Gesundheit heute

Eierstockzysten, funktionelle

Funktionelle Eierstockzysten (Funktionelle Ovarialzysten, kurz Ovarialzysten): Hormonell beeinflusste, flüssigkeits- oder blutgefüllte kleine Hohlräume (Zysten) in den Eierstöcken. Da diese Zystenbildung regelmäßig im Monatszyklus vorkommt, ist prinzipiell jede geschlechtsreife Frau davon betroffen; von Beschwerden berichten aber meist nur junge Frauen in der Pubertät sowie Frauen in den Wechseljahren. In nur wenigen Fällen (etwa 2 %, vor allem bei älteren Frauen) handelt es sich um bösartiges Zystengewebe, also um Eierstockkrebs.

Die häufigsten funktionellen Zysten sind: Follikelzyste (auch Bläschenzyste genannt), Gelbkörperzyste (Corpus-luteum-Zyste), Luteinzyste, Schokoladenzyste (Synonym: Teerzyste) sowie im weiteren Sinne polyzystische Ovarien (PCO).

Symptome und Leitbeschwerden

Follikelzysten:

  • Meistens keine Beschwerden
  • Selten: periodenähnliche Unterbauchschmerzen, die sich bei körperlicher Aktivität verstärken und nach 1–2 Tagen von selbst abklingen.

Gelbkörperzysten:

  • Häufig plötzliche, einseitige Unterbauchschmerzen
  • Evtl. auch Schmierblutungen oder Ausbleiben der Monatsblutung.

Luteinzyste:

  • Zwischenblutungen
  • Heftige Regelschmerzen.

Schokoladenzyste:

  • Menstruationsblut aus bräunlich-zähem Sekret.

Polyzystische Ovarien (PCO):

  • Geringe oder ganz ausbleibende Blutung.

Wann zum Frauenarzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • starke Unterleibsschmerzen oder ungewöhnlich starke Blutungen auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Follikelzyste. Eine Follikelzyste (auch Bläschenzyste genannt) entwickelt sich häufig in Zeiten hormoneller Umstellung wie in der Pubertät oder in den Wechseljahren. Reift während des monatlichen Zyklus ein Ei heran, das dann aber nicht durch den Eisprung (Ovulation) freigegeben wird, bleibt der sogenannte Graaf-Follikel (Eibläschen) bestehen. Durch die Flüssigkeit bildet sich eine Blase (= Zyste), die so lange existiert, bis sich die Follikelzyste nach 1–2 Monaten von selbst wieder zurückbildet oder platzt. Auch produziert der Graaf-Follikel eine Zeitlang Flüssigkeit und manchmal auch Hormone, was einen Teil der typischen Beschwerden erklärt.

Gelbkörperzyste. Eine Gelbkörperzyste (Corpus-luteum-Zyste) entsteht, wenn der Follikel nach erfolgtem Eisprung blutet und sich das Blut in einer Blase sammelt. Gelbkörperzysten können bis 12 cm groß werden, bilden sich in aller Regel aber spontan zurück.

Luteinzyste. Sie entwickelt sich meist im Zusammenhang mit einer Hormontherapie bei Unfruchtbarkeit. Durch diese Therapie soll die Reifung von Eizellen im Eierstock angeregt werden, allerdings bildet sich durch den in Ungleichgewicht geratenen Hormonhaushalt unter Umständen eine Luteinzyste. Auch diese Zysten können sehr groß werden, bis 20 cm wurden gemessen, verschwinden jedoch meist nach Absetzen der Hormontherapie.

Schokoladenzyste. Diese auch Teerzyste genannte Eierstockzyste bildet sich durch Einblutungen aus Endometriose-Herden. Dabei siedeln sich Teile der Gebärmutterschleimhaut ab und wachsen beispielsweise im Bereich der Eierstöcke und Eileiter weiter. Wie die normale Schleimhaut der Gebärmutter bluten auch diese Schleimhautherde monatlich. Da das Blut nicht abfließen kann, ist die Gefahr einer Zystenbildung an den Eileitern sehr groß. Der Name leitet sich von dem dickflüssigen, schokoladenbraunen Zysteninhalt ab.

Polyzystische Ovarien (PCO). Dieses eigene Krankheitsbild entsteht durch ein starkes hormonelles Ungleichgewicht, für das nicht nur die weiblichen, sondern auch die männlichen Geschlechtshormone verantwortlich sind. Diese stören die Reifung der Eibläschen (Follikel), sodass in beiden Eierstöcken eine Vielzahl an Follikel heranwächst. Die betroffenen Frauen leiden außer unter Zyklusstörungen unter einer ausgeprägten Virilisierung (Vermännlichung) wie Gesichtshaarwuchs und tieferwerdender Stimme.

Komplikationen

In seltenen Fällen treten folgende Komplikationen auf:

Stieldrehung. Durch ruckartige Körperbewegungen oder auch spontan kommt es zu einer Drehung der flüssigkeitsgefüllten Zyste, die dadurch die zuführenden Blutgefäße des Eierstockes stranguliert. Zum einem ist dadurch der Blutabfluss gestört, zum anderen besteht die Gefahr, dass auch die Blutversorgung unterbrochen wird. Begleitet wird diese Stieldrehung von heftigen Schmerzen. Dauert der Zustand länger an, wird der Eierstock so nachhaltig geschädigt, dass er komplett entfernt werden muss.

Aufplatzen der Zyste. Dies tritt meist spontan auf, wird aber auch durch die vaginale Untersuchung beim Frauenarzt ausgelöst. In der Regel ist das Aufplatzen ungefährlich, es treten evtl. starke Schmerzen auf. Reißen Blutgefäße auf der Zystenoberfläche auf, drohen Blutungen in das Bauchinnere und ein Kreislaufschock.

Dauerblutung aus der Gebärmutter. Diese sehr seltene Komplikation erfordert eine Ausschabung der Gebärmutter oder eine Hormonbehandlung, um die Blutung zu stoppen.

Entartung. Zunächst gutartige Zysten können bösartig werden und sich zu einem Eierstockkrebs entwickeln.

Diagnosesicherung

Anamnese. Die Erfragung der Vorgeschichte gibt häufig schon einen Hinweis auf die Zystenerkrankung. Fragen nach Schmerzen, dem Menstruationszyklus und der Einnahme von Hormonen (z. B. Pille) sind in diesem Zusammenhang von Interesse.

Palpation. Große Eierstockzysten erkennt der Frauenarzt bereits bei der vaginalen Tastuntersuchung (Palpation). Dabei beurteilt er die Größe, Beschaffenheit, Schmerzempfindlichkeit und Beweglichkeit der Zyste.

Vaginalultraschall. Dieser erlaubt die Einschätzung von Anzahl, Größe und Beschaffenheit der Eierstockzysten. Auch schließt der Arzt durch diese Untersuchung einen bösartigen Tumor und eine Eileiterschwangerschaft aus.

Blutuntersuchung. Zur diagnostischen Sicherheit werden auch noch Untersuchungen des Blutserums durchgeführt, die beispielsweise erhöhte Entzündungswerte oder einen erhöhten Androgenspiegel wie bei polyzystischen Ovarien (PCO) anzeigen.

Behandlung

Die Therapie richtet sich nach dem zugrunde liegenden Zystentyp. Da die meisten Eierstockzysten keine Beschwerden verursachen und sich spontan zurückbilden, ist eine Therapie oft nicht notwendig.

Abwartende Behandlung

Wird im Ultraschall eine Zyste entdeckt, wartet man die nächste Menstruationsblutung ab und macht anschließend eine Kontrolluntersuchung.

Pharmakotherapie

Wenn sich die Zyste nach 3 Monaten noch nicht allein zurückgebildet hat oder schon mehrfach vorgekommen ist, verordnet der Frauenarzt eine mind. 3-monatige Hormonbehandlung mit einem Gestagen, in der Regel in der Form einer gestagenbetonten Pille. Diese lindert die aktuellen Beschwerden und unterdrückt die Bildung weiterer Zysten.

Operative Behandlung

Wenn auch die hormonelle Therapie erfolglos war oder Beschwerden oder Komplikationen (z. B. Stieldrehung) auftreten, ermöglicht eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) die Entfernung der Zyste(n).

Bei neu aufgetretenen Eierstockzysten in der Postmenopause ist eine laparoskopische Entfernung grundsätzlich sinnvoll, da es sich nicht selten um Eierstockkrebs handelt.

Prognose

Da eine funktionelle Eierstockzyste meistens von selbst und ohne Komplikationen wieder verschwindet, ist die Prognose gut. Komplikationen erfordern jedoch rasches ärztliches Eingreifen. Auch sind Rezidive häufig.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Körperliche Schonung. Achten Sie bei Beschwerden auf eine körperliche Schonung und lindern Sie leichte Schmerzen mit Wärme (z. B. Wärmflasche, heißes Kirschkern- oder Dinkelsäckchen auflegen) oder Schmerzmitteln vom Typ der nicht steroidalen Antirheumatika wie Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure (ASS).

Regelmäßiger Arztbesuch. Lassen Sie die Zyste alle 3–6 Monate ärztlich überwachen, bis sie entweder nicht mehr nachweisbar ist oder sie operativ entfernt werden muss.

Komplementärmedizin

Homöopathie. Bei einer Neigung zu Zysten ist eine individuell abgestimmte homöopathische Konstitutionstherapie empfehlenswert, die sich nach der körperlichen, geistigen und seelischen Verfassung der Patientin richtet. Außerdem wird die Gabe von Apis (Gift der Honigbiene) in niedriger Potenz empfohlen.

Auflagen mit Heilerde. 2–3 Esslöffel Heilerde in warmem Wasser angerührt ergibt einen Heilerdebrei, der direkt auf den Unterbauch gestrichen wird. Anschließend wird ein Baumwolltuch darübergelegt. Die Heilerdeauflage sollte eine halbe Stunde einwirken. Empfohlen wird, die Anwendung täglich über 4 Wochen durchzuführen.

Von: Dr. med. Astrid Waskowiak, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Leitbeschwerden“, „Wann zum Frauenarzt“, „Die Erkrankung“, „Diagnosesicherung“, „Behandlung“, „Prognose“ und „Ihre Apotheke empfiehlt“: Dagmar Fernholz
Zurück
Gezielt gegen Blasenschwäche

Bei einer Blasenschwäche ist nicht nur der erhöhte Wäscheaufwand ein Problem für die Betroffenen.

Gezielt gegen Blasenschwäche

Mit Training und Medikamenten

Immer noch ein Tabu, aber weit verbreitet: Unter einer Blasenschwäche leiden in Deutschland Millionen von Frauen und Männern. Gegen den unwillkürlichen Urinverlust helfen allgemeine Maßnahmen und das Trainieren von Blase und Beckenboden. Reicht das nicht aus, kommen Medikamente ins Spiel.

Eingeschränkte Lebensqualität

Blasenschwäche (Harninkontinenz) ist die Unfähigkeit, den Urin in der Harnblase zu halten. Es kommt stattdessen zu unkontrolliertem Urinverlust, entweder tröpfchenweise oder auch im Schwall. Darunter leiden viele Menschen. Bei den 40- bis 60-Jährigen ist jede Zehnte betroffen, bei den Über-60-Jährigen jede Vierte.

Ob jünger oder älter – eine Blasenschwäche ist immer sehr belastend. Je nach Ausmaß wird die Lebensqualität durch die Inkontinenz stark eingeschränkt. Weil sie sich schämen, gehen viele Menschen trotz ihrer Beschwerden nicht zur Ärzt*in. Dabei ist es wichtig, eine Blasenschwäche zu behandeln. Denn nicht nur die psychischen Folgen wie Depressionen und Vereinsamung sind erheblich. Es drohen Hautentzündungen im Intimbereich und wiederkehrende Harnwegsinfektionen bis hin zum Nierenschaden. Zudem fallen alte Menschen mit Blasenschwäche häufiger hin, weil sie die Toilette schnell erreichen wollen. Solche Stürze enden oft mit einer fatalen Oberschenkelhalsfraktur.

Hinweis: Frauen leider öfter an Blasenschwäche als Männer. Ihr Beckenboden ist dehnbarer und hat mehr Durchgänge als der männliche Beckenboden. Außerdem wird der Blasenverschluss beim Mann durch die unter der Blase liegende Prostata unterstützt.

Welche Blasenschwäche ist es?

Blasenschwäche ist nicht gleich Blasenschwäche. Um die Beschwerden zu dokumentieren und besser interpretieren zu können, ist ein Blasentagebuch hilfreich. Darin hält man täglich fest, wieviel man trinkt und wie häufig man auf die Toilette muss. Wenn möglich, misst man auch die Menge des täglich ausgeschiedenen Urins. Mithilfe dieser Informationen kann die Ärzt*in die Blasenschwäche meist gut einordnen.

Belastungsinkontinenz. Jede zweite Frau mit Blasenschwäche leidet an einer Belastungsinkontinenz (früher auch Stressinkontinenz genannt). Dabei verliert die Betroffene Urin, ohne dass sie vorher einen Harndrang bemerkt hat. Der muskuläre Verschluss am Ausgang der Blase funktioniert nicht mehr gut, etwa weil die Beckenbodenmuskulatur schwach ist oder die Beckenbänder geschädigt sind. Dann genügt schon ein kleiner Druckanstieg in der Blase und die Betroffene verliert Urin. Der Druck in der Blase steigt an, wenn sich der Druck im Bauchraum erhöht. Dazu kommt es schon bei ganz normalen körperlichen Beanspruchungen wie Husten, Niesen oder dem Heben schwerer Gegenstände. Begünstigt wird die Belastungsinkontinenz durch eine Gebärmuttersenkung und Übergewicht.

Dranginkontinenz. Bei der Dranginkontinenz muss die Betroffene plötzlich ganz dringend auf die Toilette, ohne dass die Blase richtig gefüllt ist. Wer nicht schnell genug ist, verliert kleine Tropfen Urin, manchmal aber auch einen ganzen Schwall. Das passiert sowohl tagsüber als auch nachts. Auslöser ist eine Störung in der Blasenwandmuskulatur, z.B. durch Entzündungen, Blasensteine oder neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson. Beim Mann kommt als Ursache auch eine Prostatavergrößerung in Frage.

Mischinkontinenz. Hier leiden die Betroffenen unter beiden Formen der Blasenschwäche. Sie haben wie bei einer Dranginkontinenz auch bei nicht gefüllter Blase Harndrang und ungewollten Urinverlust. Außerdem verlieren sie Urin bei körperlicher Beanspruchung.

Überaktive Blase. Bei dieser Blasenschwäche zieht sich der Muskel am Blasenausgang immer wieder zusammen und lässt dann wieder los. Das Phänomen ist nervenbedingt oder psychisch. Die Patient*innen leiden unter sehr starkem, manchmal sogar schmerzhaftem Harndrang, der sie mehr als acht Mal täglich und auch nachts zur Toilette zwingt. Solange der Beckenboden noch funktioniert, können die Betroffenen den Urin aber noch willkürlich zurückhalten.

Daneben gibt es weitere Formen der Blasenschwäche. Befindet sich z.B. am Blasenausgang ein Tumor oder Blasenstein, entleert sich die Blase beim Wasserlassen nicht komplett. Es bleibt Urin in der Blase, d.h. die Menge an sog. Restharn steigt an. Die Blase ist überfüllt und kann überlaufen. Patient*innen haben meist einen dauerhaften Harndrang und verlieren ständig kleine Mengen an Urin. Andere Ursachen für Blasenschwäche sind Nervenerkrankungen wie z.B. die Querschnittlähmung. Dabei lösen Reflexe (etwa bei gefüllter Blase) das Pinkeln aus. Man spricht dann von einer Reflexinkontinenz.

Ist die Form der Blasenschwäche erkannt, wird nach der Ursache gesucht. Je nach Verdachtsdiagnose kommen spezielle Untersuchungen zum Einsatz. Dazu gehören z.B. die Restharnbestimmung und die Urinanalyse, z.T. auch Blutuntersuchungen zur Überprüfung der Nierenfunktion. Bei Frauen ist eine gynäkologische Untersuchung empfehlenswert, da Veränderungen im Becken häufig eine Blasenschwäche auslösen oder verstärken. Beim Mann ist die Untersuchung der Prostata obligat. In manchen Fällen sind auch Ultraschalluntersuchungen oder eine Blasenspiegelung nötig.

Was gegen die Blasenschwäche hilft

Liegt der Harninkontinenz eine Erkrankung zugrunde, wird diese entsprechend therapiert. Dies ist zum Beispiel bei der Prostatavergrößerung oder bei Blasensteinen der Fall. Häufig gibt es aber keine behandelbare Ursache. In diesen Fällen geht man den ungewollten Urinverlust in Stufen an. Basis sind folgende Allgemeinmaßnahmen:

  • Koffeinkonsum reduzieren. Kaffee, Cola und schwarzer Tee haben aufgrund des Koffeins eine ausschwemmende Wirkung. Bei manchen Betroffenen wird die Blasenschwäche besser, wenn sie diese Genussmittel vermeiden.
  • Übergewicht verringern. Zu viele Kilos erhöhen den Druck im Bauch und folglich auch den Druck auf die Blase. Abnehmen bessert deshalb vor allem die Belastungsinkontinenz.
  • Verstopfung behandeln. Starkes Pressen beim Stuhlgang belastet die Beckenbodenmuskulatur und schwächt diese auf Dauer.
  • Flüssigkeitszufuhr kontrollieren. Vor allem bei der überaktiven Blase kann es helfen, etwas weniger zu trinken. Aber Vorsicht, diese Maßnahme sollte man immer mit der Ärzt*in besprechen. Auf keinen Fall darf man aufgrund seiner Blasenschwäche eine Austrocknung (Dehydrataion) riskieren.
  • Mehr bewegen. Spazierengehen und auch Hausarbeit sind besser als Herumsitzen und Schonen. Denn auch moderate körperliche Bewegung stärkt den Beckenboden.
  • Ungünstige körperliche Belastungen vermeiden. Schweres Heben schadet dem Beckenboden, ebenso sind manche Sportarten ungünstig. Dazu gehören z.B. Trampolinspringen oder Crossfit-Training.
  • Rauchen aufgeben. Raucherhusten geht oft mit einer Belastungsinkontinenz einher.

Tipp: Manche Medikamente verursachen oder fördern eine Harninkontinenz. Dazu gehören Anticholinergika zur Behandlung von Atemwegserkrankungen oder Parkinson, muskelentspannende Mittel, indirekte Parasympathikomimetika oder Beruhigungsmittel. Mit der Ärzt*in sollte besprochen werden, ob diese Arzneimittel reduziert oder ersetzt werden können.

Blase oder Beckenboden trainieren

Auch Training kann bei einer Blasenschwäche helfen. Gestärkt werden dabei je nach Form der Blasenschwäche entweder die Blase selbst oder der Beckenboden.

Das Blasentraining hilft besonders gegen die Dranginkontinenz. Es zielt darauf ab, die Zeiträume zwischen den Toilettengängen zu verlängern. Zunächst versucht die Betroffene, nicht gleich beim ersten Anzeichen eines Harndrangs zur Toilette zu gehen. Schritt für Schritt wird der Gang zur Toilette immer länger verzögert. Hilfreich dabei sind Entspannungsübungen. Auf diese Weise vergrößert sich das Aufnahmevolumen der Blase, der Harndrang wird geringer und das Wasserlassen besser kontrolliert.

Intensives Beckenbodentraining ist dagegen die passende Maßnahme für eine Belastungsinkontinenz. Diese Übungen erlernt man am besten in einer Physiotherapie. Spüren Betroffene mit Belastungsinkontinenz ihre Beckenbodenmuskulatur nicht, kann die Elektrostimulation helfen. Dazu verschreibt die Ärzt*in spezielle Geräte, die über die Scheide oder den Dammbereich elektrische Impulse abgeben.

Tipp: In die Scheide eingelegte Pessare stabilisieren die Harnröhre von innen. Sie helfen besonders bei unwillkürlichem Urinverlust durch körperliche Belastungen im Rahmen einer Belastungsinkontinenz.

Medikamente gegen Urinverlust

Wenn allgemeine Maßnahmen und Training nicht zum erwünschten Erfolg führen, sind stärkere Geschütze geboten. Leider gibt es wenig Hilfe aus dem Reich der Pflanzen. Zwar werden zur Linderung der Beschwerden zahlreiche Extrakte angeboten. Klinische Studien mit eindeutigen Daten zur Wirksamkeit fehlen in den meisten Fällen. Für Kürbissamen gibt es aus einer Beobachtungsstudie mit 117 Betroffenen Hinweise, dass sie Frauen mit überaktiver Blase helfen können.

Anders sieht das mit synthetischen Arzneimitteln aus. Für die Dranginkontinenz und die überaktive Blase gelten Muskarinrezeptor-Antagonisten als effektive Option. Sie verringern spontane Mikrobewegungen in der Blasenwandmuskulatur und reduzieren den Harndrang. Allerdings blockieren die Wirkstoffe nicht nur die Muskarinrezeptoren in der Blase, sondern im gesamten Organismus. Deshalb haben diese Substanzen auch zahlreiche Nebenwirkungen. Dazu gehören u.a. Mundtrockenheit, Sehstörungen und Verstopfung. Oxybutynin führt bei älteren Menschen sogar zu Verwirrtheit und Denkstörungen, vor allem wenn es abgeschluckt wird.

Einige Muskarinrezeptor-Antagonisten (z.B. Tolterodin) sollen beinahe nur auf die Blase wirken und so weniger Nebenwirkungen auslösen. Letzteres gilt auch für Präparate, deren Wirkstoff verzögert freigesetzt wird, sog. retardierte Arzneistoffe.

Eine neue Therapieoption gegen Dranginkontinenz und eine überaktive Blase ist Mirabegron. Die Substanz bindet an Betarezeptoren in der Harnblasenmuskulatur und entspannt dadurch die Blase. Eingesetzt wird Mirabegron, wenn Muskarinrezeptor-Antagonisten nicht ausreichend wirken. Sie sind auch bei älteren Menschen geeignet, weil sie seltener Verwirrtheit oder Denkstörungen auslösen. Als Nebenwirkung ist allerdings eine Erhöhung des Blutdrucks zu beachten.

Ein Wirkstoff zur Behandlung der Belastungsinkontinenz ist das Antidepressivum Duloxetin, ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Es stärkt den Schließmuskel der Blase und erhöht ihr Fassungsvermögen. Dadurch kommt es seltener zu unwillkürlichem Urinverlust. Das hat allerdings auch bei Duloxetin seinen Preis: Typisch sind Nebenwirkungen im Verdauungstrakt wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung. Vor allem bei psychisch nicht gesunden Menschen soll der Wirkstoff aber auch vermehrt Angst und innere Unruhe auslösen.

Mit Operationen an die Blasenschwäche

Manchmal helfen auch Medikamente nicht ausreichend. Ist der Leidensdruck hoch, sind interventionelle oder operative Verfahren eine Option.

Interventionelle Verfahren. Bei der überaktiven Blase und bei der Dranginkontinenz kann die Ärzt*in den Wirkstoff Onabotulinumtoxin A in die Blase instillieren. Dadurch entspannt sich die Blasenmuskulatur und der Harndrang wird weniger. Die Wirkung setzt jedoch erst zwei Wochen nach dem Eingriff ein und hält nur einige Wochen bis Monate an. Eine weitere Option bei überaktiver Blase ist die sakrale Neuromodulation. Dabei wird eine Art Schrittmachers in die Blase eingesetzt. Dieser sendet sanfte elektrische Impulse an den Sakralnerv, der die Blase versorgt. Auf diese Weise lässt sich sowohl eine Überaktivität als auch eine Unteraktivität der Blasenmuskulatur kontrollieren.

Operationen. Die Belastungsinkontinenz kann auch relativ einfach mit einer Band- oder Schlingen-Operationen behandelt werden. Dabei wird das natürliche Band, das die Harnröhre in ihrer Position hält, durch ein künstliches Band verstärkt. Eine weitere Möglichkeit ist das Injizieren von Gel in den Bereich des Harnröhrenabgangs von der Blase. Es entsteht ein Polster, das den Blasenausgang besser verschließt. Manchmal empfehlen die Ärzt*innen auch das operative Anheben des Blasenhalses. Ist bei Männern eine vergrößerte Prostata die Ursache der Blasenschwäche, hilft deren komplette oder teilweise Entfernung.

Quelle: S2k-Leitlinie Harninkontinenz der Frau

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Giuseppe Anello / Alamy / Alamy Stock Photos