Gesundheit heute

In-vitro-Fertilisation: großes Glück – oder riesige Enttäuschung

Die Geburt des ersten Retortenbabys Louise Brown 1978 in England war eine Sensation. Mediziner beschworen den Sieg über die ungewollte Kinderlosigkeit und Hunderttausende kinderlose Paare schöpften Hoffnung. Obwohl die Erfolgsaussichten der IVF zunächst gering waren, mangelte es ihr von Anfang an nicht an Patienten. Heute unterziehen sich allein in Deutschland 40 000 Frauen jährlich einer In-vitro-Fertilisation und weltweit dürften mittlerweile mehr als fünf Millionen Kinder im Reagenzglas gezeugt sein, Tendenz steigend. Die Reproduktionsmedizin zählt zu den größten Wachstumsbereichen der Medizin.

Die Hälfte der Paare hält am Ende der Behandlungsmühen irgendwann im Kreißsaal zwar erschöpft, aber glücklich ihren Säugling in den Armen. Endlich! Der Preis war hoch, aber er hat sich gelohnt. Demgegenüber steht jedoch die andere Hälfte, bei denen auch nach so und so vielen Versuchen der Erfolg ausbleibt, sich Verzweiflung und Enttäuschung breit machen, man aber auch nicht so wirklich aufgeben mag. Der (rechtzeitige) Ausstieg aus dem Behandlungskarussell fällt schwer. Und hängt man einmal drin, interessiert sich kaum jemand für die Gefühle des betroffenen Paares. Vor allem Frauen reagieren dann häufig mit depressiven Phasen, Schuldgefühlen und sozialem Rückzug. Und manche bis dato langjährig stabile Beziehungen halten plötzlich dem Druck nicht mehr Stand und zerbrechen.

Vielleicht hilft es, sich vor Augen zu halten, dass viele Paare, die sich nach etlichen Versuchen zum Aufhören durchgerungen haben, sich darüber im Nachhinein einfach nur erleichtert Äußern. Der Abschied vom Kinderwunsch fällt schwer, wird im Nachhinein aber häufig als ein erholsamer Wieder-Einstieg in ein Leben frei von Hormonspritzen und Samenproben und als Neustart der Beziehung erlebt.

Und die Paare, bei denen es geklappt hat? Irgendwann stellt sich auch nach einer gelungenen IVF-Behandlung die Normalität ein: Schwangerschafts- und Geburtsverlauf, Elternglück oder Erziehungsprobleme dürften bei den weltweit mittlerweile fünf Millionen Retortenkindern letztendlich nicht anders sein, als bei einer natürlich gezeugten Nachkommenschaft.

Louise Brown war im Gegensatz zu ihren Eltern beim Thema Nachwuchs nicht auf Ärztliche Hilfe angewiesen und brachte im Januar 2007 ihr erstes Kind zur Welt.

Weiterlesen: In-vitro-Fertilisation

Von: Dr. med. Andrea Stadler, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
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Covidimpfung macht nicht unfruchtbar

Eine Covid-Impfung steht dem Mutterglück nicht entgegen.

Covidimpfung macht nicht unfruchtbar

RKI klärt auf

Seit geraumer Zeit geistert durch die sozialen Medien, dass eine Covid-19-Impfung unfruchtbar macht. Dabei sollen die gebildeten Antikörper den Aufbau der Plazenta stören. Doch die Sorge ist laut Robert Koch-Institut völlig unbegründet.

Mutterkuchen in Gefahr?

Noch immer gibt es viele Menschen, die sich in Bezug auf die Covid-Impfung unsicher sind. Ein Grund dafür sind Fake News, die sich gerade in den sozialen Medien hartnäckig halten. So zum Beispiel das Gerücht, eine Covid-Impfung würde unfruchtbar machen. Zwar stimmt es, dass manche Frauen nach einer Impfung gegen Covid-19 Zyklusstörungen entwickeln. So bleibt bei manchen die Regel nach der Impfung länger aus, bei anderen ist die Periode verkürzt. Doch solche Zyklusstörung gibt es nicht nur nach einer Covid-Impfung. Sie kommen auch bei anderen Impfungen oder Infektionen vor, sind nur vorübergehend und völlig harmlos, betonte das Robert Koch-Institut (RKI). Hintergrund dieser Reaktion ist wahrscheinlich die Aktivierung des Immunsystems.

Skeptiker*innen wollen hinter diesen Zyklusstörungen jedoch Vorgänge erkennen, die zu einer Unfruchtbarkeit führen. Im Zentrum ihrer Bedenken steht das Protein Syncytin-1, das in einer Schwangerschaft entscheidend am Aufbau der Plazenta (also dem Mutterkuchen) beteiligt ist. Der durch die Covid-Impfung gebildete Antikörper soll eine gewisse strukturelle Ähnlichkeit mit Syncytin-1 aufweisen. Die Befürchtung ist nun, dass sich die Antikörper gegen dieses wichtige Protein richten, dadurch die Bildung der Plazenta stören und zur Unfruchtbarkeit führen.

Antikörper richten sich nicht gegen Syncytin-1

Doch diese Theorie wurde inzwischen komplett widerlegt, betont das RKI. Denn die Ähnlichkeit zwischen Syncytin-1 und den gebildeten Antikörper-Proteinen beschränkt sich auf gerade mal 0,75 Prozent der Aminosäuren. Und das ist viel zu wenig, um eine Immunantwort auszulösen. D.h., die Antikörper erkennen Syncytin-1 nicht als ihr Ziel und richten sich folglich auch nicht dagegen.

Kein Hinweis auf Unfruchtbarkeit

Auch zahlreiche Studien unterstreichen, dass eine Covid-Impfung die Fruchtbarkeit nicht beeinflusst. So wurden 36 israelische Paare untersucht, die sich während des Impfzeitraums einer Kinderwunschbehandlung unterzogen. Weder Qualität noch Anzahl der Eizellen unterschieden sich vor und nach der Impfung. Das Gleiche galt für die Spermienqualität. Auch in der Zulassungsstudie zum ersten Impfstoff (Comirnaty®) gab es keinerlei Hinweise auf Fruchtbarkeitsprobleme. Ob echte Impfung oder Scheinimpfung, die Anzahl der zwei Monate nach Impfung aufgetretenen Schwangerschaften unterschied sich in den beiden Gruppen nicht.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mimagephotography/shutterstock.com