen zum Arzt geschickt, weil sie schwanger sind. Die Idee der Schwangerschaftsvorsorge stammt von Dr. Janet Campbell, die sie in den 1920er Jahren in London einführte. Seitdem entzünden sich immer wieder Diskussionen um Sinn und Unsinn der Vorsorgeuntersuchungen. Allerdings sind Schwangerschaft und vor allem die 24 Stunden rund um die Geburt statistisch gesehen tatsächlich die gefährlichste Zeit im Leben einer Frau: Früher haben viele Mütter Problemgeburten nicht überlebt. Daher hat es durchaus seinen Sinn, wenn sich medizinische Fachkräfte und auch die Medien um diesen „kritischen“ Bereich des Frauenlebens bemühen.

Gerade in Deutschland tut man des Guten aber oft zu viel, jährlich werden Hunderttausende Schwangerschaften zur Risikoschwangerschaft erklärt und vermutlich wird viel zu viel Pränataldiagnostik betrieben mit erheblicher Verunsicherung der betroffenen Frau, mit erheblichen Risiken für das Kind, mit hohen Kosten und insgesamt fraglichem Nutzen.

Es ist deshalb Vorsicht angebracht gegenüber festgezurrten Regeln, wie eine Schwangerschaft zu verlaufen und wie viele Arztbesuche eine Frau zu absolvieren hat. Denn jede Frau erlebt ihre Schwangerschaft anders, und kaum eine braucht 400-Seiten-Ratgeber und Zeitschriften-Abonnements, um „erfolgreich“ schwanger zu sein.

Stichwort Ratgeber: Jede Schwangere muss versuchen, die Bereiche zu finden, in denen Beratung und Hilfe zweckmäßig oder sogar notwendig sind. Ebenso wichtig ist es aber, dass die Frauen einschätzen können, wann Schluss ist mit Ratschlägen, und wann Sie eine unbeschwerte Erwartung genießen können.

Auch aus naturheilkundlicher Sicht wird der Verunsicherung, bisweilen sogar der sanften Bevormundung der Frauen Vorschub geleistet. Frau soll sich „natürlich“ ernähren, am besten nur noch „lebendiges“ Wasser trinken, aber um Trockeneigelb und Brombeertees einen großen Bogen machen. Gute Tipps von ganzheitlicher Geschäftemacherei zu unterscheiden ist schwierig und erfordert viel Sachkenntnis, Mut und Geduld.

Weiterführende Informationen

  • www.geburtskanal.de – Von einem nichtkommerziellen Unterstützerkreis in Bonn getragene Internetseite: Kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit allen Themen von Schwangerschaft und Geburt.
  • B. Gebauer-Sesterhenn; T. Villinger: Schwangerschaft und Geburt. Gräfe & Unzer, 2001. Ausführlicher und übersichtlicher Schwangerschaftsratgeber, der vor allem das Wohlbefinden der werdenden Mutter zum Thema hat. Mit Erlebnisberichten und Praxistipps.
  • J. Balaskas; Y. Gordon: Der große Trias-Ratgeber Schwangerschaft und Geburt. Trias, 2004. Faktenreich und mit am stärksten medizinisch ausgerichteter Ratgeber für Schwangerschaft, Geburt und das erste Lebensjahr.

Weiterlesen: Feststellung der Schwangerschaft

Von: Dr. med. Katja Flieger, Dr. med. Arne Schäffler
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Schwangere sollten Jod einnehmen!

Jodtabletten sind ein einfaches Mittel, um den während der Schwangerschaft erhöhten Jodbedarf sicherzustellen.

Schwangere sollten Jod einnehmen!

Schon vor der Empfängnis starten

Schwangere brauchen vermehrt Jod – und das am besten schon vor der Empfängnis. Jodreiche Ernährung reicht für die Versorgung meist nicht aus. Expert*innen empfehlen deshalb, das Spurenelement in Form von Tabletten einzunehmen.

Ohne Schilddrüsenhormone geht es nicht

Jod ist ein wichtiger Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Und die sind wiederum unentbehrlich für den Organismus: Sie regulieren Stoffwechselprozesse, wirken auf Herz und Kreislauf und aktivieren die Nieren- und Darmtätigkeit. Außerdem haben Schilddrüsenhormone einen großen Einfluss auf die Nervenzellen und damit sowohl auf die Psyche als auch auf das Denkvermögen.

Eine ganz besondere Aufgabe erfüllen Schilddrüsenhormone in Bezug auf Wachstum und Reifung des ungeborenen Kindes im Mutterleib. Weil sich dessen eigene Schilddrüse erst im zweiten Teil der Schwangerschaft ausbildet, braucht das Kind von Anfang an mütterliche Schilddrüsenhormone. Fehlen diese, weil die Mutter unter einem Jodmangel leidet, drohen schwere Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen. Außerdem ist ein mütterlicher Jodmangel mit einer erhöhten Rate an Fehl- und Totgeburten verbunden.

Neue Fettdepots schlucken Hormone

Doch nicht nur der zusätzliche Hormonbedarf des Embryos oder Fetus führt dazu, dass Schwangere mehr Jod brauchen. Durch die Anpassung des mütterlichen Organismus an die Schwangerschaft verändern sich Blutvolumen und Fettdepots und damit die Jodverteilung im Körper. Außerdem scheiden die Nieren mehr von dem Spurenelement aus. Die hohen Östrogenspiegel bewirken außerdem, dass die Schilddrüsenhormone stärker an Eiweiße gebunden sind und weniger aktiv sind.

Aus all diesen Gründen müssen Schwangere mehr Schilddrüsenhormone bilden und brauchen dafür vermehrt Jod. Die tägliche Gesamtzufuhr soll etwa 230 µg betragen (bei Stillenden 260 µg). Um solch hohe Mengen zu gewährleisten, empfehlen Expert*innen die Einnahme von 100 bis 150 µg Jod am Tag. Daneben sollte auch über die Nahrung ausreichend Jod aufgenommen werden, z. B. in Form von Milch und Milchprodukten oder Meeresfisch.

Raucherinnen besonders gefährdet

Besonders auf eine ausreichende Jodzufuhr achten sollten zudem Veganerinnen, weil der völlige Verzicht auf tierische Produkte einen Jodmangel noch wahrscheinlicher macht. Auch Raucherinnen sind gefährdet: Das im Rauch enthaltene Thiocyanat hemmt den Jodtransport in die Schilddrüse und damit die Bildung von Schilddrüsenhormonen.

Quelle: pta heute

Von: Dr. med Sonja Kempinski; Bild: Andrey_Popov/shutterstock.com