Gesundheit heute

Mastopathie

Mastopathie (fibrös-zystische Mastopathie, Zystenbrust): Häufigste gutartige, nicht-entzündliche Brustdrüsenveränderung bei Frauen im geschlechtsreifen Alter. Das Erscheinungsbild reicht von der vorübergehenden schmerzhaften Volumenzunahme beider Brüste in den Tagen vor der Menstruation über knotige Verdickungen bis hin zum Wachstum atypischen Gewebes. Da dies eine Vorstufe zum Brustkrebs sein kann, ist die genaue frauenärztliche Diagnostik unerlässlich. Die Behandlung der Beschwerden der Mastopathie ist schwierig. Eine Mastopathie betrifft etwa 40 % der Frauen, besonders die 30- bis 55-Jährigen. Die Beschwerden verschwinden nach den Wechseljahren meist vollständig.

Symptome und Leitbeschwerden

Fast jede Frau kennt die Veränderungen in der Brust, die während des monatlichen Zyklus auftreten. Die von Mastopathie betroffenen Frauen erleben diese "normalen" Veränderungen in der Brust jedoch viel stärker und belastender mit einem Maximum in den letzten Tagen vor Beginn der Menstruation

  • In der zweiten Zyklushälfte Spannungsgefühl und starke Berührungsempfindlichkeit der gesamten Brust
  • Knoten oder tastbare Verhärtungen in der Brust, die zugleich sehr druckschmerzhaft sind
  • Gelegentlich: Sekretionen aus den Brustwarzen.

Wann zum Frauenarzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • schmerzhafte Veränderungen der Brust regelmäßig vor der Menstruation auftreten.

Innerhalb der nächsten Tage, wenn

  • die ertasteten Knoten oder Verhärtungen nicht symmetrisch sind.
  • einseitig aus nur einer Brustwarze Sekret austritt.
  • neue Knoten oder Verhärtungen in der Brust entdeckt werden.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Vor allem der Mangel an Progesteron und der Überschuss an Östrogen stimuliert das Wachstum des Drüsengewebes sowie des stützenden Bindegewebes. Mit der Zeit drohen Milchgangerweiterungen und die Bildung von Zysten sowie die Ausbildung von Ödemen (Gewebeschwellung der ganzen Brust).

Je nach Ausprägung unterscheidet man 3 Schweregrade der Mastopathie, die für die Prognose bedeutend sind:

  • Mastopathie Grad I (auch "einfache Mastopathie” genannt, 70 % der Fälle): Das Bindegewebe ist nur leicht vermehrt, es gibt wenige Zysten (fibröse Mastopathie) und noch kein Wachstum der Drüsenzellen. Es besteht kein erhöhtes Tumorrisiko.
  • Mastopathie Grad II ("einfache proliferative Mastopathie”, 25 % der Fälle): Wachstum der Drüsenzellen ohne Atypien, es treten kleine Knötchen, Narbenzüge oder verengte Milchgänge auf. Das Brustkrebsrisiko ist zweifach erhöht.
  • Mastopathie Grad III ("atypisch proliferierende Mastopathie” oder "schwere Mastopathie”, 5 % der Fälle): Hier sind die Zellen des Gewebes pathologisch verändert. Es besteht ein stark erhöhtes Brustkrebsrisiko, wenn die Zellen entarten. Die Drüsenzellen im Bereich der Milchgänge vermehren sich deutlicher (Hyperplasie). Diese Veränderungen der Zellen und Zellkerne entwickeln sich über eine Wucherung hinaus zu einem malignen Tumor. Das Brustkrebsrisiko ist etwa 2- bis 3-mal höher als bei der Mastopathie Grad I.

Frauen mit einer Mastopathie Grad II oder III sollten regelmäßig untersucht werden, damit im Falle der Entstehung eines Tumors eine frühzeitige Diagnose möglich ist.

Diagnosesicherung

Die Diagnose dient in der Praxis weniger dazu, die Mastopathie zu "beweisen” - diese ist selten strittig, sondern die gefährlichen Differenzialdiagnosen Brustkrebs sowie andere, gutartige Tumoren der Brust auszuschließen.

Palpation. Durch das Abtasten mit den Händen untersucht der Frauenarzt die Brust auf Verhärtungen. Auch die Patientin sollte sich regelmäßig selbst abtasten, am besten eignen sich die Tage nach der Menstruation, wenn das Brustgewebe vergleichsweise locker ist und gut.

Ultraschall. Diese Untersuchungsmethode zeigt, ob es sich bei den Veränderungen um Bindegewebeknoten oder Zysten handelt und ob ein Wachstum von atypischem Gewebe vorliegt. Sind einzelne Zysten so groß, dass sie starke Beschwerden verursachen, können sie unter Ultraschallkontrolle punktiert und geleert werden.

Mammografie. Handelt es sich um eine höhergradige Mastopathie oder finden sich im Ultraschall tumorverdächtige Herde, veranlasst der Arzt eine Mammografie.

Hinweis: Die Mammografie ist für Patientinnen mit Mastopathie oft sehr schmerzhaft, da die Brüste für eine optimale Röntgenbildqualität flach zusammengedrückt werden müssen. Ein Schmerzmittel (z. B. Diclofenac 100 mg als Zäpfchen eine Stunde vorab) macht die Untersuchung erträglicher.

Punktion und Biopsie. Bei einem unklaren Tastbefund wird unter Umständen zur genaueren Unterscheidung eine Zelluntersuchung notwendig. Dafür werden mit einer Hohlnadel Flüssigkeit oder Zellen aus einem Knoten oder sonst wie verdächtigen Bezirk entnommen.

Behandlung

Übersicht

Bei der Behandlung der Mastopathie geht es in den meisten Fällen um eine Linderung der Beschwerden. Da dies oft nicht einfach ist, sollten Patientin und Arzt bereit sein, verschiedene Behandlungsmöglichkeiten (siehe "Ihr Apotheker empfiehlt") auszuprobieren.

Sind die Mastopathie-Beschwerden erträglich, ist keine spezielle Behandlung nötig.

Ergibt die Diagnostik eine Mastopathie Grad III, besteht oft die Indikation zur operativen Behandlung.

Pharmakotherapie

Zu Beginn verordnet der Arzt oft hormonfreie, pflanzliche Präparate aus Mönchspfeffer. Bei stärkeren Symptomen werden Gestagen-haltige Gele zum Auftragen auf die Brust verordnet (z. B. Progestogel®). Reicht auch das nicht, kann die orale Gabe von Gestagen-Tabletten (z. B. Duphaston®) versucht werden. Bei entsprechendem Wunsch der Frau ist der Umstieg auf eine Gestagen-betonte "Pille" auf jeden Fall einen Versuch wert. Andere Medikamente (Danazol Ratiopharm® und Tamoxifen) greifen ebenfalls in den Hormonhaushalt ein, indem sie die Produktion von Östrogen senken (sog. Antiöstrogene). Viele Frauen profitieren außerdem von Prolaktinhemmern, die die Milchsekretion hemmen (z. B. Bromocriptin-ct®), und von entwässernden Präparaten (Diuretika) bei sehr starken Beschwerden in den Tagen vor der Menstruation.

Operative Behandlung

Bei Mastopathie Grad III wird der Frauenarzt sehr häufig zur operativen Entfernung verdächtiger Zysten und Knoten raten. Dieser Eingriff kann ambulant durchgeführt werden und ist kaum jemals mit kosmetischen Nachteilen verbunden.

Im Fall wiederholt festgestellter hochgradiger Mastopathie-Befunde ist in Einzelfällen jedoch eine Operation notwendig, bei der der gesamte Brustdrüsenkörper entfernt wird. Zu dieser Operation wird der Arzt nur raten, wenn es sonst keine Möglichkeit gibt, die Entwicklung eines Brustkrebses auszuschließen.

Prognose

Die Schmerzen als auch die geweblichen Veränderungen an der Brustdrüse bilden sich nach den Wechseljahren, wenn die Sexualhormonproduktion im Körper ausklingt, in den allermeisten Fällen zurück; häufig verschwinden sie ganz.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Selbsthilfemaßnahmen sind oft nur kurzfristig effektiv; spätestens beim nächsten Monatszyklus treten die Beschwerden meist wieder auf. Dennoch sollten Sie alles versuchen, um die akuten Beschwerden zu lindern:

  • Legen Sie kühlende Umschläge auf die schmerzenden Brüste.
  • Tragen Sie einen gut sitzenden BH, der die Brüste stützt.
  • Vermeiden Sie eng anliegende Kleidung, um die Reibung und den Druck auf die Brüste zu reduzieren.
  • Meiden Sie versuchsweise in den entsprechenden Tagen Kaffee, schwarzen Tee, Colagetränke und Schokolade, da deren Inhaltsstoffe Koffein, Teein und Kakao die Beschwerden oft verstärken.
  • Trinken Sie Kräutertees, z. B. mit Hibiskus (Hibiscus sabdariffa) oder Salbei (Salvia officinalis); sie haben eine entwässernde Wirkung und lindern das Spannungsgefühl in den Brüsten.
  • Nehmen Sie bei stärkeren Schmerzen Schmerztabletten vom NSAR-Typ wie Acetylsalicylsäure (Aspirin®) und Ibuprofen (z. B. Ibu-Hexal®).

Hormonelle Kontrazeption. Wenn Sie bisher die Pille einnehmen und überlegen, diese abzusetzen, werden die Mastopathie-Beschweren tendenziell schlimmer. Umgekehrt werden ihre Beschwerden in über 50 % der Fälle erträglicher, wenn Sie die Pille neu ansetzen. Auch von einem Wechsel auf ein Gestagen-betontes Pillenpräparat wie Microgynon® oder Valette® können Sie profitieren.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Sind erhöhte Prolaktinspiegel Ursache für Spannungsgefühle in den Brüsten, hilft Mönchspfefferextrakt (Vitex agnus-castus, z. B. Agnolyt®, Femicur®). Er hemmt die Wirkung des Hormons Prolaktin im Gehirn.

Akupunktur. Einige Frauen profitieren von einer Akupunkturbehandlung; bislang ist jedoch nicht geklärt, ob Akupunktur direkten Einfluss auf das Hormonungleichgewicht hat oder ob andere Effekte für die Linderung der Beschwerden verantwortlich sind.

Homöopathie. Die Homöopathie nennt z. B. Aristolochia, Conium und Sabal serrulata als wirksame Akutmittel.

Prävention und Früherkennung

  • Nehmen Sie regelmäßig die Früherkennungsuntersuchungen wahr!
  • Untersuchen Sie regelmäßig Ihre Brust.
  • Probieren Sie aus, ob sich der Verzehr von salzarmer Kost positiv auf Ihre Beschwerden auswirkt. Kochsalz bindet zusätzlich Flüssigkeit im Gewebe, wodurch die Schmerzen verstärkt werden.

Von: Dr. med. Astrid Waskowiak, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen „Beschreibung“, „Symptome und Leitbeschwerden“, „Die Erkrankung“, „Diagnosestellung“, „Behandlung“, „Prognose“ und „Ihre Apotheke hilft“: Dagmar Fernholz
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Gezielt gegen Blasenschwäche

Bei einer Blasenschwäche ist nicht nur der erhöhte Wäscheaufwand ein Problem für die Betroffenen.

Gezielt gegen Blasenschwäche

Mit Training und Medikamenten

Immer noch ein Tabu, aber weit verbreitet: Unter einer Blasenschwäche leiden in Deutschland Millionen von Frauen und Männern. Gegen den unwillkürlichen Urinverlust helfen allgemeine Maßnahmen und das Trainieren von Blase und Beckenboden. Reicht das nicht aus, kommen Medikamente ins Spiel.

Eingeschränkte Lebensqualität

Blasenschwäche (Harninkontinenz) ist die Unfähigkeit, den Urin in der Harnblase zu halten. Es kommt stattdessen zu unkontrolliertem Urinverlust, entweder tröpfchenweise oder auch im Schwall. Darunter leiden viele Menschen. Bei den 40- bis 60-Jährigen ist jede Zehnte betroffen, bei den Über-60-Jährigen jede Vierte.

Ob jünger oder älter – eine Blasenschwäche ist immer sehr belastend. Je nach Ausmaß wird die Lebensqualität durch die Inkontinenz stark eingeschränkt. Weil sie sich schämen, gehen viele Menschen trotz ihrer Beschwerden nicht zur Ärzt*in. Dabei ist es wichtig, eine Blasenschwäche zu behandeln. Denn nicht nur die psychischen Folgen wie Depressionen und Vereinsamung sind erheblich. Es drohen Hautentzündungen im Intimbereich und wiederkehrende Harnwegsinfektionen bis hin zum Nierenschaden. Zudem fallen alte Menschen mit Blasenschwäche häufiger hin, weil sie die Toilette schnell erreichen wollen. Solche Stürze enden oft mit einer fatalen Oberschenkelhalsfraktur.

Hinweis: Frauen leider öfter an Blasenschwäche als Männer. Ihr Beckenboden ist dehnbarer und hat mehr Durchgänge als der männliche Beckenboden. Außerdem wird der Blasenverschluss beim Mann durch die unter der Blase liegende Prostata unterstützt.

Welche Blasenschwäche ist es?

Blasenschwäche ist nicht gleich Blasenschwäche. Um die Beschwerden zu dokumentieren und besser interpretieren zu können, ist ein Blasentagebuch hilfreich. Darin hält man täglich fest, wieviel man trinkt und wie häufig man auf die Toilette muss. Wenn möglich, misst man auch die Menge des täglich ausgeschiedenen Urins. Mithilfe dieser Informationen kann die Ärzt*in die Blasenschwäche meist gut einordnen.

Belastungsinkontinenz. Jede zweite Frau mit Blasenschwäche leidet an einer Belastungsinkontinenz (früher auch Stressinkontinenz genannt). Dabei verliert die Betroffene Urin, ohne dass sie vorher einen Harndrang bemerkt hat. Der muskuläre Verschluss am Ausgang der Blase funktioniert nicht mehr gut, etwa weil die Beckenbodenmuskulatur schwach ist oder die Beckenbänder geschädigt sind. Dann genügt schon ein kleiner Druckanstieg in der Blase und die Betroffene verliert Urin. Der Druck in der Blase steigt an, wenn sich der Druck im Bauchraum erhöht. Dazu kommt es schon bei ganz normalen körperlichen Beanspruchungen wie Husten, Niesen oder dem Heben schwerer Gegenstände. Begünstigt wird die Belastungsinkontinenz durch eine Gebärmuttersenkung und Übergewicht.

Dranginkontinenz. Bei der Dranginkontinenz muss die Betroffene plötzlich ganz dringend auf die Toilette, ohne dass die Blase richtig gefüllt ist. Wer nicht schnell genug ist, verliert kleine Tropfen Urin, manchmal aber auch einen ganzen Schwall. Das passiert sowohl tagsüber als auch nachts. Auslöser ist eine Störung in der Blasenwandmuskulatur, z.B. durch Entzündungen, Blasensteine oder neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson. Beim Mann kommt als Ursache auch eine Prostatavergrößerung in Frage.

Mischinkontinenz. Hier leiden die Betroffenen unter beiden Formen der Blasenschwäche. Sie haben wie bei einer Dranginkontinenz auch bei nicht gefüllter Blase Harndrang und ungewollten Urinverlust. Außerdem verlieren sie Urin bei körperlicher Beanspruchung.

Überaktive Blase. Bei dieser Blasenschwäche zieht sich der Muskel am Blasenausgang immer wieder zusammen und lässt dann wieder los. Das Phänomen ist nervenbedingt oder psychisch. Die Patient*innen leiden unter sehr starkem, manchmal sogar schmerzhaftem Harndrang, der sie mehr als acht Mal täglich und auch nachts zur Toilette zwingt. Solange der Beckenboden noch funktioniert, können die Betroffenen den Urin aber noch willkürlich zurückhalten.

Daneben gibt es weitere Formen der Blasenschwäche. Befindet sich z.B. am Blasenausgang ein Tumor oder Blasenstein, entleert sich die Blase beim Wasserlassen nicht komplett. Es bleibt Urin in der Blase, d.h. die Menge an sog. Restharn steigt an. Die Blase ist überfüllt und kann überlaufen. Patient*innen haben meist einen dauerhaften Harndrang und verlieren ständig kleine Mengen an Urin. Andere Ursachen für Blasenschwäche sind Nervenerkrankungen wie z.B. die Querschnittlähmung. Dabei lösen Reflexe (etwa bei gefüllter Blase) das Pinkeln aus. Man spricht dann von einer Reflexinkontinenz.

Ist die Form der Blasenschwäche erkannt, wird nach der Ursache gesucht. Je nach Verdachtsdiagnose kommen spezielle Untersuchungen zum Einsatz. Dazu gehören z.B. die Restharnbestimmung und die Urinanalyse, z.T. auch Blutuntersuchungen zur Überprüfung der Nierenfunktion. Bei Frauen ist eine gynäkologische Untersuchung empfehlenswert, da Veränderungen im Becken häufig eine Blasenschwäche auslösen oder verstärken. Beim Mann ist die Untersuchung der Prostata obligat. In manchen Fällen sind auch Ultraschalluntersuchungen oder eine Blasenspiegelung nötig.

Was gegen die Blasenschwäche hilft

Liegt der Harninkontinenz eine Erkrankung zugrunde, wird diese entsprechend therapiert. Dies ist zum Beispiel bei der Prostatavergrößerung oder bei Blasensteinen der Fall. Häufig gibt es aber keine behandelbare Ursache. In diesen Fällen geht man den ungewollten Urinverlust in Stufen an. Basis sind folgende Allgemeinmaßnahmen:

  • Koffeinkonsum reduzieren. Kaffee, Cola und schwarzer Tee haben aufgrund des Koffeins eine ausschwemmende Wirkung. Bei manchen Betroffenen wird die Blasenschwäche besser, wenn sie diese Genussmittel vermeiden.
  • Übergewicht verringern. Zu viele Kilos erhöhen den Druck im Bauch und folglich auch den Druck auf die Blase. Abnehmen bessert deshalb vor allem die Belastungsinkontinenz.
  • Verstopfung behandeln. Starkes Pressen beim Stuhlgang belastet die Beckenbodenmuskulatur und schwächt diese auf Dauer.
  • Flüssigkeitszufuhr kontrollieren. Vor allem bei der überaktiven Blase kann es helfen, etwas weniger zu trinken. Aber Vorsicht, diese Maßnahme sollte man immer mit der Ärzt*in besprechen. Auf keinen Fall darf man aufgrund seiner Blasenschwäche eine Austrocknung (Dehydrataion) riskieren.
  • Mehr bewegen. Spazierengehen und auch Hausarbeit sind besser als Herumsitzen und Schonen. Denn auch moderate körperliche Bewegung stärkt den Beckenboden.
  • Ungünstige körperliche Belastungen vermeiden. Schweres Heben schadet dem Beckenboden, ebenso sind manche Sportarten ungünstig. Dazu gehören z.B. Trampolinspringen oder Crossfit-Training.
  • Rauchen aufgeben. Raucherhusten geht oft mit einer Belastungsinkontinenz einher.

Tipp: Manche Medikamente verursachen oder fördern eine Harninkontinenz. Dazu gehören Anticholinergika zur Behandlung von Atemwegserkrankungen oder Parkinson, muskelentspannende Mittel, indirekte Parasympathikomimetika oder Beruhigungsmittel. Mit der Ärzt*in sollte besprochen werden, ob diese Arzneimittel reduziert oder ersetzt werden können.

Blase oder Beckenboden trainieren

Auch Training kann bei einer Blasenschwäche helfen. Gestärkt werden dabei je nach Form der Blasenschwäche entweder die Blase selbst oder der Beckenboden.

Das Blasentraining hilft besonders gegen die Dranginkontinenz. Es zielt darauf ab, die Zeiträume zwischen den Toilettengängen zu verlängern. Zunächst versucht die Betroffene, nicht gleich beim ersten Anzeichen eines Harndrangs zur Toilette zu gehen. Schritt für Schritt wird der Gang zur Toilette immer länger verzögert. Hilfreich dabei sind Entspannungsübungen. Auf diese Weise vergrößert sich das Aufnahmevolumen der Blase, der Harndrang wird geringer und das Wasserlassen besser kontrolliert.

Intensives Beckenbodentraining ist dagegen die passende Maßnahme für eine Belastungsinkontinenz. Diese Übungen erlernt man am besten in einer Physiotherapie. Spüren Betroffene mit Belastungsinkontinenz ihre Beckenbodenmuskulatur nicht, kann die Elektrostimulation helfen. Dazu verschreibt die Ärzt*in spezielle Geräte, die über die Scheide oder den Dammbereich elektrische Impulse abgeben.

Tipp: In die Scheide eingelegte Pessare stabilisieren die Harnröhre von innen. Sie helfen besonders bei unwillkürlichem Urinverlust durch körperliche Belastungen im Rahmen einer Belastungsinkontinenz.

Medikamente gegen Urinverlust

Wenn allgemeine Maßnahmen und Training nicht zum erwünschten Erfolg führen, sind stärkere Geschütze geboten. Leider gibt es wenig Hilfe aus dem Reich der Pflanzen. Zwar werden zur Linderung der Beschwerden zahlreiche Extrakte angeboten. Klinische Studien mit eindeutigen Daten zur Wirksamkeit fehlen in den meisten Fällen. Für Kürbissamen gibt es aus einer Beobachtungsstudie mit 117 Betroffenen Hinweise, dass sie Frauen mit überaktiver Blase helfen können.

Anders sieht das mit synthetischen Arzneimitteln aus. Für die Dranginkontinenz und die überaktive Blase gelten Muskarinrezeptor-Antagonisten als effektive Option. Sie verringern spontane Mikrobewegungen in der Blasenwandmuskulatur und reduzieren den Harndrang. Allerdings blockieren die Wirkstoffe nicht nur die Muskarinrezeptoren in der Blase, sondern im gesamten Organismus. Deshalb haben diese Substanzen auch zahlreiche Nebenwirkungen. Dazu gehören u.a. Mundtrockenheit, Sehstörungen und Verstopfung. Oxybutynin führt bei älteren Menschen sogar zu Verwirrtheit und Denkstörungen, vor allem wenn es abgeschluckt wird.

Einige Muskarinrezeptor-Antagonisten (z.B. Tolterodin) sollen beinahe nur auf die Blase wirken und so weniger Nebenwirkungen auslösen. Letzteres gilt auch für Präparate, deren Wirkstoff verzögert freigesetzt wird, sog. retardierte Arzneistoffe.

Eine neue Therapieoption gegen Dranginkontinenz und eine überaktive Blase ist Mirabegron. Die Substanz bindet an Betarezeptoren in der Harnblasenmuskulatur und entspannt dadurch die Blase. Eingesetzt wird Mirabegron, wenn Muskarinrezeptor-Antagonisten nicht ausreichend wirken. Sie sind auch bei älteren Menschen geeignet, weil sie seltener Verwirrtheit oder Denkstörungen auslösen. Als Nebenwirkung ist allerdings eine Erhöhung des Blutdrucks zu beachten.

Ein Wirkstoff zur Behandlung der Belastungsinkontinenz ist das Antidepressivum Duloxetin, ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Es stärkt den Schließmuskel der Blase und erhöht ihr Fassungsvermögen. Dadurch kommt es seltener zu unwillkürlichem Urinverlust. Das hat allerdings auch bei Duloxetin seinen Preis: Typisch sind Nebenwirkungen im Verdauungstrakt wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung. Vor allem bei psychisch nicht gesunden Menschen soll der Wirkstoff aber auch vermehrt Angst und innere Unruhe auslösen.

Mit Operationen an die Blasenschwäche

Manchmal helfen auch Medikamente nicht ausreichend. Ist der Leidensdruck hoch, sind interventionelle oder operative Verfahren eine Option.

Interventionelle Verfahren. Bei der überaktiven Blase und bei der Dranginkontinenz kann die Ärzt*in den Wirkstoff Onabotulinumtoxin A in die Blase instillieren. Dadurch entspannt sich die Blasenmuskulatur und der Harndrang wird weniger. Die Wirkung setzt jedoch erst zwei Wochen nach dem Eingriff ein und hält nur einige Wochen bis Monate an. Eine weitere Option bei überaktiver Blase ist die sakrale Neuromodulation. Dabei wird eine Art Schrittmachers in die Blase eingesetzt. Dieser sendet sanfte elektrische Impulse an den Sakralnerv, der die Blase versorgt. Auf diese Weise lässt sich sowohl eine Überaktivität als auch eine Unteraktivität der Blasenmuskulatur kontrollieren.

Operationen. Die Belastungsinkontinenz kann auch relativ einfach mit einer Band- oder Schlingen-Operationen behandelt werden. Dabei wird das natürliche Band, das die Harnröhre in ihrer Position hält, durch ein künstliches Band verstärkt. Eine weitere Möglichkeit ist das Injizieren von Gel in den Bereich des Harnröhrenabgangs von der Blase. Es entsteht ein Polster, das den Blasenausgang besser verschließt. Manchmal empfehlen die Ärzt*innen auch das operative Anheben des Blasenhalses. Ist bei Männern eine vergrößerte Prostata die Ursache der Blasenschwäche, hilft deren komplette oder teilweise Entfernung.

Quelle: S2k-Leitlinie Harninkontinenz der Frau

Von: Dr. med. Sonja Kempinski; Bild: mauritius images / Giuseppe Anello / Alamy / Alamy Stock Photos