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Androgeninsuffizienz und PADAM

Androgeninsuffizienz und PADAM
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Androgeninsuffizienz (Testosteronmangel, Hodeninsuffizienz, Altershypogonadismus): Rückgang der Wirkung männlicher Sexualhormone, insbesondere des Testosterons. Folgen können Impotenz und Verstimmungen sein, bei extremen Hormonmangel drohen Osteoporose und Muskelschwund. Der Mangel an Testosteron und seinen Abkömmlingen Androstendion und DHEA, die zusammen die Androgene bilden, kann unterschiedliche Ursachen haben: ein altersbedingtes Nachlassen der Testosteronproduktion der Hoden (PADAM) oder ein Mangel an Steuerhormonen, die die Testosteronausschüttung ankurbeln, z. B. durch Tumoren der Hypophyse Hirnanhangdrüse. Zudem gibt es einen Zusammenhang zwischen dem metabolischen Syndrom und der Androgeninsuffizienz.

Entgegen früherer Ansicht sind die Auswirkungen eines Testosteronmangels eher unklar, vor allem bei grenzwertigen Testosteronwerten. Auch bei der Testeosteronersatztherapie sind sich die Experten uneins. Basismaßnahme bei einer Androgeninsuffizienz ist jedoch immer die Behandlung eines eventuell vorliegenden metabolischen Syndroms, da dadurch die Beschwerden häufig gemildert werden.

Leitbeschwerden beim älteren Mann

Die Beschwerden beim Testosteronmangel sind unspezifisch und der Zusammenhang mit erniedrigten Hormonwerten nicht eindeutig. Folgende Auswirkungen eines Testosteronmangels sind möglich:

  • Sexuelle Funktionsstörungen wie verminderte Libido (sexuelles Verlangen) und erektile Dysfunktion
  • Rückbildung der Muskulatur
  • Anstieg des Körperfettanteils, vor allem in der Bauchregion
  • Psychische Beschwerden wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Unwohlsein oder depressive Verstimmungen
  • Haut- und Haarveränderungen
  • Im Extremfall (scheinbar spontane) Knochenbrüche durch Osteoporose.

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • oben genannte Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Begrifflichkeit

Populär geworden ist die Androgeninsuffizienz durch die Anti-Aging-Medizin. Millionen von Männern leiden an Müdigkeit, Unwohlsein, Impotenz und all den anderen Leitbeschwerden. Viele Ärzte greifen das Thema als IGeL-Leistung auf und führen umfangreiche Hormontests durch. Meist wird nur ein teilweiser Mangel an Testosteron festgestellt, weshalb Anti-Aging-Mediziner dann auch vom PADAM, dem partiellen Androgendefizit des alternden Mannes (Testosteronmangel-Syndrom) sprechen. Über dessen Häufigkeit und klinische Bedeutung wird gestritten.

Begriffe wie männliche Wechseljahre, Klimakterium virile, ADAM (Androgen Decline in the Aging Male), Testopause oder Andropause wurden von manchen Autoren eingeführt, um den hormonellen Veränderungen des alternden Mannes analog zu den Wechseljahren der Frau Rechnung zu tragen. Die Hormone DHEA (Vorstufe des Testosterons) und das Wachstumshormon Somatotropin sinken zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr ab, Testosteron etwa ab dem 40. Lebensjahr jährlich um 1 %. Das Absinken der Hormone geschieht jedoch beim Mann nicht sprunghaft wie bei der Frau. Es findet also kein "Wechsel" in der hormonellen Gesamtsituation statt wie bei der Frau – deshalb ist der Begriff der männlichen Wechseljahre medizinisch nicht korrekt.

Ein Testosteronmangel kommt aber auch bei vielen Erkrankungen vor, die mit den "männlichen Wechseljahren" nichts zu tun haben, so bei schweren Leber-, Nieren-, Herz- und Kreislauferkrankungen. Er tritt aber auch psychisch bedingt bei chronischer Stressbelastung und Alkoholmissbrauch auf.

Inzwischen ist zudem bekannt, dass die Androgeninsuffizienz häufig mit einem metabolischen Syndrom zusammenhängt. So ist die Fettleibigkeit ein starker Risikofaktor für die Entwicklung einer Androgeninsuffizienz, und eine Testosteronsubstitution kann die Auswirkungen eines metabolischen Syndroms bessern. Ob das metabolische Syndrom zu einem Testosteronmangel führt oder – anders herum – der Testosteronmangel zu einem metabolischen Syndrom ist jedoch noch ungeklärt.

Testikuläre Feminisierung, Androgeninsuffizienz der Frau

Eine angeborene Störung mit fehlenden Androgenrezeptoren, wodurch die Zellen der Zielorgane das Testosteron nicht erkennen, führt dazu, dass das männliche Geschlecht nicht oder nicht 100%ig ausgebildet wird. Die betroffenen Jungen fallen dann durch fehlende Hoden (Anorchie) oder einen Hodenhochstand auf oder kommen im Extremfall sogar als Mädchen zur Welt, obwohl sie erblich ein Junge sind (der Kinderarzt spricht von Testikulärer Feminisierung). Auch Frauen erhalten gelegentlich die Diagnose einer (weiblichen) Androgeninsuffizienz, z. B. im Rahmen einer Anti-Aging- oder Wechseljahres-Diagnostik. Testikuläre Feminisierung und Androgeninsuffizienz der Frau werden in diesem Beitrag nicht behandelt.

Diagnosesicherung

Neben einer körperlichen Untersuchung und Befragung des Patienten bezüglich der Beschwerden umfasst die Diagnostik die Messung folgender Hormone in zwei jeweils voneinander unabhängig am Morgen gewonnenen Blutproben:

  • Gesamttestosteron
  • Sexualhormon bindendes Globulin SHBG
  • Steuerhormone FSH und LH.

Aus SHBG und Gesamttestosteron wird die Menge an freiem Testosteron berechnet. Das SHBG steigt mit zunehmendem Alter an, und in der Folge fällt der Anteil des freien, hormonell aktiven Testosterons ab.

Sinnvoll ist auch ein Stimulationstest mit Beta-HCG, der die Testosteronausschüttung um 50–150 % steigern sollte. Die bequeme Testosteronbestimmung im Speichel empfehlen wir nicht – sie ist nicht zuverlässig.

Im Falle eines Testosteronmangels fahndet der Arzt auch nach Anzeichen des häufig vergesellschafteten metabolischen Syndroms. Dazu werden Körpergewicht, Bauchumfang und Blutdruck sowie die Blutfette, der Blutzucker und die Leberwerte bestimmt.

Behandlung

Basismaßnahmen

Gewichtsreduktion, vermehrte Bewegung, die Behandlung eines etwaigen Bluthochdrucks oder Diabetes verbessern häufig die dem Testosteronmangel zugeschriebenen Beschwerden. Weitere wichtige Lebensstiländerungen bei einer Androgeninsuffizienz sind Maßhalten beim Alkohol und eine gesunde Ernährung.

Die Testosteron-Ersatztherapie

Der Ausgleich eines teilweisen Testosteronmangels durch Testosterongaben kann bei PADAM-Patienten nur sehr eingeschränkt empfohlen werden. Grund dafür ist, dass die Testosteron-Ersatztherapie beim PADAM nicht unproblematisch ist, denn:

  • Alle Androgeninsuffizienz-Beschwerden kommen auch bei Männern mit normalen Testosteronspiegeln vor, z. B. bei falscher Ernährung, psychischer Belastung und zu wenig Bewegung. Kein Arzt kann also mit Sicherheit sagen, ob der Androgenmangel wirklich die Ursache der PADAM-Beschwerden ist.
  • Die Gabe von Androgenen birgt die Gefahr, das Wachstum eines Prostatakrebses zu beschleunigen, den eine große Zahl von Männern unerkannt in sich trägt. Deshalb rät die Mehrzahl der Ärzte bei altersentsprechend normalen oder nur geringfügig erniedrigten Testosteronwerten von der Testosterongabe ab.
  • Aber auch die erwünschten Effekte auf Stimmung und sexuelle Funktionsstörung stellen sich nicht sicher ein: Eine Depression etwa kann durch Testosteroneinnahmen auch verstärkt werden.
  • Es gibt keine gesicherten Daten über die Effekte einer langjährigen Testosteroneinnahme.

Anders sieht es bei Patienten mit deutlich erniedrigten Testosteronwerten aus, denn sie profitieren meist erheblich von der Testosteron-Ersatztherapie.

Erwünschte Wirkungen der Testosteron-Ersatztherapie:

  • Steigerung von Muskelmasse und Muskelkraft
  • Weniger Müdigkeit und Leistungsschwäche
  • Gesteigerte Libido, Besserung von Impotenz-Beschwerden (und besseres Ansprechen auf Viagra® & Co)
  • Verbesserung der Körperkoordination, Reduzierung der Fallneigung
  • Verbesserung der Abwehr, weniger Infektionen
  • Rückgang von Gelenkbeschwerden, Verbesserung der Knochendichte.

Risiken und Nebenwirkungen der Testosteron-Ersatztherapie:

  • Vermehrtes Wachstum der Prostata, auch eines (unentdeckten) Prostatakrebses
  • Ödeme
  • Bluthochdruck
  • Vergrößerung der Brust und Brustspannen
  • Herzinsuffizienz und Blutverdickung
  • Verschlechterung der Blutfettwerte, Anstieg der Leberwerte im Blut
  • Akne (oft aber nur am Anfang der Therapie).

Besteht eines der als Nebenwirkung genannten Probleme bereits als Begleiterkrankung, sollte von der Testosteron-Ersatztherapie Abstand genommen werden.

Verabreichungsformen des Testosterons. Wenn man sich trotz der genannten Risiken zu einer Testosteron-Therapie entschließt, so erfolgt die Gabe täglich über Testosteron-Hautgels oder in Form von intramuskulären Testosteron-Spritzen alle 10–14 Wochen (z. B. Nebido®). Zwar haben die Hautgels geringere Nebenwirkungen, sind aber umständlich zu handhaben (tägliches Auftragen, anfangs Hautkontakt mit der Partnerin vermeiden), weshalb sie die Spritzen nicht abgelöst haben. Die Testosteron-Zufuhr sollte zunächst auf 3–6 Monate beschränkt bleiben. Nur wenn sich mindestens 3 erwünschte Effekte und keine wesentlichen Nebenwirkungen, wie z. B. Blutbildveränderungen oder ein Anstieg der Leberwerte (Laborkontrollen!) eingestellt haben, ist die Fortsetzung der Therapie zu vertreten. Die Libido sollte sich in der Regel nach wenigen Wochen bessern, eine erektile Dysfunktion nach etwa 6 Monaten. Die Knochendichte verbessert sich ebenfalls nach etwa 6 Monaten und steigt bis zu 3 Jahre nach Therapiebeginn an.

Außerdem überwacht der Arzt halbjährlich den PSA-Wert als Indikator für das beschleunigte Wachstum eines Prostatakrebses. Er darf um maximal 1 ng/ml pro Halbjahr ansteigen und den Grenzwert von 4 ng/ml nicht überschreiten, sonst muss die Testosteron-Ersatztherapie abgebrochen werden. Auch die regelmäßige Prostata-Tastuntersuchung ist aus diesem Grund bei einer Testosteron-Ersatztherapie sehr wichtig. Über die maximal mögliche Therapiedauer einer Testosteron-Ersatztherapie herrscht keinerlei Einigkeit bei den Experten.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Inwieweit Sie sich von den vermeintlichen oder tatsächlichen PADAM-bedingten Begleiterscheinungen in ihrer Lebensqualität beeinträchtigen lassen, ist – vergleichbar mit den Wechseljahrbeschwerden der Frau – zweifellos auch eine Frage der inneren Einstellung. Die nicht unerheblichen Risiken einer Testosteron-Ersatztherapie legen nahe, erst einmal auf andere Weise zu versuchen, die unerwünschten Folgeerscheinungen eines nachgewiesenen Testosteronmangels in den Griff zu bekommen. Hilfe, Informationen und Tipps dazu finden Sie in den Beiträgen

  • depressive Verstimmung
  • Impotenz
  • Osteoporose

Weiterführende Informationen

  • Die an anderer Stelle begründete Skepsis gegenüber urologischen Internetseiten besteht in besonderem Maße gegenüber urologischen Anti-Aging-Internet-Angeboten. Man sollte genau prüfen, was die von Google & Co. genannten Informationsquellen behaupten.
  • Weiteres zum Thema Anti-Aging.

Von: Dr. med. Martina Sticker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was hilft bei vergrößerter Prostata?

Das Manneken Pis in Brüssel hat offensichtlich keine Prostatabeschwerden.

Was hilft bei vergrößerter Prostata?

Damit es wieder richtig läuft

Häufiger Harndrang, nächtliches Wasserlassen und ein schwacher Harnstrahl sind die typischen Beschwerden bei einer vergrößerten Prostata. In frühen Stadien helfen Allgemeinmaßnahmen, Medikamente und Pflanzenextrakte. Doch was kann man von der konservativen Therapie erwarten? Und wann muss operiert werden?

Sie wächst und wächst und wächst …

Die Prostata oder auch Vorsteherdrüse gehört zu den inneren Geschlechtsorganen des Mannes. Sie sitzt direkt unter der Blase und umschließt die daraus abgehende Harnröhre. Von dort aus gibt sie ein Sekret ab, das die Spermien nährt und sie vor dem sauren Sekret in der Scheide schützt. Außerdem ziehen sich die Muskelzellen der Prostata beim Orgasmus zusammen. Dadurch wird der Samenerguss ruckartig durch die Harnröhre ausgestoßen. Die Kontraktion der Prostata verhindert gleichzeitig, dass das Sperma in die falsche Richtung, nämlich in die Blase fließt.

Beim gesunden jungen Mann ist die Prostata mit einem Durchmesser von 3,5 cm etwa kastaniengroß. Doch ab dem 30. Lebensjahr beginnt die Drüse, sich bei vielen Männern zu vergrößern. Die Ursache dafür ist noch unklar. Von einer solchen gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahypertrophie, BPH) sind bei den 60-Jährigen etwa 45% betroffen, bei den 70-Jährigen etwa 70% und bei den 80-Jährigen sogar 80%.

Eine leichte BPH muss keine Beschwerden machen. Ab einem gewissen Volumen engt eine vergrößerte Prostata jedoch die Harnröhre ein. Das stört das Wasserlassen, die Blase lässt sich irgendwann nicht mehr komplett entleeren. In diesem Stadium spricht man vom gutartigen (benignen) Prostata-Syndrom (BPS). Dies sind die typischen Beschwerden:

  • lästiger Harndrang
  • häufiges, auch vermehrt nächtliches Wasserlassen
  • schwacher bis tröpfelnder Harnstrahl, Nachträufeln
  • erschwertes, manchmal schmerzhaftes Wasserlassen
  • Gefühl, dass die Blase nicht vollständig entleert wird (Restharn).

Hinweis: In sehr seltenen Fällen löst eine vergrößerte Prostata einen kompletten Harnverhalt aus. Dann kann man trotz hohem Blasendruck und starken Schmerzen kein Wasser lassen. Bei diesem Notfall legt die Ärzt*in zunächst einen Urinkatheter durch die Harnröhre und lässt den Harn so aus der Blase ab. Einige Tage später wird dann meist die Prostata operativ verkleinert.

Erst die Diagnose!

Kommt es zu den oben genannten Beschwerden, sollten diese – auch wenn sie nur mild sind - ärztlich abgeklärt werden. Zwar steckt sehr häufig eine gutartige Prostatavergrößerung dahinter. Probleme beim Wasserlassen können aber andere Ursachen haben. Dazu gehören z.B. Harnsteine, Harnwegsinfektionen und die Entzündung der Prostata (Prostatitis), aber auch bösartige Prostatageschwülste wie der Prostatakrebs.

Steht die Diagnose BPS, wird sie je nach Beschwerden in verschiedene Stadien eingeteilt. Danach richten sich dann auch die Behandlungsoptionen.

  • Im Stadium 1 (Reizblasenstadium) kommt es nur zu ausgeprägtem Harndrang und häufigem Wasserlassen, auch nachts.
  • Im Stadium 2 (Restharnstadium) ist die Harnröhre schon so verengt, dass immer Restharn in der Blase bleibt. Hier drohen Blaseninfektionen und Blasensteine.
  • Im Stadium 3 (Dekompensationsstadium) ist der Harnabfluss aus der Blase so stark gestört, dass sich der Urin von der Blase zurück in Harnleitern und Niere staut. Deshalb spricht man auch von einer Überlaufblase. Der Rückstau bringt die Niere in Gefahr, im schlimmsten Fall droht ein Nierenversagen.

Vom Beobachten bis zur Operation

Die Behandlung der vergrößerten Prostata richtet sich nach dem Ausmaß der Beschwerden und reicht vom „aktiven Beobachten“ mit regelmäßigen Kontrollen über die Einnahme pflanzlicher Arzneimittel und Medikamente bis zur Operation. In allen Stadien sind folgende Allgemeinmaßnahmen sinnvoll:

  • Vor dem Schlafengehen weniger trinken. Die empfohlene Trinkmenge von 1,5 Litern über den Tag verteilen.
  • Alkohol, Kaffee und grünen/schwarzen Tee nur in Maßen konsumieren. Sie entwässern stark und fördern dadurch den Harndrang.
  • Direkt nach dem Wasserlassen einen kurzen Moment warten und dann noch einmal versuchen, zu urinieren. Damit entleert sich die Blase besser.
  • Die Harnröhre nach dem Urinieren ausstreichen.
  • Die Blase trainieren. Die Speicherfähigkeit der Blase lässt sich erhöhen, indem man den Toilettengang beim Harndrang etwas hinauszögert.

Hinweis: Manche für andere Erkrankungen eingenommenen Medikamente verstärken die Prostatabeschwerden, indem sie (ungewünscht) entwässern oder auf die Blase wirken. Es macht deshalb Sinn, alle einzunehmenden Präparate von der Ärzt*in darauf zu prüfen zu lassen.

Chemisch oder pflanzlich?

In Stadium 1 und bei leichten Formen des Restharnstadiums (Stadium 2) reicht ergänzend zu den oben genannten Allgemeinmaßnahmen eine konservative Therapie mit Medikamenten meist aus. Bei den verschreibungspflichtigen Wirkstoffen unterscheidet man folgende Gruppen:

Alpha-1-Blocker entspannen die Muskulatur an Prostata und Harnröhre und verbessern dadurch den Urinabfluss. Sie wirken deshalb relativ schnell. Die Größe der Prostata verändern sie nicht. Schwindel, Müdigkeit und Kopfschmerzen sind ihre typischen Nebenwirkungen.

5-alpha-Reduktasehemmer hemmen den wachstumsfördernden Einfluss von Testosteron auf die Prostata. Die Prostata wird nicht größer, bei manchen Patienten schrumpft sie sogar wieder. Bis sich dadurch die Beschwerden bessern, dauert es bis zu einem Jahr. Wichtige Nebenwirkung dieser Substanzgruppe sind Libidoverlust und erektile Dysfunktion.

Da sich Alpha-1-Blocker und 5-alpha-Reduktasehemmer in ihrer Wirkung ergänzen, verordnet die Ärzt*in häufig eine Kombinationstherapie aus beiden Wirkstoffen. Auf diese Weise werden die Beschwerden rasch gelindert und das Fortschreiten der Prostatavergrößerung aufgehalten.

Zu den weiteren chemischen Wirkstoffen gehören Antimuskarinika. Sie entspannen die Blasenmuskulatur und bessern Beschwerden wie Harndrang und häufiges Wasserlassen. Als Nebenwirkung verursachen sie Mundtrockenheit. Auch Phosphodiesterase-Typ 5-Hemmer sind effektiv bei BPS. Sie entspannen die Muskelzellen des unteren Harntrakt und lindern dadurch die Beschwerden. Ob sie einen Einfluss auf die Prostatagröße haben, ist noch nicht bekannt. Häufige unerwünschte Wirkungen bei Phosphodiesterasehemmern sind Kopfschmerzen und Hitzewallungen.

Manche Männer mit BPS möchten keine chemischen Medikamente einnehmen, sondern lieber natürliche Wirkstoffe. In Deutschland werden bei Prostatabeschwerden vor allem Extrakte aus folgenden Pflanzen eingesetzt:

  • Sägepalmenfrüchte
  • Brennnesselwurzeln
  • Kürbissamen
  • Gräserpollen, Roggenpollen.

Wie gut pflanzliche Extrake bei BPS helfen, wird unterschiedlich beurteilt. Zumindest in Laborversuchen konnten verschiedene Wirkungen nachgewiesen werden. Dazu gehörten z.B. entzündungshemmende und antihormonelle Effekte. Sägepalmenextrakt hatte zudem einen Einfluss auf die glatte Muskulatur im Bereich von Prostata und Blasenmuske, Kürbiskerne waren antioxidativ. In klinischen Studien mit Patienten waren die Ergebnisse jedoch unterschiedlich. So zeigten sich in einigen Untersuchungen positive Effekte auf die Beschwerden des Wasserlassens und die Lebensqualität. Für keines der pflanzlichen Extrakte konnte jedoch nachgewiesen werden, dass sie das Fortschreiten der Prostatavergrößerung aufhalten. Aufgrund der unbefriedigenden Datenlage werden seit 2004 pflanzliche Extrakte zur Behandlung des BPS von den allermeisten Krankenkassen nicht mehr erstattet.

Die Extrakte sind alle gut verträglich. Deswegen spricht nichts dagegen, es bei sehr milden BPS-Beschwerden zunächst mit einer pflanzlichen Behandlung versuchen. Die Wirkstoffe stehen als Monotherapie und als Kombinationspräparate (z.B. Extrakte aus Sägepalmenfrüchten und Brennnesselwurzel) zur Verfügung.

Hinweis: Pflanzliche Extrakte für die Prostata gibt es in einer großen Vielzahl. Für die bestmögliche Auswahl sollte man sich in der Apotheke beraten lassen.

Wenn Medikamente nicht ausreichen

Um drohende Blasen- und Nierenschäden abzuwenden, muss spätestens im Stadium 3 die Prostata mit einer Operation verkleinert werden. Auch im Stadium 2 ist dies häufig ratsam, z.B. wenn die Restharnmenge zu groß wird oder der Blasenauslassmuskel zu dick.

Für die operative Therapie gibt es verschiedene Verfahren. Am häufigsten nutzt man dabei den Weg über die Harnröhre. Die Chirurg*in geht also mit einem Endoskop in die Harnröhre ein und trägt von dort die Prostata mithilfe von Strom, Mikrowellen oder einem Laser schichtweise ab. Manchmal wird das Prostatagewebe auch nur eingeschnitten, um der Harnröhre mehr Platz zu verschaffen.

Ist die Prostata sehr groß, muss offen operiert werden. Das heißt, dass der Chirurg sich über einen Schnitt Zugang zur Prostata verschafft. Entweder wird die Prostata dann komplett entfernt oder nur ein Teil des Gewebes. Ein neueres Verfahren ist der künstliche Verschluss (Embolisation) der Prostatagefäße (Prostata-Arterien-Embolisation, PAE). Durch die verminderte Blutversorgung sterben Teile der Prostata ab, wodurch diese schrumpft.

Quellen: Jenett-Siems K, DAZ 2022, 14:32, Leitlinien Konservative und medikamentöse Therapie des benignen Prostatasyndroms

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Anibal Trejo/shutterstock.com