Gesundheit heute

Hormonersatztherapie: Pro und Kontra

Argumente dafür

  • In über 70 % der Fälle kommt es durch eine Hormonersatztherapie zu einer raschen und wirkungsvollen Linderung sämtlicher Wechseljahresbeschwerden, die auf den Hormonmangel zurückzuführen sind.
  • Es kommt zu einem Anti-Aging-Effekt durch Verdrängung der (sichtbaren) Alterungserscheinungen der Haut.
  • Das Wohlbefinden und das Leistungsvermögen steigen.
  • Die Knochensubstanz wird stabilisiert und somit das Osteoporoserisiko verringert – dieser Effekt entsteht aber nur bei langfristiger Einnahme über viele Jahre.
  • Das Risiko für Gebärmutterhalskrebs sinkt.
  • Eine kombinierte Östrogen- und Gestagengabe führt zu einem verminderten Darmkrebsrisiko.

Argumente dagegen

Im Mai 2002 wurden die Ergebnisse einer groß angelegten US-Studie der Women’s Health Initiative (WHI) zur Hormonersatztherapie mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination an über 16 000 Frauen publiziert. Seitdem werden die oben beschriebenen Effekte wesentlich kritischer gesehen. Die Gründe im Einzelnen:

  • Das Risiko, eine Thrombembolie (Einschwemmen eines Blutgerinnsels) zu erleiden, insbesondere im ersten Jahr der Anwendung, wird größer. Damit erhöht sich auch das Schlaganfallrisiko. Eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass dies eventuell nicht der Fall ist, wenn die Hormonersatztherapie mit niedrig dosierten Hormonpflastern erfolgt.
  • Unter einer Hormonersatztherapie kommt es häufiger zu Gallenblasenentzündungen.
  • Das Brustkrebsrisiko ist erhöht – mäßig erhöht bei alleiniger Östrogengabe und stark erhöht bei kombinierter Östrogen- und Gestagengabe. Dass eine Hormonersatztherapie das Brustkrebsrisiko erhöht, belegt auch eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums von 2009. Die Studie untersuchte knapp 10.000 Frauen nach der Menopause: Demnach waren 20–25 Prozent der Brustkrebserkrankungen auf die langfristige Einnahme von Hormonpräparaten zurückzuführen. Bei gleichzeitigem Bewegungsmangel stieg das Brustkrebsrisiko sogar auf 38 Prozent.
  • Bei alleiniger Östrogengabe steigt das Risiko für Gebärmutterkörperkrebs stark an.

Das Herzinfarktrisiko wird entgegen früheren Annahmen durch eine Hormonersatztherapie nicht gesenkt.

Fazit

Insgesamt überwiegen die Risiken der Hormonersatztherapie in und nach den Wechseljahren. Gegen die Einnahme über einige Monate bei starken Beschwerden spricht aber wenig. Darüber hinaus gibt es für die Hormonersatztherapie eigentlich keinen Platz mehr, zudem risikoärmere Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der Komplementärmedizin für die Wechseljahresbeschwerden zur Verfügung stehen.

Diese Schlussfolgerung gilt übrigens nicht für die lokale Anwendung von Hormonen: Bestehen also Beschwerden wie eine juckende und trockene Scheide, ist – in Absprache mit dem Arzt – die Anwendung einer hormonhaltigen Creme (z. B. Linoladiol®, OeKolp®) im Scheidenbereich wegen der geringen Hormondosis und dem dadurch zu erwartenden Nutzen nach Ansicht der meisten Experten sinnvoll.

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Long-Covid mindert die Libido

Long-Covid kann bis ins Schlafzimmer reichen.

Long-Covid mindert die Libido

Neue Beschwerden entdeckt

Luftnot, Schwäche, Konzentrationsprobleme – die Liste an möglichen langfristigen Beschwerden nach einer Coronainfektion ist lang. Nun hat sich herausgestellt, dass Long-Covid auch Haarausfall und sexuelle Probleme auslösen kann.

Studie mit 2,5 Millionen Menschen

Wer länger als zwölf Wochen nach der Infektion mit SARS-CoV-2 noch Beschwerden hat, die durch andere Erkrankungen nicht erklärbar sind, leidet definitionsgemäß an Long-Covid. Am häufigsten quälen die Betroffenen Kurzatmigkeit, Abgeschlagenheit und Denkstörungen. Auch der Geruchssinn kehrt bei vielen Erkrankten erst nach Monaten wieder zurück.

Doch das ist längst nicht alles, wie eine britische Arbeitsgruppe nun herausgefunden hat. Die Forscher*innen verglichen die Gesundheitsprobleme von fast 500.000 Erwachsenen nach einer Coronainfektion mit denen von fast 2 Millionen Erwachsenen ohne Corononainfektion. Um einen realistischen Covideffekt herauszuarbeiten, berücksichtigten sie Begleiterkrankungen, Raucherstatus, Body Mass Index und soziodemografische Merkmale.

Haarausfall und Ejakulationsstörungen

Den größten Unterschied gab es bei der Anosmie, also bei der Störung des Geruchsempfindens. Sie trat bei den Ex-Covid-Patient*innen fast 6,5-Mal so häufig auf wie bei den Nichtinfizierten. Ebenfalls häufiger vertreten waren Niesen, Atemnot in Ruhe, Müdigkeit und Heiserkeit.

Neu waren zwei Beschwerden: So litten Menschen mit durchgemachter Coronainfektion fast 4-mal so oft an Haarausfall wie Menschen ohne Infektion. Auch sexuell machte sich der zurückliegende Infekt bemerkbar. Ehemals infizierte Männer berichteten 2,63-mal häufiger von Ejakulationsstörungen. Über eine verminderte Libido klagten 2,36-mal so viele Männer und Frauen.

Frauen und junge Menschen am stärksten betroffen

Durch die große Untersuchung kamen auch noch weitere Informationen ans Licht. Frauen litten häufiger an Long-Covid als Männer, obwohl sie akut meist weniger schwer daran erkrankt waren. Das höchste Risiko für Long-Covid hatten junge Erwachsene im Alter von 18 bis 30 Jahren.

Quelle: Nature Medicine

Von: Dr.med. Sonja Kempinski; Bild: gpointstudio/shutterstock.com