Gesundheit heute

Gebärmutterkrebs

Gebärmutterkrebs (Gebärmutterkörperkrebs, Gebärmutterhöhlenkrebs, Uteruskarzinom, Endometriumkarzinom, Corpuskarzinom, Gebärmutterschleimhautkrebs): Bösartiger Tumor des Gebärmutterkörpers, an dem in Deutschland etwa jede 80. Frau erkrankt und der zu den häufigsten Genitalkarzinomen in westlichen Industrieländern zählt. Meist sind Frauen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren betroffen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Blutungen aus der Scheide nach den Wechseljahren
  • Zwischenblutungen oder Dauerblutungen bei Frauen über 35 Jahren
  • Blutig-eitriger oder fleischfarbener und übel riechender Ausfluss außerhalb der Monatsblutung
  • Blut im Urin
  • Als Spätsymptome: chronische Schmerzen im unteren Bauchbereich und unerklärliche Gewichtsabnahme.

Wann zum Frauenarzt

In den nächsten 2 Tagen, wenn

  • die genannten Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Der Gebärmutterkrebs entwickelt sich zu 80 % aus Zellveränderungen in der Gebärmutterschleimhaut.

Verlauf

Die Ausbreitung des Gebärmutterkrebses verläuft in 4 Stadien:

  • Stadium I: Der Tumor sitzt nur in der Gebärmutter.
  • Stadium II: Die Krebszellen gehen auf den Gebärmutterhals über.
  • Stadium III: Die Tumorzellen haben sich über den Gebärmutterhals hinaus ausgebreitet. Dadurch können Scheide, Eileiter oder Eierstöcke betroffen sein.
  • Stadium IV: Die Krebszellen streuen auch auf das kleine Becken und auf die benachbarten Organe wie Darm und Harnblase aus (Fernmetastasen).

Bei etwa 25 % aller Betroffenen kommt es nach einer zunächst erfolgreichen Therapie zu einem Rezidiv oder es entstehen Tochtergeschwülste in anderen Körperregionen (Fernmetastasen).

Risikofaktoren

Mehrere Risikofaktoren sind gesichert:

  • Vorerkrankungen an Brust- oder Darmkrebs bei Verwandten 1. Grades
  • Bluthochdruck, Übergewicht oder Adipositas
  • Diabetes mellitus
  • Sehr frühe erste Monatsblutung (Menarche) oder sehr späte letzte Monatsblutung (Menopause)
  • Wenige oder keine Geburten
  • Einnahme über mehrere Jahre von reinen Östrogenpräparaten (ohne Gestagen) während der Wechseljahre. Bei diesem Typ der "Pille" fehlt das Gestagen, das monatlich die Gebärmutterschleimhaut auflockert, damit sich das Ei einnistet. Fehlt dieser Gegenspieler des Östrogens, wird die Schleimhaut ständig stimuliert und neigt vermehrt zur Entartung
  • Vorausgegangene Strahlentherapie.

Diagnosesicherung

Am Anfang der Diagnostik steht die Anamnese sowie die Untersuchung mit dem Spekulum und die gynäkologische Tastuntersuchung durch den Frauenarzt.

Mit dem Vaginalultraschall stellt der Frauenarzt Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut oder das Einwachsen eines Tumors in die Gebärmuttermuskulatur fest. Bei unregelmäßigen und starken Blutungen oder verdächtigen Schleimhautbereichen folgt die Ausschabung, um Schleimhautgewebe für die feingewebliche und damit definitive Diagnose zu gewinnen. Größere Tumoren der Gebärmutter lassen sich manchmal auch durch den Enddarm ertasten. Evtl. folgt zusätzlich eine Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie).

Sollten diese Untersuchungen keinen eindeutigen Befund erbracht haben, sind weitere Maßnahmen zur Diagnosesicherung notwendig: Eine Blutuntersuchung gibt Informationen über den Allgemeinzustand der Patientin und über die Funktion einzelner Organe wie Leber und Nieren. Die Ergebnisse der Blutuntersuchung sind für die bevorstehende Behandlung hilfreich.

Bei Verdacht auf Metastasen helfen Röntgenaufnahmen. Um Lebermetastasen auszuschließen, wird ein Ultraschall der Oberbauchorgane gemacht.

Besteht der Verdacht, dass der Tumor bereits Enddarm und Harnblase befallen hat, folgen Darmspiegelung (Rektoskopie) und Blasenspiegelung (Zystoskopie). Dabei werden aus der Blasen- und Darminnenwand aus den verdächtigen Bereichen Gewebeproben entnommen und anschließend untersucht.

Vor allem bei einem auffälligen Ultraschallbefund wird mithilfe von CT und MRT die Ausbreitung des Tumors untersucht.

Behandlung

Die Behandlung hängt zum einen von Art, Sitz und Größe des Tumors ab und zum anderen vom Alter der Patientin sowie davon, ob sie sich vor oder nach den Wechseljahren befindet. Ebenso spielt der allgemeine Gesundheitszustand eine Rolle bei der Therapiewahl.

Operative Behandlung

Wenn immer möglich, beginnt die Behandlung des Gebärmutterkrebses mit einer Operation, bei der die Gebärmutter vollständig entfernt wird (Hysterektomie) plus Entfernung der Eierstöcke und Eileiter, da die Eierstöcke Östrogen produzieren, das die Tumorbildung begünstigt. Zusätzlich tragen sowohl Eierstöcke als auch Eileiter häufig Metastasen.

Wenn es sich um einen schnell wachsenden und besonders entarteten Tumor handelt oder er bereits in die Gebärmuttermuskulatur eingewachsen ist, werden die Lymphknoten im kleinen Becken und entlang der Aorta bis zu den Nierengefäßen entfernt. Sind auch Blase und Enddarm befallen, werden diese oft teilweise oder vollständig mitentfernt.

Strahlentherapie

In einem frühen Stadium ist die Operation in der Regel als alleinige Therapie ausreichend. In einem fortgeschrittenen Stadium ist anschließend meist die Strahlentherapie notwendig, da sonst im Körper verbliebene Krebszellen früher oder später zum Rezidiv führen.

Eine alleinige Strahlentherapie wird angewendet, wenn die Patientin nicht operiert werden kann, beispielsweise bei ausgedehntem Tumor oder Unmöglichkeit einer Operation wegen Erkrankungen von Herz oder Gefäßen. Allerdings sind die Heilungschancen bei einer alleinigen Strahlentherapie deutlich geringer.

Die Bestrahlung wird in der Regel kombiniert von außen (externe oder perkutane Bestrahlung) und von innen durch die Scheide (Kurzdistanzbestrahlung) durchgeführt. Letztere sollte allerdings nicht durchgeführt werden, wenn das umliegende Gewebe durch die Krebserkrankung oder durch frühere Operationen schon stark beschädigt ist.

Bei der Kurzdistanzbestrahlung führt der Arzt einen zylinderförmigen, hohlen Applikator in das Scheidengewölbe oder – wenn nicht operiert wurde – in die Gebärmutterhöhle. Die Strahlenquelle verbleibt dort für wenige Minuten, bis die gewünschte Strahlendosis erreicht ist. Diese Methode ermöglicht sowohl eine präzise Bestrahlung des erkrankten Gebietes als auch eine Schonung der benachbarten Organe und des Gewebes, da die Strahlung von Jod-125 nur eine Reichweite von wenigen Millimetern hat. Beim Zerfall des radioaktiven Jods wird Energie frei, die vom Gewebe so stark abgebremst wird, dass an der Körperoberfläche der Patientin kaum noch Abstrahlung gemessen wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Strahlung nur wenige Wochen anhält: Das Isotop hat mit 60 Tagen eine vergleichsweise kurze Halbwertszeit, danach ist die Hälfte der strahlenden Substanz zerfallen. Nach einem halben Jahr ist die Strahlung auf etwas ein Zehntel zurückgegangen.

Die Bestrahlung von innen wird bei den meisten Patientinnen eingesetzt, um Rezidive im Scheidenbereich zu verhindern. Für eine Kurzdistanzbestrahlung ist ein Krankenhausaufenthalt von wenigen Tagen erforderlich.

Bei der externen Bestrahlung wird oft der gesamte Beckenraum mit energiereichen Strahlen behandelt.

Chemotherapie

Bei bestimmten hochriskanten Typen des Endometriumkarzinoms (seröses sowie klarzelliges Adenokarzinom) wird als Alleintherapie oder zusätzlich eine Chemotherapie empfohlen.

Eingesetzt wird eine Kombination aus Carboplatin und Paclitaxel (Taxol®), bei der Behandlung von Metastasen und zur der Linderung von Beschwerden (palliative Behandlung) Carboplatin (Taxol®) oder Anthracycline. Da auch die palliative Chemotherapie Nebenwirkungen hat, müssen Nutzen und Risiken im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden.

Hormonbehandlung

Eine adjuvante (ergänzende) Hormonbehandlung wird gelegentlich empfohlen, ihr Nutzen ist beim Gebärmutterkrebs – im Gegensatz zu anderen gynäkologischen Krebsarten – aber nicht gesichert.

Psychoonkologische Betreuung

In jeder Phase der Krebserkrankung ist ein Psychoonkologe als Ansprechpartner zu empfehlen, der sowohl die betroffene Frau, aber auch die Angehörigen betreut. Dies passiert im Rahmen des stationären Aufenthaltes oder im nachstationären Umfeld. Bei der psychoonkologischen Beratung können Fragen zur Erkrankung und Behandlung, zu Problemen im Alltag und Beruf besprochen werden. Außerdem wird geklärt, welche Unterstützung Familie und Freunde leisten können oder auch selbst benötigen.

Psychoonkologische Angebote werden von verschiedenen Berufsgruppen geleitet, vor allem von Psychotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Physiotherapeuten oder Mitarbeitern aus dem Pflegebereich.

Nachsorge

Die Nachsorge umfasst regelmäßige Kontrolluntersuchungen, um einen Rückfall und das Auftreten von Metastasen frühzeitig sowie Langzeitfolgen der Krebstherapie aufzuspüren:

  • Im 1.–3. Jahr alle 3 Monate
  • Im 4. und 5. Jahr alle 6 Monate
  • Ab dem 6. Jahr einmal jährlich im Rahmen des Krebsfrüherkennungsprogrammes.

Die Zeitintervalle können von Fall zu Fall unterschiedlich sein und richten sich nach Krankheitsstadium, Art der Therapie, individuellem Rückfallrisiko, Langzeitfolgen der Therapie und möglichen Begleiterkrankungen.

Zur Nachsorgeuntersuchung gehören:

  • Das Gespräch mit dem Frauenarzt oder Onkologen
  • Die körperliche Untersuchung mit Gewichtskontrolle, gynäkologischer und rektaler Tastuntersuchung sowie Untersuchung auf Ödembildungen
  • Scheidenabstrich
  • Ultraschall von Scheide, Nieren und kleinem Becken.

Komplikationen

Nach der Operation. Durch die Entfernung der Eierstöcke vor Eintritt der Wechseljahre werden (auch junge) Frauen in die Wechseljahre versetzt – mit den typischen Wechseljahresbeschwerden, die zudem abrupt einsetzen. Durch die Einnahme von Hormonen werden die meisten Beschwerden gelindert. Eine lokale Therapie mit einer östrogenhaltigen Salbe oder Creme hilft gegen die Trockenheit der Scheide (eingeführt in die Vagina) oder gegen Hitzewallungen (aufgetragen auf die Haut). Von einer Hormonersatztherapie ist bei Gebärmutterkrebs abzuraten, da die Östrogengabe eventuelle Tumorreste zum Wachsen anregen würde.

Ebenso kann die Scheide durch die Operation verkürzt sein sowie die Fähigkeit zur Befeuchtung der Scheide verlieren. Beides führt zu Problemen beim Geschlechtsverkehr. Auch hier helfen östrogenhaltige Salben oder Cremes.

Weitere mögliche Folgen der Operation sind Verwachsungen im Operationsbereich, die beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang oder beim Wasserlassen unangenehme Empfindungen oder Schmerzen verursachen.

Wenn Lymphknoten im Becken und in der Bauchhöhle entfernt werden, drohen Lymphödeme im Genitalbereich, in der Leiste und an den Beinen, die unangenehm und schmerzhaft sein können.

Nach der Strahlenbehandlung. Akutfolgen treten Tage nach der Bestrahlung auf und klingen meist innerhalb weniger Wochen wieder ab. Hierzu gehören

  • Durchfall und/oder Reizdarmbeschwerden
  • Schmerzhafte Reizung von Schleimhäuten in Scheide, Blase oder Darm
  • Probleme beim Wasserlassen
  • Infektionen
  • Gerötete und brennende Bauchhaut.

Spätfolgen treten Monate bis Jahre nach der Behandlung auf und können dann auch bestehen bleiben. Hierzu zählen

  • Schleimhautentzündungen mit Blutungen
  • (Lymph-)Ödeme an den Beinen
  • Blasenfunktionsstörungen
  • Probleme beim Stuhlgang durch beeinträchtigten Schließmuskel des Darms
  • Eine trockene und/oder verengte Vagina.

Durchfall und Reizdarmbeschwerden lassen sich laut einer Studie vermeiden, wenn die Frauen während der Behandlung Selen als Natriumsalz einnehmen: Dank dieser Nahrungsergänzung hatten nur 21 % der behandelten Frauen mit Durchfall zu kämpfen im Vergleich zu 45 % der Frauen ohne Selengabe. So verringerte Selen strahlungsbedingte Beschwerden, ohne den Nutzen der Bestrahlung zu beeinträchtigen.

Nach der Chemotherapie. Bei der Behandlung mit den natürlichen oder synthetischen Substanzen, die das Zellwachstum und die Zellteilung hemmen sollen (Zytostatika), wird besonders das Gewebe, das sich relativ rasch erneuert, betroffen: Haarwurzeln, Schleimhäute von Magen und Darm sowie das blutbildende System im Knochenmark. Mögliche Begleiterscheinungen sind Haarausfall, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und erhöhte Infektanfälligkeit. Durch entsprechende Medikamente können die Nebenwirkungen größtenteils gelindert werden. Nach Ende der Chemotherapie verschwinden die Nebenwirkungen in der Regel wieder.

Nach der Hormontherapie. Die Behandlung mit Hormonen zieht ebenfalls unerwünschte Nebenwirkungen nach sich, dabei treten Übelkeit und Gewichtszunahme am häufigsten auf. Nach Ende der Behandlung verschwinden sie. Allerdings erhöht sich unter der Therapie mit Hormonen das Risiko für Blutgerinnsel (Thrombose und Lungenembolie).

Prognose

Die Heilungschance ist abhängig vom jeweiligen Stadium, in dem sich der Tumor befindet, und drückt aus, wie viel Prozent der Frauen, die an Gebärmutterkrebs erkrankt sind, nach Ablauf von 5 Jahren noch leben (5-Jahres-Überlebensrate):

  • Stadium I: 85 %
  • Stadium II: 70 %
  • Stadium III: 50 %
  • Stadium IV: 20 %

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Die ersten Tage. Die Diagnose Krebs ist ein tiefer Einschnitt im Leben einer Frau. Auch für Angehörige, Freunde und Bekannte ist die Diagnose meist ein Schock, der verarbeitet werden muss. Die Frage "Warum gerade ich?" wird Ihnen der beste Arzt nicht beantworten können, und Sie müssen versuchen, mit der schwierigen Situation umzugehen und sich auf sie einzustellen.

Unterdrücken Sie Ihre Gefühle nicht – Verzweiflung, Wut, Trauer und die Angst vor einem Rückfall gehören zur Auseinandersetzung mit einer solchen Krankheit. Meist treten diese Gefühle phasenweise auf und verlieren auch wieder an Intensität. Allerdings berichten viele Frauen auch davon, dass sie die Angst nie wieder ganz verlassen hat, selbst nach erfolgreicher Therapie. Versuchen Sie herauszufinden, was für Ihr seelisches Gleichgewicht wesentlich ist und vermeiden Sie alles, was Sie aus dem Gleichgewicht bringt. Jede Frau wird hierfür ihren eigenen Weg finden.

Ernährung. Eine ausgewogene Ernährung ist vor allem während der Chemotherapie wichtig. Sogenannte Krebsdiäten haben jedoch keinen nachgewiesenen Erfolg. Essen Sie, worauf Sie Lust haben. Und wenn die Lust ganz fehlt: Tragen Sie es mit Fassung, die Lust am Essen kommt wieder! Wer unter Übelkeit leidet und keinen Appetit hat, sollte versuchen, kleine Mahlzeiten zu essen und unbedingt zu trinken; am besten werden kleine Schlucke Tee oder stilles Wasser vertragen.

Bewegung. Grundsätzlich steigert Sport und jede aktive Lebensgestaltung das Wohlbefinden. Bewegung, ohne Überforderung praktiziert, verbessert die Stimmung, stärkt das Selbstwert- und Körpergefühl und kann die Immunabwehr und Therapieverträglichkeit verbessern.

Ruhe. Bei Erschöpfung und Müdigkeit sollten Sie auf Ihren Körper hören, sich nicht überfordern und notfalls auf Sport verzichten. Legen Sie im Alltag häufige Ruhepausen ein, und üben Sie anstrengende Tätigkeiten lieber im Sitzen als im Stehen aus.

Entspannungsverfahren. Für tiefe körperliche und seelische Entspannung sorgen z. B. Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson und Autogenes Training, aber auch Yoga, Achtsamkeitstraining, Tai Chi oder Qigong sowie Meditation. Darüber hinaus verbessern sie – regelmäßig angewendet – das Körpergefühl und fördern psychische Ausgeglichenheit. Es braucht aber 2–3 Monate, bis eine solche Entspannungstechnik wirkt.

Haut, Haare, Körperpflege. Ihre Haut verträgt die Bestrahlung besser, wenn Sie bequeme Kleidung tragen, die weder reibt noch drückt. Gut vertragen werden Kleidungsstücke aus Baumwolle oder Seide. Während der Therapie dürfen Sie die bestrahlte Region nicht in Kontakt mit Wasser bringen (also auch nicht waschen!), denn das erhöht die lokal schädigende Wirkung der radioaktiven Strahlen. Als Schutz gegen Sonnenbestrahlung muss die sehr lichtempfindliche Haut im Bereich des Bestrahlungsfelds anfangs durch lichtundurchlässige Kleidung abgedeckt werden. Später können Sie Sonnenschutzpräparate mit hohem Lichtschutzfaktor verwenden.

Der Haarausfall während und nach der Chemotherapie ist für viele Frauen ein schwer zu ertragendes Symbol der Krankheit. Manche Frauen schneiden sich ihre Haare schon vor der Chemotherapie kurz oder kommen mit selbstbewusst getragenen Baseballkappen oder Tüchern zurecht. Andere kümmern sich möglichst früh um eine passende Perücke. Tatsächlich sollte man den Perückenkauf in die Zeit legen, in der man noch das eigene Haar hat. Dann ist es leichter, eine unauffällige, farblich zum Hauttyp passende Perücke zu finden. Manche Frauen bevorzugen aber auch eine Perücke, die aus ihnen einen ganz anderen Typ macht und mit ihrem Naturton nichts zu tun hat. In der Zeit des stärksten Haarausfalls schlafen manche Frauen mit Stretchturbanen (in Drogerien erhältlich), damit die ausgefallenen Haare nicht mühsam vom Kopfkissen aufgelesen werden müssen. Manche rasieren sich das Haar auch von vornherein ab, um den langsamen Haarverlust nicht erleben zu müssen. Etwa drei Monate nach Beendigung der Chemotherapie ist eine Perücke meist nicht mehr nötig, die Haare sind dann wieder nachgewachsen, nach etwa sechs Monaten kann man von einer Kurzhaarfrisur sprechen.

Während der Chemotherapie nimmt für viele Frauen die Körperpflege einen großen Stellenwert ein. Nehmen Sie die Bedürfnisse, die Ihnen Ihr Körper signalisiert, ernst und sich auch die Zeit, ihnen nachzugehen. Versuchen Sie – den Umständen entsprechend – gut zu Ihrem Körper zu sein. Gönnen Sie sich den längeren Aufenthalt im Badezimmer, den Gebrauch von Körpercremes, Kosmetik und Wellnessbehandlungen.

Umgang mit Sexualität. Keine andere Erkrankung berührt so sehr die Intimität, das Selbstverständnis und das Körpergefühl der Frau wie eine Krebserkrankung der Gebärmutter oder der Verlust von Gebärmutter und Eierstöcken. Häufige Folge sind Probleme und Befangenheit im Umgang mit Sexualität, über Angst vor Berührungen des Partners bis zur dauerhaften Abneigung gegen Geschlechtsverkehr. Dies alles wiederum verschlechtert das Selbstwertgefühl, was das entspannte, lustvolle Erleben von Sexualität erneut blockiert: ein Teufelskreis. Und ein heikles Thema, über das mit dem Partner oft nicht gesprochen und das auch vom Arzt zu selten angesprochen wird. Versuchen Sie Ihre Probleme mit der "neuen" Sexualität nicht zu verschweigen und nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch. Die Schwierigkeiten haben nämlich keineswegs nur psychische Ursachen. Typische Folgen der Operation, Bestrahlungsbehandlung und Lymphknotenentfernung in der Beckenregion sind die Verengung und Vernarbung des Scheideneingangs und eine nur noch eingeschränkte Befeuchtung (Lubrikation). Dies führt evtl. vor allem in der Anfangszeit zu starken Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

Folgende Tipps helfen Ihnen, die Beschwerden zu lindern:

Scheideninfektionen. Das Scheidengewebe ist nach der Bestrahlung anfällig für Infektionen. Waschen Sie das äußere Geschlechtsorgan deswegen vorbeugend mit milder Seife oder speziellen Waschlotionen, aber übertreiben Sie es nicht mit der Intimhygiene. Scheidenspülungen werden von den meisten Experten nicht mehr empfohlen, da sie Beschwerden verschlimmern und das saure pH-Milieu der Scheide durcheinanderbringen können.

Von Intimdeos ist generell abzuraten, da sie in der Regel Alkohol enthalten und die Schleimhäute strapazieren. Kalte Kompressen und kühle Sitzbäder lindern eventuell noch vorhandenes Wundgefühl. Tragen Sie lockere, kochfeste und saugfähige Unterwäsche aus Baumwolle.

Scheidentrockenheit. Gleitcremes und Östrogensalben verbessern Geschmeidigkeit und Feuchtigkeit der Scheide. Vaginaldehner (Dilatoren) sind speziell dazu entwickelt worden, die Scheide nach gynäkologischen Operationen oder Bestrahlungen schonend zu dehnen. Es gibt sie in verschiedenen Formen, Durchmessern und Längen und sogar als Maßanfertigung. Sie werden wie ein Tampon eingeführt, wobei das Einführen mit Gleitcreme erleichtert wird. Auch vorsichtig praktizierter Geschlechtsverkehr verbessert oft die Dehnbarkeit der Scheide nach und nach. Anfängliche Beschwerden und leichte Blutungen sind in der Regel normal.

Chronische Beinschwellungen. Gegen Wassereinlagerungen in den Beinen (Lymphödeme) helfen Lymphdrainage, Kompressionsstrümpfe und -strumpfhosen. Gehen Sie viel schwimmen. Dies wirkt wie eine Art Lymphdrainage und ist eine optimale Vorbeugung gegen Ödeme. Versuchen Sie, das Tragen von schweren Lasten zu vermeiden, und sehen Sie von zu heißen und langen Fuß- und Vollbädern sowie zu langen Sonnenaufenthalten ab. Eine Faustregel: Lieber laufen und liegen statt sitzen und stehen.

Entzündungen der Harnblase und des Darms, Harninkontinenz. Entzündungen der Harnblase und des Darms, die nach einer Strahlenbehandlung auftreten, klingen ärztlich behandelt meist innerhalb weniger Wochen wieder ab. Die nach ausgedehnten Operationen im Beckenbereich häufig vorkommende Harninkontinenz sollte vom Urologen abgeklärt und behandelt werden. Zur Vorbeugung einer Harninkontinenz hat sich regelmäßig durchgeführtes Beckenbodentraining als sehr effektiv erwiesen.

Wechseljahresbeschwerden. Bei einer Eierstockentfernung oder dem dauerhaften Ausfall der Eierstockfunktion als Folge der Bestrahlung kommt es zu typischen Wechseljahresbeschwerden, die entsprechend behandelt werden können.

Komplementärmedizin

Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Ayurveda und Anthroposophie haben jeweils eigene Konzepte zur Tumortherapie.

Homöopathie zeigte in kontrollierten Studien keine Wirksamkeit in der Krebstherapie. Viele Betroffene empfinden die eingesetzten homöopathischen Mittel jedoch als hilfreich gegen therapiebedingte Müdigkeit, körperliche Schwäche, Schwindel oder Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Übelkeit.

Ayurveda hilft möglicherweise vorbeugend gegen einige Krebsarten, ist aber therapeutisch ziemlich unerforscht und auch nicht frei von Nebenwirkungen.

Akupunktur kann zur Linderung der Begleitsymptome der Chemotherapie wie Übelkeit beitragen, hat jedoch keine Wirkung auf den Krankheitsverlauf.

Misteltherapie gegen Krebs ist schon seit 100 Jahren bekannt. Während viele Patienten von der Behandlung mit Mistelpräparaten überzeugt sind, sind Experten eher kritisch, denn es gibt bis heute keinen sicheren Beweis für die Wirksamkeit gegen Tumorerkrankungen. Studien zeigen nur, dass eine Verbesserung der Lebensqualität möglich ist. In den derzeit gültigen Leitlinien zur Krebstherapie spielt die Therapie mit Mistelpräparaten deshalb keine Rolle.

Prävention und Früherkennung

Gebärmutterkrebs bereitet im Frühstadium keine Beschwerden. Umso wichtiger ist es daher, die jährliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung in Anspruch zu nehmen. Vor allem sollten Frauen bei jeder auffälligen Blutung aus der Scheide den Frauenarzt aufsuchen, insbesondere nach den Wechseljahren.

Von: Dr. med. Astrid Waskowiak, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Leitbeschwerden“, „Die Erkrankung“, „Diagnosesicherung“, „Behandlung“, „Prognose“ und „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dagmar Fernholz
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Gezielt gegen Blasenschwäche

Bei einer Blasenschwäche ist nicht nur der erhöhte Wäscheaufwand ein Problem für die Betroffenen.

Gezielt gegen Blasenschwäche

Mit Training und Medikamenten

Immer noch ein Tabu, aber weit verbreitet: Unter einer Blasenschwäche leiden in Deutschland Millionen von Frauen und Männern. Gegen den unwillkürlichen Urinverlust helfen allgemeine Maßnahmen und das Trainieren von Blase und Beckenboden. Reicht das nicht aus, kommen Medikamente ins Spiel.

Eingeschränkte Lebensqualität

Blasenschwäche (Harninkontinenz) ist die Unfähigkeit, den Urin in der Harnblase zu halten. Es kommt stattdessen zu unkontrolliertem Urinverlust, entweder tröpfchenweise oder auch im Schwall. Darunter leiden viele Menschen. Bei den 40- bis 60-Jährigen ist jede Zehnte betroffen, bei den Über-60-Jährigen jede Vierte.

Ob jünger oder älter – eine Blasenschwäche ist immer sehr belastend. Je nach Ausmaß wird die Lebensqualität durch die Inkontinenz stark eingeschränkt. Weil sie sich schämen, gehen viele Menschen trotz ihrer Beschwerden nicht zur Ärzt*in. Dabei ist es wichtig, eine Blasenschwäche zu behandeln. Denn nicht nur die psychischen Folgen wie Depressionen und Vereinsamung sind erheblich. Es drohen Hautentzündungen im Intimbereich und wiederkehrende Harnwegsinfektionen bis hin zum Nierenschaden. Zudem fallen alte Menschen mit Blasenschwäche häufiger hin, weil sie die Toilette schnell erreichen wollen. Solche Stürze enden oft mit einer fatalen Oberschenkelhalsfraktur.

Hinweis: Frauen leider öfter an Blasenschwäche als Männer. Ihr Beckenboden ist dehnbarer und hat mehr Durchgänge als der männliche Beckenboden. Außerdem wird der Blasenverschluss beim Mann durch die unter der Blase liegende Prostata unterstützt.

Welche Blasenschwäche ist es?

Blasenschwäche ist nicht gleich Blasenschwäche. Um die Beschwerden zu dokumentieren und besser interpretieren zu können, ist ein Blasentagebuch hilfreich. Darin hält man täglich fest, wieviel man trinkt und wie häufig man auf die Toilette muss. Wenn möglich, misst man auch die Menge des täglich ausgeschiedenen Urins. Mithilfe dieser Informationen kann die Ärzt*in die Blasenschwäche meist gut einordnen.

Belastungsinkontinenz. Jede zweite Frau mit Blasenschwäche leidet an einer Belastungsinkontinenz (früher auch Stressinkontinenz genannt). Dabei verliert die Betroffene Urin, ohne dass sie vorher einen Harndrang bemerkt hat. Der muskuläre Verschluss am Ausgang der Blase funktioniert nicht mehr gut, etwa weil die Beckenbodenmuskulatur schwach ist oder die Beckenbänder geschädigt sind. Dann genügt schon ein kleiner Druckanstieg in der Blase und die Betroffene verliert Urin. Der Druck in der Blase steigt an, wenn sich der Druck im Bauchraum erhöht. Dazu kommt es schon bei ganz normalen körperlichen Beanspruchungen wie Husten, Niesen oder dem Heben schwerer Gegenstände. Begünstigt wird die Belastungsinkontinenz durch eine Gebärmuttersenkung und Übergewicht.

Dranginkontinenz. Bei der Dranginkontinenz muss die Betroffene plötzlich ganz dringend auf die Toilette, ohne dass die Blase richtig gefüllt ist. Wer nicht schnell genug ist, verliert kleine Tropfen Urin, manchmal aber auch einen ganzen Schwall. Das passiert sowohl tagsüber als auch nachts. Auslöser ist eine Störung in der Blasenwandmuskulatur, z.B. durch Entzündungen, Blasensteine oder neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson. Beim Mann kommt als Ursache auch eine Prostatavergrößerung in Frage.

Mischinkontinenz. Hier leiden die Betroffenen unter beiden Formen der Blasenschwäche. Sie haben wie bei einer Dranginkontinenz auch bei nicht gefüllter Blase Harndrang und ungewollten Urinverlust. Außerdem verlieren sie Urin bei körperlicher Beanspruchung.

Überaktive Blase. Bei dieser Blasenschwäche zieht sich der Muskel am Blasenausgang immer wieder zusammen und lässt dann wieder los. Das Phänomen ist nervenbedingt oder psychisch. Die Patient*innen leiden unter sehr starkem, manchmal sogar schmerzhaftem Harndrang, der sie mehr als acht Mal täglich und auch nachts zur Toilette zwingt. Solange der Beckenboden noch funktioniert, können die Betroffenen den Urin aber noch willkürlich zurückhalten.

Daneben gibt es weitere Formen der Blasenschwäche. Befindet sich z.B. am Blasenausgang ein Tumor oder Blasenstein, entleert sich die Blase beim Wasserlassen nicht komplett. Es bleibt Urin in der Blase, d.h. die Menge an sog. Restharn steigt an. Die Blase ist überfüllt und kann überlaufen. Patient*innen haben meist einen dauerhaften Harndrang und verlieren ständig kleine Mengen an Urin. Andere Ursachen für Blasenschwäche sind Nervenerkrankungen wie z.B. die Querschnittlähmung. Dabei lösen Reflexe (etwa bei gefüllter Blase) das Pinkeln aus. Man spricht dann von einer Reflexinkontinenz.

Ist die Form der Blasenschwäche erkannt, wird nach der Ursache gesucht. Je nach Verdachtsdiagnose kommen spezielle Untersuchungen zum Einsatz. Dazu gehören z.B. die Restharnbestimmung und die Urinanalyse, z.T. auch Blutuntersuchungen zur Überprüfung der Nierenfunktion. Bei Frauen ist eine gynäkologische Untersuchung empfehlenswert, da Veränderungen im Becken häufig eine Blasenschwäche auslösen oder verstärken. Beim Mann ist die Untersuchung der Prostata obligat. In manchen Fällen sind auch Ultraschalluntersuchungen oder eine Blasenspiegelung nötig.

Was gegen die Blasenschwäche hilft

Liegt der Harninkontinenz eine Erkrankung zugrunde, wird diese entsprechend therapiert. Dies ist zum Beispiel bei der Prostatavergrößerung oder bei Blasensteinen der Fall. Häufig gibt es aber keine behandelbare Ursache. In diesen Fällen geht man den ungewollten Urinverlust in Stufen an. Basis sind folgende Allgemeinmaßnahmen:

  • Koffeinkonsum reduzieren. Kaffee, Cola und schwarzer Tee haben aufgrund des Koffeins eine ausschwemmende Wirkung. Bei manchen Betroffenen wird die Blasenschwäche besser, wenn sie diese Genussmittel vermeiden.
  • Übergewicht verringern. Zu viele Kilos erhöhen den Druck im Bauch und folglich auch den Druck auf die Blase. Abnehmen bessert deshalb vor allem die Belastungsinkontinenz.
  • Verstopfung behandeln. Starkes Pressen beim Stuhlgang belastet die Beckenbodenmuskulatur und schwächt diese auf Dauer.
  • Flüssigkeitszufuhr kontrollieren. Vor allem bei der überaktiven Blase kann es helfen, etwas weniger zu trinken. Aber Vorsicht, diese Maßnahme sollte man immer mit der Ärzt*in besprechen. Auf keinen Fall darf man aufgrund seiner Blasenschwäche eine Austrocknung (Dehydrataion) riskieren.
  • Mehr bewegen. Spazierengehen und auch Hausarbeit sind besser als Herumsitzen und Schonen. Denn auch moderate körperliche Bewegung stärkt den Beckenboden.
  • Ungünstige körperliche Belastungen vermeiden. Schweres Heben schadet dem Beckenboden, ebenso sind manche Sportarten ungünstig. Dazu gehören z.B. Trampolinspringen oder Crossfit-Training.
  • Rauchen aufgeben. Raucherhusten geht oft mit einer Belastungsinkontinenz einher.

Tipp: Manche Medikamente verursachen oder fördern eine Harninkontinenz. Dazu gehören Anticholinergika zur Behandlung von Atemwegserkrankungen oder Parkinson, muskelentspannende Mittel, indirekte Parasympathikomimetika oder Beruhigungsmittel. Mit der Ärzt*in sollte besprochen werden, ob diese Arzneimittel reduziert oder ersetzt werden können.

Blase oder Beckenboden trainieren

Auch Training kann bei einer Blasenschwäche helfen. Gestärkt werden dabei je nach Form der Blasenschwäche entweder die Blase selbst oder der Beckenboden.

Das Blasentraining hilft besonders gegen die Dranginkontinenz. Es zielt darauf ab, die Zeiträume zwischen den Toilettengängen zu verlängern. Zunächst versucht die Betroffene, nicht gleich beim ersten Anzeichen eines Harndrangs zur Toilette zu gehen. Schritt für Schritt wird der Gang zur Toilette immer länger verzögert. Hilfreich dabei sind Entspannungsübungen. Auf diese Weise vergrößert sich das Aufnahmevolumen der Blase, der Harndrang wird geringer und das Wasserlassen besser kontrolliert.

Intensives Beckenbodentraining ist dagegen die passende Maßnahme für eine Belastungsinkontinenz. Diese Übungen erlernt man am besten in einer Physiotherapie. Spüren Betroffene mit Belastungsinkontinenz ihre Beckenbodenmuskulatur nicht, kann die Elektrostimulation helfen. Dazu verschreibt die Ärzt*in spezielle Geräte, die über die Scheide oder den Dammbereich elektrische Impulse abgeben.

Tipp: In die Scheide eingelegte Pessare stabilisieren die Harnröhre von innen. Sie helfen besonders bei unwillkürlichem Urinverlust durch körperliche Belastungen im Rahmen einer Belastungsinkontinenz.

Medikamente gegen Urinverlust

Wenn allgemeine Maßnahmen und Training nicht zum erwünschten Erfolg führen, sind stärkere Geschütze geboten. Leider gibt es wenig Hilfe aus dem Reich der Pflanzen. Zwar werden zur Linderung der Beschwerden zahlreiche Extrakte angeboten. Klinische Studien mit eindeutigen Daten zur Wirksamkeit fehlen in den meisten Fällen. Für Kürbissamen gibt es aus einer Beobachtungsstudie mit 117 Betroffenen Hinweise, dass sie Frauen mit überaktiver Blase helfen können.

Anders sieht das mit synthetischen Arzneimitteln aus. Für die Dranginkontinenz und die überaktive Blase gelten Muskarinrezeptor-Antagonisten als effektive Option. Sie verringern spontane Mikrobewegungen in der Blasenwandmuskulatur und reduzieren den Harndrang. Allerdings blockieren die Wirkstoffe nicht nur die Muskarinrezeptoren in der Blase, sondern im gesamten Organismus. Deshalb haben diese Substanzen auch zahlreiche Nebenwirkungen. Dazu gehören u.a. Mundtrockenheit, Sehstörungen und Verstopfung. Oxybutynin führt bei älteren Menschen sogar zu Verwirrtheit und Denkstörungen, vor allem wenn es abgeschluckt wird.

Einige Muskarinrezeptor-Antagonisten (z.B. Tolterodin) sollen beinahe nur auf die Blase wirken und so weniger Nebenwirkungen auslösen. Letzteres gilt auch für Präparate, deren Wirkstoff verzögert freigesetzt wird, sog. retardierte Arzneistoffe.

Eine neue Therapieoption gegen Dranginkontinenz und eine überaktive Blase ist Mirabegron. Die Substanz bindet an Betarezeptoren in der Harnblasenmuskulatur und entspannt dadurch die Blase. Eingesetzt wird Mirabegron, wenn Muskarinrezeptor-Antagonisten nicht ausreichend wirken. Sie sind auch bei älteren Menschen geeignet, weil sie seltener Verwirrtheit oder Denkstörungen auslösen. Als Nebenwirkung ist allerdings eine Erhöhung des Blutdrucks zu beachten.

Ein Wirkstoff zur Behandlung der Belastungsinkontinenz ist das Antidepressivum Duloxetin, ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Es stärkt den Schließmuskel der Blase und erhöht ihr Fassungsvermögen. Dadurch kommt es seltener zu unwillkürlichem Urinverlust. Das hat allerdings auch bei Duloxetin seinen Preis: Typisch sind Nebenwirkungen im Verdauungstrakt wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung. Vor allem bei psychisch nicht gesunden Menschen soll der Wirkstoff aber auch vermehrt Angst und innere Unruhe auslösen.

Mit Operationen an die Blasenschwäche

Manchmal helfen auch Medikamente nicht ausreichend. Ist der Leidensdruck hoch, sind interventionelle oder operative Verfahren eine Option.

Interventionelle Verfahren. Bei der überaktiven Blase und bei der Dranginkontinenz kann die Ärzt*in den Wirkstoff Onabotulinumtoxin A in die Blase instillieren. Dadurch entspannt sich die Blasenmuskulatur und der Harndrang wird weniger. Die Wirkung setzt jedoch erst zwei Wochen nach dem Eingriff ein und hält nur einige Wochen bis Monate an. Eine weitere Option bei überaktiver Blase ist die sakrale Neuromodulation. Dabei wird eine Art Schrittmachers in die Blase eingesetzt. Dieser sendet sanfte elektrische Impulse an den Sakralnerv, der die Blase versorgt. Auf diese Weise lässt sich sowohl eine Überaktivität als auch eine Unteraktivität der Blasenmuskulatur kontrollieren.

Operationen. Die Belastungsinkontinenz kann auch relativ einfach mit einer Band- oder Schlingen-Operationen behandelt werden. Dabei wird das natürliche Band, das die Harnröhre in ihrer Position hält, durch ein künstliches Band verstärkt. Eine weitere Möglichkeit ist das Injizieren von Gel in den Bereich des Harnröhrenabgangs von der Blase. Es entsteht ein Polster, das den Blasenausgang besser verschließt. Manchmal empfehlen die Ärzt*innen auch das operative Anheben des Blasenhalses. Ist bei Männern eine vergrößerte Prostata die Ursache der Blasenschwäche, hilft deren komplette oder teilweise Entfernung.

Quelle: S2k-Leitlinie Harninkontinenz der Frau

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Giuseppe Anello / Alamy / Alamy Stock Photos