Gesundheit heute

Gebärmuttersenkung und Gebärmuttervorfall

Gebärmuttersenkung (Descensus uteri, Uterusprolaps, Genitalprolaps) und Scheidensenkung (Descensus vaginae): Absinken der Gebärmutter durch nachlassende Spannung des Beckenbodens. Sie geht in der Regel mit einer Scheidensenkung sowie einer Lageveränderung von Harnblase und Mastdarm einher.

Die Senkung betrifft zumeist Frauen nach den Wechseljahren mit Übergewicht und kann in verschiedenen Ausprägungen vorliegen; die schwerste Form ist der komplette Gebärmuttervorfall (Totalprolaps, Prolaps uteri et vaginae) durch die umgestülpte Scheide nach außen. Eine erfolgreiche Behandlung ist fast immer möglich, auch im hohen Lebensalter.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Stärker werdendes Druckgefühl nach unten, fühl- und tastbarer "Fremdkörper" am äußeren Genitale
  • Schmerzen im Bereich von Kreuzbein und Steißbein
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • Unwillkürlicher Urinabgang ("Harntröpfeln")
  • Ständiger Harndrang
  • Verstopfung und erschwerter Stuhlgang
  • Vermehrter Ausfluss
  • (Leichte) Blutungen durch Druckgeschwüre in der Scheide
  • Im Spätstadium: sicht- und fühlbarer Vorfall von Organen.

Wann zum Frauenarzt

In den nächsten Tagen oder Wochen

  • je nach Ausmaß der Beschwerden.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Der Beckenboden stützt die inneren Geschlechts- und Harnorgane von unten. Er besteht aus drei übereinanderliegenden Muskelschichten, die in verschiedenen Richtungen verlaufen. Gleichzeitig werden die Organe mit Bändern aus Bindegewebe untereinander und an der seitlichen Beckenwand gehalten.

Durch den aufrechten Gang und den erheblichen Druck beim Pressen während des Stuhlgangs treten für den Beckenboden große Belastungen auf. Wenn dieser durch Schwangerschaften und schwere Geburten zusätzlich geschwächt wird, lässt die Stärke der Muskeln und Bänder im höheren Lebensalter irgendwann nach, es kommt zur Senkung. Je nach Schwere der Senkung tritt der unwillkürliche Harnabgang als weiteres, sehr belastendes Symptom dazu.

Ursachen

Als Ursachen für eine Gebärmuttersenkung gelten eine angeborene Bindegewebsschwäche, eine Überanstrengung der Beckenbodenmuskulatur sowie eine nicht ausreichend ausgeprägte Bauchmuskulatur. Ist diese geschwächt, kann sie die Gebärmutter, aber auch andere Organe des kleinen Beckens, nicht mehr am richtigen Platz halten, sodass es zu einer Senkung kommt. Oft liegt die Gebärmutter von Geburt an in einer ungünstigen Lage (z. B. steife Streckstellung der Beine).

Risikofaktoren

  • Angeborene Bindegewebsschwäche
  • Vaginale oder Zangengeburt, vor allem bei großen Babys und nach Dammriss oder Dammschnitt
  • Häufiges Tragen schwerer Gewichte
  • Übergewicht
  • Fehlhaltungen
  • Chronische Verstopfung (Obstipation)
  • Chronischer Husten
  • Rauchen
  • Gebärmutterentfernung (Hysterektomie)
  • Östrogenmangel.

Verlauf

Die Senkung verläuft unbehandelt in mehreren Stadien von einer leichten Senkung über den teilweisen Vorfall bis zum totalen Vorfall, entsprechend verstärken sich die Beschwerden: Aufgrund der Verformung der Harnblase wird diese möglicherweise nicht richtig entleert. Der zurückbleibende Restharn stellt ein Reservoir für Bakterien dar, die sich vermehren und Harnwegsinfektionen auslösen können. Auch entsteht eine Stressinkontinenz, bei der es ohne spürbaren Harndrang zu einem unwillkürlichen Urinverlust kommt, vor allem beim Niesen, Husten, Lachen oder beim Heben oder Lastentragen.

Komplikationen

Da die Scheidenwand durch den Gebärmutterdruck ständig gereizt wird, kommt es zu vermehrtem Ausfluss und Entzündungen. Der teilweise oder vollständige Vorfall der Gebärmutter behindert beim Gehen und Sitzen und führt schnell zu Entzündungen und Geschwüren am Muttermund.

Senkt sich zusätzlich der Mastdarm (Rektozele), wird der Stuhlgang immer schwieriger. Im Spätstadium muss beim Stuhlgang mit der Hand nachgeholfen werden, um die Entleerung zu ermöglichen.

Diagnosesicherung

Je nach Ausprägung der Gebärmuttersenkung sieht der Arzt bereits bei der gynäkologischen Untersuchung die zu tief liegenden Organe. Nach der Aufforderung, wie zum Stuhlgang zu pressen, wird auch eine leichte Senkung sichtbar. Eine Vorwölbung des Mastdarms in die Scheide (Rektozele) ist in der rektalen Untersuchung tastbar. Stehen Blasenbeschwerden im Vordergrund, sind eine Blasenspiegelung und weitere urologische Untersuchungen notwendig, die die Funktion von Harnblasenfüllung und -entleerung prüfen: Harnstrahlmessung, Restharnbestimmung, Blasendruckmessung.

Behandlung

Eine Behandlung ist nur bei Beschwerden notwendig oder wenn Schädigungen an den Nachbarorganen drohen, z. B. wenn die Gebärmutter ihre Position stark verändert hat.

Die beginnende Gebärmuttersenkung lässt sich mit einfachen gymnastischen Übungen zur Stärkung des Beckenbodens gut behandeln. Auch empfiehlt der Frauenarzt, ein eventuelles Übergewicht zu reduzieren sowie schweres Heben zu vermeiden.

Bei stärkeren Senkungsbeschwerden kann die Gebärmutter mit speziellen Pessaren aus Hartgummi oder Silikon angehoben werden. Hierbei ist es meistens die Aufgabe des Frauenarztes, das Pessar einzusetzen, herauszunehmen und zu reinigen. Das ist jedoch umständlich und deshalb keine dauerhafte Lösung, weshalb Pessare oft nur die Zeit bis zur Operation überbrücken sollen.

Pharmakotherapie

Bei Patientinnen kurz vor oder in den Wechseljahren werden zusätzlich zu obigen Maßnahmen Vaginalzäpfchen oder eine östrogenhaltige Salbe (z. B. Linoladiol®, OeKolp®) verschrieben. Diese verhindert, dass die Scheide schrumpft und/oder austrocknet. Als weitere Medikamente sind vor allem Östrogene effektiv (die straffend auf das Bindegewebe wirken), wegen des Krebsrisikos sollen sie aber mit Gestagenen kombiniert werden. Außerdem stehen Medikamente zur Stressinkontinenz-Therapie zur Verfügung.

Operative Behandlung

Bei ausgeprägten Beschwerden versucht man, Gebärmutter und Scheide operativ anzuheben und zu stabilisieren. Früher wurde häufig auch die Gebärmutterentfernung (Hysterektomie) empfohlen, heutzutage kommen aber immer mehr plastisch-chirurgische Operationsverfahren zum Einsatz, die die Stützfunktion des Beckens z. B. mit Kunststoffnetzen (Biomesh) oder -schlingen verbessern.

Besteht gleichzeitig eine Stressinkontinenz, kann in derselben Operation auch ein Kunststoff- oder Vaginalband (Tension-free Vaginal Tape, TVT) vor der Harnröhre fixiert werden, sodass diese bei steigendem abdominalen Druck nicht sofort nachgibt. Eine Besserung der Beschwerden gelingt durch eine Operation fast immer, in etwa 20 % ist aber der Erfolg nur vorübergehend, sodass ein 2. Mal operiert werden muss.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Beckenbodentraining. Wie erwähnt: Leichtere Senkungsbeschwerden lassen sich mit Beckenbodenübungen gut in den Griff bekommen. Regelmäßig und richtig durchgeführt verhindern diese das weitere Fortschreiten der Senkung. Bei entsprechenden Beschwerden gibt es einige Stunden Beckenbodentraining häufig sogar auf Rezept, das bei einem Physiotherapeuten gegen geringe Selbstbeteiligung eingelöst werden kann. Aber auch viele Volkshochschulen oder Sportstudios bieten Beckenbodentraining in (kostengünstigen) Kursen an. Trotzdem sollte das Training nicht auf die wenigen Übungsstunden unter fachlicher Anleitung beschränkt bleiben, sondern auch regelmäßig zu Hause durchgeführt und ein fester Bestandteil des Tagesablaufs werden.

Übungen für zu Hause:

  • Spannen Sie die Beckenbodenmuskulatur immer wieder an, zum Beispiel beim Sitzen am Schreibtisch, in der Bahn oder im Auto. Halten Sie die Spannung 10 Sekunden lang, dann lassen Sie wieder locker – mehrmals pro Tag und mindestens 10-mal. Stellen Sie sich dabei vor, Sie ziehen einen Lift über mehrere Etagen Ihres Beckenbodens hoch und lassen ihn dann langsam wieder absinken.
  • Legen Sie sich auf den Rücken und stellen Sie die Füße bei leicht gebeugten Knien auf. Atmen Sie ein, spannen Sie Ihre Bauch- und Beckenbodenmuskeln an und heben Sie ganz langsam das Gesäß an, bis Oberschenkel und Bauch eine Linie bilden. Die Schultern und der Kopf bleiben dabei locker am Boden liegen. Halten Sie die Spannung 10 Sekunden lang, atmen Sie aus und senken Sie dabei das Gesäß wieder ganz langsam. Wiederholen Sie die Übung 5-mal.
  • Steigerung: Klemmen Sie sich ein kleines Kissen zwischen die Knie und führen Sie dann die vorherige Übung wie beschrieben aus, nur pressen Sie dabei noch das Kissen zusammen. Das verstärkt die Anspannung der Beckenbodenmuskulatur.
  • Setzen Sie sich auf einen Gymnastikball und rollen Sie das Becken vor und zurück, um die vorderen und hinteren Anteile der Beckenbodenmuskulatur zu erspüren.

Elektrostimulation. Einen ähnlichen Effekt hat die Elektrostimulation der Beckenbodenmuskulatur. Sie eignet sich für Frauen, die zu Beginn des Beckenbodentrainings ihren Beckenboden weder fühlen noch bewusst anspannen können. Da in diesem Fall meistens die Nervenfunktionen zwischen Rückenmark und Beckenbodenmuskulatur gestört sind, versucht man, diese mittels Elektrostimulation anzuregen. Durch die geringen Stromimpulse bewegen sich die Beckenbodenmuskeln. Das beugt einem weiteren Muskelabbau vor und fördert im Idealfall auch die Orgasmusfähigkeit. Dieses Verfahren ist vergleichbar mit aktivem Muskeltraining. Dafür wird eine tampongroße Elektrode in die Scheide eingeführt, die in regelmäßigen Abständen Stromimpulse an die Beckenbodenmuskulatur und ihrer zuführenden Nerven abgibt. Erste Erfolge zeigen sich normalerweise nach etwa 4 Wochen. Die Kosten werden im Krankheitsfall von den gesetzlichen Krankenkassen (bei privaten Krankenkassen auf Anfrage) getragen. Elektrostimulationsgeräte sollten nicht während der Menstruation, in der Schwangerschaft oder im Wochenbett benutzt werden. Nebenwirkungen sind nicht bekannt.

Prävention

  • Seien Sie vorsichtig mit Bauchmuskeltraining, denn dies verstärkt den Druck auf den Beckenboden.
  • Wenn Sie schwanger sind, heben Sie insbesondere im letzten Drittel der Schwangerschaft und im Wochenbett keine schweren Lasten.
  • Machen Sie bereits in der Schwangerschaft Beckenbodengymnastik.
  • Führen Sie nach jeder Geburt konsequent die Rückbildungsgymnastik durch, die gute Übungen zur Stärkung des Beckenbodens umfasst.
  • Und, so schwer es fällt, versuchen Sie bei Übergewicht langsam und dauerhaft abzunehmen.

Weiterführende Informationen

  • H. Höfler: Beckenboden. Kräftigung – Entspannung – Sensibilisierung. BLV-Verlag 2017. Beckenbodentraining für Frauen und Männer. Übungen für eine gute Körperhaltung, in der Schwangerschaft, nach der Geburt, für mehr Spaß am Sex und mehr. Abwechslungsreich trainieren mit Pezzi-Ball, Thera-Band®, Redondo-Ball & Co.
  • H. Höfler: Energiequelle Beckenboden. Wirkungsvolle Übungen für mehr Lebensqualität und Kraft. Mankau, 2017. Der Ratgeber erklärt Aufbau und Funktion der Beckenbodenmuskulatur und zeigt Übungen für einen kräftigen und elastischen Beckenboden.

Von: Dr. med. Astrid Waskowiak, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen Symptome und Leitbeschwerden“, „Die Erkrankung“, Behandlung“, „Prognose“ und „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dagmar Fernholz
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Hormonersatztherapie mit Folgen

Nächtliche Hitzewallungen können den Schlaf erheblich stören.

Hormonersatztherapie mit Folgen

Risiko für Depressionen steigt

Für manche Frauen sind die Wechseljahre eine echte Quälerei. Sind Hitzewallungen und Schlafstörungen nicht mehr auszuhalten, kann die Einnahme von Hormonen helfen. Doch dabei drohen Nebenwirkungen, und nach neuen Erkenntnissen auch Depressionen.

Hormonersatztherapie mit Vor- und Nachteilen

Mit dem Alter sinkt bei Frauen die Produktion von weiblichen Geschlechtshormonen. In diesem Zuge kommt es zu individuell unterschiedlich starken Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Denen kann mit der Gabe künstlicher Hormone, einer sog. Hormonersatztherapie (HRT), entgegengewirkt werden.

Doch die HRT ist durchaus umstritten, denn zusätzlich zu den positiven Effekten drohen unerwünschte Nebenwirkungen. Diskutiert wird beispielsweise, ob die Hormongabe das Risiko von Brustkrebs erhöht. Auch die Gefahr von Schlaganfall, Thrombosen und Herzinfarkt soll steigen – vor allem, wenn weitere Risikofaktoren wie z.B. Übergewicht vorliegen. Nun kommen Hinweise dazu, dass auch die Psyche von der künstlichen Hormoneinnahme negativ beeinflusst wird.

Vor allem im ersten Behandlungsjahr mehr Depressionen

Zu diesem Ergebnis kamen dänische Forscher*innen bei der Auswertung der Daten von mehr als 800000 über 45-jährigen Frauen. Diejenigen, die Hormone gegen Wechseljahrsbeschwerden einnahmen, entwickelten häufiger Depressionen als Frauen, die ohne Hormontabletten oder -pflaster auskamen. Besonders stark erhöht war das Risiko im ersten Jahren nach Therapiebeginn, und zwar sowohl bei der Einnahme von ausschließlich Östrogenen als auch bei der Kombination von Östrogen und Progestin.

Als Ovulum oder Creme ungefährlich

Ganz anders sah das bei den Frauen aus, die ihre Wechseljahrsbeschwerden wie trockene Scheide oder Harninkontinenz lokal mit Zäpfchen, Ovula oder Cremes behandelten. Bei ihnen war die Hormongabe nicht mit Depressionen assoziiert. Im Gegenteil: Hatten sie damit jenseits des 54. Lebensjahres angefangen, reduzierte sich ihr Risiko für Depressionen sogar.

Quelle: Ärzteblatt, JAMA

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: fizkes/shutterstock.com