Gesundheit heute

Prostataentzündung (chronisch) und Beckenbodenmyalgie

Chronische Prostataentzündung (chronische Prostatitis): Bakterielle Entzündung der Prostata mit Schmerzen und Beschwerden beim Wasserlassen über mehr als 3 Monate.

Chronisches Beckenschmerzsyndrom (abakterielle Prostataentzündung, chronisches pelvines Schmerzsyndrom, chronic pelvic pain syndrome CPPS): Schmerzen im Becken und Beschwerden beim Wasserlassen, die über 3 Monate anhalten und wobei im Gegensatz zur chronischen Prostataentzündung keine Erreger nachgewiesen werden können. Das CPPS wird in eine entzündliche und eine nicht-entzündliche Form (Beckenbodenmyalgie) eingeteilt.

Behandelt werden chronische Prostataentzündung und chronisches Beckenschmerzsyndrom mit Medikamenten, pflanzlichen Präparaten, physikalischen Maßnahmen und operativ. 60 % der betroffenen Männer werden innerhalb von 6 Monaten beschwerdefrei, die anderen zeigen variable Verläufe und zu etwa 20 % eine Chronifizierung ihres Leidens.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Wechselnd starke (fluktuierende) Schmerzen in der Genital-, Damm- und Analregion
  • Manchmal gestörtes Wasserlassen, z. B. schwächerer Harnstrahl, Schmerzen, Gefühl, die Blase nicht vollständig entleeren zu können
  • Abnahme des sexuellen Interesses und Störungen von Erektion und Ejakulation
  • Schmerzen bei oder nach der Ejakulation.Unfruchtbarkeit.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • oben genannte Beschwerden auftreten.

Die Erkrankungen

Chronische Prostataentzündung

Die chronisch bakterielle Prostataentzündung beruht auf einer Infektion mit Bakterien wie Enterobakterien, Chlamydien oder Ureaplasma. Sie ist oft Folge einer nicht vollständig ausgeheilten akuten Prostataentzündung. Wenn sich infiziertes Prostatasekret in den Prostatagängen sammelt, bilden sich leicht Prostatasteine, an denen Bakterien haften. Wahrscheinlich werden diese Bakterien nicht ausreichend von den Antibiotika erreicht und verursachen deshalb die Chronifizierung der Entzündung.

Chronisches Beckenschmerzsyndrom, CPPS

Beim chronischen Beckenschmerzsyndrom unterscheiden die Ärzte 2 Formen:

Entzündliches CPPS: Bei dieser auch inflammatorisch genannten Form gibt es trotz fehlendem Erregernachweis Hinweise auf ein entzündliches Geschehen in der Prostata. Hier vermutet man als Auslöser z. B. spezielle Bakterien, die mit den herkömmlichen Methoden nicht nachweisbar sind.

Beckenbodenmyalgie (nichtentzündliches CPPS): Hier gehen neuere Theorien davon aus, dass sie – zumindest teilweise – durch Muskelverspannungen (Tender Points) im Beckenbereich entsteht oder durch ein Schmerzsyndrom in der Nähe der Wirbelsäule. Dazu passt, dass sich kein krankhafter Befund an der Prostata ausmachen lässt. Auch psychische Veränderungen spielen bei diesem Krankheitsbild eine Rolle – ob sie aber die Ursache der oft sehr belastenden Beschwerden sind oder nicht vielmehr die Folge, lässt sich derzeit nicht eindeutig klären. Stress scheint immerhin zur Ausprägung einer Beckenbodenmyalgie beizutragen, denn die Beschwerden bessern sich, wenn der Patient Entspannungsverfahren praktiziert wie Yoga, Autogenes Training oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.

Diagnosesicherung

Die Untersuchungen bei einer vermuteten chronischen Prostataentzündung sind umfangreich:

  • Am Anfang stehen neben Anamnese und Prostata-Tastuntersuchung die Dreigläserprobe, um eine bakterielle Entzündung der Prostata ausschließen zu können, sowie der Bauchultraschall mit Restharnmessung und der transrektale Ultraschall
  • Im zweiten Schritt folgen Harnstrahlmessung, Urodynamik und eine Röntgenaufnahme der Harnwege (Ausscheidungsurogramm)
  • In manchen Fällen, insbesondere wenn diese Untersuchungen unklare Ergebnisse liefern, rät der Arzt gegebenenfalls zu Blasenspiegelung oder Enddarmspiegelung
  • Anamnese und Prostata-Tastuntersuchung
  • Dreigläserprobe, um eine eventuelle bakterielle Entzündung nachzuweisen. Bei der Dreigläserprobe uriniert der Patient nacheinander in 3 Gläser. Veränderungen wie Blutzellen oder Bakterien im ersten Glas geben Aufschluss über Prozesse in Harnröhre oder Harnblase, im 2. Glas über Harnleiter und Nierenbecken und im 3. Glas über Vorgänge in der Prostata. Inzwischen hat sich auch die Zweigläserprobe durchgesetzt, bei der Mittelstrahlurin und 10 ml Urin nach Prostatamassage gewonnen werden
  • Bauchultraschall zur Bestimmung des Restharns (Urinmenge, die beim Wasserlassen in der Blase verbleibt) und transrektaler Ultraschall zur Beurteilung der Prostata
  • Harnstrahlmessung, Urodynamik und eine Röntgenaufnahme der Harnwege (Ausscheidungsurogramm)
  • In manchen Fällen, insbesondere wenn diese Untersuchungen unklare Ergebnisse liefern, rät der Arzt gegebenenfalls zu Blasenspiegelung oder Enddarmspiegelung.

Analog zur Reizblase bei der Frau ist die Diagnose der Beckenbodenmyalgie eine Ausschlussdiagnose. Der Arzt prüft zunächst, ob die Beschwerden des Patienten eine organische Ursache haben, ob also ein messbarer krankhafter Befund vorliegt wie z. B. Veränderungen im Enddarm. Erst wenn dies eindeutig nicht gegeben ist, wird er die Diagnose "Beckenbodenmyalgie" stellen.

Differenzialdiagnosen: Es gibt eine ganze Reihe von Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen. Dazu gehören z. B. Harnröhrenentzündung und Harnblasenentzündung, Harnblasentumoren, Hämorrhoiden und Analfissur sowie Erkrankungen des Nervensystems und des Bewegungsapparates.

Behandlung

Chronisch bakterielle Prostataentzündung. Um die chronische bakterielle Entzündung zu heilen, verschreibt der Arzt ein Antibiotikum, das über 4 bis 6 Wochen eingenommen werden muss. Gegen die Schmerzen helfen Antirheumatika wie z. B. Diclofenac, bei Problemen mit dem Wasserlassen Alphablocker wie Tamsulosin.

Chronisches Beckenschmerzsyndrom, entzündliche Form. Sie steht zwischen der chronisch bakteriellen Prostataentzündung und der Beckenbodenmyalgie. Zumindest zu Beginn der Erkrankung kann der Arzt eine bakterielle Beteiligung nicht sicher ausschließen, weshalb auch hier ein Behandlungsversuch mit einem Antibiotikum über 2 bis 6 Wochen gerechtfertigt ist. Sollte dies die Beschwerden des Patienten mindern, wird die Antibiotikatherapie für weitere vier bis sechs Wochen fortgesetzt. Wenn alle möglichen Therapieansätze nicht helfen, kann bei starken Beschwerden und nachgewiesener Entzündung eine transurethrale Mikrowellenbehandlung der Prostata (TUMT), in einigen Fällen die Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P) zur Beschwerdefreiheit führen.

Beckenbodenmyalgie. Die Behandlung ist insgesamt langwierig, da jeder Patient unterschiedlich schnell und gut auf die Therapie anspricht. Wichtig ist deshalb, dass Arzt und Patient ausreichend Geduld aufbringen. Da gesicherte Erkenntnisse und einheitliche Behandlungsstandards fehlen, geht jeder Arzt das Problem auf seine Art an. Allen gemeinsam ist jedoch, dass verschiedene Therapieansätze erprobt werden – in der Hoffnung, dass irgendwann eine der Therapiemöglichkeiten die erhoffte Linderung der Beschwerden bringt. Die folgende Zusammenstellung ist deshalb weder vollständig noch allgemein verbindlich:

  • Ist der Urinstrahl abgeschwächt oder muss der Patient häufig Wasserlassen, helfen eventuell ähnliche Medikamente wie bei der Prostatavergrößerung, nämlich pflanzliche Mittel wie z. B. Prostagutt®, oder Alpharezeptorenblocker wie Alna® oder Omnic® – letztere vor allem, wenn ein verengter Blasenauslass (Blasenhalsenge) vorliegt. Auch 5-Alpha-Reduktasehemmer wie Finasterid können die Beschwerden lindern.
  • Steht der Harndrang im Vordergrund, so wird der Arzt ein anticholinerges Medikament wie z. B. Mictonorm® oder Spasmex® empfehlen.
  • Blasenbeschwerden bessern sich bei manchen Patienten durch die Einnahme von Antidepressiva, weil diese Medikamente auch auf den Blasenschließmuskel einwirken.
  • Beckenschmerzen lassen sich durch entzündungshemmende NSAR oder ein Muskelrelaxans (z. B. Lioresal®) zur Entspannung der Muskeln lindern.
  • Treten die Beschwerden vermehrt bei Kälte auf, hilft Wärme – oft genügt ein warmes Bad.
  • Die Beschwerden bessern sich oft auch nach wiederholten Prostatamassagen, vermutlich über einen dadurch verbesserten "Abfluss" von z. B. entzündungsauslösenden Substanzen.
  • Steht die psychische Problematik im Vordergrund, empfiehlt sich grundsätzlich eine Psychotherapie.
  • Transurethrale Mikrowellentherapie (TUMT) und die Injektion von Botulinumtoxin A zeigten in verschiedenen Studien Behandlungserfolge.
  • Aussichtsreich, aber noch im experimentellen Stadium, ist der Einsatz von Stoßwellen (ESWL).

Prognose

  • 60 % der Patienten mit einer chronischen Prostataentzündung oder CPPS werden innerhalb von 6 Monaten nach Beginn ihrer Probleme wieder beschwerdefrei. Bei 20 % bleiben die Beschwerden auf Dauer bestehen, bei den restlichen Patienten treten sie in intervallartigen Krankheitsschüben auf. Die Beschwerden bessern sich oft auch nach wiederholten Prostatamassagen, vermutlich über einen dadurch verbesserten "Abfluss" von z. B. entzündungsauslösenden Substanzen.

Ihr Apotheker empfiehlt

  • Was Sie selbst tun können

Um ein erneutes Aufflammen der Beschwerden zu vermeiden, gilt es, einige Regeln zu beachten:

Kältereize vermeiden. Jede Auskühlung im Beckenbereich ist ein starker neuer Entzündungsreiz: Tauschen Sie deshalb z. B. sofort nach dem Schwimmen eine nasse gegen eine trockene Badehose aus, vermeiden Sie kalte Sitzgelegenheiten und Zugluft und sorgen Sie dafür, dass Sie keine kalten Füße bekommen.

Mechanische Reize minimieren. Auch starke mechanische Belastungen des Beckenbodens provozieren neue Entzündungen. Besonders ungünstig sind Radfahren und Reiten. Sie sollten zumindest in Zeiten von Beschwerden vollständig gemieden und auch nach Abklingen der Beschwerden nicht exzessiv betrieben werden. Bei immer wieder auftretenden Beschwerden sollten Sie ganz darauf verzichten.

Sexualtoilette. Häufige Masturbationen sind sinnvoll, um einen die Entzündung aufrechterhaltenden Sekretstau in den Samenleitern und der Samenblase zu verhindern. Beim Geschlechtsverkehr sind Kondome zu verwenden, um die/ den Partner/in zu schützen.

Komplementärmedizin

Entsprechend der Vielfalt ärztlicher Behandlungsansätze bietet auch die Komplementärmedizin eine reiche Auswahl an Therapiemöglichkeiten. Alle hier genannten Behandlungen haben sich bei Betroffenen bewährt. Trotzdem sollten Sie in Ihren Erwartungen realistisch bleiben: Je länger Ihre Beschwerden bereits bestehen, desto weniger Erfolg versprechend werden die Behandlungsergebnisse sein. Im Einzelnen werden in der Fachliteratur empfohlen:

  • Biofeedback über eine Rektalsonde hilft, Ihr Gespür für Ihren Beckenboden zu verbessern. Über Lichtsignale kontrollieren Sie, ob Sie Ihren Beckenboden ausreichend anspannen bzw. entspannen, um ihn so schrittweise zu stärken.
  • Eine Akupunkturbehandlung, die auf die Punkte des Konzeptionsgefäßes am Unterbauch abgestimmt ist, lindert oft die Beschwerden.
  • Heiße Sitzbäder, eventuell mit Moorzusatz, lindern häufig die Beschwerden.
  • Weitere Therapien wie die manuelle Lockerung schmerzhafter Triggerpunkte sind Erfolg versprechend.
  • Verschiedene Homöopathika beeinflussen einzelne Beschwerden, so Pulsatilla den häufigen Harndrang oder Clematis stechende Schmerzen in der Prostata.
  • Vor allem bei der entzündlichen Form wirken Enzyme wie Wobenzym® oder Phlogenzym®, wenn sie über mehrere Wochen eingenommen werden.

Weiterführende Informationen

Walter Merkle: Der chronische Beckenbodenschmerz. Steinkopff, 2007. Beleuchtet das Krankheitsbild interdisziplinär aus Sicht des Urologen, des Schmerztherapeuten, der Psychosomatik, der Proktologie (beschäftigt sich mit Erkrankungen des Enddarms) und der Gynäkologie. Für Ärzte geschrieben, für Betroffene dennoch sehr nützlich.

Von: Dr. med. Martina Sticker, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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Was hilft bei vergrößerter Prostata?

Das Manneken Pis in Brüssel hat offensichtlich keine Prostatabeschwerden.

Was hilft bei vergrößerter Prostata?

Damit es wieder richtig läuft

Häufiger Harndrang, nächtliches Wasserlassen und ein schwacher Harnstrahl sind die typischen Beschwerden bei einer vergrößerten Prostata. In frühen Stadien helfen Allgemeinmaßnahmen, Medikamente und Pflanzenextrakte. Doch was kann man von der konservativen Therapie erwarten? Und wann muss operiert werden?

Sie wächst und wächst und wächst …

Die Prostata oder auch Vorsteherdrüse gehört zu den inneren Geschlechtsorganen des Mannes. Sie sitzt direkt unter der Blase und umschließt die daraus abgehende Harnröhre. Von dort aus gibt sie ein Sekret ab, das die Spermien nährt und sie vor dem sauren Sekret in der Scheide schützt. Außerdem ziehen sich die Muskelzellen der Prostata beim Orgasmus zusammen. Dadurch wird der Samenerguss ruckartig durch die Harnröhre ausgestoßen. Die Kontraktion der Prostata verhindert gleichzeitig, dass das Sperma in die falsche Richtung, nämlich in die Blase fließt.

Beim gesunden jungen Mann ist die Prostata mit einem Durchmesser von 3,5 cm etwa kastaniengroß. Doch ab dem 30. Lebensjahr beginnt die Drüse, sich bei vielen Männern zu vergrößern. Die Ursache dafür ist noch unklar. Von einer solchen gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahypertrophie, BPH) sind bei den 60-Jährigen etwa 45% betroffen, bei den 70-Jährigen etwa 70% und bei den 80-Jährigen sogar 80%.

Eine leichte BPH muss keine Beschwerden machen. Ab einem gewissen Volumen engt eine vergrößerte Prostata jedoch die Harnröhre ein. Das stört das Wasserlassen, die Blase lässt sich irgendwann nicht mehr komplett entleeren. In diesem Stadium spricht man vom gutartigen (benignen) Prostata-Syndrom (BPS). Dies sind die typischen Beschwerden:

  • lästiger Harndrang
  • häufiges, auch vermehrt nächtliches Wasserlassen
  • schwacher bis tröpfelnder Harnstrahl, Nachträufeln
  • erschwertes, manchmal schmerzhaftes Wasserlassen
  • Gefühl, dass die Blase nicht vollständig entleert wird (Restharn).

Hinweis: In sehr seltenen Fällen löst eine vergrößerte Prostata einen kompletten Harnverhalt aus. Dann kann man trotz hohem Blasendruck und starken Schmerzen kein Wasser lassen. Bei diesem Notfall legt die Ärzt*in zunächst einen Urinkatheter durch die Harnröhre und lässt den Harn so aus der Blase ab. Einige Tage später wird dann meist die Prostata operativ verkleinert.

Erst die Diagnose!

Kommt es zu den oben genannten Beschwerden, sollten diese – auch wenn sie nur mild sind - ärztlich abgeklärt werden. Zwar steckt sehr häufig eine gutartige Prostatavergrößerung dahinter. Probleme beim Wasserlassen können aber andere Ursachen haben. Dazu gehören z.B. Harnsteine, Harnwegsinfektionen und die Entzündung der Prostata (Prostatitis), aber auch bösartige Prostatageschwülste wie der Prostatakrebs.

Steht die Diagnose BPS, wird sie je nach Beschwerden in verschiedene Stadien eingeteilt. Danach richten sich dann auch die Behandlungsoptionen.

  • Im Stadium 1 (Reizblasenstadium) kommt es nur zu ausgeprägtem Harndrang und häufigem Wasserlassen, auch nachts.
  • Im Stadium 2 (Restharnstadium) ist die Harnröhre schon so verengt, dass immer Restharn in der Blase bleibt. Hier drohen Blaseninfektionen und Blasensteine.
  • Im Stadium 3 (Dekompensationsstadium) ist der Harnabfluss aus der Blase so stark gestört, dass sich der Urin von der Blase zurück in Harnleitern und Niere staut. Deshalb spricht man auch von einer Überlaufblase. Der Rückstau bringt die Niere in Gefahr, im schlimmsten Fall droht ein Nierenversagen.

Vom Beobachten bis zur Operation

Die Behandlung der vergrößerten Prostata richtet sich nach dem Ausmaß der Beschwerden und reicht vom „aktiven Beobachten“ mit regelmäßigen Kontrollen über die Einnahme pflanzlicher Arzneimittel und Medikamente bis zur Operation. In allen Stadien sind folgende Allgemeinmaßnahmen sinnvoll:

  • Vor dem Schlafengehen weniger trinken. Die empfohlene Trinkmenge von 1,5 Litern über den Tag verteilen.
  • Alkohol, Kaffee und grünen/schwarzen Tee nur in Maßen konsumieren. Sie entwässern stark und fördern dadurch den Harndrang.
  • Direkt nach dem Wasserlassen einen kurzen Moment warten und dann noch einmal versuchen, zu urinieren. Damit entleert sich die Blase besser.
  • Die Harnröhre nach dem Urinieren ausstreichen.
  • Die Blase trainieren. Die Speicherfähigkeit der Blase lässt sich erhöhen, indem man den Toilettengang beim Harndrang etwas hinauszögert.

Hinweis: Manche für andere Erkrankungen eingenommenen Medikamente verstärken die Prostatabeschwerden, indem sie (ungewünscht) entwässern oder auf die Blase wirken. Es macht deshalb Sinn, alle einzunehmenden Präparate von der Ärzt*in darauf zu prüfen zu lassen.

Chemisch oder pflanzlich?

In Stadium 1 und bei leichten Formen des Restharnstadiums (Stadium 2) reicht ergänzend zu den oben genannten Allgemeinmaßnahmen eine konservative Therapie mit Medikamenten meist aus. Bei den verschreibungspflichtigen Wirkstoffen unterscheidet man folgende Gruppen:

Alpha-1-Blocker entspannen die Muskulatur an Prostata und Harnröhre und verbessern dadurch den Urinabfluss. Sie wirken deshalb relativ schnell. Die Größe der Prostata verändern sie nicht. Schwindel, Müdigkeit und Kopfschmerzen sind ihre typischen Nebenwirkungen.

5-alpha-Reduktasehemmer hemmen den wachstumsfördernden Einfluss von Testosteron auf die Prostata. Die Prostata wird nicht größer, bei manchen Patienten schrumpft sie sogar wieder. Bis sich dadurch die Beschwerden bessern, dauert es bis zu einem Jahr. Wichtige Nebenwirkung dieser Substanzgruppe sind Libidoverlust und erektile Dysfunktion.

Da sich Alpha-1-Blocker und 5-alpha-Reduktasehemmer in ihrer Wirkung ergänzen, verordnet die Ärzt*in häufig eine Kombinationstherapie aus beiden Wirkstoffen. Auf diese Weise werden die Beschwerden rasch gelindert und das Fortschreiten der Prostatavergrößerung aufgehalten.

Zu den weiteren chemischen Wirkstoffen gehören Antimuskarinika. Sie entspannen die Blasenmuskulatur und bessern Beschwerden wie Harndrang und häufiges Wasserlassen. Als Nebenwirkung verursachen sie Mundtrockenheit. Auch Phosphodiesterase-Typ 5-Hemmer sind effektiv bei BPS. Sie entspannen die Muskelzellen des unteren Harntrakt und lindern dadurch die Beschwerden. Ob sie einen Einfluss auf die Prostatagröße haben, ist noch nicht bekannt. Häufige unerwünschte Wirkungen bei Phosphodiesterasehemmern sind Kopfschmerzen und Hitzewallungen.

Manche Männer mit BPS möchten keine chemischen Medikamente einnehmen, sondern lieber natürliche Wirkstoffe. In Deutschland werden bei Prostatabeschwerden vor allem Extrakte aus folgenden Pflanzen eingesetzt:

  • Sägepalmenfrüchte
  • Brennnesselwurzeln
  • Kürbissamen
  • Gräserpollen, Roggenpollen.

Wie gut pflanzliche Extrake bei BPS helfen, wird unterschiedlich beurteilt. Zumindest in Laborversuchen konnten verschiedene Wirkungen nachgewiesen werden. Dazu gehörten z.B. entzündungshemmende und antihormonelle Effekte. Sägepalmenextrakt hatte zudem einen Einfluss auf die glatte Muskulatur im Bereich von Prostata und Blasenmuske, Kürbiskerne waren antioxidativ. In klinischen Studien mit Patienten waren die Ergebnisse jedoch unterschiedlich. So zeigten sich in einigen Untersuchungen positive Effekte auf die Beschwerden des Wasserlassens und die Lebensqualität. Für keines der pflanzlichen Extrakte konnte jedoch nachgewiesen werden, dass sie das Fortschreiten der Prostatavergrößerung aufhalten. Aufgrund der unbefriedigenden Datenlage werden seit 2004 pflanzliche Extrakte zur Behandlung des BPS von den allermeisten Krankenkassen nicht mehr erstattet.

Die Extrakte sind alle gut verträglich. Deswegen spricht nichts dagegen, es bei sehr milden BPS-Beschwerden zunächst mit einer pflanzlichen Behandlung versuchen. Die Wirkstoffe stehen als Monotherapie und als Kombinationspräparate (z.B. Extrakte aus Sägepalmenfrüchten und Brennnesselwurzel) zur Verfügung.

Hinweis: Pflanzliche Extrakte für die Prostata gibt es in einer großen Vielzahl. Für die bestmögliche Auswahl sollte man sich in der Apotheke beraten lassen.

Wenn Medikamente nicht ausreichen

Um drohende Blasen- und Nierenschäden abzuwenden, muss spätestens im Stadium 3 die Prostata mit einer Operation verkleinert werden. Auch im Stadium 2 ist dies häufig ratsam, z.B. wenn die Restharnmenge zu groß wird oder der Blasenauslassmuskel zu dick.

Für die operative Therapie gibt es verschiedene Verfahren. Am häufigsten nutzt man dabei den Weg über die Harnröhre. Die Chirurg*in geht also mit einem Endoskop in die Harnröhre ein und trägt von dort die Prostata mithilfe von Strom, Mikrowellen oder einem Laser schichtweise ab. Manchmal wird das Prostatagewebe auch nur eingeschnitten, um der Harnröhre mehr Platz zu verschaffen.

Ist die Prostata sehr groß, muss offen operiert werden. Das heißt, dass der Chirurg sich über einen Schnitt Zugang zur Prostata verschafft. Entweder wird die Prostata dann komplett entfernt oder nur ein Teil des Gewebes. Ein neueres Verfahren ist der künstliche Verschluss (Embolisation) der Prostatagefäße (Prostata-Arterien-Embolisation, PAE). Durch die verminderte Blutversorgung sterben Teile der Prostata ab, wodurch diese schrumpft.

Quellen: Jenett-Siems K, DAZ 2022, 14:32, Leitlinien Konservative und medikamentöse Therapie des benignen Prostatasyndroms

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: Anibal Trejo/shutterstock.com