Gesundheit heute

In-vitro-Fertilisation

In-vitro-Fertilisation (IVF, Künstliche Befruchtung, in vitro = im Glas): Befruchtung einer Eizelle durch Samenflüssigkeit in einem Glasschälchen, d. h. außerhalb des Körpers. Anschließend wird der aus der Zellteilung entstandene Embryo in die Gebärmutter gepflanzt, wo er bis zur Geburt weiterwächst. Wichtigstes Behandlungsverfahren der Reproduktionsmedizin, zirka 10 000 „Retortenkinder" entstehen in Deutschland pro Jahr auf diesem Wege. Das Verfahren wird vor allem angewendet bei:

  • Undurchlässigkeit oder Funktionsunfähigkeit der Eileiter (tubare und ovarielle Sterilität)
  • Störung der Samenproduktion beim Mann
  • Immunologischer Sterilität
  • Erfolglosigkeit aller anderen Therapien

Behandlungsschritte

Die In-vitro-Fertilisation ist sehr aufwendig und zieht sich über viele Monate hin – wenn man nicht beim ersten Mal schon ins Schwarze trifft.

Stimulation der Eizellenreifung. Die Therapie beginnt mit einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke. Ziel hierbei ist, mehrere Eibläschen gleichzeitig reifen zu lassen, um dadurch die Chance auf mehrere befruchtungsfähige Eizellen zu erhöhen.

Durch die hormonelle Stimulation kann es allerdings zu einem Überstimulationssyndrom (Ovarielles Hyperstimulationssyndrom, OHSS) kommen. Die Eierstöcke produzieren zu viele und große Eibläschen, so dass es zu einem mehrfachen Eisprung kommt. Zudem kann sich Flüssigkeit im Bauch ansammeln, und es kann zu Atemnot und Störung der Blutgerinnung kommen. Mittelfristig kann eine solche Mehrlingsschwangerschaft nicht bis zum Termin ausgetragen werden und es drohen extreme Frühgeburten.

Eisprung und Eizellentnahme. Etwa eine Woche später werden per Ultraschall und Hormonwertbestimmung im Blut Größe und Reife der Eizellen kontrolliert. Sind die Eibläschen gereift und befruchtungsfähig, werden die follikelstimulierenden Hormone abgesetzt und mithilfe einer Injektion des Hormons Beta-HCG der Eisprung ausgelöst. 36 Stunden nach dem Eisprung entnimmt der Arzt die Eizellen aus den Eierstöcken, indem er die Eibläschen mit langen feinen Nadeln durchsticht und dann die Follikelflüssigkeit, die die Eizellen enthält, absaugt. Der Eingriff erfolgt in der Regel durch die Scheide und wird über Ultraschall am Bildschirm überwacht. Die Patientin bekommt Schmerzmittel oder eine kurze örtliche Betäubung; meist dauert der Vorgang nur wenige Minuten.

Zusammenführen von Eizellen und Spermien. Unter dem Mikroskop werden die mit der Follikelflüssigkeit gewonnen Eizellen untersucht, heraus filtriert und in einem Schälchen mit Nährlösung kultiviert. Nach 4–6 Stunden werden zu jeder entnommenen Eizelle aufbereitete (d. h. die Spermien wurden von den übrigen Bestandteilen der Samenflüssigkeit getrennt) Spermien hinzugefügt. Hierfür wird am Tag der Eizellenentnahme frische Samenflüssigkeit des Partners benötigt.

16–18 Stunden später wird kontrolliert, ob sich so genannte Vorkerne gebildet haben, d. h. in der befruchteten Eizelle müssen weibliches und männliches Erbgut vorhanden sein, ohne sich jedoch schon geteilt oder vereinigt zu haben. Falls sich mehr als drei Eizellen in diesem Vorkernstadium befinden, können die überzähligen Eizellen für spätere Versuche eingefroren werden (Kryokonservierung).

Embryonentransfer. 48 Stunden nach Bildung des Vorkernstadiums haben in der Regel mehrere Zellteilungen stattgefunden; man spricht nun von einem Embryo. Etwas später – also am 3. – 5. Tag nach der Befruchtung – werden mit Hilfe eines dünnen Katheters dann ein bis maximal drei Embryonen durch die Scheide in die Gebärmutterhöhle gegeben. Die Einnistung des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut wird zur Sicherheit durch die Gabe des Schwangerschaftshormons Beta-HCG oder durch Gestagene unterstützt. Bevor sich ein Embryo in die Gebärmutterschleimhaut einnistet, muss er aus der Eihülle schlüpfen. Nach mehrfach erfolglosen Embryoübertragungen kann versucht werden, dem Embryo das Schlüpfen zu erleichtern, indem der Arzt mit einem Lasergerät die Umhüllung einritzt, kurz bevor er den Embryo in die Gebärmutter einsetzt. Diesen Eingriff nennt man Embryoschlüpfhilfe (assisted hatching; to hatch = schlüpfen). Es besteht jedoch die Gefahr, den Embryo dabei zu verletzen. Und es ist nicht gesichert, ob das Einnisten des Embryos dadurch wirklich erleichtert wird.

Schwangerschaftskontrolle. Zwei Wochen nach Übertragung der Embryonen wird anhand der Höhe des Schwangerschaftshormons Beta-HCG festgestellt, ob eine Schwangerschaft begonnen hat. Nach einem Monat kann die Entwicklung des Embryos per Ultraschall mitverfolgt werden.

Erfolg und Risiken

Der Erfolg einer IVF ist vor allem vom Alter der Frau und der Entwicklung des Embryos abhängig. Statistisch liegt die Geburtenrate bei etwa 20 %. Bei Frauen unter 37 Jahren ist sie höher.

Durch den Transfer von drei Embryonen in die Gebärmutter erhöht sich das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft vor allem bei jüngeren Frauen: Die Wahrscheinlichkeit, Zwillinge zu gebären, liegt bei etwa 15 %, die für eine Drillingsschwangerschaft bei etwa 3 %. Haben Zwillinge gute Aussichten auf eine gesunde Entwicklung und Geburt, besteht bei Drillingen die Gefahr einer Frühgeburt. Dieses Risiko wird oft dadurch verringert, dass man pro Zyklus nur zwei Embryonen in die Gebärmutter gibt. Neben dem erhöhten Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft steigt bei der IVF auch das Risiko einer Eileiterschwangerschaft um etwa 5 % gegenüber natürlichen Schwangerschaften.

Im Rahmen der Hormonbehandlung kann es zum Überstimulationssyndrom kommen.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bei maximal drei IVF-Behandlungen die Hälfte der Kosten pro Behandlungszyklus. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist, dass das Paar verheiratet, die Frau zwischen 25 und 40 und der Mann zwischen 25 und 50 Jahre alt ist. Hinzu kommt häufig der Eigenanteil für Medikamente.

Weiterlesen:

  • In-vitro-Fertilisation: großes Glück – oder riesige Enttäuschung
  • Die Möglichkeiten der Sterilitätstherapie im Überblick

Von: Dr. med. Andrea Stadler, Dr. med. Arne Schäffler
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Covidimpfung macht nicht unfruchtbar

Eine Covid-Impfung steht dem Mutterglück nicht entgegen.

Covidimpfung macht nicht unfruchtbar

RKI klärt auf

Seit geraumer Zeit geistert durch die sozialen Medien, dass eine Covid-19-Impfung unfruchtbar macht. Dabei sollen die gebildeten Antikörper den Aufbau der Plazenta stören. Doch die Sorge ist laut Robert Koch-Institut völlig unbegründet.

Mutterkuchen in Gefahr?

Noch immer gibt es viele Menschen, die sich in Bezug auf die Covid-Impfung unsicher sind. Ein Grund dafür sind Fake News, die sich gerade in den sozialen Medien hartnäckig halten. So zum Beispiel das Gerücht, eine Covid-Impfung würde unfruchtbar machen. Zwar stimmt es, dass manche Frauen nach einer Impfung gegen Covid-19 Zyklusstörungen entwickeln. So bleibt bei manchen die Regel nach der Impfung länger aus, bei anderen ist die Periode verkürzt. Doch solche Zyklusstörung gibt es nicht nur nach einer Covid-Impfung. Sie kommen auch bei anderen Impfungen oder Infektionen vor, sind nur vorübergehend und völlig harmlos, betonte das Robert Koch-Institut (RKI). Hintergrund dieser Reaktion ist wahrscheinlich die Aktivierung des Immunsystems.

Skeptiker*innen wollen hinter diesen Zyklusstörungen jedoch Vorgänge erkennen, die zu einer Unfruchtbarkeit führen. Im Zentrum ihrer Bedenken steht das Protein Syncytin-1, das in einer Schwangerschaft entscheidend am Aufbau der Plazenta (also dem Mutterkuchen) beteiligt ist. Der durch die Covid-Impfung gebildete Antikörper soll eine gewisse strukturelle Ähnlichkeit mit Syncytin-1 aufweisen. Die Befürchtung ist nun, dass sich die Antikörper gegen dieses wichtige Protein richten, dadurch die Bildung der Plazenta stören und zur Unfruchtbarkeit führen.

Antikörper richten sich nicht gegen Syncytin-1

Doch diese Theorie wurde inzwischen komplett widerlegt, betont das RKI. Denn die Ähnlichkeit zwischen Syncytin-1 und den gebildeten Antikörper-Proteinen beschränkt sich auf gerade mal 0,75 Prozent der Aminosäuren. Und das ist viel zu wenig, um eine Immunantwort auszulösen. D.h., die Antikörper erkennen Syncytin-1 nicht als ihr Ziel und richten sich folglich auch nicht dagegen.

Kein Hinweis auf Unfruchtbarkeit

Auch zahlreiche Studien unterstreichen, dass eine Covid-Impfung die Fruchtbarkeit nicht beeinflusst. So wurden 36 israelische Paare untersucht, die sich während des Impfzeitraums einer Kinderwunschbehandlung unterzogen. Weder Qualität noch Anzahl der Eizellen unterschieden sich vor und nach der Impfung. Das Gleiche galt für die Spermienqualität. Auch in der Zulassungsstudie zum ersten Impfstoff (Comirnaty®) gab es keinerlei Hinweise auf Fruchtbarkeitsprobleme. Ob echte Impfung oder Scheinimpfung, die Anzahl der zwei Monate nach Impfung aufgetretenen Schwangerschaften unterschied sich in den beiden Gruppen nicht.

Quelle: SpringerMedizin

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mimagephotography/shutterstock.com